Mittwoch, 19. Juni 2013
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute gehe ich näher ein auf einen weiteren Ausdruck, mit dem das Zweite Vatikanische Konzil das Wesen der Kirche beschreibt: den »Leib«. Das Konzil sagt, dass die Kirche der Leib Christi ist (vgl. Lumen gentium, 7).
Ich möchte von einem Text aus der Apostelgeschichte ausgehen, den wir gut kennen: von der Bekehrung des Saulus, der später Paulus heißen wird einer der größten Verkünder des Evangeliums (vgl. Apg 9,45). Saulus ist ein Christenverfolger, aber während er auf der Straße unterwegs ist, die nach Damaskus führt, umstrahlt ihn plötzlich ein Licht, er stürzt zu Boden und hört eine Stimme, die zu ihm sagt: »Saul, Saul, warum verfolgst du mich?«. Er fragt: »Wer bist du, Herr?«, und jene Stimme antwortet: »Ich bin Jesus, den du verfolgst« (V. 35). Diese Erfahrung des hl. Paulus sagt uns, wie eng die Verbindung zwischen uns Christen und Christus selbst ist. Als Jesus in den Himmel aufgefahren ist, hat er uns nicht als Waisen zurückgelassen, sondern durch die Gabe des Heiligen Geistes ist die Vereinigung mit ihm noch tiefer geworden. Das Zweite Vatikanische Konzil sagt: Indem Jesus »seinen Geist mitteilte, hat er seine Brüder und Schwestern, die er aus allen Völkern zusammenrief, in geheimnisvoller Weise gleichsam zu seinem Leib gemacht« (Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 7).
Das Bild des Leibes hilft uns, die tiefe Verbindung zwischen der Kirche und Christus zu verstehen, die der hl. Paulus insbesondere im Ersten Brief an die Korinther dargelegt hat (vgl. Kap. 12). Zunächst verweist uns der Leib auf eine lebendige Wirklichkeit. Die Kirche ist kein karitativer, kultureller oder politischer Verein, sondern ein lebendiger Leib, der in der Geschichte unterwegs ist und wirkt. Und dieser Leib hat ein Haupt: Jesus, der ihn leitet, nährt und aufrichtet. Diesen Punkt möchte ich hervorheben: Wenn man das Haupt vom übrigen Leib trennt, dann kann die ganze Person nicht überleben. So ist es auch in der Kirche: Wir müssen immer enger mit Jesus verbunden bleiben. Aber nicht nur das: Ebenso wie in einem Leib der Lebenssaft fließen muss, damit er leben kann, so müssen wir Jesus in uns wirken lassen, uns von seinem Wort leiten lassen, uns von seiner eucharistischen Gegenwart nähren, beseelen lassen, uns von seiner Liebe Kraft für unsere Nächstenliebe schenken lassen. Und das immer! Immer, immer! Liebe Brüder und Schwestern, wir wollen mit Jesus vereint bleiben, ihm vertrauen, unser Leben nach seinem Evangelium ausrichten; wir wollen uns aus dem täglichen Gebet, dem Hören auf das Wort Gottes, der Teilnahme an den Sakramenten nähren.
Und hier komme ich zu einem zweiten Aspekt der Kirche als Leib Christi. Der hl. Paulus sagt: Wie die Glieder des menschlichen Leibes, obgleich es viele verschiedene sind, einen einzigen Leib bilden, so wurden wir alle in der Taufe durch den einen Geist in einen einzigen Leib aufgenommen (vgl. 1 Kor 12,1213). In der Kirche gibt es also eine Vielfalt, eine Verschiedenheit der Aufgaben und Funktionen; es gibt keine platte Gleichförmigkeit, sondern den Reichtum der Gaben, die der Heilige Geist austeilt. Es gibt jedoch die Gemeinschaft und die Einheit: Alle stehen in Beziehung zueinander, und alle tragen dazu bei, einen einzigen lebendigen Leib zu bilden, der tief mit Christus verbunden ist. Behalten wir das gut in Erinnerung: Teil der Kirche zu sein bedeutet, mit Christus vereint zu sein und von ihm göttliches Leben zu empfangen, das uns als Christen leben lässt; es bedeutet, vereint zu bleiben mit dem Papst und den Bischöfen, die Werkzeuge der Einheit und der Gemeinschaft sind, und es bedeutet auch zu lernen, persönlichen Ehrgeiz und Spaltungen zu überwinden, einander besser zu verstehen, die Vielfalt und den Reichtum eines jeden in Einklang zu bringen: kurz gesagt, Gott und die Menschen um uns herum in der Familie, in der Pfarrei, in den Vereinigungen mehr zu lieben. Leib und Glieder müssen vereint sein, um zu leben! Die Einheit steht über den Konflikten, immer! Wenn Konflikte nicht gut gelöst werden, trennen sie uns voneinander, trennen sie uns von Gott. Der Konflikt kann uns helfen zu wachsen, aber er kann uns auch spalten. Gehen wir nicht auf dem Weg der Spaltungen, der Kämpfe untereinander! Alle vereint, alle vereint mit unseren Unterschieden, aber vereint, immer: Das ist der Weg Jesu. Die Einheit steht über den Konflikten. Die Einheit ist eine Gnade, um die wir den Herrn bitten müssen, auf dass er uns befreie von den Versuchungen der Spaltung, der Kämpfe untereinander, der Egoismen, des Geschwätzes. Wie viel Leid fügt das Geschwätz zu, wie viel Leid! Man darf sich nie über andere den Mund zerreißen, nie! Wie viel Schaden fügen die Spaltungen unter den Christen, die Parteilichkeit, die armseligen Eigeninteressen der Kirche zu!
Die Spaltungen unter uns, aber auch die Spaltungen zwischen den Gemeinschaften: evangelische Christen, orthodoxe Christen, katholische Christen warum nur sind sie gespalten? Wir müssen versuchen, die Einheit herbeizuführen. Ich erzähle euch etwas: Bevor ich heute aus dem Haus gegangen bin, war ich etwa 40 Minuten, eine halbe Stunde mit einem evangelischen Pastor zusammen, und wir haben zusammen gebetet und die Einheit gesucht. Wir müssen als Katholiken untereinander und auch mit den anderen Christen beten: darum beten, dass der Herr uns die Einheit schenken möge, die Einheit untereinander. Wie sollen wir aber zur Einheit gelangen, wenn wir nicht in der Lage sind, sie unter uns Katholiken zu haben? Sie in der Familie zu haben? Wie viele Familien streiten und trennen sich! Strebt nach der Einheit, nach der Einheit, die die Kirche aufbaut. Die Einheit kommt von Jesus Christus. Er sendet uns den Heiligen Geist, um Einheit zu schaffen.
Liebe Brüder und Schwestern, wir wollen Gott bitten: Hilf uns, Glieder des Leibes der Kirche zu sein, die stets zutiefst mit Christus vereint sind; hilf uns, den Leib der Kirche nicht durch unsere Konflikte, unsere Spaltungen, unsere Egoismen leiden zu lassen; hilf uns, lebendige Glieder zu sein, die miteinander verbunden sind durch eine einzige Kraft: die Kraft der Liebe, die der Heilige Geist in unsere Herzen ausgießt (vgl. Röm 5,5).
Mittwoch, 26. Juni 2013
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute möchte ich kurz ein weiteres Bild erwähnen, das uns hilft, das Geheimnis der Kirche zu erläutern: das Bild des Tempels (vgl. Zweites Ökumenisches Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 6). Woran lässt uns das Wort »Tempel« denken? Es lässt uns an ein Bauwerk, ein Gebäude denken. Insbesondere denken viele an die Geschichte des Volkes Israel, die im Alten Testament erzählt wird. In Jerusalem war der große Tempel Salomons der Ort der Begegnung mit Gott im Gebet; im Innern des Tempels befand sich die Bundeslade, Zeichen der Gegenwart Gottes inmitten des Volkes. Und in der Lade waren die Gesetzestafeln, das Manna und der Stab Aarons: ein Hinweis darauf, dass Gott immer in der Geschichte seines Volkes gegenwärtig war, seinen Weg begleitet, seine Schritte gelenkt hat. Der Tempel ruft diese Geschichte in Erinnerung: Auch wir müssen uns an diese Geschichte erinnern, wenn wir zum Gotteshaus gehen, ein jeder von uns an unsere Geschichte, wie Jesus mir begegnet ist, wie Jesus mit mir gegangen ist, dass Jesus mich liebt und mich segnet. Denn das, was im alten Tempel Vorzeichen war, wird durch die Macht des Heiligen Geistes in der Kirche Wirklichkeit: Die Kirche ist das »Haus Gottes«, der Ort seiner Gegenwart, wo wir den Herrn finden und ihm begegnen können; die Kirche ist der Tempel, in dem der Heilige Geist wohnt, der sie beseelt, leitet und stützt. Wenn wir uns fragen: Wo können wir Gott begegnen? Wo können wir durch Christus mit ihm in Gemeinschaft treten? Wo können wir das Licht des Heiligen Geistes finden, das unser Leben erleuchtet? Dann lautet die Antwort: im Volk Gottes, unter uns, die wir Kirche sind. Hier begegnen wir Jesus, dem Heiligen Geist und dem Vater.
Der alte Tempel war von Menschenhand erbaut: Man wollte Gott »ein Haus geben«, um ein sichtbares Zeichen seiner Gegenwart inmitten des Volkes zu haben. Durch die Menschwerdung des Gottessohnes erfüllt sich die Prophezeiung des Natan an König David (vgl. 2 Sam 7,129): Nicht der König ist es, nicht wir sind es, die »Gott ein Haus geben«, sondern Gott selbst »baut sein Haus«, um zu uns zu kommen und unter uns zu wohnen, wie der hl. Johannes in seinem Evangelium schreibt (vgl. 1,14). Christus ist der lebendige Tempel des Vaters, und Christus selbst baut sein »geistiges Haus«, die Kirche, nicht aus materiellen Steinen gemacht, sondern aus »lebendigen Steinen«, die wir sind. Der Apostel Paulus sagt zu den Christen von Ephesus: »Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch ihn werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut« (Eph 2,2022). Das ist etwas Schönes! Wir sind die lebendigen Steine von Gottes Bau, zutiefst mit Christus vereint, der der tragende Stein ist und auch uns trägt. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass wir der Tempel sind, wir sind die lebendige Kirche, der lebendige Tempel, und wenn wir zusammen sind, ist auch der Heilige Geist da, der uns hilft, als Kirche zu wachsen. Wir sind nicht isoliert, sondern wir sind Volk Gottes: Das ist die Kirche!
Und der Heilige Geist ist es, der mit seinen Gaben die Vielfalt entwirft. Das ist wichtig: Was macht der Heilige Geist unter uns? Er entwirft die Vielfalt, die der Reichtum in der Kirche ist, und vereint alles und alle, um einen geistigen Tempel zu bilden, in dem wir keine materiellen Opfer darbringen, sondern uns selbst, unser Leben (vgl. 1 Petr 2,45). Die Kirche ist kein Geflecht aus Dingen und Interessen, sondern sie ist der Tempel des Heiligen Geistes, der Tempel, in dem Gott wirkt, der Tempel, in dem ein jeder von uns durch das Geschenk der Taufe ein lebendiger Stein ist. Das heißt, dass niemand in der Kirche überflüssig ist, und wenn jemand manchmal zu einem anderen sagt: »Geh nach Hause, du bist zu nichts nütze«, dann ist das nicht wahr, denn niemand ist in der Kirche nutzlos, wir alle sind notwendig, um diesen Tempel zu bauen!
Niemand ist zweitrangig. Niemand ist der Wichtigste in der Kirche, wir sind alle gleich in den Augen Gottes. Jemand von euch könnte sagen: »Hören Sie, Herr Papst, Sie sind uns nicht gleich.« Doch, ich bin wie jeder von euch, wir sind alle gleich, wir sind Brüder! Niemand ist anonym: Wir alle bilden und bauen die Kirche! Das lädt uns ein, über Folgendes nachzudenken: Wenn der Mauerstein unseres christlichen Lebens fehlt, dann fehlt der Kirche etwas an ihrer Schönheit. Einige sagen: »Mich geht die Kirche nichts an«, aber so fällt der Stein eines Lebens aus diesem schönen Tempel heraus. Niemand kann weggehen, wir alle müssen der Kirche unser Leben, unser Herz, unsere Liebe, unser Denken, unsere Arbeit bringen: alle gemeinsam. Ich möchte also, dass wir uns fragen: Wie leben wir unser Kirche-Sein? Sind wir lebendige Steine oder sind wir sozusagen müde, gelangweilte, gleichgültige Steine? Habt ihr gesehen, wie schlimm es ist, einen müden, gelangweilten, gleichgültigen Christen zu sehen? Ein solcher Christ ist nicht in Ordnung, der Christ muss lebendig sein, sich über das Christsein freuen; er muss die Schönheit leben, zum Volk Gottes zu gehören, das die Kirche ist. Öffnen wir uns für das Wirken des Heiligen Geistes, um ein aktiver Teil unserer Gemeinden zu sein, oder verschließen wir uns in uns selbst und sagen: »Ich habe viel zu tun, das ist nicht meine Aufgabe«?
Der Herr schenke uns allen seine Gnade, seine Kraft, damit wir tief mit Christus vereint sein können, der der Schlussstein ist, der Pfeiler, der tragende Stein unseres Lebens und des ganzen Lebens der Kirche. Wir wollen beten, dass wir, beseelt von seinem Geist, stets lebendige Steine seiner Kirche sein mögen.
Mittwoch, 4. September 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Nach den Ferien im August nehmen wir den Weg der Katechesen wieder auf, aber heute möchte ich über meine Reise nach Brasilien anlässlich des Weltjugendtages zu euch sprechen.
Über ein Monat ist vergangen, aber ich meine, dass es wichtig ist, auf dieses Ereignis zurückzukommen, und die zeitliche Distanz gestattet es, seine Bedeutung besser zu erfassen. Vor allem möchte ich dem Herrn danken, denn er ist es, der alles mit seiner Vorsehung gelenkt hat. Für mich, der ich vom amerikanischen Kontinent komme, war es ein schönes Geschenk! Und dafür danke ich auch Unserer Lieben Frau von Aparecida, die diese ganze Reise begleitet hat: Ich habe die Wallfahrt zum großen brasilianischen Nationalheiligtum unternommen, und ihr verehrtes Bild war auf dem Podium des Weltjugendtags stets gegenwärtig. Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn Unsere Liebe Frau von Aparecida ist sehr wichtig für die Geschichte der Kirche in Brasilien sowie für ganz Lateinamerika; in Aparecida haben wir, die Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik, eine Generalversammlung mit Papst Benedikt erlebt: eine sehr bedeutsame Etappe des pastoralen Weges in jenem Teil der Welt, wo der größte Teil der katholischen Kirche lebt.
Auch wenn ich es bereits getan habe, möchte ich erneut allen zivilen und kirchlichen Autoritäten danken, den freiwilligen Helfern, den Sicherheitskräften, den Pfarrgemeinden von Rio de Janeiro und anderen Städten Brasiliens, wo die Pilger mit großer Brüderlichkeit empfangen wurden. In der Tat war der Empfang durch die brasilianischen Familien und Pfarreien eines der schönsten Merkmale dieses Weltjugendtages. Gute Menschen, diese Brasilianer. Gute Menschen! Sie haben wirklich ein großes Herz. Eine Pilgerreise bringt immer Entbehrungen mit sich, aber der Empfang hilft, sie zu überwinden, und verwandelt sie vielmehr in Gelegenheiten, Bekanntschaft und Freundschaft zu schließen. Es entstehen Bindungen, die danach bestehen bleiben, besonders im Gebet. Auch so wächst die Kirche in der ganzen Welt, wie ein Netz wahrer Freundschaften in Jesus Christus, ein Netz, das dich einfängt und gleichzeitig befreit. »Empfang«: Das ist also das erste Wort, das aus der Erfahrung der Reise nach Brasilien hervorgeht. Empfang!
Ein weiteres zusammenfassendes Wort kann »Fest« sein. Der Weltjugendtag ist immer ein Fest, denn wenn eine Stadt sich mit jungen Männern und Frauen füllt, die mit den Flaggen aus aller Welt durch die Straßen ziehen, einander begrüßen, einander umarmen, das ist ein wahres Fest. Es ist ein Zeichen für alle, nicht nur für die Gläubigen. Aber dann gibt es das größte Fest, das Fest des Glaubens, wenn man gemeinsam den Herrn lobt, wenn man singt, das Wort Gottes hört, in stiller Anbetung verharrt: All das ist der Höhepunkt des Weltjugendtages, es ist der wahre Zweck dieser großen Pilgerreise, und das erlebt man insbesondere in der großen Vigilfeier am Samstagabend und in der Abschlussmesse. Das ist das große Fest, das Fest des Glaubens und der Brüderlichkeit, das in dieser Welt beginnt und das nie enden wird. Aber das ist nur mit dem Herrn möglich! Ohne die Liebe Gottes gibt es kein wahres Fest für den Menschen! Empfang, Fest. Aber ein drittes Element darf nicht fehlen: »Mission«. Dieser Weltjugendtag war von einem missionarischen Thema geprägt: »Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern.«
Wir haben das Wort Jesu gehört: Es ist die Mission, die er allen gibt! Es ist der Auftrag des auferstandenen Christus an seine Jünger: »Geht«, kommt aus euch selbst heraus, aus jeglicher Verschlossenheit, um allen das Licht und die Liebe des Evangeliums zu bringen, bis in die äußersten Randgebiete des Lebens! Und eben diesen Auftrag Jesu habe ich den Jugendlichen anvertraut, die den Strand der Copacabana füllten, soweit das Auge blickte! Ein symbolischer Ort, das Ufer des Ozeans, das an das Ufer des Sees von Gennesaret denken ließ. Ja, denn auch heute sagt der Herr immer wieder: »Geht…« Und er fügt hinzu: »Ich bin bei euch alle Tage…« Das ist entscheidend! Nur mit Christus können wir das Evangelium bringen. Getrennt von ihm können wir nichts vollbringen – das hat er selbst uns gesagt (vgl. Joh 15,5). Mit ihm dagegen, mit ihm vereint, können wir viel vollbringen. Auch ein Jugendlicher – ein junger Mann oder eine junge Frau –, der in den Augen der Welt so gut wie nichts zählt, ist in den Augen Gottes ein Apostel des Himmelsreiches, eine Hoffnung für Gott! Ich möchte alle Jugendlichen mit Nachdruck fragen – aber ich weiß nicht ob heute hier auf dem Platz Jugendliche sind: Sind Jugendliche auf dem Platz? Es sind einige da! Ich möchte euch alle mit Nachdruck fragen: Wollt ihr eine Hoffnung Gottes sein? Wollt ihr eine Hoffnung sein? [Jugendliche: »Ja!«] Wollt ihr eine Hoffnung für die Kirche sein?[Jugendliche: »Ja!«]
Ein junges Herz, das die Liebe Christi annimmt, wird zur Hoffnung für die anderen, es ist eine enorme Kraft! Aber ihr jungen Männer und Frauen, alle Jugendlichen, ihr müsst uns und euch in Hoffnung verwandeln! Die Türen zu einer neuen Welt der Hoffnung öffnen: das ist eure Aufgabe. Wollt ihr eine Hoffnung für uns alle sein? [Jugendliche: »Ja!«]. Denken wir darüber nach, was jene Menge Jugendlicher bedeutet, die dem auferstandenen Christus in Rio de Janeiro begegnet sind und seine Liebe in das tägliche Leben hineintragen, sie leben, sie weitergeben. Sie kommen nicht in die Zeitung, denn sie begehen keine Gewalttaten, sie verursachen keine Skandale, und daher machen sie keine Schlagzeilen. Wenn sie aber mit Christus vereint bleiben, dann bauen sie sein Reich auf, dann schaffen sie Brüderlichkeit, fördern das Teilen, tun Werke der Barmherzigkeit, dann sind sie eine mächtige Kraft, um die Welt gerechter und schöner zu machen, um sie zu verwandeln! Ich möchte die jungen Männer und Frauen, die hier auf dem Platz sind, jetzt fragen: Habt ihr den Mut, diese Herausforderung anzunehmen? [Jugendliche: »Ja!«] Habt ihr den Mut oder nicht? Ich habe wenig gehört… [Jugendliche: »Ja!«] Wagt ihr es, diese Kraft der Liebe und der Barmherzigkeit zu sein, die den Mut hat, die Welt verwandeln zu wollen? [Jugendliche: »Ja!«]
Liebe Freunde, die Erfahrung des Weltjugendtages ruft uns die wahre große Nachricht der Geschichte in Erinnerung, die Gute Nachricht, auch wenn sie nicht in den Zeitungen und im Fernsehen auftaucht: Wir sind von Gott geliebt, der unser Vater ist und der seinen Sohn Jesus gesandt hat, um einem jeden von uns nahe zu sein und uns zu retten. Er hat Jesus gesandt, um uns zu retten, um uns alles zu vergeben, denn er vergibt immer: Er vergibt immer, denn er ist gut und barmherzig. Denkt daran: Empfang, Fest und Mission. Drei Worte: Empfang, Fest und Mission. Diese Worte sollen nicht nur eine Erinnerung sein an das, was in Rio geschehen ist, sondern sie sollen die Seele unseres Lebens und des Lebens unserer Gemeinschaften sein.
Mittwoch, 11. September 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Heute nehmen wir die Katechesen über die Kirche in diesem »Jahr des Glaubens« wieder auf. Unter den Bildern, die das Zweite Vatikanische Konzil gewählt hat, um uns das Wesen der Kirche näherzubringen, ist das der »Mutter«: Die Kirche ist unsere Mutter im Glauben, im übernatürlichen Leben (vgl. Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 6.14.15.41.42). Es ist eines der von den Kirchenvätern in den ersten Jahrhunderten am meisten gebrauchten Bilder, und ich glaube, es kann auch für uns nützlich sein. Für mich ist es eines der schönsten Bilder der Kirche: die Mutter Kirche! In welchem Sinne und auf welche Weise ist die Kirche Mutter? Gehen wir von der menschlichen Wirklichkeit der Mutterschaft aus: Was tut eine Mutter?
1. Zunächst einmal schenkt die Mutter das Leben. Sie trägt das eigene Kind neun Monate lang in ihrem Schoß und eröffnet ihm dann das Leben, indem sie es gebiert. So ist die Kirche: Sie gebiert uns im Glauben, durch das Wirken des Heiligen Geistes, der sie fruchtbar macht, wie die Jungfrau Maria. Beide, die Kirche und die Jungfrau Maria, sind Mütter: Was man über die Kirche sagt, kann man auch über die Gottesmutter sagen, und was man über die Gottesmutter sagt, kann man auch über die Kirche sagen! Natürlich ist der Glaube ein persönlicher Akt: »Ich glaube«, ich antworte persönlich auf Gott, der sich zu erkennen gibt und mit mir Freundschaft schließen will (vgl. Enzyklika Lumen fidei, 39). Den Glauben empfange ich jedoch von anderen, in einer Familie, in einer Gemeinschaft, die mich lehrt zu sagen: »Ich glaube«, »wir glauben«. Ein Christ ist keine Insel!
Christen werden wir nicht im Labor, Christen werden wir nicht von allein und aus eigener Kraft, sondern der Glaube ist ein Geschenk, er ist eine Gabe Gottes, die uns in der Kirche und durch die Kirche gegeben wird. Und die Kirche schenkt uns das Glaubensleben in der Taufe: Das ist der Augenblick, in der sie uns als Kinder Gottes gebiert, der Augenblick, in dem sie uns das Leben Gottes schenkt, uns als Mutter zur Welt bringt. Wenn ihr zum Baptisterium der Laterankirche geht, bei der Kathedrale des Papstes, dann gibt es dort drinnen eine lateinische Inschrift, die in etwa so lautet: »Hier wird ein Volk von göttlicher Herkunft geboren, gezeugt durch den Heiligen Geist, der dieses Wasser fruchtbar macht; die Mutter Kirche gebiert ihre Kinder in diesen Wellen.
«Das lässt uns etwas Wichtiges verstehen: Unsere Zugehörigkeit zur Kirche ist nichts Äußerliches oder Formales. Sie bedeutet nicht, ein Formular auszufüllen, das uns gegeben wird, sondern sie ist ein innerer und Leben spendender Akt; man gehört nicht zur Kirche wie zu einer Gesellschaft, zu einer Partei oder zu irgendeiner anderen Organisation. Die Bindung ist lebenswichtig, wie die zur eigenen Mutter, denn, wie der hl. Augustinus sagt, »die Kirche ist wirklich Mutter der Christen« (De moribus Ecclesiae, I,30,62–63:PL 32,1336).
Fragen wir uns: Wie sehe ich die Kirche? Wenn ich meinen Eltern dankbar bin, weil sie mir das Leben geschenkt haben, bin ich auch der Kirche dankbar, weil sie mich durch die Taufe im Glauben geboren hat? Wie viele Christen erinnern sich an das Datum ihrer eigenen Taufe? Ich möchte euch hier diese Frage stellen, aber jeder soll in seinem Herzen antworten: Wie viele von euch erinnern sich an das Datum der eigenen Taufe? Einige heben die Hände, aber wie viele erinnern sich nicht daran! Aber das Datum der Taufe ist das Datum unserer Geburt in der Kirche, das Datum, an dem unsere Mutter Kirche uns zur Welt gebracht hat! Und jetzt gebe ich euch eine Hausaufgabe. Wenn ihr heute wieder nach Hause kommt, dann macht euch auf die Suche nach eurem Taufdatum, und zwar, um es zu feiern, um dem Herrn für dieses Geschenk zu danken. Werdet ihr das tun? Lieben wir die Kirche wie unsere eigene Mutter, und haben wir auch Verständnis für ihre Fehler? Alle Mütter haben Fehler, wir alle haben Fehler, aber wenn es um die Fehler der Mutter geht, dann decken wir sie zu, wir lieben sie so. Und auch die Kirche hat ihre Fehler: Lieben wir sie so wie die Mutter, helfen wir ihr, schöner zu sein, authentischer, mehr dem Willen des Herrn entsprechend? Ich überlasse euch diese Fragen, aber vergesst nicht die Hausaufgaben: Sucht nach dem Datum eurer Taufe, um es im Herzen zu haben und es zu feiern.
2. Eine Mutter beschränkt sich nicht darauf, das Leben zu schenken, sondern mit viel Hingabe hilft sie ihren Kindern zu wachsen, gibt ihnen Milch, nährt sie, lehrt sie den Weg des Lebens, begleitet sie immer mit ihrer Aufmerksamkeit, mit ihrer Zuneigung, mit ihrer Liebe, auch wenn sie groß sind. Und dafür weiß sie auch zurechtzuweisen, zu vergeben, zu verstehen, sie weiß in Krankheit, im Leiden nahe zu sein. Kurz gesagt, eine gute Mutter hilft den Kindern, aus sich selbst herauszukommen, nicht bequem unter den mütterlichen Fittichen zu bleiben, wie eine Brut von Küken unter den Fittichen der Glucke. Die Kirche als gute Mutter macht dasselbe: Sie begleitet unser Wachstum, indem sie das Wort Gottes weitergibt, das ein Licht ist, das uns den Weg des christlichen Lebens weist, und indem sie die Sakramente spendet. Sie nährt uns mit der Eucharistie, sie bringt uns die Vergebung Gottes durch das Sakrament der Buße, sie stützt uns im Augenblick der Krankheit durch die Krankensalbung. Die Kirche begleitet uns in unserem ganzen Glaubensleben, in unserem ganzen christlichen Leben. Wir können uns also weitere Fragen stellen: Welche Beziehung habe ich zur Kirche? Empfinde ich sie als Mutter, die mir hilft, als Christ zu wachsen? Nehme ich am Leben der Kirche teil, fühle ich mich als Teil von ihr? Ist meine Beziehung eine formale oder eine Leben spendende Beziehung?
3. Ein dritter kurzer Gedanke. In den ersten Jahrhunderten der Kirche war eine Wirklichkeit ganz deutlich: Während die Kirche die Mutter der Christen ist, während sie die Christen »macht«, wird sie auch von ihnen »gemacht«. Die Kirche ist nichts anderes als wir selbst, aber sie muss als Gesamtheit der Gläubigen betrachtet werden, als das »Wir« der Christen: Ich, du, wir alle sind Teil der Kirche. Der hl. Hieronymus schrieb: »Die Kirche Christi ist nichts anderes als die Seelen jener, die an Christus glauben« (Tractatus in Psalmos, 86: PL 26,1084). Die Mutterschaft der Kirche leben also wir alle, Hirten und gläubige Laien.
Manchmal höre ich: »Ich glaube an Gott, aber nicht an die Kirche… Ich habe gehört, dass die Kirche sagt… die Priester sagen…« Die Priester sind das eine, aber die Kirche besteht nicht nur aus den Priestern, die Kirche sind wir alle! Und wenn du sagst, du glaubst an Gott und glaubst nicht an die Kirche, dann sagst du, dass du nicht an dich selbst glaubst: Und das ist ein Widerspruch. Die Kirche sind wir alle: vom neugetauften Kind bis zu den Bischöfen, zum Papst; wir alle sind Kirche, und wir alle sind in Gottes Augen gleich!
Wir alle sind aufgerufen, dazu beizutragen, dass neue Christen zum Glauben geboren werden, wir alle sind aufgerufen, Erzieher zum Glauben zu sein, das Evangelium zu verkündigen. Ein jeder von uns muss sich fragen: Was tue ich, damit andere den christlichen Glauben mit uns teilen können? Bin ich fruchtbar in meinem Glauben, oder bin ich verschlossen? Wenn ich immer wieder sage, dass ich eine Kirche liebe, die nicht in ihren eigenen Grenzen verschlossen ist, sondern die fähig ist hinauszugehen, sich zu bewegen, auch mit einem gewissen Risiko, um Christus zu allen zu bringen, dann denke ich an alle – an mich, an dich, an jeden Christen. Wir alle haben teil an der Mutterschaft der Kirche, damit das Licht Christi die äußersten Enden der Erde erreichen möge. Es lebe die heilige Mutter Kirche!
Mittwoch, 18. September 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Heute komme ich noch einmal auf das Bild der Kirche als Mutter zurück. Ich mag dieses Bild der Kirche als Mutter sehr. Daher wollte ich noch einmal darauf zurückkommen, denn mir scheint, dass dieses Bild uns nicht nur sagt, wie die Kirche ist, sondern auch, welches Antlitz die Kirche, diese unsere Mutter Kirche, immer mehr haben sollte.
Ich möchte drei Dinge hervorheben und dabei stets auf unsere Mütter blicken, auf all das, was sie tun, was sie leben, was sie für ihre Kinder erleiden. Damit möchte ich das am vergangenen Mittwoch Gesagte fortsetzen. Ich frage mich: Was tut eine Mutter? Zunächst bringt sie uns im Leben das Laufen bei, sie lehrt uns, im Leben den richtigen Weg zu gehen, sie weiß ihren Kindern Orientierung zu geben und versucht immer, den richtigen Weg im Leben zu weisen, um zu wachsen und erwachsen zu werden. Und sie tut das mit Zärtlichkeit, mit Zuneigung, mit Liebe – immer, auch wenn sie versucht, unseren Weg zu begradigen, weil wir im Leben etwas ins Schleudern geraten sind oder Wege einschlagen, die auf einen Abgrund zu führen. Eine Mutter weiß, was wichtig ist, damit ein Kind im Leben den richtigen Weg geht, und sie hat es nicht aus Büchern gelernt, sondern sie hat es aus dem eigenen Herzen gelernt. Die Universität der Mütter ist ihr Herz! Dort lernen sie, wie sie ihre Kinder großziehen sollen.
Dasselbe tut die Kirche: Sie gibt unserem Leben Orientierung, sie lehrt uns, den richtigen Weg zu gehen. Denken wir an die Zehn Gebote: Sie weisen uns einen Weg, den wir gehen sollen, um zur Reife zu gelangen, um feste Bezugspunkte für unser Verhalten zu haben. Und sie sind Frucht der Zärtlichkeit, der Liebe Gottes, der sie uns geschenkt hat. Nun könntet ihr sagen: Aber es sind Gebote! Es ist eine Ansammlung von »Nein«! Ich möchte euch einladen, sie zu lesen – vielleicht habt ihr sie ein wenig vergessen – und sie dann positiv zu betrachten. Ihr werdet sehen, dass es darin um unser Verhalten gegenüber Gott, gegenüber uns selbst und gegenüber den anderen geht – genau das, was eine Mutter uns lehrt, um richtig zu leben. Sie laden uns ein, uns keine materiellen Götzen zu schaffen, die uns dann versklaven, an Gott zu denken, die Eltern zu achten, ehrlich zu sein, den Nächsten zu achten… Versucht einmal, sie so zu sehen und sie zu betrachten als seien sie die Worte, die Lehren einer Mutter, um im Leben den richtigen Weg zu gehen. Eine Mutter lehrt nie Schlechtes, sie will nur das Wohl ihrer Kinder, und so auch die Kirche.
Ich möchte euch noch ein zweites sagen: Wenn ein Kind heranwächst, erwachsen wird, dann schlägt es seinen eigenen Weg ein, übernimmt eigene Verantwortungen, steht auf eigenen Beinen, tut das, was es will. Und manchmal passiert es auch, dass es vom Weg abkommt, manchmal geschieht ein Unfall. Die Mutter hat immer, in jeder Situation, die Geduld, die Kinder weiter zu begleiten. Was sie drängt, ist die Kraft der Liebe; eine Mutter weiß dem Weg ihrer Kinder mit Zurückhaltung, mit Zärtlichkeit zu folgen. Und auch wenn sie einen Fehler machen, findet sie immer einen Weg, um die Kinder zu verstehen, ihnen nahe zu sein, zu helfen. Wir – in meinem Land – sagen: Eine Mutter »sa dar la cara«. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass eine Mutter für ihre Kinder »das Gesicht hinhält«, dass es sie dazu drängt, sie zu verteidigen, immer. Ich denke an die Mütter, die um Kinder leiden, die im Gefängnis sind oder sich in schwierigen Situationen befinden: Sie fragen sich nicht, ob sie schuldig sind oder nicht, sondern lieben sie auch weiterhin. Und oft werden sie gedemütigt, aber sie haben keine Angst und hören nicht auf, sich hinzuschenken.
So ist auch die Kirche: Sie ist eine barmherzige Mutter, die versteht, die immer versucht zu helfen, zu ermutigen. Auch vor den Kindern, die Fehler gemacht haben und Fehler machen, verschließt sie nie die Türen des Hauses; sie verurteilt nicht, sondern bietet Gottes Vergebung an, bietet seine Liebe an, die einlädt, den Weg wieder aufzunehmen – auch jenen ihrer Kinder, die in einen tiefen Abgrund gestürzt sind. Die Kirche hat keine Angst, in ihre Nacht einzutreten, um Hoffnung zu schenken: Die Kirche hat keine Angst, in unsere Nacht einzutreten, wenn wir uns in der Finsternis der Seele und des Gewissens befinden, um uns Hoffnung zu schenken! Denn die Kirche ist Mutter!
Ein letzter Gedanke. Eine Mutter weiß auch zu bitten, an jede Tür anzuklopfen für ihre Kinder, ohne Berechnung, sondern aus Liebe. Und ich denke daran, wie sehr die Mütter auch und vor allem an die Tür des Herzens Gottes anzuklopfen wissen! Mütter beten viel für ihre Kinder, besonders für die schwächeren, für jene, die es am meisten benötigen, für jene, die im Leben gefährliche oder falsche Wege eingeschlagen haben.
Vor einigen Wochen habe ich hier in Rom in der Kirche »Sant’Agostino« die Messe gefeiert, wo die Reliquien der hl. Monika, der Mutter des hl. Augustinus, aufbewahrt werden. Wie viele Gebete hat diese heilige Mutter für ihren Sohn zu Gott emporgesandt, und wie viele Tränen hat sie vergossen! Ich denke an euch, liebe Mütter: Wie viel betet ihr für eure Kinder, ohne müde zu werden! Setzt eure Gebete fort, vertraut eure Kinder weiterhin Gott an: Er hat ein großes Herz! Klopft an die Tür des Herzens Gottes mit dem Gebet für die Kinder. Und das tut auch die Kirche: Sie legt durch das Gebet alle Situationen ihrer Kinder in Gottes Hand. Vertrauen wir auf die Kraft des Gebetes der Mutter Kirche: Der Herr bleibt nicht ungerührt. Er weiß uns immer zu überraschen, wenn wir es nicht erwarten. Die Mutter Kirche weiß das! Das waren die Gedanken, die ich euch heute mitteilen wollte: Sehen wir in der Kirche eine gute Mutter, die uns den Weg weist, den wir im Leben gehen sollen, die stets geduldig, barmherzig, verständnisvoll ist und die uns in Gottes Hand zu legen weiß.
Mittwoch, 25. September 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Im »Credo« sagen wir: »Ich glaube an die eine Kirche.« Wir bekennen also, dass die Kirche eine einzige ist, und diese Kirche ist in sich selbst Einheit. Wenn wir aber die katholische Kirche in der Welt anschauen, dann entdecken wir, dass sie fast 3000 Diözesen umfasst, die über alle Kontinente verteilt sind: so viele Sprachen, so viele Kulturen! Hier sind Bischöfe aus vielen verschiedenen Kulturen, aus vielen Ländern. Der Bischof von Sri Lanka ist hier, der Bischof von Südafrika, ein Bischof aus Indien, es sind viele hier Bischöfe aus Lateinamerika. Die Kirche ist über die ganze Welt verteilt! Und dennoch bilden die unzähligen katholischen Gemeinden eine Einheit.
Wie kann das geschehen?
1. Eine zusammenfassende Antwort finden wir im “Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche“, wo es heißt: Die über alle Welt verteilte katholische Kirche »hat nur einen Glauben, nur ein sakramentales Leben, nur eine apostolische Sukzession, eine gemeinsame Hoffnung und ein und dieselbe Liebe« (Nr. 161). Es ist eine schöne, klare Definition, sie gibt uns gute Orientierung.
Einheit im Glauben, in der Hoffnung, in der Liebe, Einheit in den Sakramenten, im Dienst: Es sind gleichsam Pfeiler, die den einen großen Bau der Kirche stützen und zusammenhalten. Wohin wir auch gehen, auch in der kleinsten Pfarrei, im entlegensten Winkel dieser Erde, dort ist die eine Kirche; dort sind wir zu Hause, sind wir in der Familie, sind wir unter Brüdern und Schwestern. Und das ist ein großes Geschenk Gottes! Die Kirche ist für alle nur eine. Es gibt nicht eine Kirche für die Europäer, eine für die Afrikaner, eine für die Amerikaner, eine für die Asiaten, eine für jene, die in Ozeanien leben nein, sie ist überall dieselbe. Es ist wie in einer Familie: Man kann weit entfernt sein voneinander, in aller Welt verteilt, aber die tiefen Bindungen, die alle Familienmitglieder vereinen, bleiben fest, wie groß die Entfernung auch sein mag.
Ich denke zum Beispiel an die Erfahrung des Weltjugendtages in Rio de Janeiro: In jener unüberschaubaren Menge junger Menschen auf dem Strand der Copacabana hörte man viele Sprachen, sah man sehr unterschiedliche Gesichtszüge, begegnete man unterschiedlichen Kulturen, und dennoch war eine tiefe Einheit vorhanden, bildete man eine einzige Kirche, war man vereint, und das war zu spüren.
Fragen wir uns alle: Spüre ich als Katholik diese Einheit? Lebe ich als Katholik diese Einheit der Kirche? Oder interessiert sie mich nicht, weil ich in meiner kleinen Gruppe oder in mir selbst verschlossen bin? Gehöre ich zu jenen, die die Kirche für die eigene Gruppe, die eigene Nation, die eigenen Freunde »privatisieren«? Es ist traurig, eine Kirche vorzufinden, die »privatisiert« ist durch diesen Egoismus und diesen Mangel an Glauben. Es ist traurig! Wenn ich höre, dass viele Christen in der Welt leiden, ist mir das dann gleichgültig oder ist es als leide jemand aus der Familie? Wenn ich daran denke oder höre, dass viele Christen verfolgt werden und sogar das Leben für ihren Glauben hingeben, berührt das mein Herz oder kommt es bei mir nicht an? Bin ich offen für jenen Bruder oder für jene Schwester der Familie, der oder die ihr Leben hingibt für Jesus Christus? Beten wir füreinander? Ich stelle euch eine Frage, aber antwortet nicht mit lauter Stimme, sondern nur im Herzen: Wie viele von euch beten für die verfolgten Christen? Wie viele? Jeder möge im Herzen antworten. Bete ich für jenen Bruder, für jene Schwester, die in Schwierigkeiten sind, weil sie ihren Glauben bekennen und verteidigen? Es ist wichtig, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, sich als Kirche zu fühlen, als die eine Familie Gottes!
2. Wir wollen einen weiteren Schritt tun und uns fragen: Gibt es Verletzungen dieser Einheit? Können wir diese Einheit verletzen? Leider sehen wir, dass wir im Laufe der Geschichte, auch jetzt, nicht immer die Einheit leben. Manchmal kommt es zu Unverständnis, Konflikten, Spannungen, Spaltungen, die sie verletzen, und dann hat die Kirche nicht das Antlitz, das wir möchten, offenbart sie nicht die Liebe, die Gottes Wille ist. Wir sind es, die Verletzungen verursachen! Und wenn wir auf die Spaltungen blicken, die es noch heute unter den Christen gibt Katholiken, Orthodoxe, Protestanten , dann merken wir, wie schwer es ist, diese Einheit in ganzer Fülle sichtbar zu machen. Gott schenkt uns die Einheit, aber wir tun uns oft schwer, sie zu leben. Man muss die Gemeinschaft suchen, aufbauen, zur Gemeinschaft erziehen, zur Überwindung von Unverständnis und Spaltungen, angefangen bei der Familie, bei den kirchlichen Wirklichkeiten, auch im ökumenischen Dialog. Unsere Welt braucht Einheit, es ist eine Zeit, in der wir alle Einheit brauchen, Versöhnung, Gemeinschaft brauchen, und die Kirche ist das Haus der Gemeinschaft. Der hl. Paulus sagte zu den Christen in Ephesus: »Ich, der ich um des Herrn willen im Gefängnis bin, ermahne euch, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging. Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält« (Eph 4,13).
Demut, Friedfertigkeit, Geduld, Liebe, um die Einheit zu wahren! Das, das sind die Wege, die wahren Wege der Kirche. Hören wir sie noch einmal. Demut gegen die Eitelkeit, gegen den Hochmut, Demut, Friedfertigkeit, Geduld, Liebe, um die Einheit zu wahren. Und weiter sagte Paulus: ein Leib, der Leib Christi, den wir in der Eucharistie empfangen; ein Geist, der Heilige Geist, der die Kirche beseelt und ständig erneuert; eine Hoffnung, das ewige Leben; ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller (vgl. V. 46). Der Reichtum dessen, was uns vereint! Und das ist ein wahrer Reichtum: was uns vereint, nicht was uns trennt. Das ist der Reichtum der Kirche! Jeder frage sich heute: Lasse ich die Einheit in der Familie, in der Pfarrei, in der Gemeinschaft wachsen, oder bin ich ein Schwätzer, eine Schwätzerin? Verursache ich Spaltung, Schwierigkeiten? Ihr wisst nicht, wie sehr das Geschwätz der Kirche, den Pfarreien, den Gemeinschaften schadet! Es schadet! Das Geschwätz fügt Wunden zu. Bevor ein Christ schwätzt, sollte er sich in die Zunge beißen! Ja oder nein? Sich in die Zunge beißen: Das wird uns gut tun, weil die Zunge anschwillt, und er nicht sprechen und nicht schwätzen kann. Habe ich die Demut, mit Geduld, mit Opferbereitschaft die Wunden der Gemeinschaft zu heilen?
3. Abschließend der letzte Schritt zur Vertiefung. Und das ist eine schöne Frage: Wer ist die Triebkraft dieser Einheit der Kirche? Es ist der Heilige Geist, den wir alle in der Taufe und auch im Sakrament der Firmung empfangen haben. Es ist der Heilige Geist. Unsere Einheit ist nicht in erster Linie Frucht unseres Konsens oder der Demokratie innerhalb der Kirche oder unserer Bemühungen, uns zu einigen, sondern sie kommt von ihm, der Einheit in der Vielfalt schafft, denn der Heilige Geist ist Eintracht, er bewirkt immer Harmonie in der Kirche. Es ist eine harmonische Einheit in einer großen Vielfalt aus Kulturen, Sprachen und Denkweisen. Der Heilige Geist ist die Triebkraft. Deshalb ist das Gebet wichtig. Es ist die Seele unseres Bemühens als Männer und Frauen der Gemeinschaft, der Einheit das Gebet zum Heiligen Geist, auf dass er kommen und in der Kirche Einheit schaffen möge.
Bitten wir den Herrn: Herr, gib, dass wir immer mehr vereint seien, dass wir nie Werkzeuge der Spaltung sind; gib, dass wir uns bemühen, wie es in einem schönen franziskanischen Gebet heißt, Liebe zu üben, wo man hasst, zu verzeihen, wo man beleidigt, zu verbinden, wo Streit ist. So sei es.
Mittwoch, 2. Oktober 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Im »Credo« bekennen wir: »Ich glaube an die eine Kirche«, und fügen dann das Adjektiv »heilige« hinzu. Wir bekennen also die Heiligkeit der Kirche, und das ist ein Wesenszug, der von Anfang an im Bewusstsein der ersten Christen gegenwärtig war, die sich einfach nur »die Heiligen « nannten (vgl. Apg 9,13.32.41; Röm 8,27; 1 Kor 6,1), weil sie die Gewissheit hatten, dass es das Wirken Gottes ist, der Heilige Geist, der die Kirche heiligt.
Aber in welchem Sinne ist die Kirche heilig, wenn wir sehen, dass die historische Kirche auf ihrem Weg durch die Jahrhunderte viele Schwierigkeiten, Probleme, dunkle Augenblicke hatte? Wie kann eine Kirche heilig sein, die aus Menschen besteht, aus Sündern? Sündige Männer, sündige Frauen, sündige Priester, sündige Ordensschwestern, sündige Bischöfe, sündige Kardinäle, ein sündiger Papst? Alle. Wie kann eine solche Kirche heilig sein?
1. Um auf die Frage zu antworten, möchte ich mich von einem Abschnitt aus dem Brief des hl. Paulus an die Christen in Ephesus leiten lassen. Der Apostel nimmt die Beziehungen in der Familie zum Vorbild und sagt, dass »Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie heilig zu machen« (5,2526). Christus hat die Kirche geliebt und sich am Kreuz völlig hingegeben. Und das bedeutet, dass die Kirche heilig ist, weil sie aus Gott hervorgeht, der heilig ist, ihr treu ist und sie nicht der Macht des Todes und des Bösen überlässt (vgl. Mt 16,18). Sie ist heilig, weil Jesus Christus, der Heilige Gottes (vgl. Mk 1,24), unauflöslich mit ihr verbunden ist (vgl. Mt 28,20); sie ist heilig, weil sie vom Heiligen Geist geleitet wird, der reinigt, verwandelt, erneuert. Sie ist nicht heilig aufgrund unserer Verdienste, sondern weil Gott sie heilig macht, sie ist Frucht des Heiligen Geistes und seiner Gaben. Nicht wir sind es, die sie heilig machen. Gott ist es, der Heilige Geist, der in seiner Liebe die Kirche heilig macht.
2. Ihr könntet mir sagen: Aber die Kirche besteht doch aus Sündern, das sehen wir jeden Tag. Und das ist wahr: Wir sind eine Kirche von Sündern; und wir Sünder sind aufgerufen, uns von Gott verwandeln, erneuern, heiligen zu lassen. In der Geschichte sind einige in Versuchung geraten zu sagen: Die Kirche ist nur die Kirche der Reinen, jener, die völlig konsequent sind, und die anderen müssen entfernt werden. Das ist nicht wahr! Das ist eine Irrlehre! Die Kirche, die heilig ist, weist die Sünder nicht zurück. Sie weist uns alle nicht zurück; sie weist nicht zurück, weil sie alle ruft und annimmt. Sie ist offen auch für die Fernstehenden, sie ruft alle auf, sich von der Barmherzigkeit, der Zärtlichkeit und der Vergebung des Vaters umgeben zu lassen, der allen die Möglichkeit anbietet, ihm zu begegnen, den Weg zur Heiligkeit zu gehen. »Aber Heiliger Vater, ich bin ein Sünder, ich habe schwer gesündigt, wie kann ich mich als Teil der Kirche fühlen?« Lieber Bruder, liebe Schwester, eben das will der Herr: dass du zu ihm sagst: »Herr, hier bin ich, mit meinen Sünden.« Ist jemand von euch hier ohne die eigenen Sünden? Irgendjemand von euch? Niemand, niemand von uns. Alle bringen wir unsere Sünden mit uns. Aber der Herr will hören, dass wir zu ihm sagen: »Vergib mir, hilf mir voranzugehen, verwandle mein Herz!«. Und der Herr kann das Herz verwandeln.
Der Gott, dem wir in der Kirche begegnen, ist kein unbarmherziger Richter, sondern er ist wie der Vater aus dem Gleichnis im Evangelium. Du kannst sein wie der Sohn, der das Haus verlassen hat, der den tiefsten Grund der Gottesferne berührt hat. Wenn du die Kraft hast zu sagen: Ich will nach Hause zurückkehren, wirst du die Tür offen finden. Gott kommt dir entgegen, weil er immer auf dich wartet, Gott wartet immer auf dich, Gott umarmt dich, küsst dich und feiert ein Fest. So ist der Herr, so ist die Zärtlichkeit unseres himmlischen Vaters. Der Herr will, dass wir Teil einer Kirche sind, die es versteht, die Arme zu öffnen, um alle anzunehmen, die nicht das Haus einiger weniger ist, sondern das Haus aller, wo alle von seiner Liebe erneuert, verwandelt, geheiligt werden können, die Stärksten und die Schwächsten, die Sünder, die Gleichgültigen, jene, die sich entmutigt und verloren fühlen. Die Kirche bietet allen die Möglichkeit, den Weg der Heiligkeit zu gehen, der der Weg des Christen ist: Sie lässt uns Jesus Christus in den Sakramenten begegnen, besonders in der Beichte und in der Eucharistie; sie gibt uns das Wort Gottes weiter, sie lässt uns in der Nächstenliebe leben, in der Liebe Gottes zu allen. Fragen wir uns also: Lassen wir uns heiligen? Sind wir eine Kirche, die die Sünder ruft und sie mit offenen Armen aufnimmt, die Mut, Hoffnung schenkt oder sind wir eine Kirche, die in sich selbst verschlossen ist? Sind wir eine Kirche, in der man die Liebe Gottes lebt, in der man dem anderen Aufmerksamkeit entgegenbringt, in der man füreinander betet?
3. Eine letzte Frage: Was kann ich tun, der ich mich schwach, zerbrechlich, sündig fühle? Gott sagt zu dir: Hab keine Angst vor der Heiligkeit, hab keine Angst, dir hohe Ziele zu setzen, dich von Gott lieben und reinigen zu lassen, hab keine Angst, dich vom Heiligen Geist leiten zu lassen. Lassen wir uns anstecken von der Heiligkeit Gottes. Jeder Christ ist zur Heiligkeit berufen (vgl. Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 3942); und die Heiligkeit besteht nicht in erster Linie darin, Außergewöhnliches zu vollbringen, sondern Gott handeln zu lassen. Sie ist die Begegnung unserer Schwachheit mit der Kraft seiner Gnade, sie bedeutet, auf sein Handeln zu vertrauen, das es uns gestattet, in der Liebe zu leben, alles mit Freude und Demut zu tun, zur Ehre Gottes und im Dienst am Nächsten. Es gibt ein berühmtes Wort des französischen Schriftstellers Léon Bloy. In den letzten Augenblicken seines Lebens sagte er: »Es gibt nur eine Traurigkeit im Leben: kein Heiliger zu sein«. Verlieren wir nicht die Hoffnung auf die Heiligkeit, beschreiten wir alle diesen Weg. Wollen wir Heilige sein? Der Herr wartet auf uns alle, mit offenen Armen; er wartet auf uns, um uns auf diesem Weg der Heiligkeit zu begleiten. Leben wir unseren Glauben mit Freude, lassen wir uns vom Herrn lieben bitten wir Gott im Gebet um dieses Geschenk, für uns und für die anderen.
Mittwoch, 9. Oktober 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Man sieht, dass ihr Mut hattet, bei diesem schlechten Wetter heute: meine Hochachtung! »Ich glaube an die eine, heilige, katholische Kirche.« Heute wollen wir über diese Eigenschaft der Kirche nachdenken: Wir sagen »katholisch«, und die Eigenschaft ist die Katholizität. Zunächst einmal: Was bedeutet »katholisch«? Es kommt vom Griechischen »katholòn« und besagt so viel wie »allgemein«, umfassend. In welchem Sinne bezieht sich dieses Umfassende auf die Kirche? In welchem Sinne sagen wir, dass die Kirche katholisch ist? Ich würde sagen, in drei grundlegenden Bedeutungen.
1. Die erste: Die Kirche ist katholisch, weil sie der Raum, das Haus ist, in dem uns der ganze Glaube verkündigt wird, in dem das Heil, das Christus uns gebracht hat, allen angeboten wird. Die Kirche lässt uns der Barmherzigkeit Gottes begegnen, die uns verwandelt, weil in ihr Jesus Christus gegenwärtig ist, der ihr das wahre Glaubensbekenntnis, die Fülle des sakramentalen Lebens, die Authentizität des Weiheamtes schenkt. In der Kirche findet jeder von uns das, was notwendig ist, um zu glauben, um als Christen zu leben, um heilig zu werden, um an jedem Ort und in jeder Zeit auf dem Weg zu sein. Um ein Beispiel anzuführen, können wir sagen, dass es wie im Familienleben ist: In der Familie wird jedem von uns all das geschenkt, durch das wir wachsen, heranreifen, leben können. Man kann nicht alleine wachsen, man kann nicht alleine auf dem Weg sein, indem man sich isoliert, sondern man ist auf dem Weg und man wächst in einer Gemeinschaft, in einer Familie.
So ist es auch in der Kirche! In der Kirche können wir das Wort Gottes hören mit der Sicherheit, dass es die Botschaft ist, die der Herr uns geschenkt hat. In der Kirche können wir dem Herrn begegnen in den Sakramenten, die offene Fenster sind, durch die uns das Licht Gottes gegeben wird, Bäche, aus denen wir das Leben Gottes schöpfen. In der Kirche lernen wir, die Gemeinschaft zu leben, die Liebe, die von Gott kommt. Jeder von uns kann sich heute fragen: Wie lebe ich in der Kirche? Wenn ich in die Kirche gehe, ist das so als sei ich im Stadion, bei einem Fußballspiel? Ist es so als wäre ich im Kino? Nein, es ist etwas anderes. Wie gehe ich in die Kirche? Wie nehme ich die Gaben an, die die Kirche mir anbietet, um als Christ zu wachsen und zu reifen? Nehme ich am Gemeinschaftsleben teil oder gehe ich in die Kirche und verschließe mich in meinen Problemen, indem ich mich vom Anderen isoliere? In diesem ersten Sinne ist die Kirche katholisch, weil sie das Haus aller ist. Alle sind Kinder der Kirche, und alle sind in diesem Haus.
2. Eine zweite Bedeutung: Die Kirche ist katholisch, weil sie universal ist, weil sie überall auf der Welt verbreitet ist und das Evangelium jedem Mann und jeder Frau verkündigt. Die Kirche ist keine Elitegruppe, sie betrifft nicht nur einige. Die Kirche verschließt sich nicht, sie ist zu allen Menschen gesandt, zur gesamten Menschheit. Und die eine Kirche ist auch in ihren kleinsten Teilen gegenwärtig. Jeder kann sagen: In meiner Pfarrei ist die katholische Kirche gegenwärtig, denn auch sie ist Teil der Universalkirche, auch sie hat die Fülle der Gaben Christi, den Glauben, die Sakramente, das Dienstamt; sie steht in Gemeinschaft mit dem Bischof, mit dem Papst und ist offen für alle, ohne Unterschied. Die Kirche ist nicht nur im Schatten unseres Kirchturms, sondern sie umfasst eine Vielzahl von Menschen, von Völkern, die denselben Glauben bekennen, die sich von derselben Eucharistie nähren, denen dieselben Hirten dienen. Uns in Gemeinschaft fühlen mit allen Teilkirchen, mit allen kleinen und großen katholischen Gemeinschaften der Welt: Das ist schön! Und dann spüren, dass wir alle als kleine oder große Gemeinschaften eine Sendung haben, dass wir alle unsere Türen öffnen und hinausgehen müssen für das Evangelium. Fragen wir uns also: Was tue ich, um den anderen die Freude mitzuteilen, dem Herrn zu begegnen, die Freude, zur Kirche zu gehören? Den Glauben zu verkündigen und zu bezeugen ist nicht die Aufgabe einiger weniger, sondern es betrifft auch mich, dich, einen jeden von uns!
3. Ein dritter und letzter Gedanke: Die Kirche ist katholisch, weil sie das »Haus der Harmonie« ist, wo Einheit und Vielfalt sich miteinander zu verbinden wissen, um Reichtum zu sein. Denken wir an das Bild der Symphonie, die Einklang, Harmonie bedeutet. Verschiedene Instrumente spielen zusammen; jedes behält seinen unverwechselbaren Klang, und seine Klangfarben stimmen ein in etwas Gemeinsames. Dann gibt es den Leiter, den Dirigenten, und in der Symphonie, die aufgeführt wird, spielen alle zusammen in »Harmonie «, aber der Klang des einzelnen Instruments wird nicht ausgelöscht, sondern die Besonderheit eines jeden wird sogar aufs Höchste hervorgehoben!
Es ist ein schönes Bild, das uns sagt, dass die Kirche wie ein großes Orchester ist, in dem Vielfalt herrscht. Wir sind nicht alle gleich, und wir müssen nicht alle gleich sein. Alle sind wir verschieden, unterschiedlich, jeder mit den eigenen Eigenschaften. Und das ist das Schöne an der Kirche: Jeder trägt das Seine bei, das Gott ihm geschenkt hat, um die anderen zu bereichern. Und unter den einzelnen Bestandteilen herrscht diese Vielfalt, aber es ist eine Vielfalt, die nicht in Konflikt gerät, sich nicht in Gegensatz zueinander stellt; es ist eine Vielfalt, die durch den Heiligen Geist in Harmonie miteinander eins wird; er ist der wahre »Dirigent«, er selbst ist Harmonie. Und hier sollten wir uns fragen: Leben wir in unseren Gemeinschaften die Harmonie oder streiten wir untereinander? Gibt es in meiner Pfarrgemeinde, in meiner Bewegung, wo ich zur Kirche gehöre, Klatsch? Wenn es Klatsch gibt, gibt es keine Harmonie, sondern Kampf. Und das ist nicht die Kirche.
Die Kirche ist die Harmonie aller: Man darf nie übereinander klatschen, nie streiten! Nehmen wir den anderen an? Akzeptieren wir, dass es eine berechtigte Vielfalt gibt, dass dieser anders ist, dass jener so oder so denkt im selben Glauben kann man auch unterschiedlich denken, oder neigen wir dazu, alles zu vereinheitlichen? Die Einförmigkeit tötet jedoch das Leben. Das Leben der Kirche ist Vielfalt, und wenn wir allen diese Gleichförmigkeit auferlegen wollen, dann töten wir die Gaben des Heiligen Geistes. Bitten wir den Heiligen Geist, den wahren Urheber dieser Einheit in der Vielfalt, dieser Harmonie, dass er uns immer »katholischer« mache, nämlich in dieser Kirche, die katholisch und universal ist! Danke.
Mittwoch, 16. Oktober 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Wenn wir das Glaubensbekenntnis sprechen, sagen wir: »Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche«. Ich weiß nicht, ob ihr jemals über die Bedeutung nachgedacht habt, die der Ausdruck hat: »die Kirche ist apostolisch«. Vielleicht habt ihr manchmal, wenn ihr nach Rom gekommen seid, an die Bedeutung der Apostel Petrus und Paulus gedacht, die hier ihr Leben hingegeben haben, um das Evangelium zu bringen und zu bezeugen. Es ist aber mehr. Zu bekennen, dass die Kirche apostolisch ist, bedeutet, ihre grundlegende Verbindung mit den Aposteln hervorzuheben, mit jener kleinen Gruppe von zwölf Männern, die Jesus eines Tages zu sich gerufen hat, die er beim Namen genannt hat, die er bei sich haben und dann aussenden wollte, damit sie predigten (vgl. Mk 3,1319). »Apostel« ist nämlich ein griechisches Wort, das »Gesandter«, »Ausgesandter« bedeutet.
Ein Apostel ist eine Person, die gesandt ist, die ausgesandt ist, um etwas zu tun, und die Apostel wurden von Jesus erwählt, gerufen und ausgesandt, um sein Werk fortzusetzen, das heißt um zu beten das ist die erste Aufgabe eines Apostels und zweitens das Evangelium zu verkündigen. Das ist wichtig, denn wenn wir an die Apostel denken, könnten wir meinen, sie seien nur hingegangen, um das Evangelium zu verkünden, viele Werke zu tun. In den ersten Zeiten der Kirche gab es jedoch ein Problem, weil die Apostel viele Dinge tun mussten. Daher haben sie Diakone eingesetzt, damit die Apostel mehr Zeit hatten, um zu beten und das Wort Gottes zu verkündigen. Wenn wir an die Nachfolger der Apostel, die Bischöfe, denken einschließlich des Papstes, denn auch er ist ein Bischof , müssen wir uns fragen, ob dieser Nachfolger der Apostel erstens betet und dann, ob er das Evangelium verkündigt: Das bedeutet, Apostel zu sein, und darum ist die Kirche apostolisch.
Wir alle, wenn wir Apostel sein wollen, wie ich jetzt erklären werde, müssen uns fragen: Bete ich für das Heil der Welt? Verkündige ich das Evangelium? Das ist die apostolische Kirche! Sie ist eine grundlegende Verbindung, die wir mit den Aposteln haben. Davon ausgehend möchte ich kurz drei Bedeutungen des auf die Kirche bezogenen Adjektivs »apostolisch« hervorheben.
1. Die Kirche ist apostolisch, weil sie auf die Predigt und das Gebet der Apostel gegründet ist, auf die Autorität, die ihnen von Christus selbst gegeben wurde. Der hl. Paulus schreibt an die Christen in Ephesus: »Ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst« (2,1920); er vergleicht also die Christen mit lebendigen Steinen, die einen Bau bilden, der die Kirche ist, und dieser Bau ist auf die Apostel als Säulen gegründet, und der Stein, der alles trägt, ist Jesus selbst. Ohne Jesus kann die Kirche nicht existieren! Jesus ist die Basis der Kirche, das Fundament! Die Apostel haben mit Jesus gelebt, haben seine Worte gehört, haben sein Leben geteilt, vor allem sind sie Zeugen seines Todes und seiner Auferstehung gewesen. Unser Glaube, die Kirche, die Christus gewollt hat, gründet nicht auf einer Idee, gründet nicht auf einer Philosophie, sondern gründet auf Christus selbst. Und die Kirche ist wie eine Pflanze, die im Laufe der Jahrhunderte gewachsen ist, sich entwickelt hat, Früchte getragen hat, aber ihre Wurzeln sind fest in Christus eingepflanzt, und die grundlegende Erfahrung von Christus, die die von Jesus erwählten und ausgesandten Apostel hatten, gelangt bis zu uns. Von jener winzigen Pflanze bis in unsere Tage: Die Kirche ist so in der ganzen Welt.
2. Wir wollen uns jedoch fragen: Wie können wir uns mit diesem Zeugnis verbinden, wie kann das, was die Apostel mit Jesus erlebt, was sie von ihm gehört haben, bis zu uns gelangen? Das ist die zweite Bedeutung des Wortes »Apostolizität«. Der Katechismus der Katholischen Kirche sagt, dass die Kirche apostolisch ist, denn »sie bewahrt mit dem Beistand des in ihr wohnenden Geistes die Lehre, das Glaubensvermächtnis sowie die gesunden Grundsätze der Apostel und gibt sie weiter« (Nr. 857). Die Kirche bewahrt durch die Jahrhunderte hindurch diesen kostbaren Schatz die Heilige Schrift, die Lehre, die Sakramente, das Hirtenamt , damit wir Christus treu sein und an seinem Leben teilhaben können. Sie ist wie ein Strom, der in der Geschichte fließt, sich entwickelt, bewässert. Aber das Wasser, das fließt, geht immer von der Quelle aus, und die Quelle ist Christus selbst: Er ist der Auferstandene, er ist der Lebendige, und seine Worte vergehen nicht, denn er vergeht nicht, er ist lebendig, er ist heute hier unter uns, er hört uns. Wir sprechen mit ihm, und er hört zu, er ist in unserem Herzen, Jesus ist bei uns, heute! Das ist die Schönheit der Kirche: die Gegenwart Jesu Christi unter uns. Denken wir jemals daran, wie wichtig dieses Geschenk ist, das Christus uns gemacht hat, das Geschenk der Kirche, wo wir ihm begegnen können? Denken wir jemals daran, dass die Kirche auf ihrem Weg durch diese Jahrhunderte trotz der Schwierigkeiten, Probleme, Schwächen, unserer Sünden uns die authentische Botschaft Christi weitergibt? Dass sie uns die Gewissheit schenkt, dass das, woran wir glauben, wirklich das ist, was Christus uns mitgeteilt hat?
3. Der letzte Gedanke: Die Kirche ist apostolisch, weil sie ausgesandt ist, das Evangelium in alle Welt zu bringen. Auf dem Weg der Geschichte wird die Sendung fortgesetzt, die Jesus den Aposteln anvertraut hat: »Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28,1920). Das ist es, was Jesus uns aufgetragen hat zu tun! Ich verweise immer wieder auf diesen Aspekt des Missionarischen, denn Christus lädt alle ein, den anderen »entgegenzugehen«, er sendet uns, er fordert uns auf, uns in Bewegung zu setzen, um die Freude des Evangeliums zu bringen! Fragen wir uns noch einmal: Sind wir Missionare mit unserem Wort, vor allem aber mit unserem christlichen Leben, mit unserem Zeugnis? Oder sind wir Christen, die in ihrem Herzen und in ihren Kirchen verschlossen sind, »Sakristei-Christen«? Christen nur mit Worten, die jedoch wie Heiden leben? Wir müssen uns diese Fragen stellen, die kein Vorwurf sind. Auch ich sage es zu mir selbst: Wie bin ich Christ wirklich mit dem Zeugnis? Die Kirche hat ihre Wurzeln in der Lehre der Apostel, der wahren Zeugen Christi, aber sie blickt in die Zukunft, hat das sichere Bewusstsein, gesandt zu sein von Christus gesandt , missionarisch zu sein, indem sie den Namen Jesu bringt durch das Gebet, die Verkündigung und das Zeugnis. Eine Kirche, die sich in sich selbst und in der Vergangenheit verschließt, eine Kirche, die nur auf die kleinen Regeln der Gewohnheiten, der Einstellungen schaut, ist eine Kirche, die ihre eigene Identität verrät; eine verschlossene Kirche verrät die eigene Identität! Entdecken wir also heute wieder die ganze Schönheit und die Verantwortung, apostolische Kirche zu sein! Und denkt daran: apostolische Kirche, weil wir beten erste Aufgabe und weil wir das Evangelium verkündigen mit unserem Leben und mit unseren Worten.
Mittwoch, 23. Oktober 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
In Fortführung der Katechesen über die Kirche möchte ich heute Maria als Bild und Vorbild der Kirche betrachten. Dazu greife ich ein Wort des Zweiten Vatikanischen Konzils auf. In der Konstitution Lumen gentium heißt es: »Die Gottesmutter ist, wie schon der heilige Ambrosius lehrte, der Typus der Kirche unter der Rücksicht des Glaubens, der Liebe und der vollkommenen Einheit mit Christus« (Nr. 63).
1. Beginnen wir beim ersten Aspekt: Maria als Vorbild des Glaubens. In welchem Sinne stellt Maria ein Vorbild für den Glauben der Kirche dar? Denken war darüber nach, wer die Jungfrau Maria war: ein jüdisches Mädchen, das mit ganzem Herzen die Erlösung ihres Volkes erwartete. Aber im Herzen dieser jungen Tochter Israels war ein Geheimnis, das sie selbst noch nicht kannte: Im Liebesplan Gottes war sie dazu bestimmt, die Mutter des Erlösers zu werden. Bei der Verkündigung nennt der Bote Gottes sie »Begnadete « und offenbart ihr diesen Plan. Maria antwortet mit »Ja«, und von jenem Augenblick an erhält Marias Glaube ein neues Licht: Er richtet sich auf Jesus aus, den Sohn Gottes, der in ihr Fleisch angenommen hat und in dem die Verheißungen der ganzen Heilsgeschichte sich erfüllen. Marias Glaube ist die Erfüllung des Glaubens Israels, in ihr ist wirklich der ganze Weg jenes Volkes verdichtet, das die Erlösung erwartete. Und in diesem Sinne ist sie das Vorbild des Glaubens der Kirche, dessen Mittelpunkt Christus ist, die menschgewordene unendliche Liebe Gottes.
Wie hat Maria diesen Glauben gelebt? Sie hat ihn in der Einfachheit der zahllosen täglichen Aufgaben und Sorgen einer jeden Mutter gelebt, die sich um Essen, Kleidung, den Haushalt kümmert . Eben dieses gewöhnliche Leben der Gottesmutter war die Grundlage, auf der eine einzigartige Beziehung und ein tiefer Dialog zwischen ihr und Gott, zwischen ihr und ihrem Sohn stattfanden. Marias »Ja«, das von Anfang an vollkommen war, ist gewachsen bis zur Stunde des Kreuzes. Dort ist ihre Mutterschaft umfassend geworden, sie schließt einen jeden von uns ein, unser Leben, um uns zu ihrem Sohn zu führen. Maria hat stets eingetaucht in das Geheimnis des menschgewordenen Gottessohnes gelebt, als seine erste und vollkommene Jüngerin, und hat in ihrem Herzen im Licht des Heiligen Geistes über alles nachgedacht, um den ganzen Willen Gottes zu verstehen und umzusetzen.
Wir können uns eine Frage stellen: Lassen wir uns erleuchten vom Glauben Marias, die unsere Mutter ist? Oder meinen wir, sie sei uns fern und ganz anders als wir? Blicken wir in Augenblicken der Schwierigkeiten, der Prüfung, der Dunkelheit auf sie als Vorbild des Vertrauens auf Gott, der immer nur unser Wohl will? Denken wir darüber nach. Vielleicht wird es uns gut tun, Maria in diesem Glauben, den sie hatte, als Vorbild und Urbild der Kirche wiederzufinden.
2. Kommen wir zum zweiten Aspekt: Maria als Vorbild der Liebe. Auf welche Weise ist Maria für die Kirche ein lebendiges Vorbild in der Liebe? Denken wir an ihre Bereitschaft gegenüber ihrer Verwandten Elisabet. Maria hat ihr durch ihren Besuch nicht nur materielle Hilfe gebracht auch das, sondern sie hat Jesus gebracht, der schon in ihrem Schoß lebte.
Jesus in jenes Haus zu bringen bedeutete, Freude zu bringen, vollkommene Freude. Elisabet und Zacharias waren glücklich über die Schwangerschaft, die in ihrem Alter unmöglich schien, aber es ist die junge Maria, die ihnen die vollkommene Freude bringt, die von Jesus und vom Heiligen Geist kommt und die in unentgeltlicher Liebe, im Teilen, in der gegenseitigen Hilfe, im Verständnis zum Ausdruck kommt. Die Gottesmutter will auch uns, uns allen, das große Geschenk bringen, das Jesus ist: Und mit ihm bringt sie uns seine Liebe, seinen Frieden, seine Freude. So ist die Kirche wie Maria: Die Kirche ist kein Geschäft, sie ist keine humanitäre Einrichtung, die Kirche ist keine Nichtregierungsorganisation, die Kirche ist gesandt, allen Menschen Christus und sein Evangelium zu bringen. Sie bringt nicht sich selbst ob sie klein, groß, stark oder schwach ist: die Kirche bringt Jesus und muss wie Maria sein, als sie ihre Verwandte Elisabet besucht hat. Was hat Maria ihr gebracht? Jesus. Die Kirche bringt Jesus: Das ist der Mittelpunkt der Kirche, Jesus zu bringen! Nehmen wir an, es würde einmal passieren, dass die Kirche nicht Jesus bringt: Dann wäre das eine tote Kirche! Die Kirche muss die Liebe Jesu bringen, die Zuneigung Jesu, die Liebe Jesu.
Wir haben über Maria gesprochen, über Jesus. Und wir? Wir, die wir die Kirche sind? Welche Liebe bringen wir den anderen? Ist es die Liebe Jesu, der teilt, der vergibt, der begleitet, oder ist es eine verwässerte Liebe, wie man Wein verlängert, der wie Wasser schmeckt? Ist es eine starke Liebe, oder ist sie so schwach, dass sie der Sympathie folgt, dass sie die Gegenleistung sucht, eine eigennützige Liebe? Eine weitere Frage: Mag Jesus die eigennützige Liebe? Nein, er mag sie nicht, denn die Liebe muss unentgeltlich sein, wie seine Liebe. Wie sind die Beziehungen in unseren Pfarreien, in unseren Gemeinschaften? Behandeln wir einander wie Brüder und Schwestern? Oder urteilen wir übereinander, reden wir schlecht übereinander, kümmert sich ein jeder um sein kleines »Gärtlein«, oder kümmern wir uns umeinander? Das sind Fragen der Liebe!
3. Und kurz ein letzter Aspekt: Maria als Vorbild der Einheit mit Christus. Das Leben der heiligen Jungfrau Maria war das Leben einer Frau ihres Volkes: Maria betete, arbeitete, ging in die Synagoge Aber jede Tätigkeit wurde stets in vollkommener Einheit mit Jesus verrichtet. Diese Einheit erreicht ihren Höhepunkt auf Golgota: Hier vereint sich Maria mit ihrem Sohn im Martyrium des Herzens und in der Hingabe des Lebens an den Vater für das Heil der Menschheit. Die Gottesmutter hat sich den Schmerz ihres Sohnes zu eigen gemacht und hat mit ihm den Willen des Vaters angenommen, in jenem fruchtbringenden Gehorsam, der den wahren Sieg über das Böse und über den Tod schenkt.
Diese Wirklichkeit, die Maria uns lehrt, ist sehr schön: immer mit Jesus vereint zu sein. Wir können uns fragen: Denken wir nur an Jesus, wenn etwas nicht stimmt und wir ihn brauchen, oder haben wir eine ständige Beziehung zu ihm, eine tiefe Freundschaft, auch wenn es darum geht, ihm auf dem Weg des Kreuzes nachzufolgen? Bitten wir den Herrn, dass er uns seine Gnade, seine Kraft schenke, damit sich in unserem Leben und im Leben einer jeden kirchlichen Gemeinschaft das Vorbild Marias, Mutter der Kirche, widerspiegelt. So sei es!
Mittwoch, 30. Oktober 2013
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute möchte ich über eine sehr schöne Wirklichkeit unseres Glaubens sprechen: über die »Gemeinschaft der Heiligen«. Der Katechismus der Katholischen Kirche erinnert uns daran, dass mit diesem Ausdruck zwei Wirklichkeiten gemeint sind: die »Gemeinschaft an den heiligen Dingen« und die »Gemeinschaft zwischen den heiligen Personen« (Nr. 948). Ich möchte diese zweite Bedeutung näher betrachten: Es handelt sich um eine der tröstlichsten Wahrheiten unseres Glaubens, denn sie erinnert uns daran, dass wir nicht allein sind, sondern dass zwischen allen, die zu Christus gehören, eine Gemeinschaft des Lebens besteht. Eine Gemeinschaft, die aus dem Glauben entsteht; denn der Begriff »Heilige« bezieht sich auf jene, die an den Herrn Jesus glauben und durch die Taufe in der Kirche in ihn eingegliedert sind. Daher wurden die ersten Christen auch »die Heiligen« genannt (vgl. Apg9,13.32.41; Röm 8,27; 1 Kor 6,1).
1. Das Evangelium nach Johannes bezeugt, dass Jesus vor seinem Leiden für die Gemeinschaft unter den Jüngern mit diesen Worten zum Vater betete: »Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast« (17,21). Die Kirche ist in ihrer tiefsten Wahrheit Gemeinschaft mit Gott, Vertrautheit mit Gott, Gemeinschaft der Liebe mit Christus und mit dem Vater im Heiligen Geist, die sich zur brüderlichen Gemeinschaft erweitert. Diese Beziehung zwischen Jesus und dem Vater ist das »Urbild« der Verbindung zwischen uns Christen: Wenn wir tief hineingenommen sind in dieses »Urbild«, in diesen Feuerofen der Liebe, dann können wir untereinander wirklich ein Herz und eine Seele werden, denn die Liebe Gottes verbrennt unseren Egoismus, unsere Vorurteile, unsere inneren und äußeren Spaltungen. Die Liebe Gottes verbrennt auch unsere Sünden.
2. Wenn diese Verwurzelung in der Quelle der Liebe, die Gott ist, vorhanden ist, dann findet auch die umgekehrte Bewegung statt: von den Brüdern zu Gott. Die Erfahrung der brüderlichen Gemeinschaft führt mich zur Gemeinschaft mit Gott. Untereinander vereint zu sein, führt uns dazu, mit Gott vereint zu sein, es führt uns zu dieser Verbindung mit Gott, der unser Vater ist. Das ist der zweite Aspekt der Gemeinschaft der Heiligen, den ich hervorheben möchte: Unser Glaube braucht die Unterstützung der anderen, besonders in schwierigen Augenblicken.
Wenn wir vereint sind, wird der Glaube stark. Wie schön ist es, uns im wunderbaren Abenteuer des Glaubens gegenseitig zu unterstützen! Ich sage das, weil die Tendenz, sich im Privaten zu verschließen, auch den religiösen Bereich beeinflusst hat, so dass man sich manchmal schwertut, den geistlichen Beistand jener zu erbitten, die mit uns die christliche Erfahrung teilen. Wer von uns allen hat auf dem Weg des Glaubens nicht Unsicherheit, Verwirrung und sogar Zweifel erlebt? Wir alle haben das erlebt, auch ich: Es gehört zum Weg des Glaubens, es gehört zu unserem Leben. All das darf uns nicht verwundern, denn wir sind Menschen, gezeichnet von Schwächen und Grenzen; wir alle sind schwach, wir alle haben Grenzen. In diesen schwierigen Augenblicken ist es jedoch notwendig, durch das kindliche Gebet auf Gottes Beistand zu vertrauen. Und gleichzeitig ist es wichtig, den Mut und die Demut zu finden, sich den anderen zu öffnen, um Beistand und Hilfe zu erbitten. Wie oft haben wir das getan und konnten dann das Problem überwinden und Gott wieder finden! In dieser Gemeinschaft »comunione [Gemeinschaft]« heißt »comune-unione [miteinander geteilte Einheit]« sind wir eine große Familie, in der alle Mitglieder einander Beistand leisten und sich gegenseitig unterstützen.
3. Und kommen wir zu einem weiteren Aspekt: Die Gemeinschaft der Heiligen geht über das irdische Leben hinaus und dauert für immer. Diese Einheit unter uns geht über dieses Leben hinaus und geht im anderen Leben weiter; es ist eine geistliche Einheit, die aus der Taufe entsteht und vom Tod nicht zerstört wird, sondern durch den auferstandenen Christus dazu bestimmt ist, ihre Fülle im ewigen Leben zu finden. Es gibt eine tiefe und unauflösliche Verbindung zwischen jenen, die noch auf dieser Erde pilgern zwischen uns , und jenen, die die Schwelle des Todes überschritten haben, um in die Ewigkeit einzugehen. Alle Getauften hier unten auf der Erde, die Armen Seelen im Fegefeuer und alle Seligen, die bereits im Paradies sind, bilden eine einzige große Familie. Diese Gemeinschaft zwischen Erde und Himmel wird besonders in der Fürbitte verwirklicht.
Liebe Freunde, wir haben diese Schönheit! Sie ist für uns, für alle eine Wirklichkeit, die uns zu Brüdern macht, die uns auf dem Weg des Lebens begleitet und uns dort oben im Himmel einander wiederfinden lässt. Gehen wir diesen Weg mit Vertrauen, mit Freude. Ein Christ muss erfüllt sein von Freude, von der Freude darüber, viele getaufte Brüder zu haben, die mit ihm gehen; gestützt vom Beistand der Brüder und Schwestern, die denselben Weg gehen, um zum Himmel zu gelangen; und auch mit dem Beistand der Brüder und Schwestern, die im Himmel sind und Jesus für uns bitten. Vorwärts auf diesem Weg mit Freude!
Mittwoch, 6. November 2013
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Am vergangenen Mittwoch habe ich über die Gemeinschaft der Heiligen gesprochen als Gemeinschaft zwischen den heiligen Personen, also uns Gläubigen. Heute möchte ich den anderen Aspekt dieser Wirklichkeit vertiefen. Ihr erinnert euch, dass es zwei Aspekte gab: Einer ist die Gemeinschaft, die Einheit unter uns, und der andere Aspekt die Gemeinschaft an den heiligen Dingen, an den geistigen Gütern. Die beiden Aspekte sind eng miteinander verbunden, denn die Gemeinschaft unter den Christen wächst durch die Teilhabe an den geistigen Gütern. Insbesondere wollen wir betrachten: die Sakramente, die Charismen und die Liebe (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 949-953). Wir wachsen in der Einheit, in der Gemeinschaft durch die Sakramente, die Charismen, die jeder vom Heiligen Geist hat, und durch die Liebe.
Zunächst die Gemeinschaft an den Sakramenten. Die Sakramente bringen eine tatsächliche und tiefe Gemeinschaft zwischen uns zum Ausdruck und verwirklichen sie, denn in ihnen begegnen wir Christus, dem Retter, und durch ihn unseren Brüdern im Glauben. Die Sakramente sind keine Äußerlichkeiten, sind keine Rituale, sondern sie sind die Kraft Christi; es ist Jesus Christus, der in den Sakramenten gegenwärtig ist. Wenn wir die Eucharistie feiern, ist es der lebendige Christus, der uns versammelt, uns zur Gemeinschaft macht, uns den Vater anbeten lässt. Denn jeder von uns wird durch Taufe, Firmung und Eucharistie in Christus eingegliedert und mit der ganzen Gemeinschaft der Gläubigen vereint. Wenn es daher einerseits die Kirche ist, die die Sakramente »macht«, so sind es andererseits die Sakramente, die die Kirche »machen«, sie aufbauen, indem sie neue Kinder hervorbringen, sie in das heilige Volk Gottes eingliedern und ihre Zugehörigkeit festigen.
Jede Begegnung mit Christus, der uns in den Sakramenten das Heil schenkt, lädt uns ein, »aufzubrechen « und den anderen ein Heil mitzuteilen, das wir sehen, berühren konnten, dem wir begegnen durften und das wir annehmen durften, das wirklich glaubwürdig ist, weil es die Liebe ist. Auf diese Weise spornen uns die Sakramente an, Missionare zu sein. Und der Einsatz im Apostolat, um das Evangelium in jedes Umfeld zu bringen, auch in das feindseligste, ist die wahrste Frucht eines eifrigen sakramentalen Lebens, da es Teilnahme an der Heilsinitiative Gottes ist, der allen das Heil schenken möchte. Die Gnade der Sakramente nährt in uns einen starken und freudigen Glauben, einen Glauben, der über die »Wunder« Gottes zu staunen und den Götzen der Welt zu widerstehen weiß. Daher ist es wichtig, die Kommunion zu empfangen, ist es wichtig, dass Kinder früh getauft werden, dass sie die Firmung empfangen, denn die Sakramente sind die Gegenwart Jesu Christi in uns, eine Gegenwart, die uns hilft. Es ist wichtig, dass wir, wenn wir uns als Sünder fühlen, das Sakrament der Versöhnung empfangen. Jemand könnte sagen: »Ich habe aber Angst, denn der Priester wird mich hart bestrafen.« Nein, der Priester wird dich nicht hart bestrafen. Weißt du, wem du im Sakrament der Versöhnung begegnen wirst? Du wirst Jesus begegnen, der dir vergibt! Jesus ist es, der dort auf dich wartet; und das ist ein Sakrament, das die ganze Kirche wachsen lässt.
Ein zweiter Aspekt der Gemeinschaft an den heiligen Dingen ist die Gemeinschaft an den Charismen. Der Heilige Geist schenkt den Gläubigen eine Menge an Gaben und geistlichen Gnaden; dieser sozusagen »phantasievolle« Reichtum der Gaben des Heiligen Geistes dient dem Aufbau der Kirche. Die Charismen ein etwas schwieriges Wort sind die Geschenke, die uns der Heilige Geist gibt, Fähigkeiten, Möglichkeiten Diese Geschenke sind nicht dazu gegeben, verborgen zu werden, sondern um sie mit anderen zu teilen. Sie sind nicht für den gegeben, der sie empfängt, sondern zum Nutzen des Gottesvolkes. Wenn ein Charisma, ein solches Geschenk, dagegen dazu dient, sich selbst hervorzutun, darf man daran zweifeln, dass es sich um ein echtes Charisma handelt oder dass es treu gelebt wird.
Charismen sind besondere Gnaden, die einigen gegeben werden, um vielen anderen Gutes zu tun. Es sind Begabungen, Eingebungen und innere Antriebe, die im Gewissen und in der Erfahrung bestimmter Personen entstehen, die aufgerufen sind, sie in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen. Insbesondere kommen diese geistigen Gaben der Heiligkeit der Kirche und ihrer Sendung zugute. Wir alle sind aufgerufen, sie in uns und in den anderen zu achten, sie als nützliche Impulse für die Präsenz und das fruchtbare Wirken der Kirche anzunehmen. Der hl. Paulus mahnte: »Löscht den Geist nicht aus!« (1 Thess 5,19). Löschen wir den Geist nicht aus, der uns diese Geschenke macht, diese Fähigkeiten gibt, diese so schönen Tugenden, die die Kirche wachsen lassen.
Welche Haltung nehmen wir gegenüber diesen Gaben des Heiligen Geistes ein? Sind wir uns bewusst, dass der Geist Gottes frei ist, sie zu geben, wem er will? Betrachten wir sie als eine geistliche Hilfe, durch die der Herr unseren Glauben stützt und unsere Sendung in der Welt stärkt? Und kommen wir zum dritten Aspekt der Gemeinschaft an den heiligen Dingen: die Gemeinschaft in der Liebe, die Einheit unter uns, die durch die Liebe hergestellt wird. Als die Heiden die ersten Christen beobachteten, sagten sie: Wie sehr sie einander doch lieben, wie lieb sie einander haben! Sie hassen einander nicht, sie reden nicht schlecht übereinander. Das ist die Liebe, die Liebe Gottes, die der Heilige Geist uns ins Herz legt. Die Charismen sind wichtig im Leben der christlichen Gemeinschaft, aber es sind stets Mittel, um in der Liebe zu wachsen, die der hl. Paulus über die Charismen stellt (vgl. 1 Kor 13,1-13). Denn ohne die Liebe sind auch die außerordentlichsten Gaben nichts wert: Dieser Mann heilt Menschen, er hat diese Eigenschaft, jene Tugend aber hat er Liebe in seinem Herzen? Wenn er sie hat, gut wenn er sie aber nicht hat, dient er der Kirche nicht.
Ohne die Liebe dienen all diese Gaben und Charismen der Kirche nicht, denn wo keine Liebe ist, da ist eine Leere, die vom Egoismus gefüllt wird. Und ich frage mich: Wenn wir alle Egoisten sind, können wir dann in Gemeinschaft und im Frieden leben? Das kann man nicht, daher ist die Liebe notwendig, die uns vereint. Die kleinste unserer liebevollen Gesten hat gute Auswirkungen für alle! Die Einheit in der Kirche und die Gemeinschaft der Liebe zu leben bedeutet daher, nicht den Eigennutz zu suchen, sondern das Leiden und die Freude der Brüder zu teilen (vgl. 1 Kor 12,26), mit der Bereitschaft, die Last der Schwächsten und Ärmsten zu teilen. Diese brüderliche Solidarität ist kein rhetorisches Stilmittel, keine Redensart, sondern sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Gemeinschaft unter den Christen. Wenn wir sie leben, sind wir in der Welt Zeichen, »Sakrament« der Liebe Gottes. Wir sind es füreinander, und wir sind es für alle! Es handelt sich nicht nur um jene kleinen Liebesdienste, die wir einander erweisen können, es handelt sich um etwas Tieferes: Es ist eine Gemeinschaft, die uns fähig macht, in die Freude und in den Schmerz der anderen einzutreten, um sie uns aufrichtig zu eigen zu machen. Und oft sind wir zu gefühllos, gleichgültig, distanziert, und statt Brüderlichkeit zu vermitteln, vermitteln wir schlechte Laune, Kälte, Egoismus. Und mit schlechter Laune, Kälte, Egoismus kann man die Kirche nicht wachsen lassen: Die Kirche wächst nur durch die Liebe, die vom Heiligen Geist kommt. Der Herr lädt uns ein, uns zur Gemeinschaft mit ihm zu öffnen, in den Sakramenten, in den Charismen und in der Liebe, um so zu leben, wie es unserer christlichen Berufung würdig ist!
Und jetzt erlaube ich mir, euch um einen Akt der Nächstenliebe zu bitten. Keine Angst, es wird keine Kollekte durchgeführt! Bevor ich auf den Platz gekommen bin, habe ich ein anderthalb Jahre altes Mädchen getroffen, das eine sehr schwere Krankheit hat. Sein Vater und seine Mutter beten und bitten den Herrn um die Gesundheit dieses hübschen kleinen Mädchens. Sie heißt Noemi. Sie lächelte, die Ärmste! Tun wir einen Akt der Nächstenliebe. Wir kennen sie nicht, aber es ist ein getauftes Mädchen, sie ist eine von uns, sie ist eine Christin. Tun wir einen Akt der Nächstenliebe für sie und bitten wir in der Stille, dass der Herr ihr in diesem Augenblick helfen und ihr Gesundheit schenken möge. Einen Augenblick in Stille, und dann werden wir das »Ave Maria« beten. Und jetzt bitten wir alle zusammen die Gottesmutter um Gesundheit für Noemi. »Ave Maria « Danke für diesen Akt der Nächstenliebe.
Mittwoch, 13. November 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Im »Credo«, mit dem wir jeden Sonntag unseren Glauben bekennen, sprechen wir: »Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.« Es handelt sich um die einzige ausdrückliche Erwähnung eines Sakraments innerhalb des Glaubensbekenntnisses. Tatsächlich ist die Taufe die »Pforte« des Glaubens und des christlichen Lebens. Der auferstandene Jesus gab den Aposteln diesen Auftrag: »Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet« (Mk 16,15-16). Die Sendung der Kirche ist es, zu evangelisieren und durch das Taufsakrament die Sünden zu vergeben. Kehren wir jedoch zu den Worten des »Credo« zurück. Der Satz kann in drei Punkte unterteilt werden: »wir bekennen«, »die eine Taufe«, »zur Vergebung der Sünden«.
1. »Wir bekennen«: Was heißt das? Es ist ein feierliches Wort, das auf die große Bedeutung des Gegenstandes, also der Taufe, hinweist. Denn wenn wir diese Worte sprechen, bestätigen wir unsere wahre Identität als Kinder Gottes. Die Taufe ist gewissermaßen der Personalausweis des Christen, seine Geburtsurkunde. Sie ist die Urkunde der Geburt in der Kirche. Ihr kennt alle den Tag, an dem ihr geboren seid, und feiert den Geburtstag, nicht wahr? Wir alle feiern den Geburtstag.
Ich stelle euch eine Frage, die ich bereits einige Male gestellt habe, aber ich stelle sie noch einmal: Wer von euch erinnert sich an das Datum der eigenen Taufe? Hebt die Hand: Es sind wenige (und ich frage nicht die Bischöfe, um sie nicht zu beschämen ). Wir wollen etwas tun: Wenn ihr heute nach Hause kommt, dann fragt, an welchem Tag ihr getauft worden seid, schaut nach, denn das ist der zweite Geburtstag. Der erste Geburtstag ist der Tag der Geburt zum Leben, und der zweite Geburtstag ist der Tag der Geburt in der Kirche. Werdet ihr das tun? Es ist eine Hausaufgabe: mich nach dem Tag erkundigen, an dem ich der Kirche geboren wurde, und dem Herrn danken, dass er uns am Tag der Taufe die Pforte seiner Kirche geöffnet hat. Mit der Taufe ist zugleich unser Glaube an die Vergebung der Sünden gebunden. Denn das Sakrament der Buße oder Beichte ist gleichsam eine »zweite Taufe«, die stets auf die erste verweist, um sie zu festigen und zu erneuern. In diesem Sinne ist der Tag unserer Taufe der Ausgangspunkt eines wunderschönen Weges, eines Weges zu Gott, der das ganze Leben andauert, eines Bekehrungsweges, der beständig vom Sakrament der Buße unterstützt wird. Denkt daran: Wenn wir hingehen, um unsere Schwachheit, unsere Sünden zu beichten, gehen wir, um Jesus um Vergebung zu bitten, aber wir gehen auch, um durch diese Vergebung unsere Taufe zu erneuern. Und das ist schön, es ist, als feierten wir den Tag der Taufe in jeder Beichte. Die Beichte ist also keine Sitzung in einer Folterkammer, sondern sie ist ein Fest. Die Beichte ist für die Getauften! Um das weiße Gewand unserer christlichen Würde sauber zu halten!
2. Zweites Element: »die eine Taufe«. Dieses Wort erinnert an das Wort des heiligen Paulus: »ein Herr, ein Glaube, eine Taufe« (Eph 4,5). Das Wort »Taufe« bedeutet wörtlich »Eintauchen«, und in der Tat stellt dieses Sakrament ein wahres geistliches Eintauchen in den Tod Christi dar, aus dem man mit ihm als neue Geschöpfe aufersteht (vgl. Röm 6,4). Es handelt sich um ein Bad der Wiedergeburt und der Erleuchtung. Wiedergeburt, weil es jene Geburt aus Wasser und Geist verwirklicht, ohne die niemand in das Reich Gottes kommen kann (vgl. Joh 3,5). Erleuchtung, weil die menschliche Person durch die Taufe erfüllt wird von der Gnade Christi »das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet« (Joh 1,9) und die Finsternis der Sünde vertreibt. Daher gibt man den Eltern bei der Tauffeier eine brennende Kerze, um diese Erleuchtung zum Ausdruck zu bringen; die Taufe erleuchtet uns im Innern mit dem Licht Jesu. Kraft dieses Geschenks ist der Getaufte berufen, selbst zum »Licht« zu werden zum Licht des Glaubens, das er empfangen hat für die Brüder, besonders für jene, die in der Finsternis sind und die keinen Lichtschein am Horizont ihres Lebens erkennen.
Wir können uns fragen: Ist die Taufe für mich etwas, das der Vergangenheit angehört, das an einem bestimmten Datum nach dem ihr euch heute erkundigen werdet isoliert dasteht, oder ist sie eine lebendige Wirklichkeit, die in jedem Augenblick meine Gegenwart betrifft? Fühlst du dich stark, in der Kraft, die Christus dir durch seinen Tod und seine Auferstehung schenkt? Oder fühlst du dich niedergeschlagen, kraftlos? Die Taufe gibt Kraft und gibt Licht. Fühlst du dich erleuchtet mit jenem Licht, das von Christus kommt? Bis du ein Mann, eine Frau des Lichts? Oder bis du eine finstere Person, ohne das Licht Jesu? Man muss die Gnade der Taufe, die ein Geschenk ist, ergreifen und zum Licht für alle werden!
3. Abschließend ein kurzer Hinweis auf das dritte Element: »zur Vergebung der Sünden«. Im Sakrament der Taufe werden alle Sünden vergeben, die Erbsünde und alle persönlichen Sünden ebenso wie alle Sündenstrafen. Mit der Taufe öffnet sich die Pforte zu einer wirklichen Neuheit des Lebens, die nicht von einer negativen Vergangenheit belastet ist, sondern die bereits die Schönheit und die Güte des Reiches Gottes spüren lässt. Es handelt sich um das machtvolle Eingreifen Gottes in unser Leben, um uns zu retten.
Dieses Heilswirken nimmt unserer menschlichen Natur nicht ihre Schwachheit wir alle sind schwach, und wir alle sind Sünder , und es nimmt uns nicht die Verantwortung, jedes Mal, wenn wir einen Fehler machen, um Vergebung zu bitten! Ich kann mich nicht mehr als einmal taufen lassen, aber ich kann beichten und so die Taufgnade erneuern. Es ist, als empfinge ich eine zweite Taufe. Unser Herr Jesus Christus ist sehr gütig und wird nie müde, uns zu vergeben. Auch wenn die Pforte, die die Taufe uns geöffnet hat, um in die Kirche einzutreten, sich ein wenig schließt, aufgrund unserer Schwachheit und unserer Sünden, dann öffnet die Beichte sie wieder, eben weil sie gleichsam eine zweite Taufe ist, die uns alles vergibt und die uns erleuchtet, um mit dem Licht des Herrn voranzugehen. Gehen wir so voran, voll Freude, denn das Leben muss mit der Freude Jesu Christi gelebt werden; und das ist eine Gnade des Herrn.
Mittwoch, 20. November 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Vergangenen Mittwoch habe ich über die Vergebung der Sünden gesprochen, insbesondere mit Bezug auf die Taufe. Heute setzen wir das Thema der Sündenvergebung fort, aber in Bezug auf die sogenannte »Schlüsselgewalt«. Sie ist ein biblisches Symbol der Sendung, die Jesus den Aposteln gegeben hat.
Zunächst müssen wir in Erinnerung rufen, dass die Hauptperson der Vergebung der Sünden der Heilige Geist ist. Als Jesus den Aposteln im Abendmahlssaal zum ersten Mal erschien, hauchte der Auferstandene sie an und sagte: »Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert« (Joh 20,22-23). Der in seinem Leib verklärte Jesus ist nunmehr der neue Mensch, der die österlichen Gaben schenkt, Frucht seines Todes und seiner Auferstehung. Was sind diese Gaben? Der Friede, die Freude, die Vergebung der Sünden, die Sendung, vor allem aber schenkt er den Heiligen Geist, der die Quelle all dieser Dinge ist. Das Hauchen Jesu, begleitet von den Worten, mit denen er den Geist übermittelt, verweist auf die Weitergabe des Lebens, des neuen, durch die Vergebung neu geborenen Lebens.
Bevor er sie aber anhaucht und den Geist schenkt, zeigt Jesus seine Wundmale in den Händen und in der Seite: Diese Wundmale stellen den Preis unseres Heils dar. Der Heilige Geist bringt uns die Vergebung Gottes, indem er durch die Wundmale Jesu »hindurchgeht«. Diese Wundmale wollte er bewahren; auch in diesem Augenblick zeigt er dem Vater im Himmel die Wundmale, mit denen er uns erlöst hat. Kraft dieser Wundmale sind unsere Sünden vergeben: So hat Jesus sein Leben hingegeben für unseren Frieden, für unsere Freude, für das Geschenk der Gnade in unserer Seele, für die Vergebung unserer Sünden. Es ist sehr schön, so auf Jesus zu schauen!
Und wir kommen zum zweiten Element: Jesus verleiht den Aposteln die Macht, Sünden zu vergeben. Es ist etwas schwierig zu verstehen, wie ein Mensch Sünden vergeben kann, aber Jesus verleiht diese Macht. Die Kirche ist Sachwalterin der Schlüsselgewalt, sie kann die Vergebung öffnen oder verschließen. Gott vergibt jedem Menschen in seiner souveränen Barmherzigkeit, aber er selbst hat gewollt, dass alle, die zu Christus und zur Kirche gehören, die Vergebung durch die Amtsträger der Gemeinschaft empfangen.
Durch den apostolischen Dienst erreicht mich die Barmherzigkeit Gottes, ist meine Schuld vergeben und wird mir die Freude geschenkt. Auf diese Weise ruft Jesus uns auf, die Versöhnung auch in der kirchlichen, gemeinschaftlichen Dimension zu leben. Und das ist sehr schön. Die Kirche, die heilig ist und gleichzeitig der Buße bedarf, begleitet unseren Weg der Bekehrung das ganze Leben hindurch. Die Kirche ist nicht Herrin über die Schlüsselgewalt, sondern Dienerin des Dienstes der Barmherzigkeit, und sie freut sich jedes Mal, wenn sie dieses göttliche Geschenk weitergeben kann. Viele Menschen verstehen die kirchliche Dimension der Vergebung vielleicht nicht, weil stets der Individualismus, der Subjektivismus vorherrscht, und auch wir Christen bekommen das zu spüren. Gewiss, Gott vergibt jedem reuigen Sünder, persönlich, aber der Christ ist an Christus gebunden, und Christus ist eins mit der Kirche.
Für uns Christen gibt es ein Geschenk mehr, und es gibt auch eine Verpflichtung mehr: demütig den Weg über den kirchlichen Dienst zu gehen. Wir müssen das wertschätzen: Es ist ein Geschenk, eine Fürsorge, ein Schutz, und es ist auch die Sicherheit, dass Gott mir vergeben hat. Ich gehe zu einem Bruder, einem Priester, und sage: »Pater, ich habe dies getan « Und er antwortet: »Aber ich vergebe dir; Gott vergibt dir.« In diesem Augenblick bin ich sicher, dass Gott mir vergeben hat! Und das ist schön, das bedeutet, die Sicherheit zu haben, dass Gott uns immer vergibt, dass er nicht müde wird zu vergeben. Und wir dürfen nicht müde werden, hinzugehen und um Vergebung zu bitten. Man mag sich schämen, die Sünden auszusprechen, aber unsere Mütter und unsere Großmütter haben gesagt, dass es besser ist, einmal rot zu werden als tausend Mal gelb. Man wird einmal rot, aber die Sünden werden uns vergeben, und es geht weiter.
Abschließend ein letzter Punkt: der Priester als Werkzeug der Sündenvergebung. Die uns in der Kirche geschenkte Vergebung Gottes wird uns übermittelt durch den Dienst eines Bruders, des Priesters. Auch er ist ein Mensch, der wie wir Barmherzigkeit benötigt, und er wird wirklich zum Werkzeug der Barmherzigkeit, indem er uns die grenzenlose Liebe Gottes, des Vaters, schenkt. Auch die Priester müssen beichten, auch die Bischöfe: wir sind alle Sünder. Auch der Papst beichtet alle vierzehn Tage, denn auch der Papst ist ein Sünder. Und der Beichtvater hört die Dinge, die ich ihm sage, er rät mir, und er vergibt mir, weil wir alle diese Vergebung brauchen. Manchmal kommt es vor, dass man hört, wie jemand behauptet, er beichte direkt bei Gott Ja, wie ich vorhin gesagt habe, Gott hört dich immer, aber im Sakrament der Versöhnung schickt er einen Bruder, um dir die Vergebung zu bringen, die Gewissheit der Vergebung, im Namen der Kirche.
Der Dienst, den der Priester als Diener im Auftrag Gottes versieht, um die Sünden zu vergeben, ist sehr schwierig und erfordert, dass in seinem Herzen Frieden herrscht, dass im Herzen des Priesters Frieden herrscht; dass er die Gläubigen nicht quält, sondern sanftmütig, gütig und barmherzig ist; dass er es versteht, in den Herzen Hoffnung zu säen und dass er sich vor allem bewusst ist, dass der Bruder oder die Schwester, der oder die das Sakrament der Versöhnung empfängt, Vergebung sucht und dies tut wie viele Menschen, die zu Jesus gingen, damit er sie heile. Wenn ein Priester diese Geisteshaltung nicht hat, dann ist es besser, dass er solange er sich nicht ändert dieses Sakrament nicht spendet. Die reuigen Gläubigen haben das Recht, alle Gläubigen haben das Recht, in den Priestern Diener der Vergebung Gottes zu finden.
Liebe Brüder, sind wir uns als Glieder der Kirche der Schönheit dieses Geschenks bewusst, das Gott uns anbietet? Freuen wir uns über diese Aufmerksamkeit, diese mütterliche Fürsorge, die die Kirche uns gegenüber hat? Wissen wir sie mit Einfachheit und Beständigkeit wertzuschätzen? Wir dürfen nicht vergessen, dass Gott niemals müde wird, uns zu vergeben. Durch den Dienst des Priesters schließt er uns wieder in seine Umarmung ein, die uns neu geboren werden lässt und es uns möglich macht, wieder aufzustehen und den Weg wieder aufzunehmen. Denn das ist unser Leben: ständig wieder aufstehen und den Weg wieder aufnehmen.
Mittwoch, 27. November 2013
Liebe Brüder und Schwestern!
Guten Tag und meine Hochachtung für euren Mut in dieser Kälte auf dem Platz. Alle Achtung! Ich möchte die Katechesen über das Glaubensbekenntnis zu Ende bringen, die im »Jahr des Glaubens« gehalten wurden, das letzten Sonntag abgeschlossen wurde. In dieser und in der nächsten Katechese möchte ich über das Thema der Auferstehung des Fleisches sprechen und zwei Aspekte davon aufgreifen, wie sie vom Katechismus der Katholischen Kirche dargelegt werden: unser Sterben und unser Auferstehen in Jesus Christus. Heute verweile ich beim ersten Aspekt, dem »Sterben in Christus«.
Gewöhnlich wird der Tod bei uns auf falsche Weise betrachtet. Der Tod betrifft uns alle, er stellt uns vor tiefe Fragen, besonders dann, wenn er uns aus der Nähe betrifft oder wenn er die Kleinen, die Wehrlosen heimsucht, auf eine Weise, die uns »skandalös« erscheint. Mich hat stets die Frage bewegt: Warum leiden die Kinder? Warum sterben die Kinder? Wenn man den Tod als das Ende aller Dinge betrachtet, dann erschreckt er, macht Angst, dann wird er zu einer Bedrohung, die jeden Traum, jede Perspektive zerstört, jede Beziehung zerbricht und jeden Weg abbricht. Das geschieht dann, wenn wir unser Leben als eine zwischen zwei Pole eingespannte Zeit betrachten: Geburt und Tod; wenn wir nicht an einen Horizont glauben, der über das gegenwärtige Leben hinausgeht; wenn man so lebt als existiere Gott nicht. Diese Auffassung vom Tod ist typisch für das atheistische Denken, das die Existenz als zufällige Anwesenheit in der Welt und Unterwegssein zum Nichts betrachtet. Es gibt jedoch auch einen praktischen Atheismus, der darin besteht, nur für die eigenen Interessen und nur für die irdischen Dinge zu leben. Wenn wir uns von dieser falschen Sichtweise vom Tod vereinnahmen lassen, dann haben wir keine andere Wahl als den Tod zu verstecken, zu leugnen oder zu banalisieren, damit er uns keine Angst macht.
Gegen diese falsche Lösung rebelliert jedoch das »Herz« des Menschen, das Verlangen, das wir alle nach der Unendlichkeit haben, die Sehnsucht, die wir alle nach der Ewigkeit haben. Was also ist der christliche Sinn des Todes? Wenn wir auf die schmerzlichsten Augenblicke unseres Lebens blicken, in denen wir einen lieben Menschen verloren haben die Eltern, einen Bruder, eine Schwester, den Ehepartner, ein Kind, einen Freund , dann merken wir, dass auch im Drama des Verlustes, auch im Schmerz der Trennung aus dem Herzen die Überzeugung aufsteigt, dass nicht alles zu Ende sein kann, dass das Gute, das gegeben und empfangen wurde, nicht umsonst war. Es gibt in uns eine machtvolle Ahnung, die uns sagt, dass unser Leben nicht mit dem Tod endet.
Dieser Durst nach Leben hat seine wirkliche und verlässliche Antwort in der Auferstehung Jesu Christi gefunden. Die Auferstehung Jesu schenkt nicht nur die Gewissheit des Lebens nach dem Tod, sondern sie erleuchtet auch das Geheimnis des Todes eines jeden von uns. Wenn wir mit Christus vereint leben, ihm treu, werden wir in der Lage sein, auch dem Übergang des Todes mit Hoffnung und Frieden zu begegnen. Die Kirche betet nämlich: »Bedrückt uns auch das Los des sicheren Todes, so tröstet uns doch die Verheißung der künftigen Unsterblichkeit.« Das ist ein schönes Gebet der Kirche! Ein Mensch stirbt gewöhnlich so, wie er gelebt hat. Wenn mein Leben ein Weg mit dem Herrn war, ein Weg des Vertrauens auf seine unendliche Barmherzigkeit, dann werde ich vorbereitet sein, den letzten Augenblick meines irdischen Daseins als endgültige vertrauensvolle Hingabe in seine liebevollen Hände anzunehmen, in der Erwartung, sein Antlitz von Angesicht zu Angesicht zu betrachten. Das ist das Schönste, was uns geschehen kann: das wunderbare Antlitz des Herrn von Angesicht zu Angesicht zu betrachten, ihn zu sehen wie er ist: schön, voller Licht, voller Liebe, voller Zärtlichkeit. Wir gehen bis zu diesem Punkt: den Herrn schauen.
Vor diesem Horizont versteht man die Aufforderung Christi, stets bereit, wachsam zu sein, im Wissen, dass das Leben in dieser Welt uns auch gegeben ist, um das kommende Leben vorzubereiten, das Leben mit dem himmlischen Vater. Und dafür gibt es einen sicheren Weg: sich gut auf den Tod vorzubereiten, indem man Jesus nahe ist. Das ist die Gewissheit: Ich bereite mich auf den Tod vor, indem ich Jesus nahe bin. Und wie ist man Jesus nahe? Mit dem Gebet, in den Sakramenten und auch in der Übung der Nächstenliebe.
Erinnern wir uns daran, dass er in den Schwachen und Notleidenden gegenwärtig ist. Er selbst hat sich mit ihnen im berühmten Gleichnis vom Weltgericht identifiziert, wo er sagt: »Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Mt 25,35-36.40). Ein sicherer Weg besteht also darin, den Sinn für die christliche Nächstenliebe und das brüderliche Teilen wiederzuerlangen, sich um die leiblichen und geistlichen Wunden unseres Nächsten zu kümmern. Solidarität im Teilen des Schmerzes und das Schenken von Hoffnung sind Voraussetzung und Bedingung dafür, das für uns vorbereitete Reich als Erbe zu erlangen. Wer Barmherzigkeit übt, fürchtet den Tod nicht. Denkt gut darüber nach: Wer Barmherzigkeit übt, fürchtet den Tod nicht! Seid ihr einverstanden? Wollen wir es zusammen sagen, um es nicht zu vergessen? Wer Barmherzigkeit übt, fürchtet den Tod nicht. Und warum fürchtet er den Tod nicht? Weil er ihm ins Gesicht schaut in den Wunden der Brüder und ihn mit der Liebe Jesu Christi überwindet.
Wenn wir den geringsten Brüdern die Pforte unseres Lebens und unseres Herzens öffnen, dann wird auch unser Tod zu einer Pforte, die uns in den Himmel führt, in die selige Heimat, zu der wir unterwegs sind, mit dem Verlangen, für immer bei unserem Vater, Gott, bei Jesus, bei der Gottesmutter und bei den Heiligen zu weilen.
Mittwoch, 4. Dezember 2013
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute komme ich noch einmal auf das Wort zurück: »Ich glaube an die Auferstehung der Toten.« Es handelt sich um eine Wahrheit, die nicht einfach und alles andere als selbstverständlich ist, denn solange man in dieser Welt lebt, ist es nicht leicht, die kommenden Wirklichkeiten zu verstehen. Das Evangelium erleuchtet uns jedoch: Unsere Auferstehung ist eng verbunden mit der Auferstehung Jesu. Die Tatsache, dass er auferstanden ist, ist der Beweis, dass es die Auferstehung der Toten gibt. Ich möchte daher über einige Aspekte sprechen, die die Beziehung zwischen der Auferstehung Christi und unserer Auferstehung betreffen. Er ist auferstanden. Und weil er auferstanden ist, werden auch wir auferstehen.
Zunächst enthält die Heilige Schrift selbst einen Weg zum vollen Glauben an die Auferstehung der Toten. Dieser kommt zum Ausdruck als Glaube an Gott, den Schöpfer des ganzen Menschen Seele und Leib , und als Glaube an Gott, den Befreier, den Gott, der dem Bund mit seinem Volk treu ist. Der Prophet Ezechiel betrachtet in einer Vision die Gräber der Verbannten, die wieder geöffnet werden, und die ausgetrockneten Gebeine, die wieder zum Leben erwachen durch die Ausgießung eines lebenspendenden Geistes. Diese Vision bringt die Hoffnung auf die kommende »Auferstehung Israels« zum Ausdruck, also auf die Neugeburt des besiegten und gedemütigten Volkes (vgl. “Ez 37,1-14).
Im Neuen Testament bringt Jesus diese Offenbarung zur Vollendung und bindet den Glauben an die Auferstehung an seine eigene Person und sagt: »Ich bin die Auferstehung und das Leben« (Joh 11,25). Denn Jesus, der Herr, wird am letzten Tag alle auferwecken, die an ihn geglaubt haben. Jesus ist zu uns gekommen, er ist in allem Mensch geworden wie wir außer in der Sünde; auf diese Weise hat er uns auf seinem Weg der Rückkehr zum Vater mit sich genommen. Das fleischgewordene Wort, er, der für uns gestorben und auferstanden ist, schenkt seinen Jüngern den Heiligen Geist als Unterpfand der vollen Gemeinschaft in seinem herrlichen Reich, das wir wachsam erwarten. Diese Erwartung ist die Quelle und der Grund unserer Hoffnung: einer Hoffnung, die, wenn sie gepflegt und bewahrt wird unsere Hoffnung, wenn wir sie pflegen und bewahren , zum Licht wird, das unsere persönliche Geschichte und auch die gemeinschaftliche Geschichte erleuchtet. Denken wir immer daran: Wir sind Jünger dessen, der gekommen ist, der jeden Tag kommt und der am Ende kommen wird. Wenn es uns gelingen würde, uns diese Wirklichkeit besser vor Augen zu halten, wären wir weniger bedrückt vom Alltag, weniger im Vergänglichen verhaftet und eher bereit, mit Barmherzigkeit auf dem Weg des Heils zu wandeln.
Ein weiterer Aspekt: Was bedeutet »auferstehen«? Unserer aller Auferstehung wird am letzten Tag geschehen, am Ende der Welt, durch das Wirken der Allmacht Gottes, der unserem Leib das Leben zurückgeben und ihn wieder mit der Seele vereinigen wird, kraft der Auferstehung Jesu. Das ist die grundlegende Erklärung: Weil Jesus auferstanden ist, werden wir auferstehen. Wir haben die Hoffnung auf die Auferstehung, weil er uns die Tür zu dieser Auferstehung geöffnet hat. Und diese Verwandlung, diese Verklärung unseres Leibes wird in diesem Leben vorbereitet durch die Beziehung zu Jesus in den Sakramenten, besonders in der Eucharistie. Wir, die wir uns in diesem Leben mit seinem Leib und mit seinem Blut genährt haben, werden auferstehen wie er, mit ihm und durch ihn. Wie Jesus mit seinem Leib auferstanden, aber nicht zu einem irdischen Leben zurückgekehrt ist, so werden wir auferstehen mit unserem Leib, der in einen verherrlichten Leib verwandelt werden wird. Das ist keine Lüge! Das ist wahr. Wir glauben, dass Jesus auferstanden ist, dass Jesus in diesem Augenblick lebt. Glaubt ihr denn, dass Jesus lebendig ist? Und wenn Jesus lebendig ist, meint ihr dann, dass er uns sterben lassen und uns nicht auferwecken wird? Nein! Er wartet auf uns, und weil er auferstanden ist, wird die Kraft seiner Auferstehung uns alle auferwecken.
Ein letztes Element: Bereits in diesem Leben tragen wir einen Anteil an der Auferstehung Christi in uns. Wie es wahr ist, dass Jesus uns am Ende der Zeiten auferwecken wird, so ist es auch wahr, dass wir in gewisser Hinsicht bereits mit ihm auferstanden sind. Das ewige Leben beginnt schon in diesem Augenblick, es beginnt während des ganzen Lebens, das auf den Augenblick der endgültigen Auferstehung ausgerichtet ist. Wir sind nämlich schon durch die Taufe auferstanden, wir sind hineingenommen in den Tod und die Auferstehung Christi und haben teil am neuen Leben, das sein Leben ist. In Erwartung des letzten Tages haben wir daher in uns selbst ein Samenkorn der Auferstehung, als Angeld der vollen Auferstehung, die wir als Erbe erlangen werden. Daher ist auch der Leib eines jeden von uns ein Widerhall der Ewigkeit und muss daher stets in Ehren gehalten werden; und vor allem muss das Leben der Leidenden in Ehren gehalten und geliebt werden, damit sie die Nähe des Reiches Gottes spüren, jenes Zustands des ewigen Lebens, auf den wir zugehen. Dieser Gedanke schenkt uns Hoffnung: Wir sind auf dem Weg zur Auferstehung. Jesus sehen, Jesus begegnen: Das ist unsere Freude! Wir werden alle zusammen sein nicht hier auf dem Platz, sondern woanders , aber freudig mit Jesus. Das ist unsere Bestimmung!
Mittwoch, 11. Dezember 2013
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Heute möchte ich die letzte Reihe der Katechesen über unser Glaubensbekenntnis beginnen und den Satz »Ich glaube an das ewige Leben« behandeln. Insbesondere möchte ich etwas zum Jüngsten Gericht sagen. Aber wir dürfen keine Angst haben: Hören wir, was das Wort Gottes sagt. Wir lesen diesbezüglich im Evangelium nach Matthäus, dass Christus dann »in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm [ ] Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken. [ ] Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben« (Mt 25,31-33.46). Wenn wir an die Wiederkunft Christi und an sein Jüngstes Gericht denken, das bis in seine äußersten Konsequenzen hinein das Gute offenbaren wird, das ein jeder in seinem irdischen Leben vollbracht oder zu vollbringen unterlassen hat, dann spüren wir, dass wir einem Geheimnis gegenüberstehen, das uns übersteigt, das wir uns nicht einmal vorstellen können. Dieses Geheimnis erweckt in uns fast instinktiv ein Gefühl der Furcht und vielleicht auch der Sorge. Wenn wir jedoch gut über diese Wirklichkeit nachdenken, dann muss sie einfach das Herz eines Christen weit machen und ein starker Beweggrund für Trost und Vertrauen sein. In diesem Zusammenhang ist das Zeugnis der ersten christlichen Gemeinden äußerst eindrucksvoll.
Denn es war bei ihnen üblich, die Feiern und die Gebete mit dem Ruf »Maranathà« zu begleiten. Dieser Ausdruck besteht aus zwei aramäischen Wörtern, die, je nachdem wie sie betont werden, als Bitte »Komm, Herr!« oder als eine vom Glauben genährte Gewissheit verstanden werden können: »Ja, der Herr kommt bald, der Herr ist nahe.« In diesem Ruf gipfelt die ganze christliche Offenbarung, sie steht am Ende der wunderbaren Betrachtung, die uns in der Offenbarung des Johannes geboten wird (vgl. Offb22,20). In diesem Fall ist es die Kirche als Braut, die sich im Namen der gesamten Menschheit und als ihre Erstlingsfrucht an Christus, ihren Bräutigam, wendet und es kaum erwarten kann, von ihm umarmt zu werden: die Umarmung Jesu, die Fülle des Lebens und Fülle der Liebe ist. So umarmt uns Jesus. Wenn wir aus dieser Perspektive heraus an das Gericht denken, dann schwindet alle Angst und alles Zaudern und gibt der Erwartung und einer tiefen Freude Raum: Es wird genau der Augenblick sein, in dem wir endlich für bereit befunden werden, mit der Herrlichkeit Christi bekleidet zu werden wie mit einem Hochzeitsgewand und zum Festmahl geführt zu werden Bild der vollen und endgültigen Gemeinschaft mit Gott.
Ein zweites Motiv des Vertrauens bietet uns die Feststellung, dass wir im Augenblick des Gerichts nicht alleingelassen werden. Jesus selbst kündigt im Evangelium nach Matthäus an, dass am Ende der Zeiten jene, die ihm nachgefolgt sind, in seiner Herrlichkeit sitzen und mit ihm richten werden (vgl. Mt 19,28). Außerdem sagt der Apostel Paulus in seinem Schreiben an die Gemeinde von Korinth: »Wisst ihr denn nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? [ ] Also erst recht über Alltägliches« (1 Kor 6,2-3). Wie schön zu wissen, dass wir in dieser Lage außer auf Christus, unseren Parakleten, unseren Beistand beim Vater (vgl. 1 Joh 2,1), auf die Fürsprache und das Wohlwollen vieler unserer älteren Brüder und Schwestern zählen können, die uns auf dem Weg des Glaubens vorangegangen sind, die ihr Leben für uns hingegeben haben und die uns auch weiterhin unsagbar lieben! Die Heiligen leben bereits vor dem Angesicht Gottes, im Glanz seiner Herrlichkeit und beten für uns, die wir noch auf der Erde leben. Wie viel Trost erweckt diese Gewissheit in unserem Herzen! Die Kirche ist wirklich eine Mutter, und wie eine Mutter sucht sie das Wohl ihrer Kinder, vor allem derer, die fern sind und leiden, bis sie ihre Vollendung finden wird im verherrlichten Leib Christi mit allen ihren Gliedern.
Einen letzten Gedanken bietet uns das Evangelium nach Johannes, wo es ausdrücklich heißt: »Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat« (Joh 3,17-18). Das bedeutet also, dass das Jüngste Gericht bereits stattfindet, jetzt im Laufe unseres Lebens beginnt. Das Urteil wird in jedem Augenblick unseres Lebens gesprochen, als Bestätigung unserer gläubigen Annahme des in Christus gegenwärtigen und wirkenden Heils oder unserer Ungläubigkeit, mit der daraus folgenden Verschließung in uns selbst. Wenn wir uns jedoch vor der Liebe Christi verschließen, verurteilen wir uns selbst. Das Heil bedeutet, sich Jesus zu öffnen, und er rettet uns. Wenn wir Sünder sind und das sind wir alle , bitten wir ihn um Vergebung, und wenn wir zu ihm gehen mit dem Willen, gut zu sein, dann vergibt uns der Herr. Aber dafür müssen wir uns öffnen gegenüber der Liebe Jesu, die stärker ist als alles andere.
Die Liebe Jesu ist groß, die Liebe Jesu ist barmherzig, die Liebe Jesu vergibt; aber du musst dich öffnen, und sich öffnen bedeutet zu bereuen und sich der Dinge, die nicht gut sind und die wir getan haben, anzuklagen. Jesus, der Herr, hat sich für uns hingegeben und gibt sich auch weiter für uns hin, um uns mit der ganzen Barmherzigkeit und der Gnade des Vaters zu erfüllen. Wir können also gewissermaßen zu Richtern unserer selbst werden und uns selbst zum Ausschluss von der Gemeinschaft mit Gott und mit den Brüdern verurteilen.
Wir wollen daher nicht müde werden, über unsere Gedanken und unsere Haltungen zu wachen, um schon jetzt einen Vorgeschmack zu haben von der Wärme und dem Glanz des Angesichts Gottes und das wird wunderschön sein , das wir im ewigen Leben in seiner ganzen Fülle betrachten werden. Gehen wir voran im Gedanken an dieses Gericht, das jetzt beginnt, das bereits begonnen hat. Gehen wir voran und sorgen wir dafür, dass unser Herz sich öffnet für Jesus und für sein Heil. Gehen wir voran ohne Angst, denn die Liebe Jesu ist größer, und wenn wir um Vergebung bitten für unsere Sünden, dann vergibt er uns. So ist Jesus. Gehen wir also voran mit dieser Gewissheit, dass er uns zur Herrlichkeit des Himmels führen wird!
