2. Fortsetzung
Die Liturgiereform ist nicht mehr katholisch
Da die gegenwärtige Liturgiereform in ihrem Geiste und Wesen mit der römischen, von den heiligen Apostelfürsten PETRUS und PAULUS überkommenen Tradition gebrochen, kann sie konsequenterweise auch nicht mehr katholisch sein, denn nirgendwo wie hier gilt das alte christliche Axiom mehr: “Wer nicht römisch ist, ist auch nicht katholisch!”, denn gerade diese von den Apostelfürsten begründete christliche Romanität ist es, welche die Katholizität der Kirche Christi garantiert.
Wir werden nun daran gehen, den Beweis zu erbringen, dass die gegenwärtige Liturgiereform, wie sie verbindlich durch die Apostolische Konstitution “IN COENA DOMINI” vom 3. April 1969 durch S.H. Papst Paul den VI. promulgiert wurde, tatsächlich nicht mehr katholisch, sondern irrgläubig ist, und den letztlich antichristlichen Reklamationen der Irrlehrer aller Jahrhunderte der Kirchengeschichte entgegenkommt. Und zwar begünstigt sie nicht einfach irgendwelche unbedeutende Reklamationen gegen die kirchliche Disziplin oder gegen die äußere Erscheinungsweise der Kirche, sondern vor allem und in besonderer Weise (und das versteht sich ganz von selbst!), den Protest und die kirchenfeindliche Polemik der Häresiarchen aller Jahrhunderte gegen das BONUM DEPOSITUM FIDEI, gegen das ANVERTRAUTE (also unter keinen Umständen manipulierbare!) GLAUBENSGUT (vgl. Acta Apostolorum, 2,41; 2. Thess. 2,15, 1. Korintherbr. 11,2, 11,17f., 11,23: “Ego enim accepi a DOMINO quod et tradidi vobis, quoniam Dominus JESUS in qua nocte tradebatur accepit panem…”, 11,34; 16,1, 2. Tim. 1, 12-14: “Formam habe verborum sanorum quae a me audisti in fide et dilectione in Christo Jesu. BONUM DEPOSITUM CUSTODI per Spiritum Sanctum qui habitat IN NOBIS.”; 2. Tim. 2, 1-3; 3, 13-17, I. Johannesbrief, 2,24: “Omnis qui negat Filium nec Patrem habet, qui confitetur Filium et Patrem habet. VOS QUOD AUDISTIS. AB INITIO IN VOBIS PERMANEAT. Si in vobis permanserit quod audistis ab initio, et VOS IN FILIO ET PATRE MANEBITIS.” — Vgl. auch Acta Apostolorum, 16,4: “Cum autem pertransirent civitates, tradebant eis custodire DOGMATA, quae erant decreta ab apostolis et senioribus, qui erant Hierosolymis, et ecclesia quidem confirmabantur fide et abundant numero quotidie” —) — welches einzig und allein die Römische Kirche seit den Tagen der heiligen Apostel Petrus und Paulus treu und unverfälscht, “ohne fremde Farbe”, wie St. Irenäus im 2. Jahrhundert schreibt, bewahrt hat.
Darum bezeugt er auch: “Die Überlieferung (traditio) der Apostel, welche in der ganzen Welt bekannt ist, ist in jeder Kirche erkennbar für alle, die die Wahrheit suchen, und wir können die Bischöfe aufzählen, welche von den Aposteln den Kirchen vorgesetzt worden sind, sowie deren Nachfolger bis auf uns, und welche nichts von dem gelehrt und gewusst haben, was die Häretiker ihnen andichten. Da es aber zu
weitläufig wäre, von allen Bischöfen aller Kirchen die Reihenfolge aufzuführen, so erwähnen wir nur die größte, älteste und allen bekannte, von den beiden berühmtesten Aposteln PETRUS und PAULUS zu ROM gegründeten Kirche, und deren von den APOSTELN stammende Überlieferung, und den von ihr den Menschen verkündeten, durch die Aufeinanderfolge der Bischöfe auf uns gekommenen Glauben und beschämen so alle, welche, sei es aus Selbstgefälligkeit oder eitler Ruhmsucht, sei es aus Verblendung oder Böswilligkeit, von IHR abweichen.
“DENN MIT DIESER RÖMISCHEN KIRCHE MUSS IHRES HÖHEREN VORRANGES WEGEN EINE JEDE KIRCHE ÜBEREINSTIMMEN.” —
— Es wird nun ein Leichtes sein, auf praktischer Ebene nachzuweisen, dass alle diese Dinge, die man uns als “Neusichtung” und “Bereicherung der hl. Liturgie” glauben machen will, in Wirklichkeit nichts anderes als Unterdrückungsmaßregeln und Eliminierung jahrhundertealter Traditionen und willkürliche Neuerungen sind, von denen man bestenfalls nur sagen kann, dass ihnen, sowohl der einen, wie der andern, jegliche Originalität abgeht, denn auch hier gilt wiederum: “Nihil novum sub soli!”; es sind bloße Neuauflagen alter, von Rom (vgl. Bulle Papst Pius VI: Auctorem fidei v. 8. September 1713 gegen die “Synode von Pistoja” und Bischof Scipione Ricci, sowie die Akten des Konzils von Trient) längst verurteilter “falscher, verfänglicher, gottloser, verwegener. fromme Ohren verletzender, den Apostolischen Stuhl beleidigender”, “die vorgeschriebene Ordnung zur Feier der heiligen Geheimnisse störender”, “vielfältige Übel leicht hervorbringender” Propositionen. Auch ist es falsch, zu sagen, diese liturgischen Neuerungen seien dem “Fortschritt zu verdanken, welche die Liturgiewissenschaft in den letzten vierhundert Jahren erzielt habe; doch wenn man dies schon behaupten will, so möge man doch wenigstens genauer angeben, um welche Art von Liturgiewissenschaft es sich hierbei handelt; ganz sicher nicht — und das steht dokumentarisch fest — um die orthodoxe Liturgiewissenschaft der Römischen Päpste und derjenigen, die ihren Belehrungen und Unterweisungen folgen, sondern um die “trügerische Wissenschaft” der Modernisten von gestern, welche die legitimen geistigen Söhne der polemischen Protestanten und Jansenisten von vorgestern sind. Die gegenwärtige Liturgiereform geht nicht aus der wesensmäßigen Unveränderlichkeit der Liturgie der katholischen Kirche hervor: Sie ist vielmehr die Tochter der dogmatischen Variationen” der schismatischen und häretischen “Kirchen” eines Luther, Zwingli, Calvin und Jansenius. Wir verweisen den geneigten Leser auf die historischen Beweise, die wir diesbezüglich zusammengetragen haben, und wir raten ihm dringend das Studium des II. Bandes der “Institutions Liturgiques” von Dom Guéranger an; er wird unschwer daraus erkennen können, dass die Unterdrückung und willkürlichen Neuerungen in der heiligen Liturgie von heute buchstäblich und bis auf das letzte Jota die Unterdrückung und Neuerungen der Schismatiker und Häretiker von gestern sind!
— “Wir treten nun in den peinlichsten und delikatesten Teil des Berichtes ein, den zu schreiben wir uns auferlegt haben. Während die ganze Lateinische Kirche den von Papst Pius V eingeführten und festgelegten liturgischen Formen treu bleibt, die dieser nach dem Wunsche des Konzils von Trient gemäß und mit Bestätigung der verschiedenen Provinzialsynoden die diesem gefolgt sind, angeordnet hat, bereitet sich in der Katholischen Kirche Frankreichs eine REVOLUTION vor. IN WENIGER ALS EINEM JAHRHUNDERT werden wir sehen können, dass schwerwiegende Änderungen in den Wortlaut des Göttlichen Offiziums eingeführt werden, und wie die ganze römische Einheit, welche die hohe Versammlung von 1605 so unumwunden und klipp und klar proklamierte, innerhalb weniger Jahre verschwunden sein wird.”
(Vgl. Tome II, p. 1 und 2) —
Der geneigte Leser möge diesen Bericht ausführlicher selber lesen, und er wird erkennen, dass wir in keinem Punkte übertreiben, wenn wir sagen, dass die antiliturgische Häresie der Jansenisten in der gegenwärtigen Liturgiereform lebendiger als je ihre Triumphe feiert. Dies ist das Zeugnis der Geschichte, und wenn wir augenblicklich an den Tatsachen auch nichts zu ändern vermögen, so sind wir es uns doch schuldig, diese festzustellen und das Kind beim Namen zu nennen. Doch ist es nicht der Sinn der vorliegenden Schrift, ein eigentliches und nach kirchengeschichtlichen Gesichtspunkten geordnetes Werk zu verfassen, wie wir dies in erster Linie bei unseren vorhergehenden Studien unternommen haben.
Das Ziel, das wir mit vorliegender Arbeit verfolgen, ist weniger historischer als theologischer Natur: Nachdem wir die “Apostasie von der Einheit”, die “discessio” der gegenwärtigen Liturgiereform in Bezug auf die Tradition des heiligen Papstes Pius V gezeigt haben, wollen wir nun nachweisen, dass die in das MISSALE und CALENDARIUM ROMANUM eingeführten Änderungen das Ergebnis irrgläubiger und höchstverdächtiger Grundsätze sind, denn waren unsere Äußerungen im ersten Dokument damals noch bloße Befürchtungen, so haben sich diese inzwischen durch den Lauf der Dinge zu klarer Gewissheit verdichtet; auch hat sich in der Zwischenzeit niemand gefunden, der uns des Irrtums überführt oder überzeugt hätte, hingegen haben die Förderer der gegenwärtigen Liturgiereform ihre verderblichen Grundsätze seit jenem Zeitpunkt weiter entwickelt und ausreifen lassen, und haben ihnen in der Folge auch zum ersten Mal seit ihrem Auftauchen klar und bestimmt Ausdruck verliehen: Die Implizität unserer Meinung von damals ist zur Explizität unserer Aussage von heute geworden. Demnach steht für uns fest, dass die gegenwärtige Liturgiereform auf der Ebene des Glaubens, des Dogmas und der Definierten Tradition für jeden gläubigen und kirchentreuen Katholiken ganz und gar unannehmbar ist, so dass wir naturgemäß das “Anathema sit” der katholischen Rechtgläubigkeit über sie verhängen müssen, wenn auch nicht im streng kirchenrechtlichen Sinne (da es von diesem Gesichtspunkt aus null und nichtig wäre!) — so doch im allgemeinen und weitestgefassten Sinne wie wir dies aus dem 1. Kapitel des Galaterbriefes, Vers 8-9, ersehen können, wo der heilige Paulus den dortigen Christen ausdrücklich befiehlt und einschärft:
— “Aber selbst wenn WIR oder ein ENGEL VOM HIMMEL euch ein anderes Evangelium verkündeten als jenes, das wir euch verkündet haben: er sei anathema! d.h. verflucht. Wie wir es schon früher gesagt haben, so wiederhole ich es jetzt: Wenn jemand Euch ein anderes Evangelium verkündet als jenes, das ihr empfangen habt: “ER SEI IM BANNE!” — (Gal. 1., 8-9)
Wohlan denn! Kraft der Tatsache, dass zwischen der Definierten und der Bekannten Tradition sowohl de jure wie de facto ein geheimnisvolles, inneres, wesensmäßiges Band besteht (worüber wir uns bereits an anderer Stelle weitgehend und deutlich genug ausgesprochen haben, wie wir glauben!) wagen wir es, festzustellen, dass die gegenwärtige Liturgiereform uns ein “anderes Evangelium” verkündet als jenes, welches PETRUS, der in seinen Nachfolgern bis ans Ende der Welt fortlebt, bis anhin bekannt und gelehrt hat, und dieses andere, “neue Evangelium” unterscheidet sich vom alten, apostolischen, das wir bis jetzt von den Nachfolgern Petri erhalten haben, besonders in folgenden Punkten:
1. In Begriff und Auffassung der Heiligen Messe: Durch Aushöhlung ihres OPFERCHARAKTERS und ihrer sühnenden, fürbittenden und in höchstem Maße GOTT verherrlichenden Wirksamkeit wird sie ihres eigentlichen Wesens vollständig entleert, zu einer bloßen Zeremonie als Ausdruck der Gemeinschaft, zum sichtbaren Ausdruck rein menschlichen Tuns.
2. Im Bezug auf den Gebrauch der Hl. Schrift: Die alten, häretischen Thesen der Protestanten und gewisser Jansenisten werden neu aufgewärmt und sich zu eigen gemacht.
3. Im Bezug auf die Liturgische Verehrung der Heiligen: Der cultus duliae, der ihnen in den Augen Gottes gebührt und vor allem der cultus hyperduliae, wie er der Allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria von altersher und von rechtswegen zukommt, wird verwässert, abgeschwächt, zerstört, aufgehoben und abgeschafft.
Sobald wir diese drei Punkte behandelt und erklärt haben werden, wird unser Leser sicherlich verstehen, warum wir die gegenwärtige Liturgiereform grundsätzlich ablehnen und warum wir das “ANATHEMA” der Rechtgläubigkeit über sie verhängen müssen.
* * *
a) Der Begriff der Heiligen Messe
Wenn wir der Apostolischen Konstitution “Missale Romanum” glauben, welche den neuen und endgültigen Ordo Missae promulgiert, dann
— “zeigen sich demnach die wichtigsten und bedeutendsten Konsequenzen der Neuerungen vor allem in jenem Teil der Heiligen Messe, den man das “Eucharistische Gebet” nennt. Wenn der Römische Ritus es auch immer zugelassen hat, dass der erste Teil dieses Gebetes, die Präfation, im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Formulierungen erhalten und beibehalten hat, so hat hingegen der Zweite Teil desselben, welcher die “Regel der Heiligen Handlung” — CANON ACTIONIS — genannt wird, in der Zeit zwischen dem 4. und 5. Jahrhundert eine unveränderliche Form angenommen und bis heute beibehalten, im Gegensatz zu den Orientalischen Liturgien, welche die gleiche Vielfalt in den Anaphoren selber zugelassen haben. Indem Wir also das Eucharistische Gebet mit einer großen Anzahl von Präfationen bereichern, die entweder aus der jahrhundertealten Überlieferung der Römischen Kirche geschöpft sind oder dann neu zusammengestellt wurden — was die verschiedenen Aspekte des “MYSTERIUM SALUTIS” ja nur besser ins Licht heben kann und uns reichere und tiefere Beweggründe für die Danksagung beschert — haben Wir beschlossen, drei neue Canones diesem Gebete hinzuzufügen…” (Ed. Typ. p. 9)
Wir werden uns hüten, dieser Betrachtung auch nur in einem Punkt zu widersprechen; wir machen sie vielmehr auch zu der unsern. Die Einführung dieser drei neuen “Eucharistischen Gebete”, die von keiner weiteren Erklärung begleitet und in allen Stücken ebenso alt wie neu sind, stellt eine bis jetzt in der Kirchengeschichte noch niemals unternommene Neuerung dar. (praecipua novitas) Kein Papst hätte sich bis in unsere Tage getraut, so zu handeln, kein Papst hätte es je gewagt, was auch immer nur für ein Jota des altehrwürdigen, bis jetzt als unveränderlich geltenden Eucharistischen Gebetes zu ändern oder abzuschaffen, da sie sich alle damit begnügten, höchstens einige Worte hinzuzufügen.
Und diese Scheu der Römischen Päpste bis auf Papst Pius XII und Papst Johannes XXIII, am Kanon auch nur ein Jota zu ändern, war so groß, dass das Heilige Konzil von Trient in seiner 22. Sitzung mit Recht erklären konnte:
— “Da es sich geziemt, dass heilige Dinge auch heilig verwaltet und auf heilige Weise ausgespendet werden, und dass dieses (eucharistische) Opfer als das Heiligste von allen Dingen gehalten, und damit es auch als solches mit der ihm gebührenden Ehrfurcht und Würde gefeiert und empfangen werde, hat die heilige katholische Kirche seit vielen Jahrhunderten — (multis ante saeculis) — den HEILIGEN KANON aufgestellt, der in so hohem Grade frei ist von jeglichem Irrtum, dass er nichts enthält, was nicht ganz und gar höchste Heiligkeit und jede Art von tiefster Frömmigkeit atmet, oder was nicht den Geist derjenigen zu Gott erhebt, die das Opfer darbringen, denn er ist zusammengestellt aus den Worten unseres HERRN selbst, aus den Überlieferungen der heiligen Apostel und den frommen Anordnungen heiliger Päpste”. —
Es handelt sich also um nichts weniger als eine sehr seltsame Neuheit, den “Heiligen Kanon” durch mögliche Abschaffungen und nachträgliche Berichtigungen nach beinahe 1500 Jahren zu korrigieren, da die beiden überaus erhabenen und süßen Worte “MYSTERIUM FIDEI” NICHT MEHR Bestandteil der Konsekrationsformel sind! Das ist ein Bruch mit der Tradition der Römischen Kirche, den sich der heilige Papst Pius V nicht erlaubt hätte — ausgerechnet er, der, obwohl er der ganzen Weltkirche das “Missale Romanum” in feierlicher Weise bekanntmachte und sie auch strikte darauf verpflichtete — Wert darauf legte, jene Kirchen von seiner Liturgiereform auszunehmen, deren Riten sich mehr als 200 Jahre weit ohne Unterbruch zurück verfolgen ließen. Es entspricht übrigens ebensosehr den Tatsachen, dass die Liturgie, die Papst Pius V veröffentlichte, keineswegs eine neue, d.h. neu geschaffene Liturgie war, sondern ganz einfach die Wiederbelebung, die Wiederherstellung und Reform der alten, damals schon über das ganze katholische Abendland verbreiteten römischen Liturgie.
Dem sei nun, wie ihm wolle, in unseren Augen besteht die größte Neuerung in der Liturgie des ORDO MISSAE nicht darin, dass man durch Abschaffungen und willkürliche Änderungen korrigiert hat, ja selbst nicht einmal in der Schöpfung dreier neuer Canones; unserer Ansicht nach besteht die prinzipielle Neuheit dieser letzten liturgischen Einführungen in der Tatsache, dass die beiden Worte MYSTERIUM FIDEI ihren angestammten Platz gewechselt haben, — eine Tatsache von nicht geringer Bedeutung und Tragweite — nachdem noch vor nicht allzu langer Zeit Papst Pius XII sie gegen die Angriffe deutscher Liturgie-Wissenschaftler energisch verteidigt hat. Diese Bedeutung hebt der Papst selber hervor, wenn er nach Bekanntgabe der neuen Konsekrationsformel hinzufügt: “Der Ausdruck “Mysterium Fidei”, der nun aus dem Zusammenhang des Textes der Herrenworte herausgelöst ist und vom Priester gesagt wird, dient nun als Einleitung für die Akklamation der Gläubigen.” (Ed. Typ. p. 10).
Hier zeigt sich nun klar die große Neuheit: Es ist die aktive Teilnahme der Gläubigen im feierlichsten Augenblick des Eucharistischen Opfers, es ist eine quasi-amtliche Vermittlung clara voce. Dies stellt eine Neuerung dar, wie sie in der ganzen Kirchengeschichte nicht ihresgleichen hat, eine Neuerung von der gleichen Art wie diejenige, die mit der ältesten Tradition der katholischen Kirche des Westens und des Ostens bricht, nämlich mit der Geheimhaltung des Messkanons seitens des Priesters und mit dem vollständigen, tiefen Schweigen der Gläubigen; eine Tradition, die einmal mehr durch das Anathema des Konzils von Trient bestätigt und angeordnet wurde:
— “Wenn jemand behauptet, dass der Brauch der Römischen Kirche, einen Teil des Canons und die Worte der Konsekration mit leiser Stimme zu sprechen, verdammungswürdig sei, oder dass man die Heilige Messe nur in der Volkssprache zelebrieren dürfe, der sei im Banne (anathema).” (Sess. XXII can. IX).
Und zwar soll nach dem Willen der damaligen Konzilsväter ein so allumfassendes, absolutes Schweigen von den Gläubigen während des ganzen “Heiligen Kanons” beobachtet werden, das auch nicht durch die Doxologie der Kleinen Elevation, welche die Rubriken des Römischen Messbuches in den letzten Jahren wieder hinzufügten, gebrochen werden soll, weshalb diese weniger am Ende des Canons als am Anfang des Herrengebetes steht, das den Abschnitt der Communio eröffnete. — “Er (der Priester) lässt die Hostie auf dem Korporale ruhen” so konnte man damals in roten Buchstaben lesen — “dann bedeckt er den Kelch mit der Palla, macht die Kniebeugung und erhebt sich wieder und betet oder singt mit gut vernehmbarer Stimme: “Per omnia saecula saeculorum, Amen!” Das Gesetz der Geheimhaltung gewisser Teile des Kanons ist tatsächlich ebenso alt wie die mosaischen Institutionen. (Vgl. Dom Guéranger, II, p. 134-135-136).
Und nun siehe da! “Im innersten Herzen”, im “Allerheiligsten” des Eucharistischen Opfers, wie Moses gesagt hätte, dort, wo allein tiefstes Schweigen der Größe und Unfassbarkeit des Göttlichen Mysteriums angemessen ist, erheben nun die Gläubigen ihre Stimme, um an die Stelle des Priesters zu treten, und in dem sie eine Mehrzahlform gebrauchen, verleihen sie sich nunmehr eine Art von funktioneller Persönlichkeit: — “Mortem tuam annuntiamus, Domine, et tuam resurrectionem confitemur donec venias!” — (Vgl. Nr. 64, Ordo Missae, S. 114). Weiter kann man deutlich erkennen, wie der Priester und seine Sonderstellung gegenüber der “Eucharistieversammlung” förmlich ausgelöscht wird, da er offenbar nur noch dazu dient, ihre Akklamation einzuleiten. — “Verba autem “Mysterium Fidei”, de contextu verborum Christi Domini deducta, atque a sacerdote prolata, ad fidelium acclamationem veluti aditum aperiunt.” (Const. Apostolica “Missale Romanum”, 3. April 1969, p. 10). —
Wohlan denn, was uns betrifft, so weisen wir diese wichtige Neuerung zurück, wir verwerfen sie, wir nehmen sie unter keinen Umständen an, und warum wohl? — Ganz einfach deswegen, weil sie einen gänzlich neuen Begriff von der Heiligen Messe in die Theologie einführt und rechtfertigt, der in uns schwerste Befürchtungen und Zweifel wachgerufen hat, die wir in unserem ersten Dokument dargelegt haben. Denn diesem neuen Begriff zufolge ist die Heilige Messe nicht mehr die unblutige Erneuerung und Wiedervergegenwärtigung des Mysteriums Seines blutigen Opfertodes am Kreuze auf Calvaria, das der HERR SELBST durch die Person des einzelnen Priesters in seiner eigenen Person vollzieht, sondern nur noch eine bloße Feier der versammelten Gemeinde, wo die tätige Teilnahme der Gläubigen der spezifischen Opfervollmacht des der Gemeinde “vorstehenden” Priesters unterschoben und ihr überlagert wird. Wir weisen diese unheilige Neuerung entschieden zurück, weil wir in ihr den Triumph der Thesen der protestantischen Häresie sehen, die uns da in frommem Tone glauben machen wollen, die Heilige Messe sei die “gemeinschaftliche Gedächtnisfeier des Abendmahles vom Hohen Donnerstag”, und nicht mehr in erster Linie und vor allen anderen Aspekten das auf geheimnisvolle Weise vergegenwärtigte, erneuerte und mystisch aufs Neue vollzogene Abendmahlopfer des Leibes und Blutes Christi, welches identisch ist mit dem blutigen Kreuzesopfer von Golgotha im Bezug auf das Schlachtopfer und den opfernden Hohepriester, der sich des irdischen Priesters als Instrument bedient; identisch auch im Bezug auf den Zweck, den es verfolgt und auf seine erlösende Wirksamkeit.
Aber was wir in dieser Akklamation der Gläubigen im feierlichsten und dramatischsten Augenblick der Eucharistischen Konsekration die objektiv wirkliche Opferhandlung Christi durch den Priester und keineswegs bloß ein “eucharistisches Gebet” ist, als stillschweigend unterstellt erkennen können, nämlich diese radikale Umkehrung der Vollmachtsverhältnisse, wobei die “Eucharistieversammlung” an die Stelle des Priesters tritt und ihn sogar ersetzt — das alles finden wir mit klaren Worten ausgedrückt in Absatz Nr. 1 der “Institutio Generalis ad Missale Romanum”, deren zumindest zweideutige Komplexität man unschwer erkennen kann:
— “Als Werk Christi und des hierarchisch gegliederten Volkes Gottes ist die Feier der Heiligen Messe für die Welt- und Ortskirche wie auch für jeden einzelnen Gläubigen die Mitte des ganzen christlichen Lebens (1). In ihr findet das Wirken Gottes, durch das er in Christus die Welt heiligt, seinen Höhepunkt, aber auch der Kult, den die Menschen dem Vater erweisen. So verherrlichen sie ihn durch Christus, seinen Sohn (2). In der Eucharistiefeier werden die Mysterien der Erlösung im Jahresablauf so begangen, dass sie in bestimmter Weise gegenwärtig sind (3). Alle übrigen heiligen Handlungen und alle Werke christlichen Lebens stehen mit dieser Feier in Zusammenhang, sie gehen aus ihr hervor und führen zu ihr hin (4).” —
Nur zu deutlich geht aus Paragraph I dieses Kapitels, welches vom “Höhepunkt und der Würde der Feier der Eucharistie” handelt, hervor, dass die Heilige Messe nicht mehr in erster Linie als das Kreuzesopfer unseres Herrn Jesus Christus definiert ist, welches von IHM durch den Priester, den er zu Seinem zweiten Selbst umgestaltet, auf geheimnisvolle, wenn auch unblutige, aber nichtsdestoweniger reale Weise wieder vergegenwärtigt, erneuert und vollzogen wird — sondern um irgend eine vage “actio Christi” und des “hierarchisch gegliederten Volkes Gottes.” —
Was soll das überhaupt heißen: “actio Christi — actio des hierarchisch gegliederten Volkes Gottes”? — Was uns betrifft, so geben wir sofort ohne weiteres zu, dass wir hievon nichts wissen. Einesteils einmal schon deswegen, weil wir seinerzeit gelernt haben, dass nur der Priester in die Hierarchie eingegliedert und er allein in persona Christi das Heilige Opfer vollzieht, und andernteils wegen der Tatsache, dss die “actio Christi” in der Heiligen Messe im eigentlichen Sinne nicht darin besteht, dass “Gottes Wirken in Christus die Welt heiligt” — wie die Fortsetzung des Textes besagt — sondern in erster Linie darin, dass Unser Herr durch das Schlachtopfer seines anbetungswürdigen Leibes und Blutes Seinem himmlischen Vater die großartigste und allein genügende und gebührende Sühne für die Sünden der “Vielen” (Matth. 26,28) leistet, und dadurch den göttlichen Zorn Seines Vaters, den Adam und seine sündengebundene Nachkommenschaft durch ihren Hochmut, Ungehorsam und ihre Undankbarkeit gegen die Unendliche Heiligkeit und Liebe Gottes auf sich herabbeschworen, besänftigt und uns mit IHM versöhnt, und Seinem himmlischen Vater dadurch gleichzeitig die größte Verherrlichung bereitet, einen Akt also, den zu setzen ein bloßes Geschöpf von Natur aus unfähig ist.
Doch sehen wir weiter, nehmen wir einmal Satz 3 des Paragraphen 1 der Institutio unter die Lupe:
“In der Eucharistiefeier werden die Mysterien der Erlösung im Jahresablauf so begangen, daß sie in bestimmter Weise gegenwärtig sind.” —
Selbst wenn man diese unbestimmten Ausdrücke, wie “Eucharistiefeier”, “Mysterien der Erlösung”, “in bestimmter Weise gegenwärtig” aus innerer Notwendigkeit auf das unblutige Eucharistische Opfer Jesu Christi beziehen könnte oder müsste, muss man sich klar sein, dass es sich bei dem genannten “Jahresablauf” nicht um das liturgische Kirchenjahr im eigentlichen Sinne des Wortes handelt, um jenes Kirchenjahr, welches nach einem Wort von Dom Guéranger die höchst dramatische Erneuerung und Wiedervergegenwärtigung dessen ist, was der Herr für das Heil der Menschen und dessen Wiedervereinigung mit Gott gewirkt hat. Wir befinden uns also nicht mehr auf der gleichen Ebene: Es handelt sich nunmehr nicht mehr um das Opfer von Calvaria, sondern um das kultische Gedächtnis des ganzen Lebens unseres Herrn Jesus Christus; man verwechselt also zwei Dinge miteinander, die sich zwar gegenseitig durchaus nicht ausschließen, voneinander qualitativ jedoch wesentlich verschieden sind.
Da nun die Heilige Messe nicht “actio des hierarchisch gegliederten Volkes Gottes” und ebensowenig “Wirken Gottes” ist, “durch das er in Christus die Welt heiligt”, sondern in erster Linie ein Opfer zur Versöhnung der Allheiligkeit Gottes und zur Verherrlichung des himmlischen Vaters (“einen Leib hast Du mir bereitet… in der Buchrolle steht von mir geschrieben… siehe, ich komme, Deinen Willen zu erfüllen” Ps. 40) — ist es auch unrichtig, zu sagen, die Heilige Messe sei der “Kult, den die Menschen dem Vater erweisen, indem sie ihn durch seinen Sohn Jesus Christus anbeten.” — Denn erstens sind es nicht die Menschen im allgemeinen, sondern„ nur gewisse, nämlich die rechtgläubigen Christen, die an diesem “Kult” teilnehmen, nämlich die “plebs sancta” — atque catholica! — wie wir hinzufügen möchten, und zweitens ist die Heilige Messe etwas wesentlich anderes und wesentlich Erhabeneres als der “Kult, den die Menschen dem Vater darbringen, indem sie ihn durch seinen Sohn Jesus Christus anbeten”:
Die Heilige Messe — das ist JESUS CHRISTUS, der auf geheimnisvolle, aber völlig reale Weise zur Sühne für unsere Sünden und zur Versöhnung mit seinem Vater leidet und stirbt, und zwar unter den Gestalten von Wein und Brot, welche durch die Konsekrationsworte des Priesters in Seinen anbetungswürdigsten Leib und in sein anbetungswürdigstes Blut verwandelt werden.
Wenn nun die Heilige Messe in ihrem Wesen ganz und gar gottmenschliches Tun Christi ist, also höchster Versöhnungsakt, höchster Genugtuungs- und Sühneakt, höchster Dankakt und höchster Verherrlichungsakt des Vaters im Himmel, so wird dadurch unsere rein menschliche, geschöpfliche actio keinesfalls etwa als rein geschöpflicher Kultakt ausgeschlossen oder gar überflüssig, sondern miteinbezogen in jene Verherrlichung des himmlischen Vaters, die Unser Herr seit dem Eucharistischen Opfer im Abendmahlssaal am Hohen Donnerstag vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang (vgl. Mal. 1,11) auf den Altären des ganzen orbis catholicus Seinem Himmlischen Vater erweist. Es erfüllt sich hier in besonderer Weise das Wort, das der Herr in jener Nacht vor seinem Leiden gesprochen: “Ohne mich könnt ihr nichts tun.” (Joh. 15,5) Gott wird nur durch die Opfergabe und den Opferungsakt von Kalvaria in der seiner Unendlichen Heiligkeit und Majestät angemessenen Art und Weise versöhnt, versühnt, verdankt, angebetet und verherrlicht. Dies ist der ganze Sinn der drei Gebete, die im Römischen Kanon der Konsekration folgen und dem Memento für die Verstorbenen vorangehen.
Die Heilige Messe ist aber keinesfalls — wie uns Paragraph 7 der Institutio Generalis glauben machen will — wesentlich “heilige Synaxis oder Versammlung des Volkes Gottes, die unter Leitung des Priesters die Gedächtnisfeier des Herrn begeht…” (12), sondern das Wesen der Heiligen Messe besteht darin, dass der Priester im Auftrage und in persona Christi — also vollständig unabhängig von den Intentionen der von ihm “präsidierten Eucharistieversammlung” — das heilige Kreuzesopfer Jesu Christi auf geheimnisvolle Weise erneuert und gegenwärtig setzt; er tut dies im Namen und Auftrag Christi für die Gemeinde und keinesfalls im Namen “des ganzen heiligen Volkes und aller Anwesenden” (18) durch die Gemeinde. Er tut es nicht wie ein Vormund anstelle und im Auftrage seines zeitlich verhinderten Mündels, und auch nicht wie ein Abgeordneter, der für seine Mandanten handelt, die grundsätzlich gleiches Recht dazu hätten, aber aus praktischen und disziplinären Gründen ihn durch freiwillige Übertragung von Vollmachten dazu bemächtigt haben, diese ihre Rechte als einziger, ihnen allein verantwortlicher und jederzeit absetzbarer Volksvertreter auszuüben; nein, der katholische Priester handelt ganz in entgegengesetztem Sinne nach Art und Weise eines “Alter Christus”, d.h. eines “Zweiten Christus” — denn wir wissen ja aus höchst berufenem Munde, dass der Priester “durch die Priesterweihe dem Hohepriester angeglichen, die Vollmacht besitzt, in der Kraft und anstelle der Person Christi selbst zu handeln” (60), und dass er durch “seine Priesterliche Handlung CHRISTUS gleichsam seine Zunge leiht und IHM seine Hand reicht” (61) (Vgl. S.H. Papst Pius XII, MEDIATOR DEI: Der Eucharistische Kult). —
Die Worte S.H. Papst Pius XII in “Mediator Dei” sind klar: Die wesentlichen Funktionen und der wesentliche Charakter des Priesters in der Heiligen Messe bestehen keinesfalls darin, das Wort und die Akklamation der Gläubigen einzuführen und einzuleiten, oder etwa in ihrem Namen zu beten und zu sprechen — eine Anschauung, die von den Paragraphen 11 und 12 der Instructio implizite und explizite vertreten wird, so dass “die Worte, die der Priester als Vorsteher spricht, von ihrem Wesen her verlangen, ut clara et elata voce proferantur (II,19)” — Das Wesen des priesterlichen Wirkens in der Heiligen Messe besteht auch nicht darin, dem “hierarchisch gegliederten Volke Gottes” Hände und Zunge für rein menschliche Kultakte der Gemeinde zu leihen, sondern in der Aufgabe, Unserem Herrn Jesus Christus Zunge und Hand für den Vollzug des “Mysterium tremendum”, der eucharistischen “Mystischen Schlachtung” zur Verfügung zu stellen, und zwar nur ihm allein.
Um dies auch deutlich zum Ausdruck zu bringen, betet der Priester am Ende der feierlichsten Gebete des Kanons (Communicantes, Hanc igitur, Supplices te rogamus, Ipsis Domine, Nobis quoque peccatoribus) in klarem und bestimmtem Tone die heiligen Doxologien: “Per eundem Christum Dominum nostrum” — “Per Christum Dominum nostrum” — “Eundem… Christum … per Dominum nostrum”…; wieviel tiefste Theologie ist doch in diesen hinweisenden und besitzanzeigenden Adjektiven verborgen! Sie besagen doch in Wirklichkeit nichts anderes, als dass der Priester, der bei der Konsekration in der ersten Person Einzahl “HOC EST ENIM CORPUS MEUM!” spricht, nur als Diener, nur als vermittelnde Hand für unseren Herrn am Altare fungiert, denn ER allein ist der einzig wahre Priester, da auch nur ER allein das einzig wahre und würdige Schlachtopfer zur Sühne und Anbetung ist.
Der rechtgläubigen Auffassung zufolge bleibt die Zunge des Priesters nicht mehr länger dessen Eigentum: beim Aussprechen der Wandlungsworte gehört die Zunge des Priesters nicht nur Jesus Christus, dem Ewigen Hohepriester an, sondern sie ist zu Seiner Zunge geworden!
Und erst seine Hände! Natürlich gehörten sie vor und nach dem Vollzug der mystischen Schlachtung des Lammes Gottes auf dem Altar noch in dem Sinne dieser irdischen Welt an, als sie die Gläubigen aufforderten, auf Den zu schauen, “den sie durchbohrt hatten (Zach. 12,10)”, aber während der Opferhandlung gehörten sie ganz Jesus-Christus an, indem sie an Seiner Stelle das Kreuzesopfer vollzogen.
Daher erklärt sich auch die Bedeutung der drei Kreuzzeichen, welche zu Anfang des Kanons über die Opferbrote und während der beiden Gebete der früheren Kleinen Elevation, sowie der fünf Kreuzzeichen, die vor und nach der Konsekration von der Hand des Priesters ausgeführt wurden. Diese ganzen symbolträchtigen Handlungen voll tiefster und bester Mystik sind von nun an abgeschafft, und dennoch waren es doch gerade diese drei wiederholten Kreuzzeichen, die darauf hinweisen, dass sowohl auf dem Altar der Mystischen Schlachtung als auch auf dem Altar des Kreuzes “es dieser ist, der gekommen ist durch Wasser und Blut und Geist, JESUS CHRISTUS, nicht im Wasser allein, sondern im Wasser und im Blut”, und dass es “drei sind, die Zeugnis geben auf Erden: der Geist, das Wasser und das Blut, und diese drei sind in sich eins”, (1. Joh. 6, u. 8) (1. Brief des hl. Johannes, Kapitel 5, Verse 6 u. 8). — wie es auch drei sind, die im Himmel davon Zeugnis geben: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist!” (1. Joh. 5,7). Und haben uns nicht gerade die zu zweien Malen wiederholten fünf Kreuzzeichen die Fünf Schmerzenreichen Wunden in lebendigster und eindringlichster Weise vor das Auge unserer Seele vergegenwärtigt, gleichsam als Stigmen von des Schmerzes Übermaß von gestern die nun zu Triumphzeichen der Glorie Unseres Herrn und Erlösers JESUS CHRISTUS von heute und für allezeit geworden sind? Wir möchten hinzufügen, dass wir damit nur den Mystischen Sinn dieser Stelle wiedergeben, wie wir ihn von der Tradition empfangen haben; es gibt aber auch noch einen theologischen, den Bossuet “einem neuen Katholiken” erklärte. Diese Kreuzzeichen, welche die Opfergaben vor der Konsekration segnen und weihen, und nach der Konsekration gleichsam als Bittgebet von den nun in sich selbst heiligen und die Gnade enthaltenden, transsubstantiierten Gestalten allen Gnadensegen des Himmels auf jene herabflehen, die dem “Mysterium tremendum” andächtig und demütig beiwohnen — alle diese heiligen Kreuzzeichen, die das Wort und den Segen des Himmlischen Vaters begleiten, geschehen einzig aus dem Grunde, um zu bezeugen, dass aller Segen und alle Gnade einzig und allein durch das Kreuzesopfer unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus als Heilsursache bewirkt und uns geschenkt wird.” -
(Vgl. “Explications de q.q. difficultés sur les prières de la Messe ä un nouveau catholique & XII — Ed. Lachat, Tome XVII, p. 65). —
Durch das Kreuz, das heißt, durch das blutige Opfer Seiner Heiligen Passion geschieht auf dem Altare das gleiche wie auf dem Kalvarienberg. “Ut non evacuetur Crux Domini” — “damit nicht wertlos gemacht werde das Kreuz Christi” (1. Kor. 1,17) schreibt der heilige Paulus an die Gemeinde von Korinth und tadelt ihre Parteisucht, der sie sich in sündhafter Leidenschaftlichkeit preisgegeben hatten, und die sie untereinander in verschiedene sich heftig bekämpfende Gruppen spaltete. Auch jetzt, in diesen Tagen, wo die Heilige Messe nicht mehr das “schaudererregende Opfer” (Vgl. St. Johannes Chrysostomus, Homilie “Vidi Dominum” PG 56,102. — In diem natalem D.N.J.Chr. PG 49,35, cf 49, 369), das “Mysterium horrendum et tremendum” der orthodoxen kirchlichen Lehre ist, sondern zu einem bloßen gemeinschaftlichen und brüderlichen Mahl oder wenigstens zu einer rein menschlichen, diesseitigen, innerweltlichen Danksagung der versammelten “Gemeinde” anlässlich einer “brüderlichen Brotbrechungsfeier” letztlich profanen Charakters degradiert wird, — ist es notwendiger denn je, dieses kernige Gebet des heiligen Paulus zu unserem eigenen zu machen: UT NON EVACUETUR CRUX DOMINI — lasset uns beten, daß der Kanon des Heiligen Messopfers nicht seiner heiligen Kreuzzeichen beraubt und entleert und letztlich damit sich selbst entfremdet werde!
Denn nicht umsonst steigen diese Befürchtungen in uns auf: Diese Zeichen und Worte gehören nämlich nicht zu jenen Riten, welche die Apostolische Konstitution aus dem Grunde aus der Liturgie hat verschwinden lassen, weil sie angeblich “nur Verdoppelungen und Hinzufügungen ohne großen Nutzen” darstellten (Vgl. Apost. Const. “Missale Romanum”) — eine Begründung, die in Wirklichkeit nur ein Zitat des II. Vatikanischen Konzils ist, welches in diesem Punkte dem Konzil von Trient ausdrücklich widerspricht — stellt doch das Konzil von Trient, wie wir uns bereits überzeugen konnten, mit klaren Worten fest: “… so hat die katholische Kirche, damit das heilige Messopfer würdig und ehrfurchtsvoll dargebracht und empfangen werde (d.h. die Hl. Kommunion), vor vielen Jahrhunderten den Heiligen Kanon eingesetzt, der von allem Irrtum so rein ist, dss er nichts enthält, was nicht ganz besonders Heiligkeit und Frömmigkeit bemerken lasse, und die Gemüter der Opfernden zu Gott erhebe…” (Vgl. 22. Sitzung des Konzils v. Trient, Viertes Kapitel, De canone missae). — Doch die neuen Rubriken bewirken gerade das Gegenteil von dem, wenn sie den altehrwürdigen Kanon all jener tiefsinnigen Zeremonien berauben und alles abschaffen, was seine “vollkommene Übereinstimmung mit dem Mysterium des Heiligen Messopfers” in ergreifender Weise hervorhebt. So wird im Novus Ordo Missae das “Sanctum Sacrificium” dadurch verstümmelt, dass man hingegangen ist und das altehrwürdige Offertorium wegamputiert hat — jenes Offertorium, das so alt ist, dass man nicht einmal genau sagen kann, wann es entstanden ist, doch scheint es ziemlich sicher zu sein, dass die Zeit seiner Entstehung weit vor dem 10. Jahrhundert anzusetzen ist, denn schon der Zeit des heiligen Augustinus war es prinzipiell wohlbekannt. Doch diese historischen Erörterungen sind für uns, im Grunde genommen, unwichtig; Hauptsache ist, dass durch die geschichtlichen Tatsachen die Grundbedingung für die Anwendung der schon einmal erwähnten berühmten “Regel der 200 Jahre” der Messreform des heiligen Pius V erfüllt ist, wonach alle jene Offizien von der Reform nicht berührt wurden, die sich eines lückenlos gesicherten und dokumentarisch verbürgten Alters von mindestens 200 Jahren erfreuten. Was nun uns betrifft, so ist die Grundbedingung für die Anwendung dieser von St. Pius V im Geiste der unwandelbaren Tradition der Römischen Päpste aufgestellte Regel im Bezug auf das stillschweigend begrabene Offertorium altersmäßig bei weitem erfüllt; aus diesem Grunde hätte das Offertorium von der Zeit vor dem 3. April 1969 nicht nur beibehalten, sondern auch aufs deutlichste bestätigt werden müssen, und zwar nicht in erster Linie aus Gründen der liturgischen Tradition, sondern vor allem aus theologischen und mystischen Gründen, wie wir noch sehen werden. Zuerst wollen wir aber noch die Erklärungen anführen, welche uns die “Apostolische Konstitution und das Präsentationsschreiben des Sekretärs jenes “Consiliums” geben, welches diese unheiligen Neuerungen ausgeheckt hat.
— “Was den Ordo der Heiligen Messe betrifft”, — so sagte der Papst, — “so hat man die Riten unter Wahrung der Treue zur Substanz vereinfacht. Man hat auch diejenigen ausgeschieden, die im Laufe der Jahrhunderte verdoppelt oder ohne großen Nutzen hinzugefügt wurden, wie dies zum Beispiel bei der Opferung von Brot und Wein, bei der Fractio Panis und bei der Communio geschehen ist. (Apost. Konst. Missale Romanum, p. 10)” —
— Annibale Bugnini, unter dem Pontifikat Papst Johannes XXIII noch wegen seiner “ikonoklastischen und blasphemischen Ideen in Bezug auf die Liturgie” aus der Päpstlichen Lateranuniversität ausgestoßen, inzwischen aber unter dem Einfluss des konziliären Aufweichungsprozesses zum “Sekretär der Liturgiekongregation” arriviert, lässt aber die Katze vollends aus dem Sack, wenn er mit bedeutend weniger Zurückhaltung als der Heilige Vater die Gründe für diese Unterdrückung und Verstümmelung altehrwürdiger, echtkatholischer liturgischer Substanz von seinem Standpunkt her gesehen, angibt:
— “Ritus des Offertoriums. Dieser Teil der Feier, der niemals und von keiner der vorhergehenden Reformen berührt worden ist, ist nun neu geordnet worden, um seiner wirklichen Bedeutung besser entsprechen zu können. Die liturgischen Formeln, welche das Herbeibringen der Gaben und deren Niederlegung auf dem Altar begleiten, sind geändert worden, damit nicht der Eindruck entsteht, der eigentliche und wirkliche Opferungsakt, der ja erst im Kanon stattfindet, werde schon hier vollzogen. Man benützt herkömmliche biblische Segensausdrücke, welche die schöpferische Tat Gottes und die Beteiligung des Menschen an der Darbringung der Elemente von Brot und Wein, die zum Opfer dienen, hervorheben: “Gepriesen seist Du, Herr, Gott des Universums, weil wir von Deiner Güte das Brot empfangen haben, das wir Dir opfern (offerimus: opfern oder bloß “darbringen”?), die Frucht der Erde und des Schaffens menschlicher Hände, woraus uns das Brot des Lebens werde.” — Eine ähnliche Formel, natürlich mit den notwendigen Abänderungen wird gesprochen, wenn der Kelch herbeigebracht und auf den Altar gestellt wird. Daraus ergibt sich, dss die Formel, die bei der Mischung von Wasser und Wein gebetet würde, gekürzt, und jene, die das Lavabo begleitet hat, abgeändert wird.” (Documentation cath., col. 517 du No 1541 du 1-6-1969).
— Hier sagt uns Padre Bugnini also ohne große Umschweife klipp und klar und schwarz auf weiß, was für eine Bewandtnis es mit diesen neuen Offertoriumsriten auf sich hat, und von welcher Natur ihre Beschaffenheit, Bedeutung, Tragweite und Konsequenzen sind.
Sie haben in allererster Linie einmal negative Bedeutung, da sie die altehrwürdigen, noch aus den Tagen des frühen Christentums stammenden Riten, ersetzen, nachdem man diese auf dialektisch höchst geschickte Weise einesteils als “unnötige Verdoppelungen oder Zusätze ohne großen Nutzen” verketzert und andernteils als “Vorausnahme” des eigentlichen und wirklichen Opferungsaktes, der erst im Kanon stattfindet mit dem Ruch der Häresie belegt hat. Das will doch nichts anderes heißen als dass es bis jetzt unsinnig, zumindest aber ohne großen Nutzen war, das Heilige Opfer des Kanons zu antizipieren; mit diesen Worten wird wenigstens für einmal ohne listige Hintergedanken einer “fides punica”, über die sich schon der alte Titus Livius beklagte und ohne jeglichen Vorbehalt ganz aufrichtigerweise die Tatsache bestätigt und anerkannt, dass die Kirche schon immer viel Wert darauf gelegt hat, vor dem Vollzug des Eucharistischen Opfers, der durch die Worte des Kanons bewirkt und durch seine altehrwürdigen Rubriken klar zum Ausdruck gebracht wird, die dem Heiligen Opfer dienenden Oblaten darzubringen, “und zwar als wirkliches und eigentliches Opfer, in einem priesterlichen, persönlichen, realen, gegenwärtigen Akt, und keineswegs bloß als Commemoratio des Hohen Donnerstages von rein erzählendem Charakter.” (Courrier de Rome, No 49, p. 5). Durch seine Gebete, Bewegungen und vorgeschriebenen Riten brachte der Priester Gott, dem Herrn, im althergebrachten Offertorium ein Opfer im eigentlichen und wirklichen Sinne des Wortes dar, denn die Oblaten, die er opferte, waren ihrer unmittelbaren Funktion ganz entrissen und Gott geweiht… dies auszudrücken war der Sinn des Kreuzzeichens, welches der Priester mit der Patene machen musste, wenn er die Hostie nach der Opferung auf den Altar niederlegte, und dies war auch der Sinn der feierlichen Segnung des Wassers, auf die ebenfalls ein Kreuzzeichen mit dem Kelch folgte, bevor er wieder auf den Altar gestellt wurde, und ebenso verhielt es sich mit der anbetenden Verneigung bei den Worten, die den Charakter des Opfers zum Ausdruck brachten; und dies war auch der Sinn der Anrufung des Heiligen Geistes, damit er geruhe, sich herabzulassen und diese Oblaten sich zu eigen zu machen, indem ER sie durch sein Göttliches Feuer verzehre und sich würdige, sie zu heiligen, indem er sie den profanen Ansprüchen dieser Welt entreißt, um sie Seinem Heiligen Namen zu weihen und auszusondern.
Es ist also ein wirkliches Opfer, welche die beiden Elemente des Eucharistischen Opfers heiligte und dem Bereich des Profanen entriss, ohne Zweifel ein geistiges Opfer des Lobes und der Anbetung seitens des Geschöpfes gegenüber dem Schöpfer; aber ein Opfer zum Lobpreis Gottes (“Sacrificium ad laudem”) dessen genugtuender, versöhnender und erlösender Charakter und Zweck klar und deutlich bei der Opferung der Hostie zum Ausdruck kam: “pro innumerabilibus peccatis et offensionibus meis… ut… proficiat ad salutem in vitam aeternam”; genau so wie bei der Opferung des Kelches: “pro nostra et totius mundi salute…”; und wie auch beim “Suscipe, Sancta Trinitas…” dessen Worte ausdrücklich und auf deutlichste Art und Weise den Opfercharakter des Offertoriums zum Ausdruck bringen: “… hanc oblationem quam Tibi offerimus ob memoriam passionis… Jesu Christi Domini nostri…”.
Diese Überlegungen sind keinesfalls liturgische Haarspaltereien oder sonstwie überflüssig, denn bei dieser Analyse des Alten Offertoriums kommt dessen wirkliche und eigentliche Bedeutung und große Nützlichkeit klar zur Geltung, und gleichzeitig wird bewiesen, dass jegliches Daranrühren und Manipulieren einem Attentat auf die Unversehrtheit und Fülle des Eucharistischen Opfers gleichkommt. Man möge uns deshalb erlauben, den theologisch sattelfesten Abbé des “Courrier de Rome” anzuführen, um aus dessen Mund nicht irgendwelche kirchlich getarnte Privatmeinungen oder Häresien, sondern die sichere Lehre der theologischen Tradition der Kirche, zu erfahren. Er schreibt:
— “für jeden wahren Katholiken ist jedes sacrificium auch eine oblatio, aber nicht umgekehrt; damit nämlich eine dargebrachte Gabe auch zum eigentlichen Opfer wird, muss an ihr eine qualitative Veränderung stattfinden, wie zum Beispiel bei den Opfern der Antike, wo das dargebrachte Tier getötet und verbrannt werden musste. Deshalb muss auch das Brot gebrochen, gegessen, gesegnet werden, damit die Opferbedingungen erfüllt sind. Der heilige Thomas von Aquin spricht hier unstreitig im Namen der ganzen religiösen Tradition der Menschheit. (2 2ae, 85, 3 ad 3)
Doch da der Auferstandene Christus nicht mehr stirbt und sterben kann (Hebräerbrief, 9,27f, 10f) kann ER in der Heiligen Messe mit Seinem verklärten Leib auch nicht mehr in den Zustand des Schlachtopfers versetzt werden; es ist dies vielmehr nur noch auf mystische Art und Weise möglich, und zwar unter den Gestalten von Brot und Wein, die also als integrierende Bestandteile für den Vollzug der Mystischen Schlachtung des Lammes Gottes für das Opfer unerlässlich sind.
Gerade hier gilt das Wort des berühmten und heiligen Kardinals Robert Bellarmin in besonderer Weise: “Die Opferung von Brot und Wein, welche der Konsekration der Species vorangeht, ist notwendig für die Vollständigkeit, Unversehrtheit und Fülle des Eucharistischen Opfers, obschon sie nicht zu dessen Wesen gehört.” (De Sacrif. Missae, c. 27. — ed Vivès 1872, p. 365).
Das Wesen der Heiligen Messe besteht in der Konsekration, durch welche die profanen Elemente von Brot und Wein durch Verwandlung ihres bisherigen Wesens aufhören, noch weiterhin profan zu sein; durch die Realität der Transsubstantiation werden sie zum heiligen, allein Gottes würdigen Gegenstand: zum Opferblut und Opferfleisch seines mystisch geschlachteten Sohnes. Da es aber andrerseits unmöglich ist, von einem wahren und wirklichen Opfer zu sprechen, wenn der sinnlich wahrnehmbare Ausdruck fehlt, muss die oblatio corporis et sanguinis durch eine vorangehende, sichtbare klare und formale, nämlich durch die oblatio von Brot und Wein, ausgedrückt werden.” (Courrier de Rome, No 49, p. 6).” —
Man sieht also, dass die Urheber des neuen “Ordo Missae” mit der Abschaffung des Alten Offertoriums auch das antizipierte Erlösungsopfer des Kanons unterdrücken, denn für sie ist dieses ja nur eine “Verdoppelung ohne große Bedeutung”. Qui capiat, capiat!
Was uns betrifft, so sehen wir in dieser Abschaffung das Werk protestantischer und jansenistischer Hände, die schon seit jeher wild darauf aus gewesen sind, die sakramentale Bedeutung und Wirklichkeit der Heiligen Messe weitestgehend einzuschränken und zu bagatellisieren. Was bleibt denn in Wirklichkeit noch übrig vom “Heiligen Messopfer”, wenn man sich vor Augen hält, dass mit dieser Unterdrückung der Opferung von Brot und Wein im herkömmlichen Offertorium eine weitere, kaltblütig vorgenommene Abschaffung urkatholischen Glaubensgutes geschieht, die nun noch zur Ausrottung all jener Symbole hinzukommt, die bis anhin im Kanon ihren wirklichen Opfercharakter sinnenfällig zum Ausdruck gebracht haben. Uns scheint, diese Frage beantwortet sich selbst: Im Bereich des Sinnenfälligen und sinnlich Wahrnehmbaren bleibt nichts, aber auch gar nichts mehr übrig, woraus auf den primären Opfercharakter der Heiligen Messe geschlossen werden könnte!
Nach dieser Würdigung der negativen Bedeutung dieses letzten Streiches der gegenwärtigen Liturgiereform, wollen wir uns nun der positiven Tragweite ihrer jüngsten Ausgeburt zuwenden, nämlich “der endlich richtig verstandenen Bedeutung” des Offertoriums, wie man uns glauben machen will.
Man braucht kein abgeschlossenes Studium in Liturgiewissenschaft, um Annibale Bugninis “wahre Bedeutung des Offertoriums” herauszubekommen; wenn wir ihm Glauben schenken wollen, so besteht sie darin, dass die neuen Riten sowohl das “schöpferische Wirken Gottes” als auch die “Teilnahme des Menschen” bei der Opferung der Elemente von Brot und Wein, die zum Eucharistischen Opfer dienen, deutlich hervorheben. Was wir schon weiter oben in Bezug auf den Kanon festgestellt und worauf wir die Aufmerksamkeit des Lesers gelenkt haben, trifft auch hier wieder zu: Man hat den ganzen herkömmlichen Akt der Heiligen Messe in zweifacher Hinsicht auf den Kopf gestellt, und einzig und allein darin besteht das Geheimnis und das Wesen des neuen Begriffes von der Messe. Demnach besteht der Sinn des Kanons nicht mehr darin, dass der Priester, indem er Unserem Herrn Jesus Christus seine Hand und seine Stimme zur Verfügung stellt, in Dessen Person die Passion von Golgatha auf mystische, aber dennoch konkrete Weise für das “Heil von Vielen” erneuert und real gegenwärtig setzt; nein, das Wesen des Kanons besteht von nun an im gemeinschaftlichen Wirken des die Welt in Seinem Sohne heiligenden Gottes und der Menschheit, die Gott in Christus anbetet; demzufolge ist das Offertorium nicht mehr das Sühnopfer des Priesters, der als “alter Christus” die Oblaten für die schon nahe bevorstehende Transsubstantiation konsekriert, als Opferbrote, welche zwar die Gläubigen zum Altare bringen, die aber einzig und allein vom amtlich befugten Priester geopfert werden können: aus dem Offertorium ist nur noch ein einfaches “Opfer des Lobes”, eine einfache “Segnung” eines Schöpfergottes geworden, dessen Geschöpfe offenbar sich keiner Sündenschuld bewusst sind, um deren Verzeihung sie sich erst bemühen müssten und für die es Sühne zu leisten gilt. Auch befinden sich die “Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit” offenbar a priori schon im Göttlichen Herrschafts- und Wertbereich, so dass jegliche Entrückung und Aussonderung aus der Profanität überflüssig ist; es ist also ganz und gar nicht mehr notwendig, die eucharistischen Elemente von Brot und Wein durch ein eigentliches, konkretes Opfer dem Herrn der Heerscharen zu konsekrieren, eine einfache Benediktion, die erst noch von keinem einzigen Kreuzzeichen begleitet ist, tut es auch! Weder Konsekration noch Kreuzzeichen sind von nun an notwendig, denn da die Elemente von Brot und Wein durch das Wort des “schöpferisch wirkenden Gottes” gesegnet sind, werden sie auch unverzüglich durch das Wirken des “heiligmachenden” Gottes “konsekriert”. Man betont den schöpferisch und heiligend wirkenden Gott in einer Art und Weise, dass für den sühnenden und von den Sünden erlösenden Gott überhaupt kein Raum mehr bleibt, was nichts anderes als fromm getarnte Blasphemie darstellt!
Daraus erklärt sich auch die Tatsache, dass man fortan für die Benediktion dieses Neuen Offertoriums kein “Thysiasterion” = “Opferaltar” (vgl. griechischer Text des Hebräerbriefes, 13,10!), kein “altare” = Altar (vgl. lat. Text des Hebräerbriefes 13,10!) mehr zubereitet werden muss, sondern ein gewöhnlicher, profaner Tisch:
— “Zuerst wird als Mittelpunkt der ganzen Eucharistiefeier (39) der Altar, der Tisch des Herrn, bereitet: Korporale, Purifikatorium, Kelch und Altarbuch, werden gebracht und bereit gestellt.” (Institutio Generalis, Nr. 49, S. 16)
Ebensowenig wird noch ein geweihter, mit Reliquien versehener Altarstein grundsätzlich vorgeschrieben, denn “für einen Tragaltar oder für einen Tisch, der außerhalb des Kirchenraumes zur Eucharistiefeier verwendet wird, ist kein Altarstein nötig.” — (Nr. 260 u. 265)
Dies versteht sich auch ganz von selbst und ist nur normal, denn wenn die Verfasser der Institutio Generalis ad Missale Romanum auf die “Eucharistische Liturgie” zu sprechen kommen in Nr. 268, so handelt es sich dabei nicht um den Opferaltar der Mystischen Schlachtung des Lammes Gottes zur Genugtuung für die Sünden der “Vielen” — “super altare tuum Domine”, wie noch der alte Kanon betete — sondern um den bloßen “Tisch des Herrn”, um welchen das “Volk Gottes” zusammengerufen wird, “zur Feier des Herrengedächtnisses und des Mahles, bei dem Leib und Blut des Herrn gereicht werden…” (Nr. 268, S. 63). Sowohl hier als auch in den Nrn. 260 und 265 wird jede Bezugnahme und jeder Hinweis auf das “Sühnopfer für die Sünden von vielen Menschen, welches auf mystische, aber reale Weise auf den Opferaltären der Kirche das Kreuzesopfer Jesu Christi erneuert und gegenwärtig setzt” (Courrier de Rome, op. cit.) nicht nur sorgfältig vermieden, sondern direkt ausgeschlossen und zu einem rein kommemorativen Gedächtnismahl rein erzählenden Charakters verwässert und verfälscht: “Der Altar, auf dem das Kreuzesopfer unter sakramentalen Zeichen gegenwärtig wird, ist auch der Tisch des Herrn, an dem das Volk Gottes in der gemeinsamen Mahlfeier Anteil hat, und Mittelpunkt der Danksagung, die in der Eucharistiefeier erfolgt”. (259, 74)
Nur zu gut erkennt man in diesem Abschnitt, dass der Begriff des Altars, der als solcher unmissverständlich das Kreuzesopfer von Kalvaria fordert, wo der Herr zur Genugtuung für unsere Sünden gestorben ist und welches die Kirche in Persona Christi auf mystische Weise konkret erneuert und vergegenwärtigt, — schnellstens durch den Begriff des Tisches korrigiert, ersetzt und umfunktioniert wird, denn das, worauf es ankommt, ist nun nicht mehr auf dem Tisch, sondern um den Tisch versammelt zu finden: die Mahlgemeinschaft des “eucharistiefeiernden Volkes Gottes”. Mittelpunkt und Hauptsache der “Zelebration” ist nun nicht mehr der Göttliche Gastgeber, sondern allein nur noch die Gäste: der Schwerpunkt des Heiligen Messopfers wird vom mystisch geschlachteten Lamm Gottes — das zu empfangen ja der einzige Sinn des Mahles ist — eindeutig und in häretischer Weise auf das “Volk Gottes” und dessen “aktive Teilnahme” hin verschoben, auf eine Teilnahme, die nicht mehr aktiv genannt werden kann im rein geistigen Sinne des Wortes wie bisher, sondern quasiamtlichen Charakters und letztlich jedenfalls sicher hierarchischer Natur ist, denn “als Werk Christi und des hierarchisch gegliederten Volkes Gottes ist die Feier der Heiligen Messe für die Welt- und Ortskirche wie auch für jeden einzelnen Gläubigen die Mitte des ganzen christlichen Lebens.” — (Inst. Gen. ad Miss. Rom., No 1). Im Falle dass man uns vorwerfen sollte, wir irrten uns in der Betrachtungsweise des Novus Ordo Missae und läsen Dinge aus der Institutio heraus, die in Wirklichkeit nicht so gemeint seien, so möge man uns doch bitte die genaue und authentische Bedeutung von Paragraph 257 der Institutio Generalis erklären, der von der Gestaltung des Kirchenraumes für die “Eucharistiefeier” handelt:
— “Das Volk Gottes, das sich zur Messfeier versammelt, hat eine organische (*)und hierarchische (*) Ordnung, die sich in den verschiedenartigen Aufgaben innerhalb der Feier zeigt. Der Kirchenraum soll deshalb so gestaltet sein, daß er gleichsam den Aufbau der versammelten Gemeinde wiederspiegelt, ihre richtige Gliederung ermöglicht und jedem die Ausübung seines Dienstes gewährleistet.”
(* cohaerentem et hierarchicam habet ordinationem) (Nr. 257).
Wir wollen, was uns betrifft, durchaus nicht die Tatsache verheimlichen, dass uns die sinngemäße Übersetzung dieses lateinischen Textes, dessen Begriffe höchst unklar und zweideutig sind, nicht geringe Schwierigkeiten auch in Bezug auf die nicht gerade einfache Satzkonstruktion bereitet hat; dennoch haben wir sofort daraus herauslesen können, dass die Hauptsorge der Verfasser des Novus Ordo Missae einzig und allein von der Tendenz bestimmt wird, das Wesen der Heiligen Messe nicht im gottmenschlichen hohepriesterlichen Wirken Christi durch den zu einem “alter Christus” gewordenen irdischen Priester als Brennpunkt und Zentrum zu konzentrieren, sondern auf die “Eucharistieversammlung” des “hierarchisch geordneten Volkes Gottes” zu verlegen.
— “Der Priester und seine Helfer sollen im Altarraum Platz nehmen, d.h. in jenem Teil des Raumes, der ihrem hierarchischen Amt entspricht: das Gebet zu leiten, das Wort Gottes zu verkünden, und den Dienst am Altare zu versehen. So berücksichtigt die Gliederung des Kirchenraumes diesen hierarchischen Aufbau der Gemeinde und die Verschiedenheit der Dienste. Dennoch muss der Raum letztlich ein geschlossenes Ganzes bilden, damit die Geschlossenheit des heiligen Volkes (plebis sanctae) deutlich zum Ausdruck gelangt… (Nr. 257)
— Die Geschlossenheit und Einheit des “Volkes Gottes”, der plebs sancta! Möge es nun den Verfassern dieser zweideutigen Texte gefallen, oder nicht: Niemals werden sie diese “Geschlossenheit und Einheit des Volkes Gottes” auf allen Stufen und für alle Personen, aus denen sich dieses Volk und diese plebs sancta zusammensetzt, als wesentlich hierarchisch definieren können, es sei denn, sie wollten die “Widersprüche miteinander verbinden, die Gegensätze miteinander in Übereinstimmung bringen, das Richtige und das Falsche, Wahrheit und Irrtum miteinander vermischen”; nach expliziter Lehre der Kirche ist nur der Priester “hierarchisch eingegliedert in den Organismus der Kirche, nur von ihm gilt im ersten und eigentlichen Sinne des Wortes, was der heilige Apostel Paulus im 1. Korintherbrief, 4,1 schreibt: “So betrachte man uns als Diener Christi und als Verwalter der Geheimnisse Gottes.” Und im 2. Korintherbrief, 5,18: “… denn wenn einer in Christus ist, so ist er ein neues Geschöpf. Das Alte ist vergangen, siehe, ein Neues ist geworden. Das alles kommt von Gott. Er hat uns durch Christus mit sich versöhnt und uns mit dem Dienste der Versöhnung betraut. Ja, Gott hat in Christus die Welt mit sich versöhnt; er rechnet ihr die Sünden nicht mehr an, und hat uns das Wort der Versöhnung übertragen. AN CHRISTI STATT ALSO WALTEN WIR DES AMTES. Gott selbst ist es, der durch uns mahnt. An Christi Statt bitten wir: Lasst euch mit Gott versöhnen…” — Der Priester allein hat also Amt und Vollmacht, an Christi Statt zu handeln, zu lehren und zu richten; seine priesterlichen Vollmachten erschöpfen sich keinesfalls bloß darin, dem “Gebete vorzustehen” und dem “Altar zu dienen”, sondern das Wesen des katholischen Priestertums besteht darin, in Persona Christi als hierarchisch eingegliederter und mit unauslöschlichem Siegel geprägter Diener Christi die Funktionen des himmlischen Hohepriesters Jesu Christi auf seiner Weihestufe durch die mystische Schlachtung des Lammes Gottes durch das Eucharistische Opfer instrumental auszuüben; er allein, der Priester JESU CHRISTI, vollzieht den sakramentalen Akt der Buße, er und nur er setzt liturgische Akte des Gotteslobes und der offiziellen kirchlichen Fürbitte; das gläubige Volk setzt diesen priesterlichen Akten, sei es nun bei deren Vollzug zugegen oder nicht, im Wesen und in der Vollständigkeit nichts hinzu. Wir möchten deshalb auf das deutlichste und entschiedenste betonen und hervorheben, dass der Priester keinesfalls als “Abgeordneter oder bloßer Vorsteher der Eucharistiegemeinde” am Altare steht, sondern als der Mann Gottes (Tim. 6,11) — a Deo et in Deum. Genau so wenig wie die heiligen zwölf Apostel von der Urkirche als “Vorsteher der Eucharistiefeier” gewählt und in Amt und Würden eingesetzt wurden, genau so wenig verdanken ihre Rechtsnachfolger, die Bischöfe und auf ihrer Weihestufe auch die Priester ihre Amtsvollmachten der Eucharistie feiernden Gemeinde; ein solcher Sachverhalt wäre ebenso unsinnig, wie wenn der HERR als gewählter “Vorsteher” und Repräsentant der Apostel das Kreuzesopfer vollbracht hätte; sagt ER doch ausdrücklich im 15. Kapitel des Johannesevangeliums, 16: “Freunde habe ich euch genannt, denn ich habe euch alles geoffenbart, was ich von meinem Vater gehört habe. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ICH habe euch erwählt und euch dazu bestellt, dass ihr hingehet und Frucht bringet und euere Frucht von Dauer sei.” Und: “Wenn die Welt euch hasst, so wisset: mich hat sie vor euch gehasst. Wäret ihr von dieser Welt, so würde Euch die Welt als das ihrige lieben. Weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ICH euch von der Welt auserwählt habe, hasst euch die Welt. Gedenket des Wortes, das ich zu Euch gesprochen habe: Der Knecht ist nicht mehr als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie auch euch verfolgen. Haben sie MEIN WORT GEHALTEN, so werden sie auch das EURE halten. Aber all das werden sie euch antun, um meines Namens willen, weil sie den nicht kennen, der mich gesandt hat.” (Joh. 16,18f)
Auch verlangen wir, dass man uns klar und deutlich die negativen Aspekte erklärt und dartut, wenn man schon die ganze Zeit, manchmal bis zum Überdruss, auf der “bewussten, tätigen und vollen Teilnahme der Gläubigen” (Instit. Gen. Nr. 3) und auf der “Mitfeier und tätigen Teilnahme der Gläubigen” herumreitet, durch welche “die Kirche in ihrem Wesen als Gemeinschaft deutlich erkennbar ist.” —
Wenn wir an erster Stelle die Klärung und Darlegung der negativen Aspekte fordern, so befinden wir uns damit ganz auf der Linie, die das Päpstliche Magisterium bis zum II. Vatikanischen Konzil eingehalten hat, indem es in erster Hinsicht unsere Wachsamkeit gegen die Irrlehren, die sich diesbezüglich im Laufe der Jahrhunderte erhoben haben, auf den Plan rief, und zwar nicht aus grundlosen Befürchtungen, sondern wegen der traurigen Tatsache, daß diese schon längst verurteilten Irrlehren heute üppiger denn je ins Kraut schießen, wie zum Beispiel der “Presbyterianismus”, der heute sowohl wie gestern im katholischen Priester nur einen “Diener des Wortes” sehen will, der mehr durch Wahl der Gemeinde als durch eine besondere Weihe mit kirchlichen “Funktionen” betraut wird, die überdies nur unwesentlicher und nebensächlicher Natur sind und keinesfalls das Wesen des christlichen Priestertums ausmachen. Wir verlangen deshalb auch zu Recht, dass man uns klar definiere, dass “wenn die Gläubigen am Eucharistischen Opfer teilnehmen und mitopfern, dies auf eine vom geweihten Priester wesentlich verschiedene Art geschieht, und ohne dass sie deshalb priesterliche Vollmachten hätten” wie dies Papst Pius XII seligen Angedenkens in seiner hochwichtigen Enzyklika “Mediator Dei” vom 20. November 1957 über die Heilige Liturgie getan hat, indem er schon damals in wahrhaft prophetischer Erleuchtung häretische Liturgiereformen zurückwies, deren Drachensaat nun in der postkonziliären Kirche, von den meisten Vertretern der Hierarchie bagatellisiert, und gedüngt vom dialektischen Dung unserer internationalen Illustrierten-, Pseudo- und Unterleibstheologen, ihre tödlich giftigen Früchte zur Reife bringt.
Der “Pastor angelicus”, Papst Pius XII kommt erst dann auf die “Konzelebration der Gläubigen mit dem Priester” kraft des durch die Heilige Taufe verliehenen “königlichen Priestertums” zu sprechen, nachdem er mit schärfsten und bestimmtesten Worten alle Missverständnisse, Irrtümer und die daraus entstehenden schrecklichen Missbräuche als solche gebrandmarkt und entschieden als “bereits schon früher, nämlich auf der 23. Sitzung des Konzils von Trient verurteilte Irrtümer” zurückgewiesen hat. Man wird uns sicher dankbar sein, wenn wir diese Verurteilung des falsch und gegen die hierarchische Struktur der Kirche Christi verstandenen “geistigen Priestertums” der Gläubigen seitens des Päpstlichen Lehramtes hier nachstehend wiedergeben — sie wird vielen naiven Gemütern die Binde von den Augen nehmen! —
— “Wenn jedoch die Gläubigen am Eucharistischen Opfer teilnehmen, so haben sie deshalb nicht auch priesterliche Vollmacht. Das müsst Ihr Eurer Herde ganz klar vor Augen stellen.
Es gibt nämlich welche, Ehrwürdige Brüder, die sich heute schon einmal verurteilten Irrtümern nähern (Sess. Concilii Trid. XXIII, c. 4), indem sie lehren: Im Neuen Bunde gebe es nur jenes Priestertum, das sich auf alle Getauften erstrecke; jenes Gebot ferner, womit Jesus Christus beim Letzten Abendmahl den Aposteln das zu tun auftrug, was er selbst getan hatte, gehe unmittelbar die gesamte Kirche der Gläubigen an; erst daraus sei dann in der Folge das Hierarchische Priestertum entstanden. Somit behaupten sie, das Volk besitze wahre priesterliche Gewalt, der Priester dagegen handle nur kraft des von der Gemeinschaft erhaltenen Auftrages. Deshalb halten sie das Eucharistische Opfer für ein wahres “Mitsammenzelebrieren” (Konzelebration), und meinen, es sei besser, wenn die Priester zusammen mit dem anwesenden Volke “mitzelebrieren”, als dass sie “privat” in Abwesenheit des Volkes das Opfer darbringen.
Es erübrigt sich auseinanderzusetzen, wie sehr solche verfänglichen Irrtümer den Wahrheit widersprechen, die Wir weiter oben dargelegt haben, als Wir von der Stellung handelten, die der Priester im Mystischen Leib Christi einnimmt. An folgendes aber glauben wir erinnern zu sollen: Der Priester handelt nur deshalb anstelle des Volkes, weil er die Person Unseres Herrn Jesus Christus vertritt, insofern dieser das Haupt aller Glieder ist und sich selbst für sie opfert; er tritt folglich an den Altar als Diener Christi, niedriger als Christus stehend, aber höher als das Volk. (S. Robertus Bellarminus, DE MISSA, II, cap. 4). Das Volk aber, das unter keiner Rücksicht die Person des Göttlichen Erlösers darstellt noch Mittler ist zwischen sich selbst und Gott, kann in keiner Weise priesterliche Rechte genießen. Das alles ist durch den Glauben sicher; daneben aber gilt, dass auch die Gläubigen, jedoch in anderer Weise, die göttliche Opfergabe darbringen.” — (Mediator Dei, off. lat. und deutscher Text, Seelsorger-Verlag im Verlag Herder, Wien 1948; franz. Ausgabe Solesmes, No 563, 564, 565). —
Wir haben nicht umsonst soviel Wert darauf gelegt, diese entscheidenden Worte des Kirchlichen Lehramtes durch den Mund des sichtbaren Oberhirten der Kirche Christi wieder in Erinnerung zu rufen, denn auf sie stützt sich unsere Weigerung, die Neue “Messe”, wie sie durch den Novus Ordo Missae promulgiert wird, anzunehmen: man hat nämlich in den Rubriken des ehemaligen Kanons alle diejenigen liturgischen Formeln verschwinden lassen oder verwässert, die zu beten und durch welche zu handeln einzig und allein dem Priester zukam und die seine priesterlichen Vorrechte und Vollmachten deutlich zum Ausdruck brachten und durch deren Anwendung seine menschliche Person sinnlich wahrnehmbar, verbo et opere, Jesus Christus angeglichen und gleichförmig wurde, um durch das blutige Opfer der Mystischen Schlachtung des Lammes Gottes das Kreuzesopfer auf geheimnisvolle, aber reale Weise zu erneuern und konkret zu vergegenwärtigen und den gleich einem Trankopfer (vgl. 4. Mos. 15,5ff, 28,7f) durch sein vergossenes Blut gleichsam ausgegossenen Herrn den Gläubigen zu vermitteln und auszuteilen. Und nicht genug damit: man hat das seinem Wesen nach der Urkirche zugehörige, altehrwürdige Offertorium, dessen Geist und Buchstabe bis in die kleinsten Rubriken hinein mit nicht zu überbietender Deutlichkeit darauf hinwiesen, dass es sich hierbei um einen eigentlichen und wirklichen Opferungsakt mit Sühnungscharakter handelte und denselben auch verwirklichten — mit einem Federstrich abgeschafft und ausgerottet: der Priester wird fortan kein Opfer von Brot und Wein mehr darbringen; er ist eigentlich überflüssig geworden, denn an seine Stelle ist der “Vorsteher der Eucharistiegemeinde” getreten, zu deren “Beginn man die Gaben zum Altar bringt” (Inst. Gen. ad Miss. Rom. Nr. 49), die er aus den Händen der Gläubigen empfängt und auf dem Tisch niederlegt. Daraus erklärt sich auch die beschränkte Rolle des Priesters im Kanon: Wenn er dort im Augenblick der Konsekration, die zum Wesen des Eucharistischen Opfers gehört, eigentlich nur noch geduldet wird um die Akklamation der Gläubigen einzuleiten, so nur in Konsequenz der Tatsache, dass die Gläubigen allein, ohne priesterliche Vermittlung, bereits schon während des “Offertoriums”, das zur Vollständigkeit des Eucharistischen Opfers unerlässlich ist, durch die feierliche Herbeibringung von Brot und Wein als Ersatz des ehemaligen Offertoriums einen quasipriesterlichen Akt gesetzt haben, denn nicht umsonst heißt es in der Institutio Generalis in Paragraph 49: “panis et vinum laudabiliter a fidelibus praesentantur”.
Hier also gibt sich der sonst direkt krampfhaft zu verbergen gesuchte Bocksfuß der Neuen Messe in seiner ganzen Hässlichkeit zu erkennen: darum ist der Novus Ordo Missae, wie ihn die “Apostolische Konstitution” Missale Romanum vom 3. April 1969 promulgiert, nicht mehr durch und durch katholisch und dient deshalb auch nicht mehr der Feier des Heiligen Opfers, wie es die Kirche bis jetzt seit nahezu 2000 Jahren gefeiert hat, er ist vielmehr — ähnlich Luthers “teutscher Messe” — nur noch eine gemeinschaftliche “Danksagungsfeier” der “Eucharistieversammlung”, kurz und gut: es handelt sich beim Novus Ordo Missae nicht mehr um das Hochheilige, auf geheimnisvolle Weise erneuerte und konkret vergegenwärtigte, blutige Kreuzesopfer Christi auf Golgatha, um das Mysterium tremendum et horrendum der Kirche der Katakomben, sondern nur noch um das profane Abendmahl der Protestanten, bei welchem bekanntlich keine Transsubstantiation der Elemente stattfindet und das bloße ideale und erzählende Commemoratio ist. An dieser erschütternden Tatsache vermögen weder feierliche Beteuerungen noch Beschwichtigungen und stillschweigende Vorbehalte der Gegenseite etwas zu ändern: ob man’s wahrhaben will oder nicht: man hat den Charakter der Heiligen Messe durch listige Einschmuggelung protestantischer Grundsätze und Terminologie grundlegend verändert: man hat das Heilige pervertiert.
War gestern noch die Heilige Messe ein selbständiger, von den Intentionen und der geistigen Verfassung der Gemeinde grundsätzlich unabhängiger Akt, den der Priester als Stellvertreter Dessen vollzog, der als Haupt der Glieder Seines Mystischen Leibes sich für dieselben in eigener Person opfert, so ist sie heute in erster Linie zum Akt der versammelten “Eucharistiegemeinde” unter “dem Vorsitze eines Priesters” geworden. Paragraph 60 der Institutio Generalis lässt da keine Zweifel offen:
— “Auch der Priester steht der zur Feier versammelten Gemeinde in der Person Christi vor. Er leitet ihr Gebet, verkündet ihr die Botschaft des Heiles, vereint die Gläubigen mit sich, wenn er dem Vater durch Christus im Heiligen Geiste das Opfer darbringt, und hat mit seinen Brüdern am Brote des ewigen Lebens Anteil.
Bei der Feier der Eucharistie soll er Gott und der Gemeinde in Würde und Demut dienen und durch sein Verhalten, wie auch durch das Verkünden des Wortes Gottes den Gläubigen die lebendige Gegenwart Christi bewusst machen.” —
Mit einem Wort: der Priester steht nicht mehr am Altare als vicarius Christi, sondern nur noch als “Vorsteher der Eucharistieversammlung”, sein priesterlicher Akt wird nicht mehr sinnlich wahrnehmbar zum Ausdruck gebracht und vollzogen, es handelt sich nur noch um eine idealistische Konstruktion, die übrigens auch als solche nichts mehr mit dem Heiligen Messopfer zu tun hat: er vollzieht nämlich keine Handlung mit Opfercharakter an den Elementen von Brot und Wein, sondern er führt den Vorsitz eines Gemeinschaftsmahles; Paragraph 7 der Institutio sagt es deutlich genug:
— “Das Herrenmahl, die Messe, ist die heilige Versammlung des Volkes Gottes, die unter der Leitung eines Priesters die Gedächtnisfeier des Herrn begeht. Von jeder so versammelten Gemeinde der Kirche gilt in besonderer Weise die Verheißung Christi: “Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, dort bin ich mitten unter ihnen.” (Mt 18,21) -
Die Messe ist also kein Opferungsakt zum Ausdruck der Anbetung des Allheiligen Gottes, sondern nur noch Danksagungsfeier mit Gemeinschaftscharakter! (vgl. Nr. 14!) Nur zu Recht erkennen wir darin ein “neues”, ein “anderes” Evangelium, als uns die heiligen Apostel gebracht haben (vgl. Gal. 1,8), eine freche Fälschung des überlieferten katholischen Glaubens, den “Greuel der Verwüstung an Heiliger Stätte” (vgl. Daniel, 8,10f, 9,27), und nur zu Recht sprechen wir darüber die Worte aus, die St. Paulus der Glaubensfälschung seiner Zeit entgegenschleudert: Anathema sit ! – Sie sei verflucht!
