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EIN BÜCHLEIN VON DEN ENGELN

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DIE BIBEL IN BILDERN Julius Schnorr von Carolsfeld

Nach den Mitteilungen von Ancilla Domini. Herausgegeben von Friedrich Ritter von Lama. (Badenia Verlag Karlsruhe)
Imprimatur: Olomucii, die 16. Decembris 1935, Nr. 20 826, Fr. Joannes Artinu, Vicarius generalis
[Aus dem Besitz von Engelbert Knipprath, Merzenich/Düren (Broschüre 64 Seiten), geschenkt an Paul Schenker, Immaculata-Verlag, 6015 Reußbühl/LU — 9050 Appenzell]

»Magdalena vom Kreuze«

Lebensskizze

Mechtilde Sch., aus deren mystischen Erlebnissen heraus das vorliegende Büchlein entstanden ist, hat der Gebetsvereinigung des seligen Grignion von Monfort angehört und bei ihrer Aufnahme den Namen Magdalena vom Kreuze erhalten. Mit diesem nennt sie sich in ihren Schriften selbst oft, oder sie unterzeichnet einfach als „Ancilla“, seit ihr ihr Seelenführer Pfarrer Fischer diesen Namen gegeben hat, um ihr vorzustellen, daß sie sich in allem als eine Magd des Herrn betrachten solle. Der Schauplatz ihrer Jugend- und Mädchenjahre war München, genauer gesprochen, die Pfarrei St. Ludwig. Von frühester Jugend an ist sie von Gott zu ihrem Berufe als Opferseele großen Stiles erzogen worden, und obwohl sie beständig in der Welt lebte, war sie nur einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Mitmenschen ihrem religiösen und mystischen Leben nach bekannt. Von ihren auf Gottes Anordnung nur dem Beichtvater sichtbaren Wundmalen hatte nicht einmal ihr eigener Mann eine Ahnung. In frühester Jugend hatte Gott also ein Erziehungswerk begonnen, denn sie, die ein weiches, liebebedürftiges Kinderherz besaß, wurde von ihrer Mutter gehaßt. Diese, eine Weltdame, ließ es ihr Leben lang das unschuldige Kind fühlen, daß seine Geburt der Mutter beinahe das Leben kostete. Mechtilde mußte sehen, wie alle ihre sieben Geschwister ihr bei jeder Gelegenheit vorgezogen wurden, und als Begründung dieser Zurücksetzung wurde ihr gesagt: „Du hast mir beinahe das Leben gekostet, mach, daß du mir aus den Augen kommst!“ Der Vater dagegen war ein Mann von hoher Bildung und tiefer Religiosität; er wenigstens liebte auch dieses Kind, in dessen Andenken er als Heiliger `fortlebte. Durch seine Gattin war er nahe mit dem seligen Bischof Wittmannn von Regensburg verwandt gewesen.

Die dem Kind von der Mutter zuteilgewordene Behandlung verhärtete zum Glück dessen Herzchen nicht. Als Vierjährige schon empfand sie großes Mitleid mit der weinenden Gottesmutter, deren Bild sie oft betrachtete. Als eines Tages die Mutter ausgegangen war, schleppte sie sich einen Stuhl herbei und wischte dem weinenden Bilde mit einem Spitzentüchlein die Tränen ab. Und siehe da, sie verschwanden. Da sie aber immer wieder erschienen, wischte die kleine Mechtilde sie immer wieder ab, so wehe tat es ihr, die Tränen der Muttergottes sehen zu müssen. Um dieser Tränen willen bat sie einmal den Heiland, er möge einem blinden Bettelkinde doch das Augenlicht wiedergeben, und als sie mit ihrem Tränentüchlein über dessen Augen fuhr, wurden sie sehend. Mit fünf Jahren verzichtete Mechtilde mit einem Akt vollkommener Hingabe an Gott auf jede menschliche Liebe, und von da ab sah sie »ihren Archangelus“, den ihr als besonderen Führer beigegebenen Erzengel. Mechtilde erhielt eine gediegene Ausbildung, sie war wirklich hochgebildet, und wenn sie ihre prachtvolle Altstimme ertönen ließ, blieben die Leute auf der Straße buchstäblich vor dem offenen Fenster stehen, um zu lauschen. Für ihr religiöses Leben dürfte von größter Bedeutung die Wahl ihres Beichtvaters gewesen sein, eines Pater Sch. aus der Redemptoristen-Kongregation. Er muß ein in jeder Hinsicht außerordentlicher und von Gott erleuchteter Seelenführer gewesen sein. Er war streng, und als er erfuhr, daß sein Beichtkind bereits auf außerordentlichen Gnadenwegen wandelte und von seinem Engel geführt wurde, verstand er es, jeden Keim von Stolz und Eigenliebe auszurotten und das Beichtkind in jener Demut zu befestigen, die von der eigenen Armseligkeit ganz durchdrungen ist und an der jede Versuchung zum Hochmut scheitert. Diese außerordentliche demütige Geisteshaltung bricht immer wieder durch, und je größer die Gnaden waren, die Gott über sie ausgoß, desto überzeugter war sie, derselben unwürdig zu sein. Mechtilde war nun bereits „Magdalena vom Kreuze“. Ihre Tagebuchaufzeichnungen beweisen, daß Pater Sch. ihre Leidensmission schon genau kannte, so daß er ihr oft und oft das zunächst Kommende ankünden konnte. Magdalena fühlte sich begreiflicherweise zum Ordensleben hingedrängt, zumal eine ihrer Schwestern bereits den Habit der Dienerinnen Mariens (Servitinnen) trug. Diese Schwester des Herzogspital-Klosters in München galt wegen gewisser mystischer Gnaden als jenes Kind, von dem der heilige Pfarrer von Ars einst den Eltern gesagt hatte, es werde eine Heilige sein. Zweifellos ist aber damit Magdalena vom Kreuze gemeint. Um dies behaupten zu können, ist freilich der volle Einblick in alles erhaltene schriftliche Material, in Tagebücher, Briefe und in die Berichte ihrer späteren geistlichen Kinder notwendig.

Pater Sch. war es, der ihr eines Tages versicherte, daß sie von Gott für den ehelichen Stand bestimmt sei. Daher schloß sie am 7. Mai 1895 die Ehe mit einem Manne, dem sie ihre volle Liebe schenkte, der sich aber nur zu bald unter fremdem Einfluß wandelte und zu einem Charakter entwickelte, für den es schwer ist, den angemessenen Ausdruck zu finden. Er war wirklich ein Tyrann im schlimmsten Sinne des Wortes, der ein diabolisches Vergnügen daran fand, seine Frau bei Tag und Nacht leiblich, moralisch und seelisch zu martern. Seine Rücksichtslosigkeit und Launenhaftigkeit kannte jahrelang keine Grenzen, auch dann nicht, wenn »Magdalena“ als eine Sterbende, versehen — wiederholt! — mit der Letzten Ölung, vor ihm lag. Und dennoch findet sich nach all dem im Jahre 1907 im Tagebuch zum Beispiel das Geständnis gegenüber dem Archangelus: „Meinen Mann liebe ich am meisten auf der Welt.“ In ihrem sechzehnten Lebensjahr war „Magdalena“ mit ihren Eltern nach Regensburg übergesiedelt, und hat dort auch später ihr erstes Ehejahr verlebt. „Einmal, es war im ersten Jahre meiner Ehe“, schreibt sie später, »da war ich in einen Abgrund von Trauer versenkt. Ich kniete mich nieder vor dem Kruzifix und sagte weinend: ,O süßeste Liebe! Der, dem ich mein Herz geschenkt habe nach deinem Willen, hat mich ins Gesicht geschlagen, und ich bin zu Tode betrübt. Ich ertrage es schweigend zu Ehren des dir versetzten Backenstreiches. Aber, liebster Herr, was gibst du mir dafür?‘ Da wurde das Kruzifix lebendig, und eine rührende, ergreifende Stimme sagte mit unendlicher Liebe: ,Meine geliebte Tochter!‘ Da wurde mir das enge Zimmer zur Kapelle, und ich fand keine anderen Worte als: ,O meine gekreuzigte Liebe!‘ Von dieser Stunde an konnte ich alle Beleidigungen und moralischen Mißhandlungen, die mir die Jahre brachten, mit Geduld ertragen und ohne Vorbehalt verzeihen.“ Pater Sch. aber, der kluge Beichtvater, bemerkte, als sie ihm das erzählte: „Kind, wie klein ist dein Glaube und wie schwach deine Liebe, daß der Herr sich solcher Mittel bedienen muß!“

Im Jahre 1898 übernahm ihr Mann einen hohen Verwaltungsposten in Württemberg, mit dem die Übersiedelung nach O. verbunden war. Es war im August. Die seelsorgerischen Verhältnisse in jenem „gottverlassenen Nest“, wie sie es nennt, waren außerordentlich schlimme und „Magdalena“ klagt, daß sich ihr neuer Beichtvater in der Beichte um alles bekümmere,,nur nicht um ihre Seele. Wenn schon Pater Sch., der sonst gewiß keine Gelegenheit unbenützt ließ, „Magdalena“ durch beständige Übung der Abtötung für ihren Kreuzesberuf zu erziehen, ihr geradezu den Befehl erteilte, sich einen anderen Beichtvater zu suchen, dann ist dies mehr als bezeichnend.

Am 1. Januar 1899 schrieb sie an Pater Sch.: „Im Namen Jesu fange ich dieses Jahr an, das mir nach Ihrer Voraussage so schwere zahlreiche Leiden bringen wird.“ Es begann mit der Untreue ihres Mannes, der seine feingebildete Frau einem Weibe unterordnete, dem jede gute Eigenschaft zu mangeln schien. Dazu kam, daß „Magdalenas“ Körperkräfte von ihrem Manne durch Arbeit über alle Maßen ausgenützt wurden, so daß ihr mitunter nur zwei bis drei Stunden Nachtruhe verblieben. Es kam zum vollen körperlichen Zusammenbruch. Sie rang mit dem Tod, den der Arzt nur noch mit letzten Mitteln hinauszuschieben vermochte, und der Ortsseelsorger bekümmerte sich nicht um sie. Monatelang entbehrte sie des Kommunionempfanges; jede Möglichkeit, zu beichten, fehlte. Wohl wurde die gesundheitliche Krise überwunden, aber gesund ist Magdalena nie mehr geworden. Es zeigte sich, daß für sie die Ehe der Weg nach Golgotha sein sollte. Bald nach jener Krise kündigte ihr ein Brief Pater Sch.’s an, die Entschädigung für das Erlittene werde sie „in Gestalt eines guten Beichtvaters erhalten, wenn sie auch anfangs Gottes Gabe nicht erkennen würde. Er werde Johannes heißen“. Der Briefschreiber gibt wiederholt zu erkennen, daß ihm dieser Confessarius im Geiste gezeigt wurde, so daß er seine besonderen Eigenschaften beschreiben konnte. Die Ankündigung erfüllte sich. Pfarrer Fischer erschien unserer Magdalena, von ihrem Archangelus als die „Gabe Gottes“ bezeichnet, als „Deus dedit“ (Gott gab ihn). Später hat dieser einen Mitbruder zu Rate gezogen, um diese große Opferseele ja mit sicherer Hand führen zu können und zugleich in der eigenen Heiligung Fortschritte zu machen. Auch der Name dieses heute noch lebenden Priesters (Prälat R.) ist uns bekannt.

Ich zwinge mich, die Hunderte von Tagebuchseiten zu überschlagen mit ihrer Überfülle von Einzelheiten über Kreuze und Leiden, aber auch über außerordentliche Gnaden und himmlische Tröstungen. Ein besonders schweres Kreuz war für Magdalena ihre Kinderlosigkeit. Dafür schenkte ihr der Herr aber eine große, große Familie geistlicher Kinder, Männer und Frauen, Priester, Laien, Ordenspersonen, die sich ihrer Führung unterstellten und von ihr vorzugsweise auf schriftlichem Weg geführt wurden. Aber auch außerordentliche Mittel, die ihr Gottes Allmacht zur Verfügung stellte, dienten diesem Zweck, zum Beispiel die Gabe der Bilokation. Während ihr Körper im Bette ruhte, holte der Schutzengel sie ab, warf ihr den grauen Mantel über, und dann trat sie ihre Wanderung an. So pflegte sie in langen „Nachtwachen“ während des Krieges in Lazaretten Verwundete an der Westfront, die sie nach ihrer Heimkehr wieder als ihre einstige Pflegerin erkannten. Eines ihrer geistlichen Kinder ist in höchster Gefahr, in eine Todsünde zu willigen; Magdalena kommt zu ihm und macht ihm Vorstellungen, und er — stößt sie zurück und fällt. Doch ich will in dieser Lebensskizze der unerhörten Fülle des Außerordentlichen nicht noch mehr Zugeständnisse machen und in der Diesseitszone bleiben. Hatte Magdalena doch strengen Auftrag von ihrem Archangelus, solange sie lebte, alles Außerordentliche zu verbergen, auch ihre Stigmatisation; denn „wenn Gott ein Geheimnis verschleiere, so solle es auch verschleiert bleiben“. Es ist unglaublich, bis zu welchem Grade ihre Leidensfähigkeit sich mit der Zeit steigerte, und was sie stellvertretend zum Beispiel auch für bestimmte Arme Seelen litt. Und dennoch gesteht sie immer wieder, sie habe noch nicht den Schatten eines Verdienstes vor Gott, sie sei noch immer der personifizierte Hochmut. Nie, schreibt sie, sei sie erhört worden, wenn sie den Herrn um Erleichterung ihrer Leiden gebeten habe; aber ihre Bitten für andere seien immer erhört worden. Immer wieder, wenn ich in diesen Tagebuchblättern lese, wenn ich verfolge, wie der Ehemann mit einer unerhörten Findigkeit immer neue Quälereien für seine Frau, die beständig um seine Bekehrung betete, bereitet hatte, möchte mich der Wunsch packen, daß ich sein Leben beschreibe, um ihn anzuprangern, anstatt mich mit seinem unschuldigen Opfer zu befassen. Aber sie hat ihm die Gnade erwirkt, daß er — nach ihrem Ableben — wenigstens reumütig gestorben ist, und auch jenes Weib, durch das diese Ehe vergiftet wurde, hat sich bekehrt. Es war Ancillas Werk.

Pater Sch. war am 24. März 1906 gestorben; aber der Verkehr mit ihm dauerte ununterbrochen fort. Am 27. Februar 1907 frägt sie „ihren teuren, verewigten geistlichen Vater, Pater Sch., wann sie endlich sterben dürfe. Da sprach er: ,Sobald du noch kleiner, noch mehr Kind geworden bist.“ Jahre vergingen. Am 18. September 1919 schrieb sie an ihre geistliche Tochter M. Hedwig Schnabel im Institut der Englischen Fräulein in Augsburg: „Ich muß Dir gestehen, daß ich so übermüdet bin …“ Am 7. November: „Ich bin sterbenskrank …“ Am 15. November: „Heute nachmittag schlief ich einige Augenblicke ein. Da träumte mir von‘ Pater Sch. Er stand vor mir; mit liebevollem Ausdruck sagte er: ,Bald, geliebte Tochter, bald!‘ ‚Wie soll ich das verstehen?‘ erwiderte ich. Da legte er den Finger auf den Mund und sagte nochmals: ,Bald, geliebte Tochter!‘, und damit war er verschwunden.“ Am 21. November wurde „Magdalena“ (wieder einmal) mit den heiligen Sterbesakramenten versehen, und als Pfarrer Fischer sie bat, eventuell den Tod aus der Hand Gottes ergeben anzunehmen, lächelte sie nur, denn auf diesen Augenblick hatte sie sich längst gefreut. Im Krankenzimmer hing das Kruzifix, das so oft zu ihr gesprochen. Sie gestand nach dem Versehen, daß ihr Inneres von Tröstungen überströme. Es kam der 30. November, ein Sonntag. „Magdalena“ schickte die Pflegeschwester in die Frühmesse und dann noch in Predigt und Hochamt, und während des letzteren starb sie. Ihr Mann war zugegen, und sie konnte noch sagen: „Ich muß sterben“, dann noch einige Atemzüge, und ihre Seele war hinübergegangen; der heilige Andreas, den sie mit so viel Liebe als Kreuzesapostel verehrt hatte, hatte sie heimgeholt. Das Antlitz der Hingeschiedenen nahm den Ausdruck des Glückes und des Friedens an. Majestätische Hoheit umgab die Leiche; mildernst, wie in Betrachtung versunken, lag sie da mit demselben Ausdruck, mit dem man sie stets an der Kommunionbank knien sah. Wenige Tage später wurde die Leiche nach München übergeführt und dort im Waldfriedhof beigesetzt.

Umfangreiche, Jahre umfassende Tagebücher, persönliche Mitteilungen an eine befreundete Seele und viele Briefe, die mir meist im Original vorlagen, sind die Fundgrube, aus der ich die hier gesammelten Perlen zusammengelesen habe. Wer jene war, die sie dort niedergelegt hatte, darüber gab die vorstehende Lebensskizze einige Auskunft. Wenn einstweilen aus bestimmten Gründen noch die Anonymität aufrechterhalten werden muß, so bedauert dies niemand mehr als ich, der Herausgeber. Aber die Rücksicht auf gewisse lebende Personen gebietet es. „Ancilla Domini“ war vor Jahren als junge Frau meiner verstorbenen lieben Mutter nahegetreten; diese war es, welche ihr bei der ersten Begegnung in Regensburg ihre Stigmatisierung vorausgesagt hat. Heute wirkt „Ancilla“ bereits vom Himmel aus manches Gute unter uns, und es wird Zeit, sie allmählich bekanntzumachen. Sie ist ja auch die Verfasserin dieses Büchleins, dessen gesamter Inhalt aus eigenem Erleben geschöpft ist. Nur die Auswahl der einzelnen Teile und ihre Zusammenstellung ist mein Werk.

Gauting, 7. November 1935

Friedrich Ritter von Lama

[Fortsetzung folgt]


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