Quantcast
Channel: POSchenker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 6641

Pater Pio — Geistliches Bildnis aus seinen frühen Briefen

$
0
0

 

(Fortsetzung von hier)

Ein anderer Gefährte Francescos, Vincenzo Iabbraccio erzählt, wie nützlich die Freundschaft, die Francesco zu ihm hegte, für ihn beim Studium gewesen sei: „er übte auf mich einen Einfluss aus, den mein Lehrer nicht hatte. Seine Ratschläge, seine Hilfe und sein Beispiel waren mir von Nutzen und bestimmend für ein gutes Ergebnis und löbliches Betragen in der Schule. Das lag ihm so sehr am Herzen, dass er überglücklich und zufrieden war, wenn es mir gelang, meine Launen zu beherrschen, … Wir liebten ihn alle gar sehr …“

Aus dieser Epoche werden zwei Briefchen des künftigen Paters Pio aufbewahrt. Eins davon ist an einen Kameraden gerichtet, um ein kleines Missverständnis zu zerstreuen; das andere war an seinen Vater in Amerika geschrieben.

„Mein lieber, guter Luigino (es scheint, dass es sich um Luigi Orlando handelt), wenn Du an mir irgend einen Fehler entdeckt hast, so lass es mich bitte wissen. Gestern Abend habe ich bemerkt, dass Du mit mir schmolltest. Doch ich kann den Grund dafür nicht erraten. Mir scheint es, dass ich Dir nichts zuleide getan habe. Darum schreibe ich Dir diesen Brief, indem ich mich liebevoll um den Grund für Dein neues Betragen mir gegenüber erkundige.

Ich bin sicher, dass Du mir die Erklärung dafür geben wirst, weil ich mit allen in Freundschaft leben will. Lebe wohl! Wenn wir uns heute in der Schule oder in der Kirche wiedersehen werden, hoffe ich, dass Du nicht mehr dieselbe Einstellung mir gegenüber zeigen wirst. Wenn Du über mich wegen der Angelegenheit von gestern Abend verärgert bist, so sollst Du wissen, dass nicht ich, sondern Dein Freund Bonavita es war, der Saginario befahl, Dich auf den Boden zu legen.

Ich grüße Dich sehr und umarme Dich herzlich. Dein ergebenster Freund Forgione Francesco. Pietrelcina, 9. März 1902“ (4,591f).
Francesco war erst 15-jährig.

Einige Wochen zuvor hatte Francesco seinem Vater einen Brief geschickt. Auch der ist sehr schön und so ehrfurchtsvoll! Zi´Grazio hatte sich darüber beklagt, dass Francesco sich den Luxus geleistet hatte, nach Pompei zu reisen, wo er einige Liren vergeudet hat. Der Junge entschuldigt sich dafür und benutzt die Gelegenheit seinem Vater über die Fortschritte in der Schule zu berichten:

„Pietrelcina, 5. Oktober 1901 – Mein bester Vater, Ihr könnt Euch nicht vorstellen, mit welchem Vergnügen wir Euren Brief empfangen haben, worin Ihr uns versichert, dass Ihr Euch bester Gesundheit erfreut. Auch uns geht es, Gott sei Dank, gut, mir ganz besonders. Unablässig richte ich Bitten und Gebete an Unsere Liebe Frau, damit sie Euch vor jedem Übel bewahre und damit sie Euch gesund und heil unserer Anhänglichkeit zurückgebe. Was Eure Klage Mutter gegenüber wegen meiner Reise nach Pompei betrifft, so habt Ihr tausendmal recht. Indessen müsst Ihr bedenken, dass es vom nächsten Jahr an, so Gott will, für mich zu Ende ist mit Festen und Belustigung, weil ich ja dieses Leben verlassen werde, um mich einem anderen besseren zu widmen. Es ist wahr, ich habe ein paar Liren vergeudet, aber ich verspreche Euch jetzt, sie wiederzugewinnen durch mein Studium. Tatsächlich darf ich, wo ich unter der Leitung des neuen Lehrers stehe, feststellen, dass ich von Tag zu Tag Fortschritte mache. Und wir sind darüber sehr froh, sowohl ich selber, wie auch die Mutter. Für den Bruder macht Euch keine Sorge, denn er erfüllt seine Pflicht und gibt keinen Anlass zur Beunruhigung. Ebenso die Schwestern, sie sind immer unter der Aufsicht der Mutter oder des Bruders. Was das Grundstück des „Canino“ betrifft, wird man Euch gehorchen. Wie ihr Euch vorstellen könnt, haben wir nicht viel Mais gehabt, denn es gab nicht genug Wasser zur rechten Zeit. Wir haben kaum vier Säcke geerntet. Wir warten immer auf gute Nachrichten, was Eure Angelegenheit und die des Onkels Agostino angeht. Ihm werdet Ihr viele Grüße von Seiten aller Verwandten ausrichten. Der Lehrer und seine Familie lassen Euch ebenfalls mit Hochachtung grüßen. Alle aus unserer Familie, die Tante Ursula und ihr Gemahl, wir umarmen Euch und ich küsse Euch die Hand und bitte um Euren Segen. Euer gehorsamster Sohn: Francesco“ (4.797).

„Tragen Sie einen Bart? …“

Jedes Mal wenn der Kapuziner Bruder Camillo da Sant´Elia a Pianisi, (der 1933 in die Ewigkeit einging) nach Pietrelcina kam, um zu Gunsten seines Klosters zu betteln, bekam er immer einen sehr herzlichen Empfang bei den Forgione. Der gute Bruder verteilte Küsschen, Nüsschen und Medaillen an die Kleinen, die darüber entzückt waren. Francesco aber ließ den Ordensmann nicht mehr aus den Augen und er fühlte sich sehr angezogen vom beeindruckenden, schwarzen Bart, der das Gesicht des Kapuziners umrahmte. Er wollte von da an ein Mönch mit einem Bart werden. Obwohl man ihn in seiner Umgebung wissen ließ, dass es im Noviziat zu Morcone keinen Platz mehr gab (die glücklichen Zeiten!) Und er vielleicht bei den Ordensleuten vom Montevergine, die sich in weiß gekleideten, Schuhe trugen und im Wohlstand lebten, seinen Werdegang finden müsse, stellte Francesco die Frage: – „Tragen diese einen Bart?“ – „Nein!“ war die Antwort, – „Dann ist es auch für mich ein Nein!“ Und dabei blieb es.

Don Salvatore Panullo, Zi´Tore, wie man ihn im vertrauten Umgang nannte, der gütige Pfarrer von Pietrelcina, der Francesco um Verzeihung bitten wollte, dass er es gewagt hatte, ihn in jener lächerlichen Angelegenheit des Liebesbriefchens an die Bahnhofvorstandstochter zu verdächtigen und der ihn zur Strafe ohne Umschweife aus dem Verband der Altardiener ausgeschlossen hatte, dieser hatte also selber für Francesco um die Zulassung bei den Kapuzinern gebeten. Nach einigen Wochen des Wartens empfing er vom Provinzial aus Foggia die endgültige Zulassungsgenehmigung. Er bereitete also alle notwendigen Urkunden für sein viel geliebtes Musterpfarrkind vor. Niemand hatte damals eine Ahnung, welche harten Kämpfe um seine Berufung Francesco gegen die entfesselte Hölle austragen musste.

Er war bekanntlich erst fünfzehnjährig und doch war er schon in seiner Seele gewarnt, was für unversöhnliche Kämpfe er künftig gegen Satan auszufechten hätte, und das bis zum Ende seines Lebens. Man kann sich wohl vorstellen, dass damals, als er diesen Entschluss fassen musste, der sein ganzes Leben in Dienst nehmen sollte, die Angriffe besonders schrecklich waren und ohne Zweifel, wenn ihn Gott nicht unterstützt hätte, so wäre er nicht als Sieger daraus hervorgegangen.

„Ich spürte zwei Kräfte sich in mir bekämpfen, wird er später schreiben, die mir das Herz zerrissen: die Welt wollte mich für sich gewinnen und Gott berief mich zu einem neuen Leben. Mein Gott, wie soll ich mein Martyrium beschreiben? Schon allein die Erinnerung an den Kampf, der sich in meinem Innern abspielte, lässt mir das Blut in den Adern erstarren. 20 Jahre sind vergangen. Ich fühlte, dass ich Dir folgen sollte, wahrhaftiger, gütiger Gott, aber meine Feinde tyrannisierten mich, sie renkten mir die Knochen aus den Gelenken und drehten mir die Eingeweide aus. Ich wollte Dir gehorchen, o mein Gott und mein Bräutigam. Aber wo die Kraft finden, um dieser Welt zu widerstehen, die nicht Dir gehört? Am Ende bist Du in Erscheinung getreten und hast Deine allmächtige Hand dargereicht, hast mich dorthin geleitet, wohin Du mich gerufen hattest …

In meinem Innern, der ich sein armes, verächtliches Geschöpf bin, hat Gott mir von meiner Geburt an gezeigt, dass er nicht nur mein Heiland, mein größter Wohltäter gewesen ist, sondern mein zuverlässiger, aufrichtiger, treuer Freund, die ewige, unendliche Liebe, mein Trost, meine Freude, mein ganzer Schatz …

Mit heißer Glut, mit Liebesseufzern, mit unaussprechlichem Stöhnen, mit lieblichen, süßen Worten rief mich (der Herr) zu sich, fährt Pater Piero fort, er wollte nicht ganz bei sich haben.

Und in den Versuchungen, in den ganz gezielten Angriffen des Feindes rief ich sogleich die heiligste Namen Jesu und Mariens an, schreibt weiter Pater Pio, ich rief den gütigen Vater in heller Angst an, dass er mir doch zu Hilfe eile. Und siehe er war gefasst auf meinen Anruf. Er stellte sich mir vor und da er sah, dass ich mich anstrengte, das unheilvolle Bild von mir wegzuweisen, schien er zu lächeln, und es sah aus, als wolle er mich zu einem anderen Leben einladen. Er ließ mich verstehen, dass der Hafen der Geborgenheit, der Zufluchtsort des Friedens für mich in den Reihen der kirchlichen Streitmacht zu finden sei.“

Und immer im selben Text fragte Pater Pio: „Wo könnte ich Dir besser dienen, o Herr, als im Kloster oder unter dem Banner des kleinen Armen von Assisi?“

Pater Pio hatte diesen Text 1922 geschrieben.

Er wusste sehr wohl was ihn erwartete, und dass sein ganzes Leben nur ein Kalvarienberg sein würde, und dass er ihn in der Nachfolge Jesu würde ersteigen müssen und von IHM unterstützt. Später wird er dieses Gebet an ihn richten:

„Du hast die Tränen der bitteren Not gesehen, die meine Wangen überfluteten … Ich wollte lieber sterben als Deinen Ruf verfehlen. Du hast mich vor den Augen aller verborgen; aber von da an hast Du Deinem Sohn eine sehr große Sendung anvertraut, die nur Dir und mir bekannt ist … Vollende in mir das Werk, das Du begonnen hast. Ja, innig und unablässig höre ich Deine Stimme, die mich um eine Gunst bittet und zu mir spricht: „Heilige dich und mache (andere) heilig!“ …

_______

Quelle: Pater Derobert – Pater Pio durchsichtig auf Gott hin – Geistliches Bildnis aus den Briefen Pater Pios gewonnen. Hovine Verlag, Belgien und Frankreich, 1990, 814 Seiten.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 6641


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>