Während in Kürze das dritte Jahr des Pontifikats beginnt, nimmt das Interesse der Medien an Franziskus keineswegs ab. Es mehren sich vielmehr die Beiträge aus verschiedenen Richtungen, die oft interessant sind, wenn sie die Gestalt des Papstes zu verstehen suchen, der auch jenseits der sichtbaren Grenzen des Katholizismus sehr populär ist. Aber der Papst selbst war es, der mehrmals auf seine Hauptsorge hingewiesen hat, nämlich auf die Notwendigkeit, das Evangelium zu bezeugen und zu verkünden, ein beständiges Leitmotiv in der Kirche Christi, auch wenn sie von den jeder menschlichen Dynamik zu eigenen unvermeidlichen Unvollkommenheiten gekennzeichnet ist.
Genau vor zwei Jahren hat der damalige Bischof von Buenos Aires in den Sitzungen vor dem Konklave diese Frage ganz klar in einer kurzen Wortmeldung behandelt, die er nach seiner Wahl Kardinal Ortega y Alamino übergab und die sofort verbreitet wurde. »Sie ist die Daseinsberechtigung der Kirche«, sagte Bergoglio über die Evangelisierung und fügte eine Definition von Paul VI. hinzu – »die innige und tröstliche Freude der Verkündigung des Evangeliums« –, die dann bezeichnenderweise im Titel (Evangelii gaudium) des programmatischen Dokuments des Pontifikats aufgegriffen wurde.
Mission ist demnach der Schlüssel, der es erlaubt, die Absichten des Papstes zu verstehen, was mit einer sehr langen Geschichte übereinstimmt: von den Anfängen der christlichen Verkündigung an, die sich zunächst auf den Spuren des lebhaften jüdischen Proselytismus bewegte, bis hin zur neuzeitlichen missionarischen Ausbreitung und der gleichzeitigen dramatischen Bewusstwerdung einer um sich greifenden Entchristianisierung selbst im Herzen Europas.
Während so die Perspektive des Katholizismus weltweite Dimensionen erlangt, bricht sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts mühsam der Wunsch nach einer Erneuerung der Präsenz der Kirche in der Welt Bahn. Bis zum Vorabend des Konzils, als das Christentum »immer mehr seine prägende Kraft zu verlieren schien«, wie Benedikt XVI. geschrieben hat.
Daher wünschte Erzbischof Montini 1957 in Mailand eine Mission, die sich vor allem an die »fernstehenden Brüder und Schwestern« richten sollte, er stimmte von Anfang an dem Zweiten Vatikanum zu und leitete dann als Papst dessen Ablauf und Abschluss sowie die erste Umsetzung. »Die Kirche«, sagte vor zwei Jahren Kardinal Bergoglio, »ist aufgerufen, aus sich selbst heraus und in die Randgebiete zu gehen. Nicht nur in die geographischen Randgebiete, sondern an die Grenzen der menschlichen Existenz: die des Mysteriums der Sünde, die des Schmerzes, die der Ungerechtigkeit, die der Ignoranz und der religiösen Gleichgültigkeit, die des Denkens, die jeglichen Elends.«
Für die Kirche besteht allerdings eine tödliche und immer wiederkehrende Gefahr, warnte Bergoglio: die der Autoreferentialität, das heißt den Blick auf sich selbst und nicht auf Christus zu richten, der das einzige wahre Zentrum ist, wie Papst Franziskus unermüdlich wiederholt. In diesem Licht ist es möglich sein wahrhaft weltweites Pontifikat zu verstehen und auch sein tägliches Werk der Erneuerung. Die eine Pflicht für jeden ist, der dem Wort des einen und einzigen Herrn treu sein will.
Giovanni Maria Vian
(Orig. ital. in O.R. 10.3.2015)
