Vieles ist über den am Fest der Verklärung Christi, 6. August 1978 verstorbenen Papst Paul VI. schon gesagt und geschrieben worden. Man hat ihn vor allem als den Papst des Dialogs, als den Papst der Liturgiereform, als den Papst des Friedens gerühmt, der keine Opfer scheute, um den Frieden wiederherzustellen, zu sichern und zu stärken.
Paul VI. war aber auch — was nirgendwo sonst aufgezeigt worden ist — ein marianischer Papst, ein Papst, der zu Fatima stand und in Fatima stand und betete zusammen mit Millionen von gläubigen Menschen. Auf das wollte ich am Abend dieses 13. August 1978 hinweisen.
Ich will nicht lange auf seine Kindheit und Jugend, in der der junge Giovanni Battista Montini durch seine von ihm innig geliebte fromme Mutter und durch gute Priester, Religionslehrer und Seelsorger mit Liebe zu Maria erfüllt worden ist, hinweisen.
Ich will auch übergehen, wie der Substitut im Päpstlichen Staatssekretariat vom marianischen Papst Pius XII., der erstmalig die Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht hat, geprägt worden ist.
Ich will nur auf marianische Äußerungen des am 21. Juni 1963 zum Nachfolger Petri gewählten Papst Paul VI. hinweisen.
Da gibt es ganz gewichtige Äußerungen zu erwähnen:
1. hat er am Ende der dritten Konzilssitzungsperiode, am 21. Nov. 1964, Maria feierlich als Mutter der Kirche proklamiert.
Papst Paul VI. bestätigte damals in Gegenwart der Konzilsväter in feierlicher Weise die Ausführungen im 8. Kapitel der Dogmatischen Konstitution “Lumen gentium” über die Kirche, wo so klar und eindringlich, tief und warm über „Maria, die jungfräuliche Gottesgebärerin im Geheimnis Christi und der Kirche“ geschrieben worden ist.
Dann zeigte der Papst damals die Beziehungen Mariens zur Kirche kurz auf und sagte: “Mit der Kirche ist die Gottesmutter ganz eng verbunden und sie ist nach einem trefflichen Ausspruch des seligen Abtes Rupert Deutz ‘ihr größter Anteil, ihr bester Anteil, ihr vorzüglichster Anteil, ihr erlesenster Anteil’. Die Kirche wird nicht nur von ihrer hierarchischen Ordnung, von ihrer heiligen Liturgie, von den Sakramenten und dem Gefüge ihrer Einrichtungen geschaffen. Ihre innere und eigentliche Kraft, die Hauptquelle ihrer Wirksamkeit, durch die sie die Menschen heiligt, ist ihre mystische Einheit mit Christus. Diese Einheit der Kirche mit Christus aber kann man nicht losgelöst betrachten von ihr, der Mutter des fleischgewordenen ewigen Wortes Gottes, die Christus selbst auf das innigste mit sich verbunden hat, um für unser Heil zu sorgen.
Wenn wir also die Kirche anschauen, müssen wir liebend die Wunderwerke erwägen, die Gott Sohn an seiner heiligen Mutter gewirkt hat.
Das Erfassen der wahren katholischen Lehre über die Jungfrau Maria ist immer eine wirksame Hilfe zum rechten Verständnis des Heilsgeheimnisses Christi und der Kirche.
Wenn wir die engen Beziehungen zwischen Maria und der Kirche erwägen, die im 8. Kapitel der Konzilskonstitution “Lumen gentium” so lichtvoll dargestellt wird, so legen sie uns nahe, diesen hochfeierlichen Augenblick (der feierlichen Bestätigung dieses Konzilsdokumentes) auch für den am besten geeigneten zu halten) um einen Wunsch zu erfüllen, den (wir schon am Ende der vorigen Sitzungsperiode angedeutet hatten und den) sehr viele Konzilsväter mit der Bitte aufgegriffen haben, es solle auf diesem Konzil ausdrücklich das mütterliche Amt Mariens über das christlich Volk verkündet werden.
Darum möchten wir in dieser öffentlichen Sitzung feierlich den Ehrentitel der Jungfrau Maria einführen, der aus vielen Teilen der katholischen Welt erbeten worden ist und der uns in besonderer Weise willkommen ist. In eindrucksvoller Kürze drückt er nämlich die Vorzugsstellung aus, die das II. Vat. Konzil der Gottesmutter in der Kirche zuerkennt.
So erklären wir denn zum Ruhme der heiligen Jungfrau und zu unserem Troste die heilige Maria zur Mutter der Kirche, das heißt des ganzen Christlichen Volkes, der Gläubigen wie der Hirten, die sie ihre liebevolle Mutter nennen. Und wir legen fest, dass mit diesem holden Namen von nun an das ganze christliche Volk die Gottesmutter noch mehr ehrt und anruft.
Es handelt sich um eine Bezeichnung, Ehrwürdige Brüder, die der christlichen Frömmigkeit wohlvertraut ist. Ja mit gerade diesem Namen rufen die Christgläubigen und die ganze Kirche Maria besonders gerne an. Dieser Name gehört in der Tat zum ursprünglichen Kern marianischer Frömmigkeit, da er in eben jener Würde gründet, mit der Maria als Mutter des fleischgewordenen Gotteswortes ausgezeichnet ist.
Wie die Gottesmutterschaft der Grund ist für die einzig zwischen Christus und Maria und sie im Wirken Jesu Christi für das menschliche Heil zugegen ist, so erwachsen gleichfalls aus der Gottesmutterschaft die besonderen Beziehungen zwischen Maria und der Kirche. Denn so wie Maria die Mutter Christi ist, der alsbald nach seiner Menschwerdung in ihrem jungfräulichen Schoße sich, dem Haupte, seinen Mystischen Leib — die Kirche — anschloss, so ist Maria als die Mutter Christi zugleich als die Mutter aller Gläubigen und Hirten, also der Kirche, zu betrachten.
Darum wollen wir, obgleich unwürdig und schwach, dennoch im Vertrauen und kindlicher Liebe zu ihr die Augen erheben. Sie hat uns einst Jesus, den Quell der göttlichen Gnade, geschenkt; sie kann ihre mütterliche Hilfe der Kirche nicht verwehren, zumal nicht jetzt, da die Braut Christi mit frischem Eifer ihr Heilsamt auszufüllen strebt.
Dieses Vertrauen aber weiter zu nähren und zu stärken, raten uns die engen Bande zwischen unserer himmlischen Mutter und der Menschheit. Wenn sie auch von Gott mit reichen und herrlichen Gaben überhäuft worden ist, dass sie dem fleischgewordenen Wort eine würdige Mutter wäre, steht Maria uns Menschen dennoch überaus nahe. Wie wir ist auch sie ein Nachkomme Adams und darum unsere Schwester nach der gemeinsamen menschlichen Natur. Sie war freilich auf die späteren Verdienste Christi hin unberührt von der Erbsünde, doch fügte sie zu den göttlichen Gaben das hohe Vorbild ihres vollendeten Glaubens, so dass sie das rühmende Wort des Evangeliums verdiente: „Selig, die du geglaubt hast.” In diesem Erdenleben verwirklichte sie den reinen Inbegriff des Jüngers Christi, war sie ein Spiegel aller Tugenden, entfaltete in ihrem Wandel jene Seligpreisungen, die Christus verkündet hat. Darum nimmt die ganze Kirche in ihrem vielfältigen Wirken und ihrem tatkräftigen Eifer die jungfräuliche Gottesmutter zum vollkommenen Vorbild, das notwendig zur ganzen Nachfolge Christi führt.
So haben wir nun der feierlich verkündeten Konstitution über die Kirche dadurch, dass wir Maria zur Mutter aller Gläubigen und Hirten, also der Kirche, erklärt haben, den Höhepunkt gegeben. Wir vertrauen darum zutiefst, dass das christliche Volk mit größerer Hoffnung und glühenderem Eifer die seligste Jungfrau anruft und ihr die rechte Verehrung erweist.
Wir selbst haben getreu der Mahnung Unseres Vorgängers Johannes XXIII. am Anfang diese Konzilsaula betreten zusammen „mit Maria, der Mutter Jesu”, und gleicherweise wollen wir im holden und heiligen Namen Mariens, der Mutter der Kirche, dieses Gotteshaus verlassen.
Jeder von euch, Ehrwürdige Brüder, trachte danach, Mariens Namen und Ehre beim christlichen Volke inständiger zu rühmen. So bezeuge er seine Dankbarkeit für die mütterliche Hilfe, die Maria im Laufe dieser Sitzungsperiode gütig gewährt hat. Ihr Vorbild empfehle er zur Nachahmung: im Glauben, im willigen Gehorsam gegen jeden Antrieb der himmlischen Gnade, schließlich im Leben nach den Geboten Christi und den Eingebungen der christlichen Liebe. Dann werden gewiss alle Gläubigen, durch den Namen der gemeinsamen Mutter verbunden, sich immer stärker fühlen zum Bekenntnis des Glaubens und zur Nachfolge Christi Jesu. Zugleich werden sie, von glühenderer Bruderliebe ergriffen, die Liebe zu den Bedürftigen, das Streben nach Gerechtigkeit und die Sicherung des Friedens fördern. So hat schon der große heilige Ambrosius treffend gemahnt: „In jedem einzelnen sei Mariens Seele, dass sie hochpreise den Herrn; in jedem einzelnen sei Mariens Geist, dass er frohlocke in Gott” (Ambros., Exp in Luc. 2, 26; PL 15, 1642).
Papst Paul VI. äußerte dann noch die Hoffnung, dass die grundlegende marianische Wahrheit ins rechte Licht gerückt werde: Maria, die demütige Magd des Herrn, ist ganz auf Gott und Christus, Jesus, unseren einzigen Mittler und. Erlöser, gerichtet. Zugleich wünschen wir, dass deutlich dargestellt werde, was die rechte Verehrung der Jungfrau Maria ausmacht und worauf sie zielt. Besonders wichtig ist das in den Gebieten, in denen unsere getrennten Brüder in größerer Zahl wohnen. Wer immer außerhalb der katholischen Kirche lebt, soll klar erkennen, dass die kindliche Anhänglichkeit an die jungfräuliche Gottesmutter nicht in sich selbst ruht; dass sie vielmehr als eine Hilfe zu betrachten ist, die ihrem Wesen nach die Menschen zu Christus führt und sie mit dem ewigen Vater im Himmel durch das Liebesband des Heiligen Geistes verbindet.
So wenden wir uns denn mit heißem Flehen an die heilige Jungfrau Maria, dass sie für das Ökumenische Konzil und die Kirche ihre Fürsprache einlege. Weiter bitten wir sie, dass die ersehnte Zeit eilends nahe, in der alle Anhänger Jesu Christi wieder unter sich geeint sind. Doch unterdessen schweifen unsere Blicke über den weiten Erdkreis, der sich ins schier Endlose dehnt. Auf ihn richtet diese Kirchenversammlung ihre lebhafte und liebevolle Sorge; auf ihn, den im gleichen Sinne Unser hochverehrter Vorgänger Pius XII. auf gewiss himmlische Eingebung hin dem Unbefleckten Herzen Mariens in feierlicher Form geweiht hat. Dieses heiligen und frommen Aktes möchten wir heute auf eine besondere Weise gedenken. Darum also haben wir uns entschlossen, durch eine eigens bestellte Gesandtschaft in Kürze eine Goldene Rose zum Heiligtum von Fatima zu senden. Jenes Heiligtum ist ja nicht nur dem edlen portugiesischen Volke überaus teuer — diese Nation ist immer, besonders aber heute, in unser Herz geschlossen —; es ist vielmehr bei allen katholischen Gläubigen heute angesehen und in Ehren. Darum vertrauen auch wir dem Schutz der himmlischen Mutter das ganze Menschengeschlecht an, seine Beschwerden und Nöte, seine rechten Bestrebungen und brennenden Hoffnungen.
Hierauf sprach Papst Paul VI. mit ergriffener Stimme das folgende, heute wieder überaus aktuelle Gebet:
Du jungfräuliche Mutter Maria, erhabene Mutter der Kirche, dir anempfehlen wir die ganze Kirche und das Ökumenische Konzil.
Du wirst mit einem rührenden Namen „Hilfe der Bischöfe” genannt. Beschütze die Hirten der Kirche in ihrem Amt und steh ihnen bei. Steh bei auch allen Priestern, Ordensleuten und Gläubigen aus dem Laienstand, die jenen in den mühevollen Aufgaben des Hirtendienstes ihre Hilfe leihen.
Du bist vom göttlichen Heiland, deinem Sohn, als er am Kreuze starb, dem Jünger, den er liebhatte, zur liebevollen Mutter gegeben worden. Gedenke des christlichen Volkes, das sich dir anvertraut.
Gedenke aller deiner Kinder. Ihren Bitten füge deine Macht und Geltung vor Gott hinzu. Bewahre ihren Glauben rein und standhaft, stärke ihre Hoffnung, entzünde ihre Liebe.
Gedenke derer, die in Angst, Not und Gefahr schweben; besonders derer, die ob ihres christlichen Glaubens Folter leiden und in Ketten liegen. Du jungfräuliche Mutter, erflehe ihnen innere Kraft und Stärke, und bringe rasch herbei den ersehnten Tag des Rechtes und der Freiheit.
Wende deine gütigen Augen unseren getrennten Brüdern zu. Dir möge es gefallen, dass wir bald wieder miteinander verbunden werden. Du hast ja Christus geboren, den Brückenbauer der Einheit zwischen Gott und den Menschen.
Du Heiligtum des reinen, niemals verfinsterten Lichtes. Bitte bei deinem eingeborenen Sohn, durch den wir nun die Versöhnung mit dem Vater empfangen haben (vgl. Röm. 5, 11), dass er mit unseren Fehlern Nachsicht habe, alle Zwietracht fernhalte und die Freude der Bruderliebe in uns senke.
Deinem Unbefleckten Herzen, jungfräuliche Gottesmutter, anempfehlen wir die ganze Menschheit. Führe sie zur Anerkennung des einzigen und wahren Erlösers Christus Jesus. Treibe von ihr das Unheil, das der Sünde entstammt, und schaffe ihr Frieden, der gegründet ist in Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit und Liebe.
Endlich gewähre der ganzen Kirche, dass sie es bei der Feier dieses großen Ökumenischen Konzils vermag, dem Gott der Erbarmungen den Hochgesang des Lobes und des Dankes anzustimmen, den Hochgesang der Freude und des Jubels; denn durch dich hat Großes getan, der da mächtig ist, du milde, du gute, du holde Jungfrau Maria.
2. Papst Paul VI. bekannte sich dann nochmals In einzigartiger Weise zu Maria, der Gnadenmutter von Fatima und Königin des Friedens, als er zum 50-Jahr-Jubiläum der Erscheinungen der Gottesmutter in Fatima dorthin pilgerte, am Erscheinungsort die hl. Messe feierte und der jungfräulichen Mutter unseres Herrn und Heilands das doppelte brennende Anliegen des Friedens in der Kirche und in der Welt an ihr unbeflecktes Herz legte.
Papst Paul VI. sagte in der großen, weiten Cova da Iria, wo am 13. Mai 1917 die unbefleckt empfangene Gottesmutter erstmalig den drei Hirtenkindern Lucia, Jacinta und Francisco erschienen war, u.a. folgendes, das auch heute wieder höchst aktuell ist:
“Ihr wisst (Brüder und Schwestern, Söhne und Töchter) was es mit dieser Unserer Pilgerfahrt auf sich hat…Ihr erster Zweck ist die Kirche, die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Wir wollen beten um ihren inneren Frieden. Das Ökumenische Konzil hat viele Kräfte in ihr geweckt… Welch ein Schaden aber entstünde für die Kirche, wenn eine willkürliche, nicht vom Lehramt der Kirche geleitete Interpretation des Konzils aus dem Erwachen eine Unruhe machen würde, die den überlieferten und verfassungsmäßigen Zusammenhalt in der Kirche auflösen würde, und die anstelle der Theologie der wahren und großen Lehrmeister neue, partikuläre Ideologien einschleusen würde und wenn man dahin streben würde, aus dem Glauben das wegzulassen, was das moderne, noch dazu das des Lichtes der Vernunft beraubte Denken nicht versteht oder nicht wünscht, und wenn man das apostolische Drängen der erlösenden Liebe zu einem Arrangement mit negativen Formen weltlicher Mentalität und mondänen Verhaltens verfälschen wollte. Welch eine Enttäuschung müsste das für unser Bemühen um eine allgemeine Annäherung sein, wenn Unseren christlichen Brüdern, die noch von uns getrennt sind, und jener Menschheit, die noch unseren Glauben in seiner einen Echtheit und seiner ursprünglichen Schönheit entbehrt, das überlieferte Gut der Wahrheit und der Liebe, das die Kirche hütet und verwaltet, nicht mehr angeboten würde!
Wir wollen von Maria eine lebendige Kirche erflehen, eine wahre Kirche eine einige Kirche, eine heilige Kirche! Wir wollen mit euch allen beten, dass in der Kirche jene Früchte des Hl. Geistes reifen, die der hl. Paulus (Gal 5,22) aufzählt: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Milde, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. Wir wollen beten, dass die Gottesverehrung jetzt und immer den ersten Platz in der Welt einnehme, dass Gottes Gebote das Gewissen und die Sitten des Menschen von heute formen. Der Glaube ist das höchste Licht der Menschheit. Dieses Licht darf nicht ausgelöscht werden in den Herzen der Menschen, es muss vielmehr belebt werden durch die Antriebe, die ihm aus der wahren Wissenschaft und dem wahren Fortschritt kommen.
Dieser Gedanke, der unser Gebet bewegt, lässt uns in dieser Stunde jener Länder gedenken, in denen die Religionsfreiheit praktisch unterdrückt wird und wo die Gottesleugnung gefördert wird in einer Weise, als ob sie die Wahrheit der neuen Zeit und eine Befreiung für die Völker bedeuten würde, was doch in keiner Weise der Fall ist. Wir beten für diese Länder, wir beten für unsere Glaubensbrüder in jenen Nationen, auf dass die innere Kraft Gottes sie halte und ihnen die wahre, bürgerliche Freiheit gegeben werde.
So erfüllt uns eine zweite Absicht mit dieser Pilgerfahrt: der Friede in der Welt… Ihr wisst, dass sich diese Welt infolge des großen, staunenswerten Fortschritts in der Erkenntnis und im Gewinnen der Schätze dieser Erde und des Universums in einer Phase großer Umwandlungen befindet. Aber ihr wisst auch und seht, dass diese Welt trotz allem nicht glücklich und nicht ruhig ist. Der hauptsächlichste Grund für diese Unruhe ist die Schwierigkeit mit der Eintracht unter den Menschen und Völkern, die Schwierigkeit mit dem Frieden! Alles scheint diese Welt zur Brüderlichkeit und zur Einheit zu drängen. Stattdessen aber brechen im Schoße der Menschheit schreckliche, andauernde Konflikte aus. Zwei Gründe sind es hauptsächlich, die diese Stunde der Menschheit so bedrohlich machen: sie steht unter der Bedrohung durch furchtbare Todeswaffen. Und sie ist moralisch nicht so weit fortgeschritten wie auf wissenschaftlichem und technischem Gebiet. Überdies ist ein großer Teil der Menschheit bis heute in einem Zustand der Not und des Hungers, während in ihnen das Wissen um ihre Not und um den Wohlstand der anderen wachgeworden ist. Deswegen ist die Welt in Gefahr, deswegen sind Wir zu den Füßen der Königin des Friedens gekommen, um von ihr die Gabe des Friedens zu erflehen, den allein Gott geben kann….”
Die sehr konkreten Ausführungen über den Frieden, zu dem wir alle unser Beitrag leisten müssen, schloss der Papst mit der Aufforderung, wir sollten alle der Mahnung folgen, die die Gottesmutter ausgesprochen hat, die “Mahnung zu Gebet und Buße”.
Nach seiner Messe und Ansprache stellte der Papst der Riesenmenge auf dem weiten Platz Schwester Lucia, die letzte noch lebende Seherin von Fatima vor, dann legte der Papst noch zu Füßen der Gnadenmutter von Fatima einen kostbaren Rosenkranz aus feinster Filigranarbeit nieder. Es ist schwer zu beschreiben, wie andächtig und ehrfurchtsvoll der Papst die Statue Unserer Lieben Frau von Fatima anschaute und mit welcher Innigkeit er bittend und betend die Hände zu ihr erhob.
Den Kelch, mit dem er zelebriert hatte, sowie die Paramente ließ der Papst dem Heiligtum von Fatima als Geschenk zurück, nachdem er früher schon der Basilika von Fatima die Goldene Rose gewidmet hatte.
Gleichzeitig mit seiner Pilgerfahrt nach Fatima hatte Papst Paul VI mit Datum vom 13. Mai 1967 ein Apostolisches Schreiben über die jungfräuliche Gottesmutter veröffentlicht, das mit den Worten “Signum magnum” beginnt: “Das große Zeichen, das der heilige Apostel Johannes am Himmel sah, die Frau, von der Sonne umkleidet…”
Auch darin kommt Papst Paul VI. auf Fatima zu sprechen, auf die geistige Mutterschaft Mariens allen Menschen gegenüber. Er spricht von der Fürbittkraft Mariens bei ihrem göttlichen Sohn, nennt Maria dann “die mütterliche Erzieherin der Kirche durch ihr strahlendes Vorbild” und die “Dienerin des Herrn von Nazareth bis zur leiblichen Aufnahme in den Himmel”. Er spricht dann von der “Verpflichtung zu Lob und Dank an die Mutter der Kirche” und bittet, dass wir die Eigenschaften der wahren, echten Verehrung Mariens beachten sollten. Zuletzt spricht der Papst vom Mutterherzen Mariens, das Zeichen der Eintracht und Ansporn zur Nächstenliebe ist, und er schließt sein Apostolisches Schreiben mit der “Einladung zur persönlichen Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens” mit folgenden Worten:
“Fünf Jahrzehnte sind seit den Erscheinungen der Gottesmutter in Fatima vergangen. In der Radioansprache an das portugiesische Volk am 31. Oktober 1942 übereignete Papst Pius XII. die Kirche und das ganze Menschengeschlecht Maria, der Mutter Gottes und ihrem reinen Herzen. Diese Weihe haben wir selbst am 21. November 1964 erneuert. Nun aber bitten wir und rufen dazu alle Söhne und Töchter der Kirche auf, sich persönlich und von neuem aufrichtig der Mutter der Kirche anzuvertrauen. Und dieses Zeichen vollständiger kindlicher Liebe, die Nachahmung des Beispiels de Mutter, soll in ein tatkräftiges Leben übertragen werden. Mehr und mehr soll der einzelne sein Leben nach dem Willen Gottes, nach dem Vorbild des Lebens der himmlischen Königin ausrichten und ihr so nach echter Kindesart dienen.
Ehrwürdige Brüder (im bischöflichen Amt), wir zweifeln nicht daran, dass ihr die Priester und die eurer Sorge anvertrauten Gläubigen anleitet und ermutigt, dieser Aufforderung nachzukommen. Dann halten wir es für gegeben, dass die glorreiche Königin des Himmels und der Erde, unsere gütige Mutter, ohne Unterlass ihren geistigen Kindern beistehen wird. Vom Himmel her wird sie ohne Unterlass die ganze Kirche beschützen.”
3. Dass Papst Paul VI. ein marianischer Papst war, hat er auch am Ende des “Jahres des Glaubens” gezeigt, als er sein so bedeutsames “Credo des Gottesvolkes” am 30.Juni 1968 am Petersplatz verkündete und in diesem Glaubensbekenntnis — zum Schrecken der Progressisten und Modernisten — in den Artikeln 7 und 8 ganz ausführlich seinen Glauben an die wahre Gottesmutterschaft Mariens, an ihre immerwährende Jungfräulichkeit, an ihre unbefleckte Empfängnis, an ihre unlösbare Verbundenheit mit dem Geheimnis unserer Erlösung, an ihre Aufnahme in die himmlische Herrlichkeit mit Seele und Leib und schließlich ihre fortwirkende mütterliche Sorge um Gnadenleben und Heil aller erlösten Menschen bekundete.
Es sind ungemein tiefe, klare Ausführungen, die man in meinem Buch “Credimus” mit Nutzen anlässlich des Todes Pauls VI. nachlesen könnte.
4. Ein besonders kostbares Dokument, das die Liebe des verstorbenen Papstes zu Maria dokumentiert, ist dann sein Apostolisches Schreiben “Marialis Cultus” vom 2.Februar 1974 über die rechte Pflege und Entfaltung der Marienverehrung.
Papst Paul VI. spricht in diesem Schreiben zuerst über “Maria in der erneuerten römischen Liturgie”. Wie schön ist darin der Satz über das Marienfest vom 15. August, wenn da der verstorbene oberste Hirte der Kirche schreibt: “Der Festtage des 15. August gedenkt der glorreichen Aufnahme Mariens in den Himmel. Es ist das Fest ihrer Bestimmung zur höchsten Seligkeit, der Verherrlichung ihrer unbefleckten Seele und ihres jungfräulichen Leibes, ihrer vollkommenen Gleichförmigkeit mit Christus, dem Auferstandenen, ein Fest, das der Kirche und der Menschheit das Bild und den trostvollen Beweis vor Augen stellt, wie letztlich ihre Hoffnung Wirklichkeit wird. Denn diese Vollendung in der Herrlichkeit (des Himmels) ist die Bestimmung all jener, die Christus zu seiner Brüdern (und Schwestern) gemacht hat, weil er mit ihnen ‘gemeinsam Fleisch und Blut hat’.”
Im zweiten Teil dieses Apostolischen Schreibens spricht der Papst sehr tief und schön über “Maria als Vorbild der Kirche in der Ausübung der Gottesverehrung er zeigt dabei Maria als “die hörende Jungfrau, die das Wort Gottes im Glauben aufnahm”, als “die betende Jungfrau, die darin ganz besonders Vorbild der Kirche ist, die Gott jeden Tag die Anliegen ihrer Kinder vorträgt, unaufhörlich den Herrn lobt und für das Heil der Welt eintritt: schließlich zeigt der Papst Maria als “die opfernde Jungfrau” von der Darstellung Jesu im Tempel bis hin zu seiner Hinopferung auf Golgotha.
Ganz wichtige Weisungen gibt der Papst dann im nächsten Teil seines Apostolischen Schreibens, wenn er da theologisch begründet, wie unsere Marienverehrung, damit sie richtig und tief gestaltet wird, trinitarisch, christologisch, pneumatologisch ausgerichtet und biblisch fundiert sein soll.
In einem letzten Abschnitt kommt dann der verstorbene Papst auf zwei außerliturgische Formen der Marienverehrung zu sprechen und empfiehlt sie ganz warm den Katholiken in unserer Zeit, nämlich den “Engel des Herrn” am Morgen, Mittag und Abend und dann das so siegreiche und sinnreiche Gebet des Rosenkranzes.
5. Eine letzte, besonders schöne Äußerung Pauls VI. über seine Marienliebe hatten wir dann in seiner Ansprache beim Mariologischen und Marianischen Kongress im Mai 1975 im Antonianum in Rom:
Zum Abschluss dieses Kongresses hielt Papst Paul VI. das Schlusswort. Dabei sagte er abschließend:
“Wir möchten auf eine Frage von großer pastoraler und auch lehrhafter Aktualität antworten: Wie kann man Maria in gebührender Weise neu dem Volk Gottes nahebringen, um so in ihm eine verstärkte und erneuerte Marienfrömmigkeit zu wecken?
Man kann hierbei einen zweifachen Weg beschreiten:
1. Zunächst den Weg der Wahrheit, d.h. den der biblischen, geschichtlichen und theologischen Reflexion, die sich auf die genaue Stellung Mariens im Geheimnis Christi und der Kirche bezieht. Dies ist der Weg der Gelehrten, den ihr verfolgt; er ist gewiss notwendig, und die mariologische Lehre zieht daraus ihren Nutzen.
2. Aber es gibt außer diesem Weg noch einen anderen, der allen, auch den einfachen Seelen, zugänglich ist: der Weg der Schönheit, zu dem uns schließlich jene geheimnisvolle, wunderbare und erhabene Lehre führt, die das Thema des Marianischen Kongresses bildet: Maria und der Hl. Geist. In der Tat, Maria ist das Geschöpf, das ‘ganz schön‘ ist; sie ist der ‘Spiegel ohne Makel’ ; sie ist das höchste Ideal der Vollkommenheit, das die Künstler aller Zeiten in ihren Werken darzustellen versucht haben; sie ist die ‘Frau, von der Sonne umkleidet’ (Offb 12,1), in der sie die reinsten Strahlen menschlicher Schönheit treffen. Und warum all das? Weil Maria die ‘Gnadenvolle’ ist, d.h. sie ist erfüllt vom Hl. Geist, dessen Licht in ihr in unvergleichlichem Glanz erstrahlt. Ja, wir haben es nötig auf Maria zu schauen und ihre makellose Schönheit zu betrachten, weil unsere Augen nur allzu oft von den verführerischen Bildern der Schönheit dieser Welt verletzt und gleichsam geblendet werden. Wie viel edle Gefühle, wie viel Sehnsucht nach Reinheit, welche erneuernde Spiritualität könnte die Betrachtung einer so erhabenen Schönheit hervorrufen!
Während in unseren Tagen die Frau im sozialen Leben voranschreitet, kann nichts wohltuender und erhebender sein als das Beispiel dieser Frau und Mutter, die im Hl. Geist strahlend dasteht und in ihrer Schönheit die wahren Werte des menschlichen Geistes zusammenfasst und leibhaftig darstellt. Bemühen wir uns darum, geliebte Söhne und Töchter, dass in unserer heutigen Generation das milde und mütterliche Licht der Verehrung Mariens nicht verblasst, sondern im Gegenteil sich stets neu entzündet!”
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Quelle (Auszeichnungen von mir [POS]
