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MARIA GRAF-SUTTER — Beschreibungen über mein inneres Leben (06)

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1945

Es kam der Herz-Jesu-Freitag im Januar. Wenn ich an all das Erlebte im vergangenen Jahre zurückdenke, muss sich bekennen: Alles, auch das Schwere, ist Liebe, unfassbare Gottesliebe zu uns sündigen Menschen. „Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Besten.“ Weil ich lieber ein Kind gehabt hätte, als für die Bekehrung der Sünder zu opfern und zu beten, schickt Gott mir im Leiden Zeit zur Besinnung und Umkehr. Er selber hat mich in unendlicher Liebe so oft heimgesucht, mich erquickt und genährt mit seinem heiligsten Fleisch und Blut. Mein Gott und mein Alles!

Weil der weite Weg und meine Pflichten mich hindern, am Werktag dem hl. Messopfer beizuwohnen, bitte ich jeden Morgen meine himmlische Mutter, dass sie für mich bete und mir beistehe, geistigerweise dem hl Messopfer beizuwohnen, alle meine Arbeiten und Gebete mit ihren Verdiensten zu vereinigen und sie mit dem heiligsten Fleisch und Blut Jesu dem himmlischen Vater aufzuopfern zu Seiner Ehre und Verherrlichung, zum Danke für alle Seine Gnaden und Wohltaten, zur Sühne für meine und der ganzen Welt Sünden und für die Bekehrung der Sünder, für alle Seelen, die heute aus diesem Leben scheiden müssen, und für die armen Seelen im Fegefeuer, und für die Meinen, die Gott mir anvertraut hat, dass sie die Gnaden erlangen, Gott vollkommen zu dienen. Wenn ich dann bedenke, wie mein Herr und Heiland sich aus Liebe zu uns in der heiligen Hostie erniedrigt, um unsere Seelenspeise zu werden, habe ich das Verlangen, eins zu werden mit Ihm in der hl. Kommunion.

„Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Besten.“  Es war der 20. Januar 1945. Wie gewohnt bereitete ich mich unter der Arbeit auf die hl. Beicht und Kommunion vor. Durfte ich doch nach einer Woche der Arbeit wieder zu Ihm gehen, der mein Alles ist, um bei Ihm neue Kraft und Liebe zu schöpfen. Aber am Morgen konnte bei solchem Schneegestöber kein Mensch ausgehen. So konnte mein Verlangen nicht gestillt werden und ich wohnte geistigerweise dem hl. Messopfer bei. Innig bat ich meine himmlische Mutter, dass sie Jesus bitte, Er solle doch geistigerweise zu mir kommen mit seiner Liebe und seinen Gnaden. Da plötzlich hörte ich die Worte: „Ich habe Dich gerufen, ich bin ja bei Dir.“ Ich fühlte mich Jesus so nahe wie bei der wirklichen Kommunion. Mein Herz jubelte: „Hochpreiset meine Seele den Herrn und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heile.“ Diese Worte begleiteten mich den ganzen Tag bei jeder Arbeit; ja ich wäre am liebsten in die Einsamkeit geflohen, um allein zu sein mit meinem Jesus.

Es kamen auch Zeiten, wo es mir schwer wurde, das alles allein zu tragen. Ich glaubte, in dem Priester, den ich als einen großen Marienverehrer sah, einen Seelenführer gefunden zu haben. Dann war es mir, die Muttergottes habe mir zum zweiten Mal zu erkennen gegeben, dass ich ihm meine Seele anvertrauen soll, als mir träumte: Ich sah diesen Priester in unserer Pfarrkirche von einem anderen Diener Christi die heilige Kommunion empfangen. Nachher lag er auf die Stufen des Altares und verharrte so in der Danksagung. Ich hörte eine Stimme sagen: „Das ist ein Heiliger.“

Eine so große Ehrfurcht vor diesem Stellvertreter Christi hielt mich fast ab, ihm mein sündiges Leben zu bekennen. So betete ich zum dritten Mal einige Tage lang zur himmlischen Mutter, sie solle mir den Seelenführer zu erkennen geben im Traume, der mich zur Heiligkeit führen könne. Ich habe ja noch kein Ave Maria vergebens gebetet.

Es war Maria Lichtmess und sogleich Herz-Jesu-Freitag. Ich hatte mich am Vorabend auf die heiligen Sakramente vorbereitet und erwachte um 1/2 4 Uhr. Ich empfahl mich meiner himmlischen Mutter und wollte beten, schlief aber wieder ein. Im Traume lief ich zur Kirche. Die Doppeltüre war weit offen. Ich sah über dem Altar die himmlische Mutter auf etwas sitzend, so wunderbar, lieblich und schön, ganz wie lebendig. Mit der linken Hand umfing sie das Jesuskind. Immer sie anschauend lief ich auf sie zu. Doch als ich bald vorne war, zeigte sie mit der rechten Hand auf einen Beichtstuhl. Ich sah hin und der Priester winkte mir einzutreten. Es war der in meinen Augen heilige Priester. Ich weiß nicht, habe ich gedacht oder gehört: „Das ist dein Seelenführer.“

Nun hatte ich zur himmlischen Mutter ein unbegrenztes Vertrauen. Von ihr kann ich alles erlangen. Wenn ich wegen meiner Sünde nicht wagen darf, Jesus zu bitten, so wird sie meine Bitten ihm sagen, und Jesus wird seine heilige Mutter immer erhören, wenn es sein hl. Wille ist. Zu Dir, meine himmlische Mutter, darf ich alles sagen. Zwar sagte Jesus vor Jahren: Das ist Dein letztes Kind. Aber, heiligste Mutter, Du weisst um mein Sehnen, noch einmal Magd des Herrn zu werden, noch einmal höchstes Glück zu erleben. Um Deiner Mutterfreuden und -leiden willen bitte Du Deinen göttlichen Sohn, Er soll mich doch noch einmal segnen. Er sagte ja zu mir: es ist dein letztes Kind. So will ich es nicht für mich, ich will es nur, wenn es Ihn verherrlicht auf Erden. Wenn Er doch zu mir gesagt, durch Seine heiligen Wunden könne ich alles erlangen, soll Er mir als Beweis ein Kind schenken. Dann werde ich es ihm schenken und es für Ihn erziehen und ich werde dann nicht mehr zweifeln müssen an diesen Erlebnissen. Täglich betete ich zu Jesus: „Lass mich das Werk vollbringen, das Du mir zu verrichten gegeben! Gib mir Deinen hl. Willen zu erkennen und die Gnade, ihn zu vollbringen!“

Am folgenden Sonntag fügte es sich, dass ich und mein Gatte wieder einmal miteinander die hl. Sakramente empfangen konnten. Die durch Jesus geheiligte Liebe erweckte sein Verlangen, Liebe zu schenken. Und Gott sprach Sein Schöpferwort: „Es werde!“

Ein nie gekanntes Glück erfüllte mein Herz. Wie kann ich Gott danken? Jetzt darf ich als Seine Magd ein Kind ganz für Jesus heranbilden. Ganz in der Liebe zu Ihm liebte ich, was Er in mir ins Leben gerufen. Der Beweis, dass Gott mich heimgesucht, dass Er mir Seine hl. Wunden gezeigt, dass Er mich zum Werkzeug Seiner Liebe gerufen, lag unter meinem Herzen. Ich tat meine Pflichten und alles aus wahrer Liebe zu dem, der mir Seine unendliche Liebe zu den Seelen gezeigt hat. Könnte ich nur leben und Ihn nie mehr beleidigen! Ich wusste nun, dass Gott und Seine hl. Mutter mich zum Werkzeug für die Rettung der Seelen haben wollten. Es war mir nicht recht und oft schwer, dies alles allein tragen zu müssen. Als ich einmal meinen Gatten etwas von meinen Erfahrungen gesagt habe, da gab er mir zur Antwort: „Spinnst ja!“ Er wollte sagen ich sei nicht ganz bei Trost. Da erkannte ich, dass er und jene, die nichts solches erfahren haben, es auch nicht verstehen.

Wieder kam der Frühling und brachte mir eine neue unerwartete Aufgabe. Die bisherige Mesmerin in unserer Kapelle hat ihr Amt niedergelegt und niemand war da, es zu übernehmen. Die Verwaltung wollte es uns übergeben. Doch wie kann ich zu der vielen Arbeit, die meine fünf Buben mir geben, noch die Kapelle besorgen. Ich wollte nicht einwilligen, schon weil es mir doch gar nicht passte, als werdende Mutter diesen Dienst zu tun. Als wir absagen wollten und niemand es annehmen wollte, brachten sie uns einfach die Schlüssel. So bat ich meine himmlische Mutter, mir doch zu erkennen zu geben, ob sie mich als Magd in ihrem Heiligtum annehmen wolle.

In derselben Nacht träumte ich, ich schmücke einen Altar mit einem großen Bild der Unbefleckten Jungfrau. Als ich mit schmücken fertig war, sah ich auf meine Arbeit und ihr Bild. Da hat sie, wie lebendig, mir zugelächelt. Nun habe ich mit Liebe und Freude meine neue Arbeit übernommen.

Es wurde meine große Freude, jeden Morgen und Abend durch den helleren Ton des Glöckleins das Ave Maria zu verkünden. Aber es verlangte auch Überwindung und Opfer. Wenn in der Morgenfrühe bei Wind und Regen ich die erste sein musste, hätte ich mit dem Kleinen unter dem Herzen lieber noch länger geruht. Der Vater meiner Kinder wollte nichts davon wissen. So rief mich die Pflicht und die Pflicht wurde zur Freude.

Jeden Mittwoch durfte ich, wie Maria zu Elisabeth gegangen ist, zu meinem Herrn und Meister gehen, Ihn in der heiligen Kommunion empfangen, Ihn bitten, dass Er den Beweis seiner unendlichen Liebe, unser Kindlein, segne und beschütze.

Es war das Pfingstfest gekommen und ich ging zur heiligen Kommunion. Nach Hoffen und Bangen ist der werdenden Mutter erste, große Freude, wenn das Kind unter dem Herzen sich meldet. Diesen Moment herbeisehnend bat ich Jesus in Vereinigung mit Ihm, Er soll mir doch in meinen Versuchungen und Kämpfen beistehen, dass ich Ihn nicht beleidige, und Seinem Wesen in mir Leben geben. Und ich fühlte so deutlich sein erstes Erwachen. Man fühlt sich fast nie so klein, als wenn man dem großen allheiligen Gott für die Beweise seiner grenzenlose Liebe danken soll.

Könnten doch alle Mütter begreifen, welch größte und tiefste Freuden Mutterwürde und -bürde in sich birgt! Als meine Zeit näher rückte, sah ich in den Augen meiner größeren Kinder oft einen fragenden Blick. Dann sagte ich: „wenn ein Kind etwas wissen möchte oder in Zweifeln ist, hat es die Pflicht, zuerst die Mutter zu fragen.“ Und es ist der Mutter große Freude und erste Pflicht, dem Kinde immer jede Frage zu beantworten. Bald fragte einer: „Mutter, warum bekommen wir solange kein Kind mehr?“ Ich fühlte, das Kind will Aufklärung. Darum sagte ich, mein Lieber, ich glaube, Du habest das Ave Maria noch nicht recht verstanden, und erklärte ihnen, einem jeden allein, wie ich auch ihn unter dem Herzen getragen, wie Maria ihr göttliches Kind. Jedes meinte, ein größtes und tiefstes Geheimnis zu wissen.

Jetzt bin ich nicht mehr allein mit meinem Freuen und Bangen. Aus Liebe zu mir und dem lieben Kleinen haben sie mich fast auf den Händen getragen, haben mir so manche Arbeit abgenommen, dass ich zum Vater oft sagen musste, ich habe nie geglaubt, dass es so schön sei, unter größeren Kindern wieder ein Kleines zu erwarten. Jeden Abend hörten wir sie in ihren Kammern beten. Und solches ernstes Kindergebet erfüllt eine Mutter mit bester Zuversicht. Jedes fühlte das Band der gegenseitigen Liebe und Verantwortung.

Aber auf Freude folgt Leid. An einem Sonntag im Oktober hieß es, ich müsse ins Krankenhaus, das Kleine sei in Gefahr. Herr, Dein Wille geschehe! Ich übergab mich und alle auf meinem schweren Gang ganz der himmlischen Schmerzensmutter und sie ist mir in meiner schweren Stunde beigestanden. Bangenden Herzens hat der Vater die Kinder alleingelassen und ist bei mir gewesen. Am Abend durfte er den bangenden Kinderherzen die frohe Botschaft bringen, Gott habe ihnen das langersehnte Schwesterlein geschenkt.

In schönster Erinnerung bleibt ihnen der Tag, wo sie bei der hl. Taufe unserer lieben Maria zugegen sein durften. Ich freute mich so sehr, als meine Kinder das in der hl. Taufe geheiligte Gotteskind zu mir ins Krankenhaus begleiteten. Mit freudigem Blick sagte der Kleinste: „Mutter, unser HH. Kaplan, der in Sonnenhalb die hl. Messe gelesen, der so oft die hl. Kommunion uns gereicht, hat unser liebes Schwesterlein getauft.“

Doch ich war froh, wieder mit meinen Gedanken allein zu sein. Allein mit meinem Geheimnis, das zwischen Gott und mir besteht. Ich kann es fast nicht fassen. Jetzt habe ich in diesem Gotteskinde den Beweis von Gott, dass Er zu mir sagte, durch Seine hl. Wunden kann ich alles erlangen.

Als am andern Morgen die Krankenschwester mich fragte, ob ich die heilige Kommunion empfangen wolle, sagte ich in freudiger Überraschung: „Ja“.

O mein Gott, ich bin nicht würdig, Dich in mein Herz aufzunehmen. Doch so unendlich ist Deine Liebe. Lädst denn Du mich ein durch diese barmherzige Schwester? Doch komm, o mein Jesus, und heilige mich und mein Kind! Durch Deine Liebe habe ich dieses Kind erhalten. Es gehört ganz Dir und es soll Dich verherrlichen auf Erden. O Maria, himmlische Mutter, könnte dein Mutterglück noch größer sein? Ich erwartete noch vor der Kommunion, wie jeden Morgen, mein Kind zu stillen, aber niemand brachte es mir. Der Priester kam und reichte mir Jesus, meinen Gott und mein Alles.

Einige Minuten nachher eilte die Kinderschwester zu mir und übergab mir mein Kind mit der Entschuldigung, sie habe sich verspätet. Ich konnte kein Wort sagen, zu groß ist meine Freude. Jesus, mit Dir bin ich vereinigt, Dein heiligstes Blut in meinem Blute! Ich bin so innig vereinigt mit Dir und Dein Dir geweihtes, durch die hl. Taufe geheiligtes Kind ist durch die Nahrung an meiner Brust vereinigt mit Dir! O das ist das Walten Deiner heiligen Vorsehung! Du, mein Gott hast mich gerufen, darum musste ich hierher kommen. Ich war überglücklich. Vereinigt mit meinem göttlichen Heiland hatte mein Kind, das ja Er mir geschenkt hat, auch schon Anteil an Ihm.

„Hoch preiset meine Seele den Herrn und mein Geist frohlocket in Gott meinem Heile. Denn Er hat herabgeschaut auf die Niedrigkeit Seiner Magd.“ O großes und heiliges Geschehen, im heiligen katholischen Glauben Mutter sein zu dürfen! Dieses kleine Unschuldige hegen und pflegen zu dürfen, ist seliger Frieden, seelische Ruhe!

Schon am 9. Tag kam ich mit unserem Töchterchen heim und musste wieder alle Arbeit aufnehmen, die eine Familie von acht Personen gibt. Aber es ging ganz gut.

 

(Fortsetzung folgt!)


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