Wenn die Tyrannen wüßten, was für eine Macht wir Rosenkranzbeter in der Hand haben, sie würden den Rosenkranz mit Androhung von Kerkerhaft und Landesverweisung verbieten. Dieses Gebet kindlicher Demut und männlicher Beharrlichkeit greift tiefer hinein in die Geschicke der Völker, als die Politiker ahnen. Sein letztes Ziel ist der Sturz des Antichristentums und der geistige Wiederaufbau Jerusalems. Wir erwarten, schrieb Leo XIII. in der Encyklika von 1895, von der Kraft, des Rosenkranzgebetes vorzugsweise reichliche Hilfe für die Ausbreitung des Reiches Christi.
Maria ist der Weg zum Ziel. Zweck des Rosenkranzgebetssturms die internationale Anerkennung des Weltkönigtums Marias und damit Herbeiführung der sozialen Herrschaft Christi. Unser demokratisches Zeitalter mit seiner Gleichmacherei hat wenig Sinn für solche Worte.
Der Sozialismus ist an der Arbeit, alle Berge abzutragen und alle Täler auszufüllen. Alles soll ebenes Land werden, alles gleich wie in der Wüste. Der Katholizismus ist das Gegenteil von Sozialismus. Er ist im Gegensatz zum sozialistischen Wüstensand der himmelragende Dom.
Der Katholizismus ist Hierarchie, geordneter Aufbau vom Einfachen und Niederen bis zum Vollkommenen. Das sozialistische Schlagwort Gleichheit, mag es auch heute von den meisten Menschen, auch vielen gedankenlosen Angehörigen unserer Kirche, nachgeschwatzt werden, ist das unsinnigste, unvernünftigste, unkünstlerischste, unglücklichste aller Schlagworte.
Das katholische Wort, Hierarchie, Organismus, Gliederung, Ordnung ist Vernunft, Schönheit, Leben. Weil die Schöpfung, die sichtbare und unsichtbare, ein gegliedertes Kunstwerk ist, muß sie ein Höchstes haben. Weil sie ein Dom ist, muß sie eine Turmspitze haben. Das ist Maria — Maria die Königin des Weltalls. Es ist die Aufgabe der Rosenkranzandacht mit Blumen, Lichtern, Liedern, Gebeten und dem Aufwand aller Beredsamkeit, diese Tatsache darzustellen, Marias Weltkönigtum.
Wir haben gegen einen durch den Protestantisimus verbreiteten Irrtum zu kämpfen. Der Irrtum besteht darin, daß man in der katholischen Marienverehrung eine Übertreibung sieht. Der Irrtum besteht darin, daß man nicht an die das ganze Weltall beherrschende Stellung und Bedeutung Marias glauben will.
Maria ist die Mutter Jesu. Jesus ist Gott. Also ist Maria die Mutter Gottes. Gegen diese Beweisführung kann niemand aufkommen. Jedes Kind versteht sie. Es kann keine höhere Würde für ein Geschöpf geben, als wenn wir von Ihm sagen können, daß es die Mutter seines Schöpfers ist. Jener Mensch, der den Namen Mutter Gottes führt, ist dadurch mehr als alle andere Menschen. Er trägt Krone und Szepter. Er sitzt auf einem Throne. Er besitzt das Königtum über das gesamte Menschengeschlecht. Das ist die Wahrheit über Maria.
Eine Übertreibung ist hier unmöglich. Wenn jemand übertrieben hätte, dann wäre es Gott, indem er Maria eine Stellung anwies, die alle anderen des Himmels und der Erde überragt. Weil es unmöglich ist, mehr aus Maria zu machen als Gott aus ihr gemacht hat, ist es auch unmöglich, zu viel von ihr zu sagen. Maria ist Königin.
Maria ist Miterlöserin. Sie hat uns mehr gegeben als uns irgend ein Mensch je gegeben hat, geben kann und wird. Jesus ist die erste Ursache der Erlösung, Maria die zweite. Jesus ist die Quelle unserer Rechtfertigung, Maria der Kanal. Was am 25. Dezember des Jahres 1 wahr gewesen ist, bleibt wahr, solange die Welt steht: Jesus kommt zu uns durch Maria.
Es gibt infolgedessen niemanden, von dem wir mehr abhängig sind. Nichts ist darum selbstverständlicher, als daß der Rosenkranz, indem er die Geheimnisse unserer Religion betrachtet, diese beiden Namen, Jesus und Maria verkettet. Wer aber diese Tatsache immer wieder erwägt, hat die Wahrheit mit Sonnenklarheit vor den Augen: Maria die Königin des Rosenkranzes ist Mutter und Königin des Menschengeschlechtes.
Maria ist nach einer unfehlbaren Glaubensentscheidung voll der Gnade. Das hat kein Geistlicher erfunden. Das hat kein Gelehrter entdeckt. Das hat Gott durch seinen Engel dogmatisiert: Maria gratia plena! Maria voll der Gnade! Alle Heiligsprechungen von 2 Jahrtausenden reichen nicht an diese vom 25. März des Jahres 1 in der stillen Kammer von Nazareth vollzogene Heiligsprechung. Maria überragt alle Großen der Welt- und Kirchengeschichte wie das Meer den Tropfen und die Sonne den Strahl.
Ich sage es nochmals: Der Rosenkranz übertreibt nicht. Er ist weiter nichts als eine Wiederholung und Umschreibung von Lukas 1, 28: Du bist voll der Gnaden! Wenn der Protestantismus im Kampf mit der Marienverehrung Recht bekommen will, schaffe er zuerst Lukas 1, 28 aus der Welt, die offizielle göttliche Proklamierung des marianischen Königtums.
Wir reden nicht zu viel von Maria. Die Gefahr, die heute in dieser glaubensschwachen Zeit existiert, besteht darin, daß wir zu wenig sagen. Die lauretanische Litanei und der Rosenkranz sind Edelsteinsammlungen aus der Schatzkammer der allerseligsten Jungfrau. Jede Anrufung ein Stern an ihrem Himmel! Aber alle diese Anrufungen, so wunderbar sie uns auch vorkommen, sagen einzeln noch nicht die volle ganze Wahrheit von Maria: Wir brauchen ein Wort, das alle andern in sich schließt und das man nicht mehr überbieten kann: Maria die Königin des Rosenkranzes ist die Königin des Weltalls.
Der Mensch ist eine Welt im Kleinen. Was von der Welt im Großen gilt, gilt auch von der Welt im Kleinen. Maria die Herrscherin im Königreich Mensch! Was Gott in Dir tut, tut er durch Maria. Maria ist die Mutter Jesu. Jesus ist unser Haupt. Wir sind im übernatürlichen Leben seine Glieder. Es ist klar, daß die Mutter, die das Haupt geboren hat, auch die Mutter der Glieder sein muß. Die Mutter Jesu muß vermöge eines gewissen Naturgesetzes unsere Mutter sein.
Jede Rechtfertigung und Heiligung geschieht gleichsam wie die Menschwerdung Jesu. Wir werden empfangen vom Hl. Geiste, geboren aus Maria der Jungfrau. Wir werden von Maria geistig genährt, getragen, erzogen, gehütet. Alle Gnaden kommen vom Hl. Geiste. Aber die Werkstatt, in welcher wir erleuchtet, gestärkt, gebildet werden, ist das Herz Marias. Die Kinder Gottes sind darum alle Marienkinder. Niemand hat Gott zum Vater, der nicht Maria zur Mutter hat.
Wir begreifen unter diesen Umständen, warum in der katholischen Kirche die Marienverehrung und besonders das Rosenkranzgebet eine solche Bedeutung hat. Die Marienverehrung liegt uns im Blut. Sie ist uns wie ein Naturgesetz. Wir können nicht anders. Kinder müssen Ihre Mutter lieben. Maria ist uns keine Fremde, keine Unbekannte, keine Abwesende.
Aus diesem Verhältnis zu Maria folgt aber auch, welcher Art die Liebe und Verehrung zu ihr sein soll. Die Marienverehrung sei kindlich! Wir sollen nicht nur auswendiggelernte Sachen heruntersagen. Die Marienverehrung muß ehrlich sein, aufrichtig reden, zu tiefst aus dem Herzen herauf, so wie Kinder reden, die ihre Mutter lieb haben. Die Marienverehrung muß innig, begeistert, enthusiastisch sein. Man muß Maria lieben wie niemand sonst in der Welt nach Jesus, weil es selbstverständlich ist, daß uns niemand mehr liebt als das Mütterlein und besonders so ein herzliches, schönes, gutes Mütterlein, wie’s kein lieberes, schöneres, besseres gibt über und unter den Sternen.
Die Marienverehrung sei immer während. Ein Kind, das nur alle Morgen und Abend ein paar Worte mit der Mutter sprechen und zwischenhinein das Stumme spielen würde, wäre ein unnatürliches Kind. Kinder reden mit der Mutter über alles. Kinder reden immer mit der Mutter. Wir sollten es auch so machen. Wir sollten über alles: Eigenes, Fremdes, Angenehmes, Trauriges, Religiöses, Weltliches, Familiäres, Politisches, Soziales in trautem offenem Zwiegespräch mit Maria reden, sie um Rat, Hilfe, Trost bittend. Wie keine Arbeit ohne Jesus, ohne gute Meinung, so keine Arbeit ohne Mutterrat und fern vom Mutteraug.
Wir haben gesehen: Rosenkranz und Marienverehrung zeigt uns die Allerseligste als Königin in Weltall und Menschenherz. Mit Tatsachen muß man rechnen. An Tatsachen vorübergehen rächt sich. An Maria vorübergehen ist ein Unglück. Unser irdisches und ewiges Glück, auch unsere politische und soziale Wohlfahrt hängt aufs innigste mit unserer Marienverehrung zusammen. Wir bereiten mit dem Rosenkranz, sofern er nicht mechanisches Lippengebet, die Gegenrevolution vor — die Umwandlung der Geister und Herzen.
