In dieser Tradition hätten auch die späteren katholischen Reformbemühungen gestanden – mit dem Konzil von Trient, das 1545 drei Monate vor dem Tod Martin Luthers begann, als Höhepunkt. Freilich sei das vorangegangene Fünfte Laterankonzil (1512-1517) sehr enttäuschend gewesen – eine „große vergebene Chance“, so Ardura, in Folge dessen Luther sich gedrängt gefühlt habe, den Schritt zum Bruch zu tun.
Heute stehe die Kirche ebenfalls vor einer großen Reformaufgabe: So erinnerte Ardura etwa an die viel beachtete Weihnachtsansprache 2016 von Papst Franziskus an die Kurie. Darin hatte der Papst aufgezeigt, dass Reform „ein Prozess sei, der viel intuitives Gefühl“ sowie das „Engagement aller, die in der Kurie arbeiten“ erfordere – und dies „in einer Spiritualität des Dienstes und der Communio“ als „Gegenmittel für alle Gifte des eitlen Ehrgeizes und der illusorischen Rivalität“.
Es gebe letztlich zwölf Kriterien einer nachhaltigen kirchlichen Reform, führte der vatikanische Chefhistoriker weiter aus: Begonnen werden müsse stets mit der persönlichen Bekehrung, ohne die sich sämtliche strukturellen Veränderungen „als nutzlos erweisen“ würden. Persönliche Bekehrung „unterstützt und verstärkt die gemeinschaftliche Umwandlung“, fasste Ardura ein Zentralanliegen von Franziskus bei der Kurienreform zusammen.
Ziel des Papstes sei es, „die Bedeutung der Personen hinter den Papieren der Verwaltung zu unterstreichen“. So sei die römische Kurie dazu berufen, immer mehr „eine echte Gemeinschaft des Glaubens und der Nächstenliebe, des Gebets und des Handelns zu werden“. Jede Aktivität der Kurie sei eng mit der missionarischen Tätigkeit der Kirche verbunden – mit den Worten von Papst Franziskus: „Gute Strukturen sind nur dann hilfreich, wenn es Leben dahinter gibt, das sie ständig auf ihre Tauglichkeit prüft und beurteilt. Ohne neues Leben und einen authentischen evangelischen Geist, ohne die Treue der Kirche zu ihrer eigenen Berufung, wird sich jede neue Struktur bald als unwirksam erweisen.“
Kritik an „geparkten Christen“
Von der Kurienreform, zu der nach Auffassung des Papstes auch eine künftige viel stärkere Einbeziehung von Nichteuropäern, Diakonen, Frauen und Laien gehören solle, spanne sich der Bogen zur Kirchenrefom als solcher, erläuterte Adura. Auch hier gehe es primär um persönliche Bekehrung im Sinne von Aufbrechen der Gewohnheiten und Bequemlichkeiten.
„Papst Franziskus greift dabei zurück – wie er es gewöhnlich tut – auf einfache und bildliche Ausdrücke, die sich auf „faule Christen, Christen, die nicht den Willen haben, vorwärts zu gehen, Christen, die nicht kämpfen, um die Dinge zu ändern, neue Dinge anzugehen, Dinge, die Gutes für alle bringen würden“, beziehen. Diese Christen, die nicht persönlich „reformiert“ werden können, sind geparkte Christen, sie haben in der Kirche einen komfortablen Platz gefunden, um zu parken. Und – so der Papst – „wenn ich Christen sage, spreche ich über Laien, Priester, Bischöfe, alle. Aber sie sind geparkte Christen. Für sie ist die Kirche ein Parkplatz, der ihr Leben schützt, und sie gehen nur mit einer Vollkaskoversicherung vorwärts“, schloss Ardura seine Ausführungen.
Die CIHEC wurde 1952 als internationale Organisation von Historikern und Theologen gegründet, die sich der Geschichte des Christentums über die Konfessionsgrenzen hinaus widmen. Die Kommission gehört dem Internationalen Komitee für Geschichtswissenschaften (CISH) an und hat 30 nationale Mitgliederverbände. Vorsitzender der Nationalkommission für Österreich ist seit 2007 der Wiener evangelische Kirchenhistoriker Prof. Wolfgang Wischmeyer. Planung, Organisation und Durchführung der Jahrestagung 2017 an der Universität Salzburg oblag dem Salzburger Kirchenhistoriker Roland Cerny-Werner.
