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MARIA GRAF-SUTTER — Beschreibungen über mein inneres Leben (03)

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Sonnenhalb-Kapelle „Maria 7 Schmerzen“

1942

An einem Herz-Jesu-Freitag träumte mir, ich führe den Bruder meiner Mutter in Steinach in die Kirche und er habe da so andächtig gebetet. Dieser, mein Onkel, war zehn Jahre in Amerika und ist ganz glaubenslos heimgekehrt. Ich hörte, wie er sagte, er glaube gar nichts mehr, mit dem Tod sei alles aus. Vom Traum erwacht wusste ich, dass ich für diesen Menschen beten muss. Und ich betete das Gebet, das ich erhalten habe von Jesus. Nach einiger Zeit träumte ich wieder: ich habe ihn wieder in jene Kirche geführt; er weinte und bereute seine Sünden und ging in den Beichtstuhl. Ich sah ganz deutlich, wie er meinem früheren Beichtvater beichtete und von ihm die Absolution erhielt; dann sei ich gegangen und dachte, der ist gerettet, und habe auch aufgehört zu beten. – Erst eineinhalb Jahre nachher erfuhr ich, dass er sich damals ganz bekehrt habe; es sei grad Mission gewesen.

Mein Schwiegervater war in großer seelischer Gefahr. Mir war als müsse ich für ihn beten, um ihn, den 80-jährigen Greis, auf das Sterben vorzubereiten. Er war noch so gesund und rüstig. Aber das Geld war sein Herr und alles tat er um das liebe Geld. Und einen Franken verdienen am Sonntag war ihm lieber, als die Christenpflichten erfüllen. Ich betete das empfangene Gebet täglich für ihn.

Es war mitten im kalten Winter, wo vor Kälte die Eisblumen die Fenster zierten. An einem solchen Nachmittag kam er zu uns, ganz außer sich. Eine so große Angst hatte ihn zu uns getrieben, trotz der grimmigen Kälte. Er sagte, er müsse zu mir kommen, er müsse mir etwas Furchtbares sagen. Jetzt war mir, als sage eine innere Stimme: hier musst du einstehen. Ich empfahl ihn meinem lieben Jesus in seine heiligsten Wunden. In Liebe zu dieser ärmsten Seele übergab ich mich Jesus ganz für die Rettung dieser Seele.

Kurz darauf wurde ich so unerwartet krank (an Fleischvergiftung). Neun Wochen lag ich schwer krank und der Priester glaubte, es sei meine Auflösung, und er wollte mir nach der heiligen Kommunion die heilige Ölung spenden. Dann sagte ich ihm: „Ich nehme dieses Gnadenmittel an, aber ich bin sicher, ich sterbe nicht.“, und war so schwach, dass ich kein Augenlid mehr bewegen konnte. Ich bin ob dieses Wortes selbst erschrocken. Dann dachte ich: Jesus in mir hat durch mich gesprochen. Von da an ging es jeden Tag besser und ich bin in kurzer Zeit gesund und bei Kräften gewesen.

Der Schwiegervater hatte von da an so oft zu mir gesagt: „Alles gebe ich, wenn ich nur wieder ein neues Leben anfangen könnte! O so vieles würde ich anders, würde ich gut machen.“ Ich durfte ihn begleiten, als er zur heiligen Beichte ging und lange, lange im Beichtstuhl blieb. Ich durfte Zeuge sein, wie er, als er bei uns hauste, sich gebessert hat. Und mit großem Verlangen ging er jede Woche in unserer Kapelle zur heiligen Messe. Im Herbst, als er nach Kau zu seinem Sohne als Aushilfe dienen ging, sagte er zu mir, er gehe so ungern, weil er keine heilige Messe mehr habe am Werktag.

Nach einiger Zeit kam er heim mit einer Erkältung, aber niemand dachte an etwas Schlimmes. Ich ging ihn am anderen Tage, es war Montag, besuchen. Wie ich ihn sah, bekam ich eine unerklärliche Angst. Mir war, als müsse er bald sterben. Ich sagte es seiner Gattin, der Schwiegermutter, man solle zum Arzt und Priester schicken. Sie sagte, der Arzt komme nachmittags, aber ich kenne ihn nicht, er sterbe noch lange nicht, solche Schwäche habe er schon oft gehabt. Ich ging heim und bereitete das Mittagessen. Aber ich hatte eine innere Unruhe und mir war, als müsse ich den Priester rufen für den Vater. Ich wollte mich dagegen wehren, aber ich konnte und mochte nicht essen. Dann gab ich meinem Kinde, das nach Appenzell zur Schule musste, ein Schreiben an den HH. Pfarrer, er soll so bald als möglich unseren Vater versehen. Am Nachmittag hatte er mit Tränen der Reue die hl. Sakramente empfangen. Am gleichen Abend war er schon nicht mehr so klar bei Sinnen und, ohne nochmals zu klarem Verstand zu kommen, ist er am Mittwochnachmittag gestorben, trotzdem auch der Doktor und der HH. Pfarrer meinten, er komme wieder auf, es sei keine Gefahr vorhanden.

Ich hatte es als meine Pflicht angesehen, einen Monat lang fast täglich in Appenzell dem heiligen Messopfer beizuwohnen und es ihm aufzuopfern. Ich habe meine himmlische Mutter lange nachher gebeten, sie soll mir zu erkennen geben, wann diese Seele von ihrem Leiden erlöst sei. Dann an einem Morgen träumte mir: ich sah den Vater so rüstig und deutlich in unsere Stube kommen. Er setzte sich und tiefes Weh und Leid sprach aus seinem Antlitz. Ich fragte, wie es ihm gehe. Er sagte, immer ein schneeweißes Stück Brot zeigend, er müsse furchtbaren Hunger leiden, solches Brot sehe er, aber es sei steinhart, nie zum Essen. Dann sah ich ihn nicht mehr.

Mir war so klar: er muss leiden, weil er im Leben so selten die heilige Kommunion empfangen hatte. Man solle recht oft für ihn und die heilige Kommunion empfangen. – Aber, mein Gott, könnte und dürfte ich doch oft Jesus empfangen! Ich sehe so selten Frauen in meinem Alter zur öfteren heiligen Kommunion gehen. Ich hatte seit diesen Erlebnissen oft so tiefes Verlangen. Aber den Reinsten, den Heiligsten dürfen ja nur jene Glücklichen empfangen, die so ganz rein und ungeteilt Ihm dienen und Ihn lieben können. Ich erlebte Stunden, wo es mir so schwer wurde und ein großes Opfer war, meine Pflichten als Gattin zu erfüllen. Und doch muss sich zuerst aus Liebe zu Jesus meine Pflichten tun. Jesus wollte ja mich in den Ehestand berufen.

Ich sagte meiner Schwägerin, der Tochter des Verstorbenen, was mir geträumt und sie solle oft, ja täglich für ihn das hl. Messopfer und die heilige Kommunion aufopfern. Sie glaubte mir und tat es fleißig. – Den Vater sah ich nach einem halben Jahr auf mich zukommen, und so jung und glücklich und schön wie am Hochzeitsmorgen hat er mir gedankt und ist gegangen, die Augen zum Himmel erhoben. Ich wusste: er ist eingegangen zu Gott, der unendlichen Liebe und Barmherzigkeit.

Vor meiner Seele stets so deutlich das Furchtbare, das ich am Sonntag nach dem Tage Maria von der Erlösung der Gefangenen im September 1942 in der Morgenfrühe auf dem Wege zur heiligen Kirche geschaut habe. Es war schon einige Tage vorher ein Geschwätz unter den Schulkindern dieser Gegend, dass im Wäldchen bei der Ochsenegg ein eigentümliches Rauschen zu vernehmen sei. Ich verbot den Kindern, diesen Weg zu gehen, weil die anderen auf demselben Wege unter den Bäumen Obst zusammennahmen, das doch jenen Besitzern gehörte. Nun wunderten sich meine Buben, was das für ein Rauschen und Poltern sei. Aus diesem Grunde gingen unsere Buben am Mittwochmorgen auch über die Ochsenegg und wollten hören, vernahmen aber nichts. Die anderen Kinder haben das Geräusch wieder vernommen und fürchteten sich so sehr, dass beim Heimgehen niemand mehr diesen Weg ging. Sie sagten es der Polizei und am selben Nachmittag gingen zwei Polizisten auf die Suche nach der Gegend und suchten alles ab, gingen sogar in Haus und Scheune vom Besitzer der Ochsenegg und fanden gar nichts Verdächtiges. Die Nachmittagsschüler kamen mit dem Bericht, dass die Polizei nichts gefunden habe und die Schüler den Weg wieder gehen können.

Am Mittag, es war Donnerstag, den 24. September 1942, gingen unsere zwei Buben mit zwei anderen wieder über die Ochsenegg heim als sie über das Bächlein ins Wäldchen kamen, sagten die zwei anderen entsetzt: es kommt wieder, es rauscht und kollert, ob Steine fallen. Dann flohen die beiden anderen davon. Unsere Buben kamen heim und erzählten unter Lachen. Sie hatten nicht rauschen gehört, und die anderen sagen es rausche wieder. Wir konnten es nicht glauben. Weil grad in Triebern eine Frau am Sterben gewesen, glaubte ich eher, diese Seele geisterte umher, als so etwas.

Am anderen Mittag sagten beide, als sie auf jenen Platz kamen, fingen zwei Mädchen, die mit ihnen gegangen sind, an zu fliehen. Ein Mädchen nahm einen Buben am Arm und sagte: „Komm mit, ich fürchte mich vor dem Rauschen!“ Aber unsere Buben hörten kein Rauschen. Nachher fragte ich ein Nachbarskind, ob wieder alles ruhig sei. Das Mädchen sagte: „Wir haben’s jedesmal rauschen gehört, ob uns jemand im Laube nachspringe und ob Steine fallen, darum fürchteten wir uns so sehr.“ Ich konnte es nicht glauben.

Am folgenden Sonntag ging ich zur heiligen Messe und Kommunion. Da aber sah ich von unserem Dorfe bis fast nach Weissbad alles mit einem gelben schmutzigen Wasser zugedeckt. In diesem Wasser waren so viele Menschen am ertrinken. Viele waren bis zur Brust, andere bis zum Hals in der schmutzigen Flut, andere sanken grad unter, hoben noch die Arme aus dem Wasser, als ruften sie um Rettung, andere aber sanken unter, ohne sich retten zu wollen. Das konnte ich nicht verstehen. Eine Stimme sagte mir: „So viele Seelen gehen verloren, wenn niemand für sie betet. Das ist die Sündflut.“

Eine Woche darauf sah ich die Muttergottes auf einem grünen Hügel sitzen und weinen. Ich wusste, dass sie weinte wegen meinem Ungehorsam. Denn am Fest Mariä Erlösung von den Gefangenen ließ sie mir sagen: „Betet den Rosenkranz für die Bekehrung der Sünder!“ Ich konnte nicht begreifen, dass Jesus von mir die Verehrung seiner heiligen Wunden will und zugleich Maria ihren Rosenkranz. Ja, ich sagte: wenn alle zum Rosenkranz aufgerufen werden, mich gehe es nichts an. Von nun an betete und bete ich immer den Rosenkranz für die Bekehrung der Sünder.

Nach obigen Erlebnissen tat ich in erster Linie meine Berufspflichten, weil ich wusste, dass Gott es verlangt. Aber mein Herz war oft nicht bei der Sache. Ich kann nicht beschreiben, wie dieses Erlebnis mich innerlich ergriffen hat. Während der Arbeit sagte ich oft und immer wieder: „Mein Gott, mein Jesus, was willst du, dass ich tun soll?“ Ich fühlte mich das elende Geschöpf auf der Welt. So oft ich konnte, ging ich zur heiligen Messe und wagte nicht, zur heiligen Kommunion zu gehen, weil nur sehr wenige gingen, und doch hatte ich ein so großes Verlangen danach. So ging ich öfters zur heiligen Beicht und dann zur heiligen Kommunion. Und doch, es war einfach nie mehr das Große, diese persönliche Begegnung mit Jesus. Ich wusste nicht, was recht ist. Beim Empfang der heiligen Kommunion fühlte ich eine Leere und glaubte, ich könne nicht recht beten. Daheim hatte ich das Herz immer voll Sehnsucht, Ihm zu dienen, etwas Großes für Gott zu tun.

(Fortsetzung folgt)


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