Dem Geheimnis der satanischen Sünde muss das Geheimnis der satanischen Strafe entsprechen. Weil die Sünde Satans im Naturalismus besteht, im Protest gegen den Himmel als Reich der Gnade, muss die Strafe Satans im absoluten Gegensatz zum Himmel bestehen. Der Gegensatz zum Himmel aber ist die Hölle. Der Gegensatz zum Reich der göttlichen Gnade ist das Reich des göttlichen Zornes.
Die Heilige Schrift berichtet uns über die grosse Exkommunikation, die Ausscheidung Satans und seines Anhangs aus der Gemeinschaft der Engel, aus der Region der Lichtwelt in die Region der Finsternis und der Unterwelt: «Es gab eine Schlacht im Himmel. Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Und der Drache mit seinen Engeln kämpfte. Sie richteten aber nichts aus und ihr Platz im Himmel ging verloren. Und der grosse Drache, die alte Schlange, die Teufel heisst und Satan, die alle Welt verführt, wurde hinabgeworfen, zur Erde. Und mit ihr gestürzt wurden seine Engel» (Offb. 12, 7 ff.).
Die Höllenfahrt der Teufel aus der Gottesnähe in die Gottesfeme vollzieht sich in zwei Stationen. Die erste Station der Höllenfahrt ist für viele vorerst der Sturz in die Luftregion. Der heilige Paulus spricht von einer Welt, die unter dem Einfluss des Fürsten steht, der Macht hat in dieser Luft (Eph. 2, 2). Dieser Aufenthalt hat provisorischen Charakter. Die bösen Geister haben hier noch eine gewisse Bewegungsfreiheit. Sie tragen die Hölle in sich, aber sie können als Versucher und Quäler den Erdkreis durchschweifen.
Die Schlussstation des Engelsturzes ist die eigentliche Hölle. Irgend ein Ort der Unterwelt, wo der Satan wie in einem Zentralgefängnis festgehalten wird (Jud. 1, 6). Endgültig ist dieser Aufenthalt Satans mit dem Weltgericht. Seine Ewigkeit ist begründet in der Natur des Satanismus. Wenn wir in unserer humanitären Sentimentalität uns an diesem Ewigkeitscharakter der Strafe stossen, so kommt das daher, dass wir immer wieder vergessen, was Satanismus ist. Die Hölle Satans ist deswegen von immerwährender Dauer, weil Satan das so will.
Die Sünde Satans hat etwas Definitives. Was er will, das will er ganz und für immer. Einmal gegen Gott bleibt er gegen Gott. Einmal prinzipieller Gegner der Gnade, will er für alle Zukunft prinzipiell nichts von Gnade wissen. Satanismus ist ewige Sünde. Im Bösen verstockt ist Satan unfähig zu jener Gesinnungsänderung, die wir als Reue bezeichnen. Wo aber keine Sinnesänderung, kann auch von keiner Amnestie die Rede sein. Die Logik des Satanismus verlangt die Ewigkeit der Höllenstrafe.
Was ist die Hölle Satans? Absolute Gottferne. Vollkommene Gottlosigkeit. Die Hölle Satans ist die Ewigkeit ohne Gott. Um das zu verstehen, müssen wir bedenken, dass Satan der Natur nach blieb, was er war. Der Teufel ist Luzifer und Luzifer ist ein Engel. Ein gefallener Engel gewiss, aber immerhin ein Engel. Der Sündenfall hat wohl die Qualität des Engels verändert, aber nicht sein Wesen. Es gehört aber zum Wesen des intelligenten Geschöpfes, naturnotwendig immer wieder zurückzustreben zu dem, von dem es ausgegangen. Zu Gott.
Dieser Naturdrang zu Gott lebt auch im Satan trotz seines Abfalls von Gott weiter. Und das macht das Wesenhafte seiner Hölle aus. Das namenlose Unglücklichsein, das entsteht, wenn die Natur eines Wesens in unzerstörbarem Drang nach dem strebt, von dem der Wille in seiner verstockten Bosheit sich beständig abkehrt. Engel sein und gleichzeitig Teufel, ist eine unerträgliche Höllenqual.
Was ist die Hölle Satans? Ewiges Gefesseltsein in einem Gefängnis (Jud. 1, 6). Das Nichtmehrbesitzen der Handlungsfähigkeit und Bewegungsfreiheit. Erinnern wir uns wiederum: Luzifer war nach St. Thomas Führer. Chef jener Hierarchie von himmlischen Geistern, denen die Sorge für das materielle Universum anvertraut war. Ein Geist von riesenhafter Aktivität. Und der ist nun in der Hölle, ein sozusagen an Händen und Füssen Gebundener. In Ewigkeit. Aktivist sein, handeln wollen, handeln müssen, und das aus Naturnotwendigkeit, und nicht mehr handeln und sich bewegen können — das ist eine Hölle. Das ist die Hölle Satans.
Damit in Zusammhang ist ein anderes. Satans Ehrgeiz ist die Gestaltung eines unermesslichen Reiches von satanischen Geistern und satanisierten Menschen, die seinen Inspirationen gehorchen. Solange die Weltgeschichte läuft, kann er diesen Ehrgeiz einigermassen befriedigen. Am Tage des Weltgerichtes, der ein Tag der Entlarvung Satans sein wird, wird es allen Teufeln und Verdammten offenbar werden, dass sie belogen und vergewaltigt wurden und Satan sie nur zu seiner selbstsüchtigen Reichspolitik missbrauchte. Alle Gefolgschaft wird damit aufhören. Alle Getreuen werden in wütendem Hass ihn verfluchen und verfolgen. Satan wird allein sein. Satan der Weltherrscher ist der Einsame geworden. Der Verlassene. Die ganze unendlich lange Ewigkeit allein. Das ist eine Hölle.
Und diese Hölle ist Qual. Christus, der es weiss, spricht von einem ewigen Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet worden ist (Matth. 25, 41). Luzifer wollte nichts von einem geschenkten Himmel wissen. Er suchte als Naturalist seine ganze Seligkeit in seinem ureigenen Wesen und in seinem selbst geschaffenen Reich. In dem, was er selber war und in dem, was er selber hatte. Und nun ist er ganz arm geworden. Die Schöpfung, die er missbrauchte, bietet ihm nichts mehr. Nichts als den rasenden Schmerz. Die geheimnisvolle Feuerqual. Auch das ist Logik der Gerechtigkeit. Der Naturalismus machte, Gott zum Trotz, die Natur zum Himmel, zum Himmel ohne Gott und nun wird die Natur ihm zur Hölle. Die Hölle ist die Widerlegung des Naturalismus. Es gibt schlussendlich keinen Himmel im Universum als den Himmel der Gnade.
Was folgt daraus? Die Hölle ist, was man auch immer gegen sie vorbringen mag, der Ort der Gerechtigkeit. Die Gerechtigkeit verlangt: Jedem das Seine! Jeder bekommt, was er will. In gewissem Sinne liegt also etwas Wahres in der liberalen Phrase: yeder soll nach seiner Façon «selig» werden. Wer den Himmel will, wird den Himmel bekommen. Wer den Himmel nicht will, wird den Himmel nicht bekommen. Er muss also, weil es neben dem Himmel in der Ewigkeit nur noch eine Hölle gibt, in diese kommen. Schliesslich hat dann jeder das Seine. Der Christ und der Satan.
Die Weltgeschichte ist ein Mysterienspiel, dessen Verfasser Gott ist und dessen Spieler die Engel und die Menschen. Das Thema ist «Natur ohne Gnade oder Natur mit Gnade». So sehr es uns oft reizt, vorschnell und mit Kritik über den Verfasser herzufallen, die Gerechtigkeit verlangt, mit dem Urteil zurückzuhalten bis zum Schlusse des Dramas «Weltgeschichte». Der Schlussakt ist das Weltgericht.
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Quelle: Robert Mäder: Der Heilige Geist – Der dämonische Geist, Verlag St. Michael, Goldach (Schweiz), 1969
