KONGREGATION FÜR DEN KLERUS
DIREKTORIUM FÜR DIENST UND LEBEN DER PRIESTER
NEUAUSGABE
vom 11. Februar 2013
[Auszug]
2.7. Das Sakrament der Buße
Diener der Versöhnung
70. Die Gabe des Auferstandenen an die Apostel ist der Heilige Geist zur Vergebung der Sünden: „Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“ (Joh 20,22-23). Christus hat das sakramentale Werk der Versöhnung des Menschen mit Gott ausschließlich seinen Aposteln und ihren Nachfolgern anvertraut. Priester sind daher nach dem Willen Christi die einzigen Ausspender des Sakramentes der Versöhnung.[321] Sie sind wie Christus gesandt, Sünder zur Bekehrung aufzurufen und durch barmherziges Urteil zum Vater zurückzubringen.
Die sakramentale Versöhnung stellt die Freundschaft mit Gott Vater wieder her und mit allen seinen Kindern in seiner Familie, welche die Kirche ist, die damit verjüngt und in allen ihren Dimensionen auferbaut wird: universal, diözesan, pfarrlich.[322]
Trotz der traurigen Feststellung, dass in den Kulturen unserer Zeit der Sinn für die Sünde weithin abhanden gekommen ist, muss der Priester mit Freude und Hingabe den Dienst der Gewissensbildung, der Vergebung und des Friedens ausüben.
Deshalb soll er sich gewissermaßen mit dem Sakrament zu identifizieren wissen und sich in Annahme der Haltung Christi wie ein guter Samariter über die verwundete Menschheit beugend, das christlich Neue an der heilsamen Dimension der Buße erkennbar machen, die auf Heilung und Vergebung hinzielt.[323]
Hingabe im Dienst der Versöhnung
71. Der Priester muss aufgrund seines Amtes[324] und aufgrund seiner sakramentalen Weihe zum Beichthören Zeit und Energie aufwenden, auch zu festgesetzten Zeiten an bestimmten Tagen.[325] Wie die Erfahrung zeigt, kommen die Gläubigen gerne zum Sakramentenempfang, wenn sie wissen und sehen, dass dafür Priester zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sollte den einzelnen Gläubigen der Empfang des Sakramentes der Buße und Versöhnung auch während der Feier der heiligen Messe erleichtert werden.[326] Dies gilt überall, aber vor allem für die meistbesuchten Kirchen und für die Wallfahrtskirchen, wo eine brüderliche und verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit Ordensangehörigen und älteren Priestern möglich ist.[327]
Wir dürfen nicht vergessen, dass „die gläubige und großzügige Bereitschaft der Priester, nach dem Vorbild der großen Heiligen der Geschichte, vom hl. Jean Marie Vianney und dem hl. Johannes Bosco, vom hl. Josemaría Escrivá bis zum hl. Pio da Pietrelcina, vom hl. Giuseppe Cafasso bis zum hl. Leopold Mandić, Beichte zu hören, uns allen zeigt, dass der Beichtstuhl ein wirklicher ‚Ort‘ der Heiligung sein kann“[328].
Jeder Priester wird sich an die kirchlichen Normen halten, die den Wert der individuellen Beichte verteidigen und fördern, das persönliche umfassende Sündenbekenntnis im direkten Gespräch mit dem Beichthörenden.[329] „Das persönliche und vollständige Bekenntnis und die Absolution bilden den einzigen ordentlichen Weg, auf dem ein Gläubiger, der sich einer schweren Sünde bewusst ist, mit Gott und der Kirche versöhnt wird“, und deshalb ist „jeder, dem von Amts wegen die Seelsorge aufgetragen ist, zur Vorsorge dafür verpflichtet, dass die Beichten der ihm anvertrauten Gläubigen gehört werden“[330]. Die Vornahme gemeinschaftlicher Absolutionen ohne die Einhaltung der geltenden Normen ist als schwerer Missbrauch zu betrachten.[331]
Hinsichtliche des Ortes für die Entgegennahme sakramentaler Beichten werden die Normen von der Bischofskonferenz erlassen; „dabei ist jedoch sicherzustellen, dass sich immer an offen zugänglichem Ort Beichtstühle befinden, die mit einem festen Gitter zwischen Pönitent und Beichtvater versehen sind, damit die Gläubigen, die dies wünschen, frei davon Gebrauch machen können“[332]. Der Beichthörende soll das Gewissen des Pönitenten mit womöglich wenigen, jedoch der konkreten Situation angepassten Worten erhellen, um derart eine persönliche Neuorientieung in Richtung der Bekehrung zu födern und tiefgründig auf seinen spirituellen Weg einzugehen, auch durch Auferlegung einer angemessenen Genugtuung.[333] So wird die Beichte auch als ein Moment der geistlichen Leitung erlebt werden können.
Jedenfalls wird es der Priester verstehen, die Feier der Versöhnung auf der sakramentalen Ebene zu halten, indem er die Reue über die Sünden, das Vertrauen in die Gnade anregt, etc., und zugleich der Gefahr zu begegnen, sie auf eine bloß psychologische oder einfach formalistische Tätigkeit zu reduzieren.
Dies wird sich unter anderem auch durch treue Einhaltung der geltenden Disziplin hinsichtlich des Ortes und des Beichtstuhls zeigen. „Außerhalb des Beichtstuhls dürfen Beichten nur aus gerechtem Grund entgegengenommen werden.“[334]
Beichten als Notwendigkeit
72. Wie jeder Gläubige hat es auch der Priester nötig, die eigenen Sünden und Schwächen zu beichten. Er weiß als erster, dass ihn die Praxis dieses Sakraments im Glauben sowie in der Gottes- und Nächstenliebe stärkt.
Damit unter besten Bedingungen und wirksam die Schönheit der Buße gezeigt werden kann, ist es wesentlich, dass der Diener des Sakramentes ein persönliches Zeugnis bietet und den anderen Gläubigen in der Erfahrung von Vergebung vorangeht. Dies ist auch die erste Bedingung für eine pastorale Wiederaufwertung des Sakraments der Versöhnung: in der häufigen Beichte lernt der Priester, die anderen zu verstehen, und wird – dem Vorbild der Heiligen folgend – gedrängt, „es wieder ins Zentrum […][der] pastoralen Sorge zu setzen“[335].
In diesem Sinn ist es gut, wenn die Gläubigen wissen und sehen, dass auch ihre Priester regelmäßig beichten gehen.[336] „Die ganze priesterliche Existenz würde unweigerlich schweren Schaden nehmen, wenn man es aus Nachlässigkeit oder anderen Gründen unterließe, regelmäßig und mit echtem Glauben und tiefer Frömmigkeit das Bußsakrament zu empfangen. Wenn ein Priester nicht mehr zur Beichte geht oder nicht gut beichtet, so schlägt sich das sehr schnell in seinem priesterlichen Leben und Wirken nieder, und auch die Gemeinde, deren Hirte er ist, wird dessen bald gewahr.“[337]
Seelenführung für sich und für andere
73. Parallel zum Sakrament der Versöhnung wird es der Priester auch am Dienst der Seelenführung[338] nicht fehlen lassen. Die Wiederentdeckung und Verbreitung dieser Praxis, auch zu anderen als zu den für die Beichte vorgesehenen Zeiten, ist eine große Wohltat für die Kirche in der gegenwärtigen Zeit.[339] Die großzügige und aktive Einstellung der Priester, die sie praktizieren, ist auch eine wichtige Gelegenheit, Berufungen zum Priestertum und zu den verschiedenen Formen des geweihten Lebens auszumachen und zu unterstützen.
Um zur Verbesserung ihrer Spiritualität beizutragen, ist es notwendig, dass die Priester selbst die Seelenführung praktizieren, denn „anhand einer […] geistlichen Begleitung oder Beratung ist es leichter, im Leben eines jeden Menschen das Wirken des Heiligen Geistes zu erkennen“ [340]. Indem sie die Formung ihrer Seele in die Hände eines weisen Mitbruders – Werkzeug des Heiligen Geistes – legen, werden sie schon von den ersten Schritten im Dienst an ein Bewusstsein entwickeln für die Wichtigkeit, nicht allein die Wege des geistlichen Lebens und des pastoralen Einsatzes zu gehen. Beim Gebrauch dieses in der Kirche sosehr erprobten und wirksamen Mittels der geistlichen Formung, werden die Priester volle Freiheit in der Wahl jener Person haben, die sie führen kann.
