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(Fortsetzung)
Das natürliche Gesetz des „Stirb und Werde“ heißt ins christliche übersetzt: Aszese. Ich kann den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist, nur anziehen, wenn ich zuvor den alten Menschen der Sünde ausgezogen habe. Der neue Mensch kann nicht wie ein Überzieher über den alten Menschen gezogen werden. Überall steht vor dem neuen Menschen der Tod des alten. Nur wo Gräber sind, gibt es eine Auferstehung. Nur wer sich selbst verleugnet, kann Christus bejahen; wer sich selbst verlässt, kann Christus folgen. Das Ich muss abnehmen, wenn Christus wachsen soll. Weil die Frau, die in echter Weise dem Leben dient, das Gesetz des Stirb und Werde vollzieht, hat sie auch eher Verständnis für die christliche Dialektik von Tod und Leben.
Der frauliche Dienst am Leben verlangt einen erbitterten Kampf gegen alle Feinde des Lebens. Der Feind des Lebens ist Satan als Träger des ewigen Todes. Immer ist er der große Gegenspieler Christi und darum auch des Lebens. Wer in irgendeiner Form mit dem Teufel paktiert, spielt mit dem Tod. Der junge Mensch liebt die Gefahr und die Grenze. Er stellt die Frage: wie weit darf ich eigentlich noch gehen? Wo ist die Grenze zwischen Gut und Böse? Wo fängt die Sünde an? Er möchte die Grenze haarscharf auskalkulieren und sich dann auf dem schmalen Grat zwischen Gut und Böse bewegen. Sünde ist primär immer etwas persönliches und nicht etwas sachliches. Die Sünde wird allzu sehr „versachlicht“. Dann wird sie dargestellt und vorgestellt als ein „schwarzer Flecken auf dem Kleid der heiligmachenden Gnade“. Die Sünde ist die genaue Gegenbewegung des Menschen zur Gnade Gottes. In der Gnade ist Gott mir gnädig, er schenkt mir seine Liebe, er schaut mich an, sein Wohlgefallen ruht auf mir. Er zieht mich, bildlich gesprochen, an sein Herz. Gnade ist ein beziehentliches Sein. In der Gnade würdigt mich Gott, sein „Kind“ zu werden, ihn „Vater“ nennen zu dürfen. Er wird mir „Freund“, er wird mir „Bräutigam“. Immer geht die erste Bewegung von Gott aus. Gnade ist also durch und durch personal bestimmt. Sie ermöglicht dem Menschen eine ganz neue Begegnung mit Gott.
Diese neue Beziehung Gottes zum Menschen ist so mächtig, dass sie im Menschen selbst neues, übernatürliches Leben weckt. Wo Gott, das Leben, sich einem Menschen zuwendet, muss neues Leben entstehen. Wenn schon die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen im Frühling tausendfach das Leben aus dem Boden hervorlockt, wie viel mehr müssen dann die Strahlen des göttlichen Wohlgefallens den Menschen beleben, der von ihnen getroffen wird.
Für die Realität „Gnade“ dürfte das Mädchen ein besonderes Verständnis haben. Weil es personal bezogen ist, weiß es personale Bezüge zu schätzen. Das Mädchen wird eine andere, wenn es eines Tages der starken und reinen Liebe eines Jungen begegnet und dessen „Braut“ wird. Ein ganz neues Lebensgefühl durchpulst das Mädchen als Braut. Es blüht auf. Was sich hier nur auf der psychologischen Ebene begibt, begibt sich in der Gnade auf der ontischen Ebene. Die Gnade weckt völlig neues Leben im Menschen.
Wie hütet die Braut die Liebe zum Bräutigam? Sie möchte es unter allen Umständen verhindern, dass dieses Verhältnis getrübt oder gar zerstört wird! Ist aber einmal vielleicht durch ein Missverständnis ein „Haar in der Butter“, dann ruht sie nicht eher, bis wieder alles in Ordnung gebracht ist, und der Strom der Liebe und des Vertrauens wieder ungehemmt sich von einem zum anderen ergießt.
Wie leidet ein Mädchen darunter, wenn ein Verhältnis „kaputt“ geht! Es gibt Mädchen, die einen solchen Schlag nur mithilfe einer langwierigen psychotherapeutischen Behandlung überwinden können, wenn sie nicht sogar zeitlebens daran tragen.
Gerade das freundliche Verhältnis ist für das Mädchen ein vielsagenderes Symbol für die Gnade als vielleicht das Kindesverhältnis. Ist doch das Mädchen in der Kirche Braut Christi. Was geschieht, wenn das Mädchen dieses gnadenhafte Verhältnis durch die lässlich Sünde trübt und durch die schwere Sünde zerstört? Zu den törichten Jungfrauen, die in der Stunde ihres Sterbens, wenn der Bräutigam kommt, kein Öl auf der Lampe haben, wird der Herr sagen: „Ich kenne euch nicht. Hinweg von mir! Weichet!“ Wie furchtbar, wenn Gott einen Menschen, den er in der Gnade an sich gezogen hat, wieder zurückstoßen und verwerfen muss, weil dieser Mensch seine göttliche Liebe zurückgewiesen und nicht erwidert hat. Der neue Katechismus nimmt als erste Folge der Todsünde den Verlust des Gnadenlebens. Es ist nicht gleichgültig, unter welchem Aspekt ich dem Mädchen die Folgen der Sünde veranschauliche. Vielleicht geht ihm die Größe der Sünde am besten auf, wenn ich sie als die schlimmste Feindin des Lebens herausstellen. Im Buch der Sprüche heißt es: „wer nicht findet, findet das Leben … Alle die mich hassen, lieben den Tod“ (8, 35, 36). Wir sterben ja letzten Endes alle nicht an einer Krankheit, sondern an der Sünde. Eine Krankheit mag die medizinische Ursache des Todes sein, die metaphysische ist die Sünde.
Hat das Mädchen vom Glauben her die rechte „Lebens“-Auffassung gewonnen, ist der Kampf gegen die Sünde eine Selbstverständlichkeit. Dann wird es versuchen, nach dem Vorbild der Unbefleckten Empfängnis dem Bösen mit einem ganz entschiedenen Nein zu begegnen.
Dieses „Nein“ muss schon der Versuchung entgegengebracht werden. Die beste Medizin ist immer die prophylaktische. Das gilt auch von der Seelsorge. Die Versuchungen sind das Vorfeld der Sünde. Wenn die Vorentscheidungen richtig getroffen werden, braucht man um die letzten Entscheidungen nicht mehr zu bangen. Es gehört mit zur Strategie des Teufels, dass er zunächst mit „Kleinigkeiten“ beginnt. Es genügt ihm vorerst der „kleine Finger“. Hat er den aber, dann greift er zur „ganzen Hand“. Hat er die Hand eines Menschen fest umschlossen, dann zieht er unschwer den ganzen Menschen zu sich herab. Darum heißt es, den Anfängen widerstehen!
Der „tiefe Graben“, in den uns der Teufel hineinstürzen möchte, ist die schwere Sünde und schließlich der Abgrund der Hölle. Wir können uns von diesem Graben nicht weit genug fernhalten.
Es gehört weiter zur Strategie Satans, dass er den Menschen ködert. Satan zeigt sich nie in seiner wahren Gestalt. Er bedient sich eines „Linsengemüses“. Mit einem „Linsenmus“ erreicht er es, dass Esau sein Erstgeburtsrecht verkauft. Wie viele Jungen und Mädchen mögen für das „Linsenmus“ der bösen Lust ihre Unschuld opfern! Der Teufel steckt den Köder der sogenannten „Freude“ an die Angel. Er verheisst einen Genuss, der zum Vollzug der Sünde reizt. Faust durchschaut den Teufel, der ihm den vollen Becher der Lebensfreude verspricht. Er fragt skeptisch: „was willst du armer Teufel geben?“ Der Teufel ist sprichwörtlich „arm“. Ihm fehlt Gott! Nur wer Gott hat, hat alles, wenn er sonst nichts hätte. Wer Gott nicht hat, hat nichts, wenn er sonst alles hätte. Der Teufel kann nur geben, was er hat. Ihm zueigen ist nur die Qual der Gottferne und das Feuer der Hölle. Das verbirgt sich hinter allen seinen „Tarnnamen“, hinter allem trügerischen Glanz, indem er zu blenden versucht. Der Teufel ist ein Meister in der Kunst zu blenden und verblendeten. Wir sprechen nicht umsonst vom Blendwerk des Teufels, hinter dem die Sonne Satans steht.
Zeigen wir dem Mädchen Christus als das Leben, ergibt sich ihm ein ganz neuer Zugang zum Herrn, der seiner Wesensart und Wesensaufgabe entspricht.
(Fortsetzung folgt!)
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Quelle: Josef Dreissen: „Christus Leitbild jeder Frau“, 312 Seiten, 1962
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