Die denkwürdigste Stätte von Nazareth im Heiligen Land ist wohl unstreitig “Mariae Verkündigung“. Sie ist der prächtigste Bau des Städtchens und wohl eines der schönsten Heiligtümer des HI. Landes. Sie gehört den Katholiken. Die Kirche ist nicht groß und im Verhältnis zur Höhe und Breite vielleicht etwas zu kurz. Nicht die Patres, nicht die Baumeister sind schuld daran, sondern die Habsucht und Geldgier der damaligen Türken, welche nur gegen große und unerschwingliche Geldsummen eine größere Länge zugestehen wollten. Im Barockstil gar schön und solid gebaut, ist sie reich mit Marmor geziert und doch nicht mit Schmuck überladen. Auf mächtigen Säulen, neben welchen rechts und links ein Seitengang hinführt, ruht das Gewölbe. Der Hochaltar, der über dem ehemaligen Hause Mariens steht, ist ein herrliches, von Gold und Marmor strotzendes Weihegeschenk des Kaisers Franz Joseph von Osterreich. Zwei marmorne Treppen von je 12 Stufen führen hinauf, eine andere breitere von 15 Stufen aber führt in die Grottenkapelle, das Nazareths größtes Heiligtum in sich birgt. Die orientalischen Christen wag(t)en nur mit bloßen Füßen dasselbe zu betreten. Diese Grotte heißt “Engelskapelle” und bezeichnet genau die Stelle, welche heute noch von den Grundmauern des hl. Hauses umfaßt wird. Sie ist an den Wänden mit weißem Marmor bekleidet, hat zwei Altäre von weißem und Säulen von buntfarbigem Marmor, während oben die natürlichen Felsen sichtbar sind. Der Altar links ist dem hl. Erzengel Gabriel, jener zur Rechten dem hl. Joachim und der hl. Anna geweiht. Eine Granitsäule, halb in die Wand eingelassen, bezeichnet den Ort, an dem der Erzengel Gabriel gestanden. Eine andere aus Porphyr, 50 cm im Durchmesser, aber die Stelle, an der die hochgebenedeite Jungfrau betete, als sie die frohe Botschaft empfing. Die Sarazenen, welche in derselben verborgene Schätze zu finden hofften, haben sie in der Mitte entzweigeschlagen. Der obere Teil samt dem Kapitäle ist durch Klammern mit dem Gewölbe dauerhaft befestigt und hängt noch von der Decke herunter in die Luft. Nach der Überlieferung soll sie von der hl. Helena herrühren. In der Mitte der Rückwand gelangt man zwei Staffeln tiefer in den vordern Teil der Felsengrotte, in der der Altar der Verkündigung steht. (Auf diesem Altar wurde immer die Missa de Annuntiatione B.M.V., von der Verkündigung Marias gelesen.) Unter und über dem Altar brennen zahlreiche goldene und silberne Lampen zwischen mit frischen Blumen geschmückten Urnen. Ein schönes Ölgemälde stellt die Szene der Verküdigung dar. Auf dem Marmorboden sind in Goldschriftdie Worte zu lesen:
“Verbum hic caro factum est.”
“Das Wort ist hier Fleisch geworden.”
Die hintere ganz dunkle Kapelle hat einen Altar (Das Altargemälde stellt die Flucht nach Aegypten dar.) mit der Inschrift:
“Hic erst subditus illis.”
“Hier war er ihnen untertan.”
Ein enger Gang führt 12 Stufen aufwärts in eine zweite dunkle Felsenhöhle, welche als Küche der hl. Jungfrau bezeichnet wird. Ein uralter Kamin, den man dort heute noch sieht, scheint diesen Namen zu rechtfertigen.
Diese hervorragende Stätte war die Wohnung des hl. Joachim und der hl. Anna, dann der Aufenthalt des hl. Joseph, oder besser gesagt, der durch eine lange Reihe von Jahren ärmste und heiligste Palast Jesu, Mariä und Josephs.
Nicht mit Unrecht wird daher das hl. Haus sowohl vor als nach der Himmelfahrt Christi ehrwürdig genannt. Man kann es gewissermaßen als das Buch von der Nachfolge Christi bezeichnen, in dem Gelehrte und Ungelehrte, Arm und Reich, Hohe und Niedere lesen können.
Daß dies hl. Haus zuerst in der Stadt Nazareth gestanden, geht hervor aus Lukas Kap. 1, in dem es heißt: “In jener Zeit ward der Erzengel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt Galiläas, mit Namen Nazareth, zu einer Jungfrau, welche mit einem Manne vom Hause Davids verlobt war, welcher Joseph hieß, und der Name der Jungfrau war Maria” u.s.w.
Die Überlieferung, die Apostel hätten dieses hl. Haus wegen der hohen, zum Heile des menschlichen Geschlechtes darin vollbrachten Geheimnisse, in ein Bethaus verwandelt, indem sie es mit großer Feierlichkeit einweihten, kann vernünftigerweise nicht angezweifelt werden, im Gegenteil bezeugt schon Flavius Lucius Dexter in seiner Chronik vom Jahre 42 nach Christus folgendes: “Der hl. Jakobus (der ältere nämlich) war in diesem Jahre zugleich mit den andern Aposteln bei der Einweihung des hl. Hauses von Nazareth zugegen, worin die Jungfrau Gott empfing.”
Als der Kirche nach 300jähriger Schmach und Verfolgung der Friede wiedergegeben und die Lehre Christi als Staatsreligion erklärt worden war, besuchte die hl. Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, im Jahre 336 Nazareth und die andern Orte des HI. Landes. Sie umgab das HI. Haus mit einem prachtvollen Tempel, der folgende Inschrift hatte: “Dieses ist das Heiligtum, in welchem der erste Grund zum Heile der Menschheit gelegt worden ist.” (Die Fundamente sind, da das hl. Haus bekanntlich ohne dieselben übertragen wurde, heute noch an der Stätte Mariae Verkündigung zu sehen.)
Um das Jahr 386 kamen der hl. Hieronymus und die hl. Paula nach Nazareth und besuchten mit andächtigem Herzen das in besagter Basilika gelegene Haus. Der hl. Hieronymus sagt ausdrücklich: “Nazareth ist ein kleiner Ort in Galiläa und hat eine Kirche an der Stätte, wo der Engel zur hl. Maria kam, um ihr die Botschaft zu bringen, und eine andere, wo der Herr auferzogen wurde.” (Hieronymus, de locis Hebr., cap. 16.) Das Gleiche bestätigen uns der hl. Antonius der Martyrer, Arculf und Willibald. Von jetzt an mehren sich die Besuche aus dem Abendland. Doch waren die Pilger vor den Überfällen wilder Araber oder der Sarazenen nie sicher. Mit der Herrschaft der Türken, welche um das Jahr 1050 Jerusalem und das hl. Land eroberten, wurden diese Bedrückungen noch ärger. Als in den ruhmvollen Tagen des ersten Kreuzzuges der kühne und fromme Tankred Fürst von Galiläa wurde, bekam Nazareth einen Erzbischof, und die Reihenfolge seiner Nachfolger wurde selbst nach der für die Herrschaft der Christen im Morgenland verhängnisvollen Schlacht bei Hittin (5. Juli 1187) nicht unterbrochen.
Hierher pilgerte 1219 der hl. Franz von Assisi. Wir lesen in der Ordenschronik des Minoritenordens: “Endlich kam er nach Nazareth, um das Haus zu verehren, in welchem das Wort ist Fleisch geworden. Hier fiel er auf seine Kniee und begann mit häufigen Thränen den kostbaren Boden zu benetzen, den Jesus und Maria so oft betreten haben.”
Als König Ludwig IX., nach seinem unglücklichen Kreuzzug aus der Gefangenschaft des ägyptischen Sultans befreit war, besuchte er vor seiner Heimreise noch den geheiligten Boden. Am 25. März 1252 kniete er voll Andacht im hl. Hause und empfing unter Tränen die hl. Kommunion am Verkündigungsaltar. Zum Andenken an diesen Besuch ließ König Ludwig ein Wandgemälde an der innern Wand des hl. Hauses anbringen, das ihn selbst im Gebete vor dem Bild der hl. Jungfrau darstellt. Im Jahr 1626 war dies noch im hl. Haus zu Loreto sichtbar, ja selbst heute noch soll ein scharfes Auge Spuren davon entdecken können. Als im Jahre 1263 Nazareth und das hl. Land in die Hand des wilden, rohen Sultans Bibras kam, wurden die Christen in Palästina wieder hart bedrängt. Er zerstörte unter andern Denkwürdigkeiten auch den von der hl. Helena erbauten Dom in Nazareth. Doch das hl. Haus blieb unversehrt. Ein erneuter Versuch der Kreuzfahrer, das HI. Land zu erobern, war 1271 mißlungen, und als 1291 das letzte Bollwerk der Christen, die herrliche Meeresstadt Ptolemais, in den Besitz des Halbmondes gekommen war, da mußten Jahrhunderte vergehen, ehe das Kreuz wieder auf dem geweihten Boden des HI. Landes sich zeigen konnte als leuchtendes und siegreiches Zeichen der Christenheit. Das HI. Haus aber, das Throngemach des einst auf Erden wandelnden Gottmenschen, floh gleichsam von den durch so große Verwüstung und Gottlosigkeit entweihten Gegenden und wurde durch den Dienst der Engel unter dem Pontifikat Nikolaus IV. über Länder und Meere zuerst nach Dalmatien, später nach Italien getragen.
Die Übertragung des hl. Hauses nach Dalmatien
Am 10. Mai 1291 gerieten arme Landleute zwischen den Städten Fiume und Tersato in Dalmatien (heute Trsat, Jugoslawien), welche ihr Vieh, wie immer, auf die dort befindlichen Anhöhen trieben, in nicht geringes Erstaunen, als sie auf einer derselben, an einer Stelle, wo noch nie ein Gebäude gestanden hatte, ja, wo noch am Abend vorher nicht die geringste Spur eines solchen gewesen war, ein unscheinbares Häuschen mit einem Fensterchen, und einem Glockentürmchen gewahrten. Sie wagten nicht, in das Gebäude einzutreten, versammelten aber bald eine ansehnliche Menschenmenge um sich, welche ebenso erstaunt und in Aufregung war. Das Häuschen war ungefähr 32 Fuß lang, 10 Fuß breit und 18 Fuß hoch. Es war aus einem Gestein gebaut, wie er sich in Dalmatien nicht fand. Ohne Grundmauern stand es auf einer grünenden Wiese. Endlich getrauten sich einige, voll heiliger Ehrfurcht, in das Haus einzutreten und fanden, daß an den Wänden noch Spuren früherer Malereien waren, die Decke aber einen himmelblauen Grund mit goldenen Sternen hatte. Da war ein steinerner Altar mit einem Kreuz, zur Seite in der Wand eine Nische mit einer lieblichen, aus Holz geschnitzten Madonna, gegenüber stand ein sonderbarer Schrank zur Aufbewahrung von einigem irdenen Geschirr. Während alle voll heiliger Scheu sich das merkwürdige Haus betrachteten und allerlei Vermutungen über dasselbe aussprachen, erschien zu ihrem größten Erstaunen der fromme, greise Seelenhirt Alexander di Giorgio zu Tersato. Derselbe war schon seit drei Jahren an das Bett gefesselt und verkündete ihnen mit verklärtem Gesicht, er sei plötzlich geheilt. In der letzten Nacht sei ihm in einer Vision die Mutter Gottes erschienen und habe ihm gesagt, daß dieses wunderbare Haus ihr einstiges, irdisches Wohngemach sei, in dem sie des Engels Botschaft empfing. Engelshände hätten es von Nazareth über das Meer getragen. Der Altar in demselben sei vom hl. Petrus selbst errichtet und geweiht, das Kreuzbild und die Madonna seien vom hl. Evangelisten Lukas gemalt.
Voll heiliger Rührung drängte sich nun das Volk in die Hütte, und bald hatte sich die Kunde von diesem wunderbaren Ereignis überallhin verbreitet. Wie im Hl. Lande, so strömten auch dahin Scharen von Pilgern, ja noch viel größere. Auch zu Ohren des deutschen Kaisers Rudolf von Habsburg drang die Kunde. Eine eigene Kommission von gelehrten und besonnenen Männern wurde nun nach dem Heiligen Land geschickt, welche sich an Ort und Stelle über die Wahrheit erkundigen sollten. Und siehe, in Nazareth fanden sie die Christen untröstlich über den Verlust des Hl. Hauses, welches von ihnen auf unerklärliche Weise verschwunden war. Das Maß, welches die Männer von dem Häuschen in Dalmatien genommen hatten, stimmte ganz genau mit den in Nazareth noch vorhandenen Grundmauern und ebenso stimmte die Zeit des Erscheinens des Hauses in Dalmatien mit dessen Verschwinden in Nazareth überein. Jetzt konnte kein Zweifel mehr sein, und die Pilgerfahrt nach dem neuen Heiligtum nahm immer mehr zu. Graf Nikolaus Frangipani, Statthalter von Dalmatien, ließ das Hl. Haus mit einem starken, hölzernen Bau umgeben, um es gegen den Einfluß der Witterung zu schützen, ja er hatte schon den Vorsatz gefaßt, eine Kirche zu bauen, um den kostbaren Schatz zu ehren.
Aber die hl. Jungfrau hatte es anders beschlossen und die Freude der Bewohner zu Tersato und Umgebung sollte nicht von langer Dauer sein.
Übertragung nach Loreto in Italien
In der Nacht des 10. Dezember 1294 verschwand das Hl. Haus von Tersato und ward an die Küste des adriatischen Meeres versetzt, in die Picenische Landschaft. Die ersten Zeugen, die es sahen, waren abermals arme Hirten, welche auf einer Anhöhe, unweit der Stadt Recanati, bei ihren Herden Nachtwache hielten. Sie sahen hoch in den Lüften über dem Meere ein Haus, von Lichtglanz umflossen, heranschweben, das in einem Walde, unweit der Meeresküste, niedergelassen wurde. Sie beeilten sich, die erleuchtete Stelle aufzusuchen und fanden ein Häuschen von fremder Bauart auf einer bis dahin unbewohnten Stelle. Sie traten ein, und alles, was sie sahen, erfüllte sie mit heiliger Andacht und Wonne, aber auch mit Erstaunen. Bis Tagesanbruch verweilten sie betend in dem Heiligtum und betrachteten es mit heiliger Scheu. Voll Freude eilten sie nach Recanati und erzählten ihren Herren alles, was sie in der vergangenen Nacht gesehen und erlebt hatten. Groß war das Erstaunen der Bewohner von Recanati bei dieser Erzählung. Wenn auch anfangs diese nicht recht geglaubt werden wollte, so gaben sie doch dem Drängen der Hirten nach, sich selbst an Ort und Stelle von der Wahrheit der Tatsache zu überzeugen. Und was erblickten sie? Ein Häuschen, von fremdartigem Aussehen, nicht erst neu gebaut, ohne Grundmauern auf dem Boden stehend, nirgends von der Seite gestützt, im Innern aber einen Altar, eine Statue der allerseligsten Jungfrau mit dem Jesuskind auf dem Arm u.s.w. Sofort kehrten sie nach Hause zurück und verkündeten eilends laut das frohe Ereignis. Augenblicklich war die ganze Stadt auf den Beinen. Alles wollte Zeuge sein und beten vor dem wunderbaren Bilde Mariens. Kranke und Sieche fanden plötzlich Heilung in diesem unscheinbaren Häuschen. Sünder bekehrten sich und fingen ein bußfertiges Leben an. Was war wohl natürlicher, als daß dieses Ereignis sich überallhin verbreitete und immer mehr Pilgerscharen an sich zog? Zufällig kamen auch einige Kaufleute aus der Gegend von Fiume und Tersato nach Recanati und zogen, als sie von dem neuen Gnadenort hörten, dahin. Aufs höchste waren sie erstaunt, als sie in demselben das Hl. Haus von Nazareth erkannten, das zum großen Schmerz der Dalmatiner von ihnen verschwunden war. Als die Recanater dies erfuhren, war natürlich ihre Freude unbeschreiblich. Eine nach Dalmatien und Nazareth reisende Gesandtschaft fand alles bestätigt. Von da an strömten wieder Scharen von Pilgern zu dem Heiligtum, das den Namen “Domus lauretana”, “Haus von Loreto”, erhielt. Infolge der vielen Pilger zog sich aber auch schlechtes Gesindel in der Umgegend zusammen, das die Pilger überfiel und beraubte, so daß man fast nicht mehr dem Heiligtum sich zu nahen wagte. Doch siehe, das Hl. Haus rückte nun den menschlichen Wohnungen um etwa 1000 Schritte näher, an eine Stelle, die zwei Brüdern von Recanati gehörte. Allein auch hier blieb es nicht. Die beiden Brüder gerieten wegen der vielen Opfergaben miteinander in Streit und zeigten sich so durch ihre Habgier der Gnadenstätte als unwürdig. Gleichsam zur Bestrafung des Unfriedens entfernte sich das Hl. Haus und ward am 7. September 1295 mitten auf die Landstraße gestellt und zwar genau an den heutigen Standort, der nur 200 Schritte vom Gebiete der feindlichen Brüder entfernt war und zu Recanati gehörte.
Einige Beweise für die Echtheit des hl. Hauses
Das ist die Geschichte der wunderbaren Übertragung des hl. Hauses von Nazareth nach Tersato und Loreto. Die ganze Erzählung stützt sich auf die unzweifelhaftesten, geschichtlichen Zeugnisse. Aus der großen Zahl derselben wollen wir nur einige wenige anführen.
Eine Gesandtschaft von 16 angesehenen Bürgern der Provinz Picenum, die im Jahre 1296 nach Dalmatien und nachher nach Palästina ging, stimmte genau mit dem Zeugnis der ersten Gesandtschaft aus Dalmatien überein. Auch die kirchliche Obrigkeit untersuchte alles aufs genaueste und strengste. Papst Clemens VII. sandte eine fachkundige Gesandtschaft nach Tersato und Nazareth. Diese prüfte dort alle Einzelheiten und fand dabei die Übertragung und die Echtheit des Hl. Hauses außer allem Zweifel.
Der edle und fromme Statthalter von Dalmatien, Nikolaus von Frangipani, ließ auf dem Platze, auf dem das hl. Haus 3 1/2 Jahre gestanden, eine Gedenkkapelle errichten. Ein Nachkomme desselben, Martin mit Namen, erbaute im Jahre 1453 darüber eine geräumige Kirche samt einem Franziskanerkloster. Beide stehen heute noch in hohen Ehren. Eine Gedenktafel aus Stein, auf der kurz die Geschichte der Ankunft des hl. Hauses eingegraben ist, findet sich ebenfalls heute noch bei einer Kapelle an der Stiege. Die Inschrift jenes Steines, den Nikolaus Frangipani aufstellen ließ, lautet: “Venne la Casa della Beata Vergine Maria da Nazaret a Tersato l’anno 1291 alli 10 di maggio e si partì alli 10 di dicembre 1294.” — “Das hl. Haus der gebenedeiten Jungfrau Maria kam den 10. Mai 1291 von Nazareth nach Tersato und entfernte sich den 10. Dezember 1294 von da wieder.” (Übrigens soll, laut kürzlicher Ankündigung, Papst Johannes Paul II. am 10. Mai 1991 zur 700-Jahrfeier der Übertragung des HI. Hauses nach Tersatz nach Fiume und Trsat reisen, um an den geplanten großen Feierlichkeiten teilzunehmen!)
Die Dalmatiner konnten den Verlust des hl. Hauses nur schwer ertragen. Noch lange zogen sie über das Meer nach Loreto und beweinten ihn schmerzlich. Mehr als 200 Jahre nach dem Verschwinden des Hl. Hauses hörte man sie unter Seufzen und Tränen in Loreto rufen: “Komm, o komm zurück, Maria, o heiligste Maria, komm zurück, nach Fiume kehre zurück.”
Im Laufe der Jahrhunderte hat das Hl. Haus von Loreto den geschichtlichen Nachweis wie die kritisch-wissenschaftlichen Untersuchungen gänzlich ausgehalten. Mit menschlicher Gewißheit konnten daher die Päpste die Echtheit des Hl. Hauses in Loreto verkünden. Wir erwähnen aus der großen Zahl derselben — es sind deren mehr als 50 — nur einige wenige Repräsentanten.
Julius II. (1503-13) besuchte 1508 das Heiligtum und sagt von ihm in seiner Bulle vom 23. Oktober 1507: “Daß dort in Loreto das Zimmer ist, in dem die gebenedeite Jungfrau empfangen, in dem sie unter Mitwirkung des Hl. Geistes den Weltheiland empfing, wo sie ihren Sohn ernährte und erzog.”
Clemens IX. (1667-69) schrieb zum 10. Dezember jene denkwürdigen Worte ins römische Martyrologium: “Laureti in Piceno Translatio sacrae Domus Dei Genitricis Mariae, in qua Verbum Caro factum est.”— “Zu Loreto in Picenum die Übertragung des heiligen Hauses der Gottesgebärerin Maria, in dem das Wort ist Fleisch geworden.” Innocenz XII. (1691-1700) befahl in der sechsten Lektion den Tagzeiten zum 10. Dezember folgendes beizufügen: “Das Geburtshaus der allerseligsten Jungfrau selbst, durch göttliche Geheimnisse geweiht, ist durch die Engel aus der Gewalt der Ungläubigen zuerst nach Dalmatien, darauf unter der Regierung des hl. Coelestin V. auf das Lauretanische Gebiet in der Provinz Picenum übertragen worden; und daß dies eben jenes Haus sei, in welchem das Wort Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat, wird sowohl durch päpstliche Urkunden und die größte Verehrung des ganzen Erdkreises, als auch durch fortwährende Wunderwirkung und Verleihung himmlischer Gaben bestätigt. Hierdurch bewogen, hat Innocenz XII., damit die Gläubigen desto eifriger der Verehrung der liebreichsten Mutter gedächten, befohlen, daß die Übertragung dieses hl. Hauses, welches in der ganzen Provinz Picenum durch ein alljährliches Fest gefeiert wird, auch durch eine eigene Messe und ein eigenes Officium verherrlicht werde.”
Von Benedikt XIV. (1740-1758) haben wir eine Abhandlung über die Santa Casa. Dieser große gelehrte Papst erinnert zuerst daran, daß das Wunder der Übertragung des hl. Hauses kein Glaubensartikel sei. Nachdem er aber den Gegenstand ernst behandelt und alle Beweise in Erwägung gezogen hat, drückt er schließlich seine innerste Überzeugung in folgender Weise aus: “Das hl. Zimmer, in dem das Wort Fleisch geworden, ist in Wahrheit durch die Hilfe der Engel hierher getragen worden. Alle Urkunden beweisen es, die sich gleich bleibende Überlieferung, die Zeugnisse der Päpste sowie die noch immer auftretenden Wunder bestätigen es.” (Benedikt XIV., Abhandlung über die Heiligsprechung und die Feste der hl. Jungfrau)
Pius IX. (1846-78) schreibt in seinem Breve vom 26. Aug. 1852: “Unter allen der Mutter Gottes und der unbefleckten Jungfrau geweihten Tempeln gibt es einen, der die erste Stelle einnimmt, und in einem unvergleichlichen Glanze leuchtet. Das ehrwürdige und erhabene Haus von Loreto, durch die göttlichen Geheimnisse geweiht, durch unzählige Wunder verherrlicht, durch den Zufluß und die Andacht der Völker geehrt, erfüllt den ganzen katholischen Erdkreis mit dem Ruhm seines Namens und ist mit Recht der Gegenstand der Verehrung aller Völker und aller Geschlechter. In Loreto verehrt man dieses Gott selbst in so mannigfacher Weise teure Haus, das zuerst in Galiläa gebaut, dann von seinen Frundamenten losgelöst und durch göttliche Kraft jenseits des Meeres zuerst nach Dalmatien und dann nach Italien gebracht wurde. Glückliches Haus, in dem die von Ewigkeit her zur Mutter Gottes bestimmte und von aller Makel der Erbsünde frei bewahrte heilige Jungfrau empfangen, geboren und erzogen ward, wo der himmlische Bote sie “als voll der Gnaden und gesegnet unter den Weibern” bezeichnete, wo sie von Gott erfüllt und vom Hl. Geist beschattet, ohne eine Spur ihrer Jungfräulichkeit zu verlieren, die Mutter des eingeborenen Sohnes Gottes wurde, dessen, der da ist der Abglanz der Herrlichkeit des Vates und das Ebenbild seines Wesens, der sich herabließ, von dieser reinen Jungfrau geboren zu werden, um das Menschengeschlecht zu erretten und zu erkaufen zu einer Zeit, als es durch die Sünde unserer ersten Eltern in die Knechtschaft Satans geraten war. Daher darf man auch nicht überrascht sein, daß seit den ersten Zeiten der christlichen Religion dieses selige in eine schöne Kirche verwandelte Haus der Gegenstand der Ehrfurcht, der Andacht und der Huldigung aller Gläubigen war, daß alle Jahrhunderte seitdem nicht aufgehört haben, dasselbe zu verherrlichen, daß die Fürsten von den entferntesten Gegenden kamen, ihre Huldigung ihm darzubringen und um die Wette mit den kostbarsten Geschenken es schmückten, daß unsere Vorgänger, die Päpste, besonders seit Bonifaz VIII., seligen Andenkens, sich eine Ehre daraus machten, die hehre Wiege der hl. Jungfrau in einen durch den Titel “Basilika” ausgezeichneten, reichen und herrlichen Tempel einzuschließen und demselben alle Rechte einer Basilika zu verleihen. Um demnach von einem Ende der Erde bis zum andern die Verehrung U.L. Frau von Loreto zur Blüte zu bringen … billigen und bestätigen wir alle Ablässe” …
Leo XIII. sagt in seinem Schreiben anläßlich des 600jährigen Jubiläums der Übertragung des Hl. Hauses unterm 23. Januar 1894: “Das glückselige Haus von Nazareth, worin der Engel die auserwählte Gottesmutter begrüßte, und worin “das Wort Fleisch geworden ist”, wird mit Recht als eines der heiligsten Denkmäler des christlichen Glaubens betrachet und geehrt. Zeugnis dafür geben die Verleihungen und Privilegien, die unsere Vorgänger gewährten.
Und wie die kirchlichen Aufzeichnungen bestätigen, lenkte dieses Haus, sobald es nach Gottes gütigem Ratschluß in wunderbarer Weise nach Italien in das Gebiet von Picenum übertragen und auf dem loretanischen Hügel zur Verehrung hingestellt worden war, die frommen Wünsche und Bestrebungen aller stets auf sich und hielt sie rege im Laufe der Jahrhunderte. Erwähnenswert ist, wie viele und großartige Pilgerfahrten allenthalben dorthin sind unternommen worden, wie prächtig man eine Basilika erbaute, die durch ihre Kunstwerke und die Würde ihres Gottesdienstes sehr berühmt ist, und wie ringsherum in gleicher Weise gleich einem zweiten Nazareth, eine neue Stadt unter dem Schutz der hl. Jungfrau sich erhob. Die Verehrung des Ortes wurde noch erhöht und das Vertrauen der Besucher gestärkt durch die zahlreichen und bedeutenden, öffentlich wie im Geheimen gespendeten Wohltaten, die hier wie aus einer beständig fließenden Quelle sich ergossen und durch die Gott den Namen Maria, den man anrief, also zu verherrlichen pflegte, daß die Weissagung: “Selig werden mich preisen alle Geschlechter” hier aufs herrlichste an ihr sich erfüllte. Und wir betrachten mit Freuden, wie in der Erinnerung an diese Wohltaten der Dank, der von den Höchsten wie von den Geringsten in mannigfachen Kundgebungen der Liebe zum Ausdruck kam, die schönste Ruhmeskrone für ihr Haupt tagtäglich flocht.”
Einen weiteren schlagenden Beweis geben uns die wissenschaftlichen Untersuchungen. In neuerer Zeit sind als beredte Zeugen für die Echtheit des hl. Hauses Mineralogie und Chemie eingestanden.
Papst Pius IX. erlaubte im Jahre 1860 dem römischen Prälaten und Gelehrten Bartolini an verschiedenen Stellen der Mauer des hl. Hauses Steine herauszunehmen. Er tat es, hüllte dieselben sorgfältig ein und brachte sie nach Rom in Gewahrsam. Er erkannte, diese Steinsorte finde sich in ganz Italien nirgens vor. Um ja ganz unparteiisch zu verfahren, machte er eine Reise nach Nazareth, verschaffte sich von dem noch vorhandenen Fundament des hl. Hauses einige Steine und etwas Mörtel und kehrte nach Rom zurück.
Dort angekommen, übergab er diese Steine und den Mörtel dem fachkundigen Universitätsprofessor Dr. Ratti, auf daß er sie chemisch untersuche, ohne ihm übrigens zu sagen, um was es sich handle, oder woher sie stammten. Die Untersuchung ergab, daß die Steine beider Orte in ihrer Zusammensetzung und ihren Eigenschaften, überhaupt nach jeder Richtung ganz die gleichen seien. Alle bestehen aus kohlensaurem Kalk, kohlensaurer Magnesia und aus eisenhaltigem Thon. Nun aber ist das Gestein in den Felsen von Nazareth Kalkstein, während in der Umgegend von Loreto sich ein solches Gestein nicht vorfindet. Und der Mörtel bestand ebenfalls aus Kalk, der mit einigen Stückchen vegetabilischer Kohle versetztwar. Es ist dies genau die natürliche Beschaffenheit des Mörtels der alten Gebäulichkeiten Palästinas und namentlich desjenigen, den man heute noch in Nazareth anwendet. In seiner Schrift “Sopra la Santa Casa di Loreto”, Roma 1861, hat Bartolini die Gutachten des Professors Dr. Ratti veröffentlicht. Man kann also angesichts dieser Untersuchung mit Recht von Loretos Heiligtum sagen: “Wenn die Menschen schwiegen, so würden die Steine reden.”
Noch eines andern Beweises müssen wir aber gedenken, wie hoch diese vier armseligen Mauern von Gott selbst geschätzt wurden, und das ist eine außerordentliche Erscheinung und die vielen Wunder.
Ein Einsiedler, Paul della Sylva, der auf einem benachbarten Hügel sich niedergelassen hatte, sah am 8. September 1297 zuerst ein Licht. Es schien ihm 4 m lang und 2 m breit zu sein. Es kam vom Himmel und schwebte in der Morgendämmerung des genannten Tages, wie einst der Stern über dem Stalle zu Bethlehem, unbeweglich über der Wohnung der heiligen Familie. Diese Lichterscheinung wiederholte sich in dem kommenden Jahre öfters.
Im Jahre 1555 war Riera Augenzeuge hiervon. “Er warf sich”, so sagt er in seiner “Geschichte des erhabenen Hauses von Loreto”, “auf den Boden der Kirche nieder und fühlte sich von einer himmlischen Freude überflutet. Er las auf dem Gesichte der ihn umgebenden Gläubigen, in ihren Blicken und ihren Gebärden den gleichen Ausdruck der Gefühle, die ihn selbst erfüllten.” Zwei Jahre später predigte ein Jesuit, mehrere hörten Beicht und einige beteten im hl. Hause, als man plötzlich eine himmlische Flamme gleich einem Kometen am Firmament leuchten und auf das hl. Haus herabschweben sah. Hier blieb sie kurze Zeit, dann umgab sie die im Schiffe versammelte Gemeinde und ruhte nachher auf jedem der Beichtstühle, endlich zog sie nach dem Bilde des Gekreuzigten, das im hl. Hause aufbewahrt wird, und nachdem sie daselbst eine Weile geblieben war, verschwand sie. (Tursellinus, Hist. lauret. lib. I. cap. 15,17.) “Wer”, sagt Pater Renzoli, “wer sieht nicht in dieser wunderbaren Erscheinung, daß der Hl. Geist durch den Glanz seiner Flammen die jungfräuliche Mutter an jener geheiligten Stätte verherrlichte, in der er sie überschattet hat? Wer sieht nicht, daß diese selbe Gnade, welche der hl. Jungfrau selbst und den hl. Aposteln im Abendmahlssaale gewährt worden war, damals im Tempel der Jungfrau erneuert wurde? Wer sieht nicht ein, wie wohlgefällig ihr der hl. Dienst dessen ist, der ihr in ihrem hl. Hause dient, in dem er in dem Sakrament der Buße den großen Schatz der Verdienste ihres Sohnes ausspendet? Und was für ein großes Unterpfand ist dieses, daß diejenigen Verzeihung, Gnade und Rettung erlangen werden, welche zu den Füßen der Jungfrau kommen, um daselbst, wie die Schlange, die alte Haut ihrer Sünden abzulegen? Und endlich, wer sieht nicht in dieser wunderbaren Gunst die Fülle der Gaben, welche der Hl. Geist immer bereit ist, in diesem hl. Hause mitzuteilen?” (La Santa Casa illustrata e difesa. Impressa a Macerata 1697.) Und da ist noch eine liebliche Episode aus dem von Wunderdingen ganz erfüllten Leben des hl. Josef von Copertino (1603-1663) aus der Ordensfamilie der schwarzen Franziskaner oder Konventualen zu erwähnen. Nachdem der Heilige auf Geheiß des Hl. Offiziums vier Jahre in verschiedenen einsamen Kapuzinerklöstern interniert gewesen war, durfte er am 10. Juli 1657 zu seinen Mitbrüdern zurückkehren, und zwar diesmal nach Osimo unweit Loreto, wo noch immer sein Grab verehrt wird. Auf dem Weg dorthin kehrte er in einem Hause ein, stieg zur Terrasse hinauf und sah in einiger Entfernung die Kuppel einer Kirche. Es handelte sich um die Basilika von Loreto, was der Heilige aber noch nicht wußte. Auf einmal geriet er in Ekstase und rief laut: “O Gott, was ist das, was sehe ich? Wieviel Engel steigen zum Himmel hinauf und steigen herunter! Seht ihr sie nicht? Schaut doch, wie sie mit Gnaden ganz beladen herabsteigen und zum Himmel zurückkehren, um neue Gnaden zu holen! Sagt mir, was ist das für ein Ort?”
Also der mystisch begnadete Heilige sieht, wie das Gesicht des Patriarchen Jakob (1 Moses 28), auf das Jesus zu Beginn seines öffentlichen Lebens anspielt (Joh. 1,51), in Loreto eine neue Erfüllung erhält. Wie passend ist also als Introitus der Festmesse der Übertragung des Heiligen Hauses 1 Mos. 28,17 gewählt: “Wie ehrfurchtgebietend ist dieser Ort! Ja, hier ist Gottes Haus und hier die Pforte des Himmels!”
Doch kehren wir zum hl. Joseph von Copertino zurück. Als er von seinen Begleitern gehört hatte, unter jener Kuppel werde das Hl. Haus von Nazareth verehrt, warf er sich zu Boden und rief: “Kein Wunder, daß die Engel des Paradieses in so großer Zahl dort herabsteigen, wenn der Herr des Paradieses dort herabgestiegen ist, um Mensch zu werden. Seht doch, wie dort die göttlichen Erbarmungen herabregnen! 0 glücklicher Ort! 0 seliger Ort!”
Kardinal Borgongini Duca machte dazu die treffende Bemerkung: “Die Äußerungen des hl. Joseph von Copertino über die Santa Casa sind von hoher Bedeutung. Wenn ein von Gott so begnadeter Heiliger im gehobenen mystischen Zustand das sagt, wer darf es dann wagen, das Hl. Haus als unechte Reliquie zu verwerfen?”
Anna Katharina Emmerick bietet auch beachtenswerte Aussagen über das Aussehen des Marienhauses in Nazareth, über die wunderbare Übertragung eines Teiles desselben, welche zu glauben sie selber sich lange sträubte, und über den ehemaligen Zustand des Loretoheiligtums, das sie doch niemals auf natürlichem Wege gekannt hat. Wenn sie z.B. zu Loreto eine getäfelte, mit Sternmustern geschmückte Decke sieht, so entspricht das durchaus der Wirklichkeit vor 1531. Über jenen Zeitpunkt schreibt Georg Hüffer: “Die alte Holzdecke, welche Eichen-Gebälk besaß, getäfelt und mit einem Ornament von vergoldeten Sternen ausgestattet war, mußte wegen der durch die vielen Votiv-Ampeln entstandenen Feuersgefahr einem kassettierten Tonnengewölbe weichen” (II, 127). Man darf also mit gutem Grunde annehmen, Gott selber habe vor zwei Jahrhunderten einer ungebildeten, aber tugendreichen Tochter des deutschen Volkes die wunderbare Übertragung des Marienhauses von Nazareth nach Loreto geoffenbart.
Hundert Jahre nach A.K. Emmerick lebte in Italien eine hochgebildete und in der katholischen Aktion erfolgreich tätige Dame, die Professorin Guglielmina (Wilhelmina) Ronconi (gest. 22.3.1936). Gemäß ihren privaten Aufzeichnungen glaubte sie durch höhere Mitteilungen bestimmt zu wissen, das Hl. Haus von Loreto sei nicht nur der Ort der Menschwerdung des Sohnes Gottes, sondern auch der Ort der Geburt Mariens, was übrigens auch im ältesten schriftlichen Bericht und im Römischen Brevier zu lesen ist. Vgl. Lina Pennesi, “Missionaria dei tempi nuovi: Guglielmina Ronconi”. Imprimatur: Citta del Vaticano, 1.8.1950.) (Dr. Clemens M. Henze C.S.S.R.) Lauter und beredter aber als diese Erscheinungen und Offenbarungen, ja als selbst die unumstößlichsten Beweise der Wissenschaft reden die Wunder und Gnaden. “Diese Wunder und Gnaden, die sich im Hause ereignen und vor sich gehen, sind”, wie Papst Benedikt XIV. in seinem Werke “über die Heiligsprechung” und in dem “über die Feste” sich ausdrückt, “nahezu unzählig und folgen sich so fortgesetzt der Reihe nach und sind so weltbekannt, daß es die Zeit mißbrauchen hieße, darüber noch ausführlicher zu sprechen.”
Es ist unmöglich, alle Beispiele von wunderbaren Heilungen an Leib und Seele im einzelnen anzuführen. Zuerst pflegte man sie aufzuzeichnen, später aber, da sie täglich, ja sozusagen ununterbrochen vorkamen, wurde das regelmäßige Aufzeichnen unterlassen. Bei Tursellinus zählte ich eine Auswahl von 60 der auffallendsten Wunder, die auf das genaueste und umständlichste von ihm beschrieben sind. Um wenigstens eine Vorstellung der zu Loreto gewirkten Wunder zu ermöglichen, sollen zum mindesten drei kurz erwähnt werden.
Im Jahre 1552 lag ein türkischer Pascha zu Konstantinopel an einem Brustgeschwür tödlich krank darnieder. Jeden Augenblick erwartete man dessen Ende. Da trat ein frommer Christ, einer seiner Sklaven, an das Krankenlager und gab ihm den Rat, er solle die Mutter Gottes von Loreto voll Vertrauen anrufen und ihr versprechen, ihm die Freiheit zu schenken, wenn er gesund würde. Alsdann fiel der Sklave auf die Knie, rief mit großer Inbrunst die Hilfe Mariens an und veranlaßte seinen Herrn, die Worte auszusprechen: “Ich bitte die Mutter Gottes von Loreto um Hilfe.” In diesem Augenblick bricht das Geschwür auf und der Pascha ist gerettet. Sogleich schenkt er dem Sklaven die Freiheit und sendet ihn mit einem eigenhändigen Schreiben und Geschenken nach Loreto. (Tursellinus, Hist. lauret., lib. III, cap. 18.)
Im Jahre 1561 erhielt Bischof Johannes von Coimbra einen Stein aus dem hl. Hause, mußte ihn aber wieder zurücksenden, um von einer schweren Krankheit, die über ihn kam, befreit zu werden. Das Original des Briefes, den derselbe mit dem Steine nach Loreto sandte, befindet sich im Schrank des hl. Hauses in Loreto.
Wer weiß endlich nicht, daß der unvergeßliche hochselige Papst Pius IX. im Jahre 1816 hier von der Fallsucht befreit wurde und den Beruf zum Priesterstand erhielt?
Wir schließen diese Beweise für die Echtheit des hl. Hauses mit dem Urteil des Horatius Tursellinus: “An einerso sehr bezeugten und erforschten Sache kann nur der zweifeln, welcher entweder an der Macht und Vorsehung Gottes zweifeln oder den menschlichen Glauben selbst aus der Welt verbannen will.”
Hermann Joseph Delabar
Dokumente aus der Zeit des Ursprungs des lauretanischen Heiligtums
Diejenigen aus dem 13. und 14. Jahrhundert führen wir alle an, von denjenigen aus dem 15. und 16. Jahrhundert nur die wichtigsten. Wir geben sie in chronologischer Reihenfolge wieder, ausgehend von den Daten der Übertragungen.
1291 — 10. Mai. Übertragung des Hl. Hauses von Nazareth nach Tersatto.
1291 — 92. Die Einwohner von Tersatto senden eine Kommission nach Nazareth, um die Offenbarungen, welche dem Priester Alessandro von Tersatto zuteil geworden, nachzuprüfen.
1294 — 10. Dezember. Übertragung nach Loreto.
1294 — 95. Am 13. Dezember 1294 leistete Cölestin V. Verzicht auf das Pontifikat und machte sich bald darauf auf den Weg nach Tersatto, wo er das Hl. Haus immer noch vermutete. Aber er gelangte nicht dorthin, da er durch die bekannten Vorfälle daran gehindert wurde.
1295 — 9. Sept. Brief der Magistraten von Recanati an Alessandro De Servandis, ihren Abgeordneten bei Bonifaz VIII., mit der Anweisung, dem Papst über das Hl. Haus Bericht zu erstatten und sein Interesse für dasselbe zu wecken. Das Hl. Haus stand damals auf dem Grundstück der Brüder Antici.
1296 — Die Recanatesen senden eine Kommission vertrauenswürdiger Männer nach Palästina mit dem Auftrag, Vergleiche mit dem Hl. Hause anzustellen. Die Resultate bestätigen die Übertragung vollauf.
1297— Der Mönch Paolo della Selva schickt einen Brief an den König von Neapel und berichtet ihm über die wunderbare Übertragung.
1310 — 20. Dante schreibt sein “Paradiso”, wo er Pier Damiani diese Worte in den Mund legt: “In quel loco fu’ io Pier Damiano — e Pietro Peccator fu nella casa — die Nostra Donna in sul lito Adriano” (21,121). (An jenem Orte war ich Pier Damiano — und Pietro Peccator war in dem Hause U.L.F. am adriatischen Strande). Einige glauben, Dante mache hier eine Andeutung auf das Hl. Haus von Loreto.
1310 — Clemens V. gibt von Avignon aus die von allen als authentisch anerkannte Urkunde heraus, welche sich mit Loreto befaßt. Dieser entnimmt man, daß das Häuschen bereits das Ziel ausländischer Pilgerzüge war.
1313 u. 1318 — Die Ghibellinen von Recanati berauben, dem Bischof zum Trotz, das Heiligtum von Loreto, das damals im Erstehen und wenig bewacht war.
1320—Johannes X11. regelt mit Bulle von 24. Dez. die Position des Canonicus Bozio di Montelupone, welcher ein Anrecht auf einen Anteil an den Gaben für das Heiligtum von Loreto hatte.
1329 — Pietro Moluzzi, Bischof von Macerata und Recanati, ließ einen Bericht über das Hl. Haus schreiben, der wahrscheinlich derselbe ist, welcher sich auf dem berühmten Täfelchen befindet, das am Hl. Hause angebracht ist und von Mantovano reproduziert wurde. Ungefähr drei Jahrhunderte später, 1578, läßt Gregor XIII., die loretanische Traditon weiterführend, die Geschichte der Übertragung und das Summarium der Privilegien in Stein hauen.
1341 — Benedikt XII. verleiht der Kirche des hl. Gabriel in Recanati für die Greise und die Kranken den gleichen Ablaß, wie ihn die Pilger in Loreto gewinnen.
1341 — Im gleichen Jahr wurde die erste Kirche, in sehr einfacher Form, beendigt, welche die Recanatesen zur Überbauung des Hl. Hauses erstellten.
1367 — Urban V. sollte auf Anregung des Kardinals Albaroz auf seiner Rückreise von Avignon Loreto besuchen, wurde dann aber daran verhindert.
1367 — Urban V. sendet den Einwohnern von Tersatto ein Bild der Madonna, welches dem Pinsel des hl. Lukas zugeschrieben wird (Pasconi, in Martorelli, II. S. 36), um sie über den Verlust des Hl. Hauses zu trösten. 1375 — Gregor XI. spricht von den “vielen Wundern”, welche die Mutter Gottes in Loreto erwirkt, und verleiht den Pilgern an einigen bestimmten Festen des Jahres besondere Ablässe.
1387 — Urban VI. erleiht Loreto mit Bulle vom 5. Nov. weitere Privilegien.
1389 — Bonifaz IX. läßt die obengenannte Bulle seines Vorgängers übersenden, die dieser nicht hatte abschicken können. 1417 — Martin V. unterstellt Loreto direkt dem Hl. Stuhle. Diese Anordnung wurde aber auf inständiges Bitten der Recanatesen wieder rückgängig gemacht. Man sagt, er sei in Loreto gewesen, bevor er zum Papst gewählt wurde.
1441 — Eugen IV. regelt die Güter von Santa Maria di Montorso in ihrem Verhältnis zu Santa Maria von Loreto mit Bulle vom 7. Oktober.
1449 — Nikolaus V: “ging in diesem Jahre unsere gnadenreiche Madonna von Loreto besuchen” (Muratori, T. XV., col 954). Der gleiche Papst verlieh Ablässe, und er approbierte außerdem zu Ehren der Übertragung die Gründung des Schatzes in Loreto und den Bau einer Kirche in Tersatto — die den Franziskanern anvertraut werden sollte. 1464 — Pius II. Piccolomini begibt sich in frommer Wallfahrt nach Loreto und bringt als Gabe an die seligste Jungfrau einen goldenen Kelch mit einer sehr schönen Inschrift.
1464 — Paul II., der in demselben Jahre als Kardinal Loreto besucht hatte, wo er geheilt und ihm sein bevorstehendes Pontifikat geweissagt worden war, bekundet in seiner ersten Enzyklika vom 19. Nov. desselben Jahres seine Dankbarkeit gegenüber der hl. Jungfrau von Loreto, spricht von den fast zahllosen Wundern “quae in persona Nostra evidenter experti sumus”, sagt, auf Grund von Dokumenten und glaubwürdigen Zeugnissen, daß das hl. Bild wunderbarerweise von den Engeln übertragen und das Haus “Domus” wunderbarerweise gegründet (d.h. ebenso wunderbarerweise wie das Bild übertragen) wurde. Dieses ist die erste päpstliche Urkunde, die deutlich von der Ubertragung spricht.
1455 — 70. Während dieser Zeit kommt der erste geschichtliche Bericht über die Übertragung heraus, derjenige von Teramano. 1470 — 71. Der gleiche Papst, Paul II., gewährt mit Bullen resp. vom 12. Februar 1470 und 25. Januar 1471, für Loreto zwei Perioden “Anno Santo” zugunsten der neuen großartigen Kirche — der heute bestehenden — dessen Bau damals, vielleicht auf seine Anregung hin, begonnen hatte.
1479 oder 1489 — Der historische Bericht des Mantovano wird für den Druck herausgegeben.
1507 —Julius II., der während der Belagerung von Mirandola aus schwerer Gefahr wunderbar gerettet wurde, erläßt eine vom 21. Okt. datierte Bulle, mit welcher er dem Heiligtum sehr große Privilegien verleiht, bestätigt vollauf, noch nachdrucksvoller als Paul II., die Tradition der Übertragung und läßt an den Mauern des Hl. Hauses als Exvoto die Kanonenkugel anbringen, vor der er wunderbarerweise verschont geblieben war.
Wir erwähnen das immer deutlicher und großmütiger auftretende Eingreifen der Päpste in Loreto nicht mehr ausführlich und begnügen uns mit folgenden Angaben:
Leo X. (1513-1521), der eine große Verehrung für die Madonna von Loreto hegt, ordnet unter anderem die kostbare Überkleidung des HI. Hauses an.
Clemens VII. (1523-1534) begibt sich persönlich nach Loreto, er nimmt die Widmung der loretanischen Geschichte an, die ihm von dem Verfasser Angelita überreicht wird, sendet eine Kommission, bestehend aus drei Prälaten, nach Tersatto und nach Palästina, um Vergleiche mit dem Hl. Hause anzustellen. Das ist die dritte nach Palästina entsandte Kommission, von welcher uns die Geschichte berichtet.
Gregor XIII. (1572-1585) läßt, die Tradition der Inschriften auf Tafeln fortsetzend, im Jahre 1578 vier große, heute noch gut erhaltene Tafeln, anbringen, die man an den Pfeilern der Basilika sehen kann, und auf welchen vom Wunder und den Privilegien von Loreto berichtet wird.
Sixtus V. (1585-1590) erhebt Loreto zum Range einer Stadt: Felix Civitas Lauretana. Clemens VIII. (1592-1605) läßt an der Rückwand der Marmorverkleidung des Hl. Hauses die großartige und herrliche Inschrift anbringen, welche die gesamte lauretanische Überlieferung zusammenfaßt und von neuem bestätigt.
Urban VIII. (1623-44). Während seines Pontifikates werden in den Jahren 1634 und 1635 an den Pfeilern der Basilika vier große, schwarze Tafeln angebracht, auf welchen in fremden Sprachen die ganze wunderbare Übertragung zusammengefaßt ist. Auch durch diese wird die loretanische Tradition fortgesetzt, im Gotteshaus historische Tafeln anzubringen. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit des wirklichen Vorhandenseins der von Mantovano erwähnten Tafel.
Innozenz XII. gründet unter den römischen Ministerien (1698) zurVerwaltung der Güter des Heiligtums die Lauretanische Kongregation. Diese erhielt sich bis auf Pius X., unter welchem Papste sie der Konzils-Kongregation einverleibt wurde. Der gleiche Papst approbierte die Liturgie der Übertragung. Sehr bezeichnend sind die Lektion des Breviers und des Martyrologiums, ebenso die erste Oration der Messe. Die Einfügung in das Martyrologium geschah durch Clemens IX. am 30. August 1669.
Benedikt XIV. verteidigt die Authentizität des Hl. Hauses in seinem “De Canonizatione Sanctorum” (Band X, c. X.).
Pius IX. tut den Ausspruch, Loreto “erfülle mit dem Ruhm seines Namens die ganze katholische Welt”.
Leo XIII. gibt seine Zustimmung zu den Feierlichkeiten anläßlich des 6. Centenars der Übertragung. Er approbiert auch die Allgemeine Kongregation.
Benedikt XV. führt die Liturgie der Übertragung für Italien und die umliegenden Inseln wieder ein und bestätigt mittels Dekret der Ritenkongragation vom 16. April 1916, daß es sich wirklich um das Haus der Mutter Gottes handle. Derselbe Papst erklärt am 24. März 1920 die hl. Jungfrau von Loreto als die Patronin der Flieger.
Pius XI. anerkannte neuerlich die Tradition der Übertragung und bewies sein besonderes Interesse durch die Gründung der päpstlichen Verwaltung in Loreto.
Pius XII. bewilligte wiederholt, daß am 25. März, dem Feste Mariä Verküdigung, im Hl. Hause den ganzen Tag bis nachts 12 Uhr hl. Messen zelebriert werden durften.
Angelo M. d’Anghiari (1948/49)
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Siehe auch:
