von José Ricart Torrens, Barcelona
Aus dem Französischen übersetzt von Prinzessin Maria-Christina von Habsburg
“Einer aber sprach zu Ihm: Herr, sind es wenige, die selig werden?”
(Lukas XIII, 23)
Titel des spanischen Originals:
¿CUANTOS SON LOS QUE SE SALVAN?
Titel der französischen Ausgabe:
DU NOMBRE DES ELUS
(Traduit de l’espagnol par A. DE LASSUS)
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Hochwürdiger Herr Kaplan
José Ricart Torrens
Barcelona
Barcelona, den 23. Oktober 1964
Liebster Freund in Christo,
Seit einigen Tagen liegt Dein kürzlich unter dem Titel “Cuantos son los que se salvan?” herausgegebenes Buch auf meinem Schreibtisch; Du hast es mir mit einer herzlichen Widmung geschenkt, wofür ich Dir danke.
Deine leichte Schreibweise, Dein einfacher und feinfühliger Stil, Dein apologetischer Zweck und Dein bekannter priesterlicher Eifer sprechen aus den Seiten Deines Werkes; es ist gut dokumentiert, mit Lehrsätzen erfüllt und angenehm zu lesen.
Das Thema ist sehr zweckmässig, besonders dann, wenn man es darlegt, wie Du es tust, auf Grund der sicheren Doktrin oder, wo es noch zur Diskussion stehende Punkte gibt, der häufigsten und traditionellsten Urteile der Kirchenlehrer und Theologen folgend. Du lenkst die Aufmerksamkeit und die Gedanken der Leser auf Dinge, die fern der abenteuerlichen Hypothesen oder der Irrtümer der einen sind und gibst richtige Antwort auf die ultrarigoristischen Einwände der anderen. Mir scheint, daß dieses Buch diejenigen ermutigen wird, welche sich auf dem sicheren Weg der Rettung befinden, indem es ihnen eine heilsame Furcht einflössen und sie im geistigen Kampfe stärken wird.
Aus allen diesen Gründen gratuliere ich Dir herzlichst; es freut mich, eine neue Publikation eines meiner Priester zu begrüssen, die dazu bestimmt ist, viel Gutes in den Seelen zu wirken.
Möge das Werk zahlreiche Leser finden und ihnen sehr viel nützen; — ich beglückwünsche Dich und segne Dich herzlich.
Dein in Jesu Christo
† GREGORIUS,
Erzbischof von Barcelona
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Hochwürdiger Herr Kaplan
José Ricart Torrens
Barcelona
Oviedo, den 14. Januar 1965
Liebster Freund in Christo,
Ich habe seinerzeit Ihr Buch: “Cuantos son los que se salvan?” erhalten. Ich hatte vor, es sofort zu lesen, aber es war mir nicht möglich. Ich musste mehrere Monate vergehen lassen, bevor ich es entsprechend beachten konnte.
Vom Anfang an hat mich das Thema interessiert. Dieses Interesse wurde im Laufe der Lektüre nicht enttäuscht. Sie behandeln das Thema behutsam und sicher, bleiben in der richtigen Mitte zwischen dem theologisch Ernsten und der korrekten aszetischen Orientierung.
Ich glaube, daß Ihr Buch viele Personen interessieren und viel Gutes tun können wird. Es ist noch eine Äusserung Ihres priesterlichen Eifers, welcher leidenschaftlich danach trachtet, in unserem Verwirrungszeitalter die Gewissen auf den richtigen Weg zu bringen.
Wenn der Taumel der modernen Welt “viele Menschen dazu verleiten kann, die merkwürdigsten Denkweisen anzunehmen, als ob sich die Kirche selbst verleugnen und ganz neue, bisher völlig unbekannte Lebensweisen annehmen müsste”, wie es Papst Paul VI. in seiner Enzyklika “Ecclesiam suam” sagt, ist es wichtig, daß grundlegende Themen mit der Sicherheit und Ruhe, mit welcher Sie diese Frage behandeln, dargelegt werden.
Es segne Sie der Herr, wie ich Sie von ganzem Herzen segne.
Ihr Freund in Christo,
† VINCENT,
Erzbischof von Oviedo
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GEWIDMET
dem Schmerzhaften und Unbefleckten Herzen Mariae, unserer Mutter, mit dem sehnlichsten Wunsche, daß es besser erkannt werde.
Je besser man Maria kennt, desto besser ist man mit Gott vereinigt.
Je mehr man Maria vertraut, desto mehr profitiert man von der Göttlichen Barmherzigkeit.
Je inniger die Weihe an Maria, desto grösser die Erkenntnis göttlicher Dinge.
Der leichteste Weg der Rettung ist die Kenntnis des Herzens Mariae.
VORWORT
Es gibt Fragen, die auf den ersten Blick rein spekulativ zu sein scheinen, aber in Wirklichkeit mehr praktisch sind.
Der Autor dieses Buches greift eine dieser Fragen auf, indem er die These verteidigt, laut welcher die Anzahl der Auserwählten im Vergleich mit der Anzahl der Verdammten klein ist.
Wenn diese Frage keine praktischen Folgen hätte, wäre es vielleicht nicht der Mühe wert, soviel Zeit für das Studium zu opfern und so viele Seiten, um sie zu erklären.
Umso mehr, als der Herr, der diese Frage klar formulierte, keine direkte Antwort darauf geben wollte, die sie hätte lösen können. (Lukas XIII, 23-30).
Aber der Herr selbst, der bei der theoretischen Seite dieser Frage nicht bleiben wollte, hat zweifelsohne die Aufmerksamkeit auf die praktische Seite gelenkt, als er dem Fragenden, ob die Anzahl der Auserwählten klein sein werde, erwiderte: “Bemühet euch einzugehen durch die enge Pforte; denn ich sage euch: Viele werden suchen einzugehen und es nicht vermögen.” (Lukas XIII, 24).
Schließlich ist es genau das, was der Autor tut.
Gewiss, er widmet eine grosse Anzahl Seiten der Behandlung des theoretischen Aspekts der Frage. Es ist aber sicher, daß diese Seiten auch dem anderen Zwecke dienen: viele Christen unserer Zeit, welche der Lärm der modernen Welt taub gemacht hat, fruchtbar zu erschüttern; durch das unruhige aktuelle Leben absorbiert, verführt durch das, was die Heilige Schrift “den Zauber der Eitelkeit” nennt (fascinatio nugacitatis, Buch der Weisheit, IV, 12), sind sie im Begriffe, sich der Ewigkeit zu nähern, ohne, genau genommen, “sich auf dem schmalen Weg zu befinden, der zum Leben führt” (Matthäus VII, 14).
Andererseits, wie er es sehr gut bei der Erklärung der theoretischen Seite betont, hat er nicht die Absicht zu dogmatisieren oder zu definieren, sondern demütig die Meinung zu vertreten, welche die wirksamste ist, um alle Menschen zu einem mehr christlichen Leben anzuregen. Was man auch davon sagen möge, begünstigt die Lehre, welche behauptet, die Anzahl der Geretteten sei grösser, mit der unbekümmerten Leichtfertigkeit mancher dargestellt, zweifelsohne die Sorglosigkeit, während die entgegengesetzte Lehre die Bemühung um das eigene Heil und den Eifer für dasjenige des Nächsten anregt.
Dieser Punkt ist unanfechtbar; wie auch bei ruhiger und unbeeinflusster Betrachtung der Angelegenheit unanfechtbar ist, daß zu Gunsten der vom Autor vertretenen These sehr eindrucksvolle Argumente vorliegen.
Wir können in zwei Büchern die Gründe, die zu Gunsten der zwei vorhergehenden Thesen sprechen, suchen: in der Heiligen Schrift und im Buche der Erfahrung.
Das erste Buch lehrt uns, daß die Bedingung “zum Leben einzugehen” ist “die Gebote zu halten” (Matthäus XIX, 17). Nach dem zweiten ist die Anzahl derer, welche die Gebote halten, sowie derer, welche ihre Sünden aufrichtig bereuen, anscheinend klein.
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Es ist sicher wahr, daß die Barmherzigkeit Gottes sehr gross ist und daß niemand weiss, was in den entscheidenden Augenblicken des Todes geschieht.
Aber das löst das Problem nicht. Niemand zweifelt daran, daß die Barmherzigkeit Gottes gross ist; aber daß Seine Gerechtigkeit groß und unendlich ist, nachdem Er Gott ist, auch daran kann niemand zweifeln. Aus denselben Gründen ist niemand imstande, genau anzugeben, wie sich diese beiden Eigenschaften Gottes miteinander verbinden. Infolgedessen stellt die Barmherzigkeit Gottes keine Lösung der Frage zu Gunsten der These der grösseren Anzahl derer, die gerettet werden dar und Seine Gerechtigkeit löst sie auch nicht zu Gunsten der entgegengesetzten These.
Was die Behauptung betrifft, niemand wisse, was in den letzten Augenblicken geschehe, ist es angebracht, eine Unterscheidung zu machen.
Äusserlich weiss man leider nur zu gut, was geschieht. Vor allem in den Großstädten ist die Anzahl derer, die nach einem ausgelassenen oder gleichgültigen Leben ohne Empfang der heiligen Sakramente sterben, sehr gross, obwohl nachher — das macht einen guten Eindruck — in den Todesanzeigen oft erwähnt wird: “Fromm gestorben, mit den heiligen Sakramenten. der Kirche versehen”.
Als wir, im letzten Moment gerufen, ans Lager von Leuten kamen, die bereits sterbend waren, bestätigte die Erfahrung sogar bei einer grossen Anzahl derer, welche die heiligen Sakramente wirklich empfangen hatten, diesen harten und etwas pessimistischen Satz, den wir von unseren Professoren der Moral- und Pastoraltheologie gehört hatten: Wir sollen wissen, daß “confessio infirmi, infirma” — die Beichte eines Kranken sehr oft selbst “krank”, d.h. unzureichend sei. Äusserlich weiss man also nur zu gut, was in den letzten Augenblicken des Lebens geschieht.
Was soll man davon sagen, was sich innerlich abspielen könnte?
Die Theorie der inneren Erleuchtung, die Seelen im Augenblicke der Trennung vom Körper erhalten sollten, ist mehrmals vom Heiligen Stuhl negativ beurteilt worden. Auch wenn man diese äusserliche Beurteilung nicht beachten würde, bleibt die Theorie der Erleuchtung als solche nur eine theologische Meinung ohne solide Grundlage.
Geben wir sogar zu, sie könnte gewissermassen möglich sein. Wer wäre so töricht, sich auf eine wahrscheinliche Theorie, nicht weniger wahrscheinlich als die entgegengesetzte, in einer so über alle Massen wichtigen Angelegenheit, wie der des ewigen Heils, zu verlassen?
Wie entsetzlich wäre die Enttäuschung desjenigen, der zugegeben hätte, daß eine sogenannte “Schlußerleuchtung” alles in Ordnung bringen würde, und nur das grauenerregende Höllenfeuer vorfände, sollte sich diese Hypothese als falsch erweisen!
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Als zur Zeit der Zweiten Spanischen Republik (1) Pater Getino sein Werk betitelt “Von der grossen Anzahl der Auserwählten und der Milderung der Höllenpeinen” publizierte, hatte es einen beachtenswerten Erfolg, wozu zweifellos viele von denen beigetragen hatten, die behaupteten, Spanien habe aufgehört, katholisch zu sein. Eine Madrider Zeitung unterstrich ironisch, daß die Heuchler des Sektierer-Laizismus ihrer Stellung nicht so sicher zu sein scheinen, weil sie sich so sehr für diese theologische These interessieren, die ihren Rücken.. für den Fall der Fälle… decke!
Heute wird ein Buch, das die entgegengesetzte These verteidigt, dem breiten Leserkreis gegeben.
Ich wünsche ihm auch Erfolg.
Nicht nur einen Erfolg als Buch, sondern auch, und vor allem, einen Erfolg für die Seele.
Möge es viele Leser finden, aber vor allem mögen alle seine Leser die Konsequenzen daraus ziehen, welche der Autor vorschlägt:
Den festen Entschluss zu fassen, den engen Weg zu gehen, der zum Heile führt, wie uns Jesus rät;
Einen feurigen, unermüdlichen, unersättlichen Eifer für die Rettung der Seelen zu zeigen.
† LAUREANO,
Bischof von Siguënza
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(1) Die Zweite Spanische Republik begann mit der Revolution vom 14. April 1931 und endete mit dem Nationalen Aufstand am 18. Juli 1936.
(Fortsetzung folgt)
