Ein großes Zeichen am Himmel! Ein Weib mit der Sonne bekleidet. Der Mond unter ihren Füßen. Auf ihrem Haupte eine Krone mit zwölf Sternen. Und es erschien ein anderes Zeichen am Himmel. Und siehe, ein großer blutroter Drache, mit sieben Köpfen und auf seinen Köpfen sieben Kronen.
Und der Drache trat vor das Weib, um ihr Kind zu verschlingen. Und es erhob sich ein großer Streit im Himmel. Aber der Drache siegte nicht und er wurde in die Tiefe geschleudert, die alte Schlange, welche genannt wird der Teufel und Satan.
Ein Bild aus der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes. Eine Szene voll großartiger Lebendigkeit aus dem Riesenkampfe zwischen Himmel und Hölle! Ein Bild zum 8. Dezember. Vom unsichtbaren Kriegsschauplatze der Geister!
Der 8. Dezember, obschon ein uraltes christliches Fest, ist seit 1854 ein Fest von hochmoderner Bedeutung geworden. Mariä Empfängnis ist im gewaltigtobenden Geisteskampfe der Gegenwart Signal geworden. Das Zeichen am Himmel, nach welchem wir unsere Tagesuhren richten müssen.
Signal gegen Signal! Maria gegen die alte, unter ihren Füßen wutknirschende Schlange, welche genannt wird Teufel und Satan. Es handelt sich nicht um ein verlorenes Bergdorf, um vereinzelte Träger des Unglaubens oder schlechte Schriften.
Personen und Namen spielen hier keine Rolle. Es ist der Entscheidungskampf zwischen den beiden großen Zeichen am Himmel. Maria oder der Teufel, das ist die Frage. Das Weib mit der Sonne oder der Drache! Wir werden zu wählen haben. Wir werden wählen müssen.
Maria,
das große Signal am Himmel für die
moderne Frau.
Es sind jetzt mehr als hundert Jahre. Ein Heer zog von Süden ins Tirol hinein. Es war ein heißer Krieg. Der Eroberer rückte heran gegen Spinges. Vor dem Tabernakel lag im Gebete ein hochgewachsenes, fröhliches aber kernhaft frommes Mädchen. In unendlicher Angst ringt sie ihre Hände, mit steigendem Entsetzen vernimmt sie das Getöse der Schlacht, die immer näherkommenden Schüsse.
Plötzlich springt sie auf und sperrt die Kirchentür zu. Sie sieht die ersten Feinde an der Friedhofmauer heranschleichen. Ein Schrei. Mit mächtiger Stimme ruft sie: Jesus, Maria, die Kirche, die Kirche! Sie fürchtet die Entweihung des Heiligtums.
Sie wird zur Löwin. Eine Gabel ist ihre Waffe. Wie ein Soldat kämpft sie mit den heraneilenden Landsleuten gegen den Feind. Wie ein Engel mit Flammenschwert nimmt sie Aufstellung vor der versperrten Kirchtür und hält dort den Feind abwehrend Tabernakelwacht.
Die Soldaten sind vor ihrer Erscheinung wie geblendet, senken ihre Bajonette und ziehen ab. Die Kirche mit dem Allerheiligsten ist gerettet. Das Mädchen von Spinges aber ist von Geschichtsschreibern, Dichtern, Malern und Bildhauern gefeiert worden. Sein Name hatte Heldenklang im ganzen Lande. Das war eine Bauernmagd. Aber in ihrer Hand lag zum guten Teil Wohl und Weh eines ganzen
Volkes.
Das war nich das erste Mal, daß eine schlichte Frauengestalt ihr Volk rettete. Wir brauchen nur an Jeanne d’Arc zu erinnern. Soll es in unsern ernsten Zeiten anders sein? Maria, das große Signal am Himmel, stellt eine ernste Forderung an die ganze moderne Frauenwelt: Stellt euch wie Cherubim an die Tore eurer Kirchen! Haltet Tabernakelwacht! Rettet Jesus eurem Volk und euren Kindern!
Frauen, seid Helden! Während draußen in der Welt der Kampf tobt und immer näher tönt ans Heiligtum, betet! Ringet in unendlicher Angst die Hände für euer Teuerstes! Seid moderne Beterinnen. Mit offenen Augen für die Welt und ihre Not. Also auch für die Freiheit der Kirche. Für die katholische Presse. Für die Schule. Für die Urne.
Greift mit eurem Gebet mitten hinein ins volle Menschenleben. Rettet den Heiland. Und dann, wenn’s nottut, hinaus vors Tor! Nicht nur beten, sondern auch handeln! Durch Belehrung, Mitarbeit, Aufmunterung!
Auch vor allem du, Mutter, vor die Schwelle des eigenen Hauses! Wie eine Heldin. Alles fortflammend mit deinem Aug, was Gefahr bringt — schlechte Menschen, schlechte Schriften! Halte Torwacht für Christus!
Maria,
das große Signal am Himmel für den
modernen Mann.
Ein berühmter Schriftsteller hat den Ruf erhoben nach mehr Ritterlichkeit. Viele wissen nicht einmal mehr, was das ist. Es war eine schöne Zeit, in der Blüteperiode des Mittelalters, wo die christliche Ritterschaft, der gute alte Adel, sein tapferes Schwert führte gegen alles Unrecht.
Schutz der Schwachen und Unterdrückten, insbesondere der wehrlosen Frau und des wehrlosen Priesters galt als erste Pflicht. Ein Ritter sein, hieß einstehen mit Macht und Geld und Blut für die leidende Unschuld und das zertretene Recht.
Heutzutag ist es vielfach anders geworden. Man steht lieber auf Seite des Großen als des Schwachen. Man sympatisiert mehr mit dem Inhaber der starken Faust als mit dem Armen, der Witwe und der Waise.
Man schaut hinter dem Fenster zu, wie die Tyrannei das Recht in den Boden stampft und schweigt, um es nicht mit den großen Herren zu verderben. Man sieht die Unschuld aus tausend Wunden bluten und ist passiver Zuschauer, damit’s keinen Lärm gibt und der sogenannte Friede d. h. das ungestörte Regiment der rohen Gewalt nicht gestört werde.
Man sagt, es nütze nichts gegen die Uebermacht der Schlechtigkeit zu kämpfen, um sich desto gemütlicher auf dem Ruhebett auszustrecken.
Mit einem Wort: Wir haben viele Schnurrbartträger, aber wenig Ritterlichkeit. Da hat es Christus der Starke ganz anders gemacht. Er hat nicht seine Größe mit der Weltmacht verbündet, mit der Gewalt, dem Reichtum, dem Zeitgeist. Christus war Ritterlichkeit von der Scheitel bis zur Sohle.
Christus war der Mann der Kleinen, der Schwachen, der Verstoßenen und Verfolgten. Christus stand auf der Seite der unterdrückten Wahrheit. Christus derjenige, der zuerst an alle andern denkt und zuletzt an sich. Beweis ist Golgatha und sein ganzes Leben.
So war Maria. Sie war das Weib mit der Sonne. Aber sie hat sich nicht in ihrer Heiligkeit vornehm gezeigt und Abgeschlossen. Sie war ritterlich. Sie hat aus Liebe und Hingabe für die arme sündige Menschheit ein Opferleben geführt. Und so ist sie das große Signal am Himmel auch für unsere Männer.
Wir brauchen nicht zu poltern. Wir brauchen auch nicht ohne Notwendigkeit beständig das Schwert zu schwingen. Aber wenn’s einmal sein muß, dann stelle auch du deinen Mann!
Andere mögen mit den Wölfen heulen. Das ist keine Tapferkeit. Du sei Ritter, edel aber stark. Halte deinen Schild über jedes unterdrückte Recht und über jede leidende Unschuld. Es gilt nicht, gegen Menschen zu kämpfen. Es gilt den Kampf gegen den Drachen, welcher genannt wird Satan.
Wer getauft ist und gefirmt, weiß, unter welche Fahne er am 8. Dezember sich stellen muß! Maria mit dem Kinde oder dann der Teufel. Das ist die Frage! Es ist der Entscheidungskampf zwischen den beiden großen Zeichen am Himmel.
Und wiederum schlage ich das Buch der Bücher auf. Und ich lese: Fürchtet den Herrn und gebet ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichtes ist gekommen. Betet den an, der den Himmel und die Erde, das Meer und die Wasserquellen geschaffen hat.
Wenn aber einer auf Seite des Drachens kämpft, der wird trinken von dem Zornweine Gottes, der stark gemischt ist im Kelche seines Zornes und er wird gequält mit Feuer und der Rauch seiner Qual wird aufsteigen in alle Ewigkeit. Und es werden keine Ruhe haben Tag und Nacht, die den Drachen angebetet und ihm gedient. (Offbg. 14.)
Hl. Maria, Mutter Gottes, bitt für uns arme Sünder. Sei uns Signal in kalter finsterer Nacht. Nimm uns unter deine siegreiche Fahne und wir werden streiten wider den großen Drachen. Jetzt und in der Stunde unseres Todes.
