Kommentator-Beitrag
Die Kirche, unsere geliebte Kirche, können wir heute nur noch mühevoll erkennen. Sie ist in die heilige Passion eingetreten und geht ihrem Triumph entgegen. Dennoch bleibt sie unsere Mutter, sie kann uns nicht täuschen, sie kann uns keinen falschen Weg zeigen. Doch alles was wir heute schmerzlich erleben, wird das nicht der unzerstörbaren Kirche, die das Privileg der Irrtumslosigkeit an sich trägt, angelastet im Hinblick der vermeintlich irrtumsfähigen Amtsträger, die aber längst sich außerhalb dieser Katholischen Kirche befinden. Doch dies alles wird der Kirche selbst angelastet. Das ist ihre Passion. Wie man den Herrn verbrecherischen Tuns bezichtigt hat, so geschieht es heute mit der Kirche.
Die Kirche ist in die Passion des Herrn eingetreten. Sie wird ebenso geschmäht wie der Herr, ihre Heiligtümer geschändet. Diese unsere Kirche muß alles erfahren, was der HERR selbst erlitt: Verrat, Verurteilung, Leiden und Tod, dann aber wird sie auferstehen.
Heute muß die Kirche Entehrung ertragen, ja Verleumdung, daß sie es sei, die die Gläubigen in die Irre führt, daß sie es ist, die durch ihre falsche Verkündigung Unzählige ins Verderben zieht. Das ist das Leiden der Kirche, ihre Passion!
Die Kirche muß das Opferleiden und den Opfertod als Mystischer Leib Christi, als fortlebender Christus selbst erdulden und mitvollziehen und wir – die Glieder – mit ihr! Die Passion der Kirche wird zu einer Wirklichkeit des persönlichen Miterleidens auch für jeden von uns, der die Kirche liebt, wirklich liebt. Was heute vor sich geht, ergreift uns mit tiefer Bitternis, der wir machtlos ausgeliefert sind. Wir erleben eine Tragödie wie nie zuvor.
Mehrmals haben die Feinde versucht, Hand an die Kirche zu legen. Aber solange ein wahrer Fels vorhanden war, konnte die Gefahr abgewendet werden. Auch war die Stunde noch nicht gekommen, wenngleich der Verrat schon geboren war: die modernistischen Irrlehren.
Aber vor dem Verrat erlebte die vorkonziliare Kirche noch den Triumph des Palmsonntags des Christkönigs. Und gerade die katholische Jugend war maßgeblich daran beteiligt. Sie schnitten die Zweige von den Bäumen ihrer jugendlichen Ideale und in begeisterten Sühnenächten, Andachten, Exerzitien, Wallfahrten und Kundgebungen schwuren sie Christus, dem König die Treue.
Und dann kam der Verrat, plötzlich über Nacht, doch lange zuvor vorbereitet, denn Verschwörung und Verrat werden nicht im Licht, sondern in der Nacht geschmiedet. Der Verrat setzte mit der Liturgiereform ein, er setzte ans Herzstück der Kirche selber an, am Wesenselement der Kirche: am Meßopfer der Kirche. „Jesus tauchte den Bissen ein und reicht ihn Judas, dem Sohne Simons aus Karioth. Da, nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn.” (Joh. 13,27) Wenn man sieht, was mit der Hl. Messe geschehen ist, muß man nicht an diese Stelle denken? Machen sie nicht eine Fasnacht, eine Entheiligung und Entweihung des größten Mysteriums daraus?
Durch die unheilvolle Öffnung zur Welt haben sich die Pforten der Hölle selbst geöffnet. Von dem Augenblick an, als die Heilige Messe nicht mehr Opfer war, begann die Passion, das Opferleiden der Kirche.
Dann tritt die Kirche ein in die Einsamkeit und Verlassenheit von Gethsemane, und die Apostel schliefen – die Bischöfe schlafen. Und der Verräter naht. „Wie gegen einen Räuber seid ihr ausgezogen, Mich zu ergreifen mit Schwertern und Knüppeln“… Da verließen Ihn alle seine Jünger und flohen.“ (Mt. 26,55 ff.) Wie viele Jünger, Priester, Mönche, Ordensfrauen fliehen, verlassen fluchtartig Pfarreien, Klöster, Heime und Ordenshäuser. Nur die Kirche ist allein, allein mit den stillen, leidenden, betenden und sühnenden Seelen.
„Die Jesus ergriffen hatten, führten Ihn zu Kaiphas, dem Hohenpriester, wo die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten. Petrus aber folgte ihnen von ferne bis zum Palast des Hohenpriesters. Und er ging hinein und setzte sich unter die Diener um zu sehen, wie die Sache ausging.“ (Mt. 26,57 ff.)
So wurde im Namen der Kirche das Konzil eröffnet. Sie wurde vor den versammelten Hohen Rat des Konzils geführt. Und es erhoben sich viele falsche Zeugen und Ankläger, Priester, Theologen, Bischöfe, Kardinäle, welche die Kirche anklagten: Sie sei zu selbstherrlich, zu triumphalistisch, zu totalitär und autoritär. Sie hätte ihre Sendung von Christus her vernachlässigt und sich nicht um den Menschen, um die Armen gekümmert, sich aufgezwungen durch Kadavergehorsam und Gewissenszwang, sie habe die Freiheit des Menschen eingeschränkt durch Gebote und Verbote, durch Index und Inquisition. Sie habe den Primat des römischen Bischofs zu einer geistigen Diktatur auf Kosten der Kollegialität aller Bischöfe ausgebaut und hätte durch Zölibat und Ordensgelübde Priester und Ordensleute wie Hunde an der Leine kurz gehalten etc.
Auf diese Weise wurde die Kirche von ihren eigenen Leuten angeklagt und keiner fand sich, der sie verteidigt hätte, keiner, der für die Verleumdete ein gutes Wort eingelegt hätte; und die wenigen, die dies auf dem Konzil versucht hatten, deren Stimme ging unter im Lärm der Lautsprecher und im Rascheln der Konzilspapiere. Und einer von ganz oben folgte von weitem, und dann und wann ging er in die Konzilsaula hinein und setzte sich zu den Dienern, um zu sehen, wie die Sache ausginge.
„Da erhoben sie sich allesamt und führten Ihn zu Pilatus. Sie fingen an, Ihn also zu verklagen…“(Lk. 23,1)
Und es folgen dieselben Anklagen, wie sie schon vor dem Hohen Rat erhoben worden waren. Als Pilatus erfuhr, daß Jesus aus Galiläa, dem Machtbereich des Herodes kam, schickte er Ihn zu Herodes. An diesem Tage wurden Pilatus und Herodes, Kaiphas und Annas Freunde in der Absicht, Christus zu beseitigen. An jenem Tage, da Johannes XXIII. den Titel „Kirche“ allen zuerkannte: katholische Kirche, orthodoxe Kirche, den großen abendländischen Gemeinschaften, Konfessionen und Sekten; wurden sie Freunde, entstand die Ökumene; war die eine Kirche preisgegeben durch eine Ökumene um jeden Preis. Aus diesem Geiste und dieser Zusammenarbeit entstanden die neue Liturgie, die neuen Ordines, hat man den Opfercharaker der Messe beseitigt. Daraus entstand die aufdringliche Forderung nach Interkommunion, entstand die gemeinsame Bibelausgabe, entstanden die ökumenischen Ehen und Familien, die ökumenische Unterrichtspraxis, entstand dieses Sammelsurium religiöser Verdrehungen und Fälschungen.
„An dem Festtag mußte er (Pilatus) ihnen einen Gefangenen freigeben. Da schrien alle zusammen: Hinweg mit diesem! Gib uns den Barabbas frei!“ (Lk. 23,18)
Die Stunde der Befreiung von der Bevormundung durch die Kirche hat geschlagen. Es ist besser, daß dieser Eine, die Kirche, zugrunde gehe. Hinweg mit dieser Kirche, gib uns das Verbrechen frei, gib uns die Sünde frei, gib uns die Moral frei, eine gesellschaftsfähige, menschenfreundliche Liturgie, gib uns das Christsein frei!
„Aber sie forderten nur noch ungestümer und lauter Seine Kreuzigung und ihr Geschrei drang auch durch.“ (Lk. 23,23)
Es ist, als hörten wir das Wortgeschrei der Theologen auf ihren Lehrstühlen, im Radio und Fernsehen, bei Podiumsgesprächen und Synoden. Das Geschrei drang durch! Der Schrei nach Mündigkeit und Religionsfreiheit. Und wie Jesus ihrem Willen geopfert wurde (Lk. 23,25), so wurde die Kirche ihrem Willen geopfert.
Aber weiter wird die Kirche den Soldaten zur Geißelung und Dornenkrönung übergeben. Durch den öffentlichen Skandal und die Schandtaten der apostatischen Priester und Ordensfrauen (vielleicht niemals solche gewesen) wird die Kirche gegeißelt und mit einem Spottmantel umhüllt. Ihr Haupt wird gekrönt mit all den Verdemütigungen, die unserer Mutter, der Kirche, zugefügt werden vor der ganzen Welt.
Dann endlich übergibt man die Kirche der Kreuzigung.
Geißelung und Dornenkrönung genügen nicht, die wilde Gier dieser abstoßenden Kirchenreformer zu befriedigen; denn die eifrigen Reformer verlangen und schreien immer nach mehr.
Auf der Suche nach einer neuen Identität der Kirche, nach einer zeitgemäßen und somit auch zeitgebundenen Bewußtseinssetzung der Kirche, hat man sie nicht nur verurteilt, verändert, umfunktioniert, sondern schlechthin verraten, preisgegeben und geopfert. In dem Maße, als das Opfer Christi in der Heiligen Messe verschwand, wird die Kirche geopfert, erfüllt sich das Opfer der Kirche in ihrer Passion.
Sie darf nicht mehr die eine Kirche sein, höchstens noch eine Kirche unter vielen, nicht mehr die eine und einzige Kirche Christi. Sie darf nicht mehr die alleinseligmachende, nicht mehr die una sancta catholica et apostolica sein. Sie darf nicht mehr der unfehlbare, makellose Geheimnisvolle Leib Christi sein. Das ist ihre Passion, deshalb geht sie ganz allein zur Schlachtbank. Nur wenige stehen teilnahmsvoll, aber machtlos an ihrem Kreuzweg, die immer noch ihre Sichtbarkeit zu erkennen vermögen. Das sind die wenigen kleinen Gruppen von sühnenden Betern; aber die offizielle Kirche fehlt. In den offiziellen Kirchen sind Sühneandachten, die 40 Gebetsstunden der Fastenzeit, Anbetungsstunden, Bittprozessionen kaum mehr gefragt oder abgeschafft. Die Amtskirche fehlt, und ihre gutbezahlten Funktionäre, sogar die Bischöfe, fehlen.
Sie führten die Kirche zur Richtstätte. „Als sie zur Richtstätte kamen, die Schädelstätte heißt, kreuzigten sie Ihn… Seine Kleider aber verteilten sie unter sich durch das Los.“ (vgl. Lk. 23,34)
Auch die Kirche wird ihrer Kleider beraubt, sie wird ihres Schmuckes beraubt, ihrer Bilder und Standbilder, ihrer Reliquien und Heiligen entleert. Sie wird durch schandvolle “Heiligsprechungen” entehrt. Die Kirchengebäude werden öde, schmucklos und geschmacklos und immer einsamer, sie werden entheiligt und profaniert. So muß die Kirche stellvertretend sühnen für alle Verbrechen und Sakrilegien ihrer treulosen Kinder, für ihre Priester und Ordensleute, die sich ihres Gewandes entledigen, um sich auch innerlich frei zu machen und zu entweihen, weil sie nicht mehr Berufene und Gerufene sein wollen; sie also muß gutstehen für alles Versagen und allen Verrat. Sie, die Kirche, darf nicht mehr apostolisch sein; denn auch bei ihr fehlen die Nachfolger der Apostel, so, wie seinerzeit die Apostel selber beim Kreuze fehlten. Sie darf nicht mehr die katholische Kirche sein, indem sich jeder nach seinem eigenen persönlichen Geschmack nach Lust und Laune seine eigene Kirche macht – ganz individuell.
Dafür hängt sie einsam und verlassen am Kreuze mit Christus, die eine und einzige und einsame Kirche. Und unter dem Kreuze stehen Maria und Johannes, der Jünger der Liebe. Doch dort, wo Maria steht, ist auch die eine wahre Kirche.
Und die Kirche stirbt, sie stirbt dann, wenn fast niemand mehr weiß, wo die Kirche ist und wer die Kirche ist: wenn die dunkle Nacht einer grenzenlosen Verwirrung hereinbricht.
Da zerriß der Vorhang im Tempel und es entstand eine große Stille – als Jesus starb - Passion der Kirche.
Alle Phasen der Passion des Herrn durchleidet die Kirche. Und wenn der Tiefpunkt ihrer Schmach und ihres Leidens erreicht sein wird, dann bricht eine tiefe Verfinsterung über die ganze Menschheit herein, und die Erde selbst wird die Übeltäter verschlingen; und ein Heide, vielleicht ein heimlicher Kommunist, wird der Kirche mit der Lanze die Seite öffnen, und das Erbarmen und die Liebe ihres Bräutigams Christus fängt wieder an zu fließen, und die ganze Menschheit wird erkennen und bekennen: „Du bist die Kirche Christi – du bist sie allein!
Mit Christus wird die Kirche ins Grab gelegt; und sie werden das Grab versiegeln und eine vielfache Wache aufstellen, damit die Kirche nie mehr zum Leben erwache. Und die kleine Schar der Getreuen wird wie die Apostel im Abendmahlsaal, im Untergrund, ebenfalls verunsichert, auf etwas warten, das sie kaum zu glauben wagt.
Und der große neue Ostermorgen wird aufbrechen und die Kirche wird auferstehen, rein und verklärt, so wie ihr Meister und Bräutigam. Petrus und Johannes werden gemeinsam zum Grabe eilen, um den Frieden des Ostermorgens zu empfangen. Und dann wird es nur noch einen Hirten und eine Herde geben dieser einen Kirche, nämlich jene aus der Passion des Erlösers: die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
”Alexius”
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