(Aus dem Englischen übersetzt von Günther Mevec, Gröbenzell)
I.
Zum Erkennen eines zentralen Irrtums
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt [1970] haben wir es nicht nur mit einem isolierten Mißbrauch, noch mit einer isolierten Häresie oder einem Irrtum, noch bloß mit einer Reihe von Mißbräuchen und Irrtümern zu tun; es dürfte wohl auch niemand leugnen, daß sowohl die Irrtümer, wie auch die Mißbräuche jetzt zahlreicher sind als jemals zuvor. Daher ist unser Kampf in der Tat viel schwieriger und komplexer, als es der einfache Feldzug gegen Mißbrauch und Irrtum wäre; denn es ist ein Krieg gegen eine umfassende Geisteshaltung.
Es ist nichts weniger als wahr, daß die zahlreichen Mißbräuche, Irrtümer und Neuerungen — kurz der gegenwärtige Aufruhr, dessen Zeugen wir sind —, wenigstens zum Teil das Resultat des Gesamtplanes sind, der die Untergrabung und Zerstörung der Kirche vorsieht. Dieser Plan, so sagte Pius XI. in seiner Beschreibung des teuflischen kommunistischen Programms gegen “alles was Gott heißt”, ist “bis in die letzten Einzelheiten ausgearbeitet”. Das modernistische Programm des totalen Krieges gegen die Mutter Kirche, das von verräterischen Undankbaren am Busen der Kirche entworfen und genährt wurde, ist vom heiligen Papst Pius X. schon in seinen Anfängen erkannt worden. Er war es, der ständig vor diesem satanischen Plan warnte, der endlich zur vollen Blüte gelangt ist. Sein kommendes Reifen ist — wenn auch nicht ausschließlich —, so doch hauptsächlich auf die geduldige Arbeit bewußter Feinde innerhalb und ausserhalb der Kirche zurückzuführen.
Es ist gewiß wahr, daß die überwiegende Mehrzahl der Katholiken, Geistliche wie Laien nicht bewußt und vorsätzlich Gott bewahre! — bei diesem Anschlag auf die Kirche mitwirken. Dennoch kommen viele dem Feind durch ihre stillschweigende Mitarbeit oder ihre Trägheit zu Hilfe. Eine Hilfestellung für die Sache des Feindes liegt insbesondere in der gewissen Geisteshaltung, die von vielen eingenommen wurde. Es nimmt daher nicht wunder, daß die, welche versuchen, den Mißbräuchen und Irrtümern zu begegnen, kaum vorwärts kommen, denn diese weitverbreitete Geisteshaltung, die ein unüberwindliches Hindernis darstellt, kann die Mißbräuche und Irrtümer als solche gar nicht mehr erkennen!
Fragen wir nun, was diese Geisteshaltung ist? Sie läßt sich zwar nicht scharf definieren, aber einige ihrer Charakteristika kann man untersuchen. Hierzu wollen wir in diesem Artikel unsere Aufmerksamkeit auf eines der Merkmale richten, denn es ist möglicherweise der Schlüssel zum Verständnis der gesamten Geisteshaltung. In ihr ist, wenn auch nur unbewußt, tief eingewurzelt der Glaube oder die “Hoffnung”, daß alle Menschen gerettet werden. UNIVERSALISMUS ist die Bezeichnung, welche man dieser Häresie gegeben hat.
Es ist dies ein alter Fehler. In der Geschichte der Theologie heißt er Apokatastasis, d.i. die Doktrin, welche lehrt, daß eine Zeit kommen wird, da alle freien Geschöpfe der Erlösung teilhaftig werden und zwar bei der endgültigen Wiederherstellung. Origenes (b. 185 A.D.) verfiel diesem und anderen Irrtümern, wofür ihn das 2. Konzil von Konstantinopel verurteilte.
“Die Apokatastasis war — so sagt die kath. Enzyklopädie —, dazu bestimmt, in den Werken der kirchlichen Schriftsteller wieder aufzuleben… In der Zeit der Reformation erschien sie in den Schriften Denks (1527) wieder und Harnach hat nicht gezögert zu behaupten, daß beinahe alle Reformer im Herzen Apokatastasisten waren, woraus ihre Abneigung gegenüber der traditionellen kirchlichen Sakramentenlehre zu erklären sei… Die Lehre der Apokatastasis, betrachtet als der Glaube an eine universelle Erlösung, findet sich bei den Anabaptisten, den Moravianischen Brüdern, den Christadelphen, unter den rationalistischen Protestanten und zuletzt bei den ausgesprochenen Universalisten.” (Kath. Enzyklopädie V.I, p. 600, 1907) Die Sekte der Universalisten wurde 1750 in London gegründet. Ihre Lehrmeinung war die endgültige Rettung aller Seelen.
Die heutigen Neuerer sind, davon bin ich überzeugt, im Herzen gleichfalls Apokatastasisten. Auf diesen zentralen Irrtum stützt sich ein Großteil des Denkens, das für den gegenwärtigen Aufruhr verantwortlich ist. Die ganze Kette von Neuerungen, die nach einem Schema erfolgt, scheint dazu ausersehen zu sein, die Geisteshaltung des: “Alle Menschen werden gerettet” unter den Katholiken zu verbreiten.
Sie werden vielleicht fragen, wo dieser Irrtum schon erfolgreich Fuß gefasst hat und wer den Gedanken, daß alle Menschen gerettet werden, vorträgt? Obschon es vielleicht gegenwärtig nur wenige Katholiken gibt, die den Gedanken öffentlich vertreten, so keimen doch im Geiste vieler die Gedanken dieser Lehre, und dieser gefährliche Gedanke erklärt viele ihrer Handlungen. Ein Grund, weshalb diese Geisteshaltung undurchdringbar ist, liegt darin: nachdem einmal geglaubt wird, daß alle Menschen gerettet werden, lohnt sich eine Diskussion theologischer Fragen darüber nicht mehr. Dies ist nebenbei auch ein Grund, weshalb die katholische soziale Aktion gegenwärtig kein höheres Ziel mehr verfolgt als die (angebliche) Verbesserung der materiellen Lage des Menschen.
Wenn wir den Trend zum Universalismus analysieren, so werden wir — die Annahme, daß alle Menschen gerettet werden vorausgesetzt —, sehen, daß sich in der Masse endloser Neuerungen ein Schema abzeichnet.
II.
Übersicht über das in Interdum Nr. 1 Dargelegte
Um den Anknüpfungspunkt wieder aufzunehmen, müssen wir einige der allgemeinen Prinzipien der Häresie, die in INTERDUM Nr. 1 dargelegt wurden, wiederholen. Eine Häresie umschließt immer zwei Wahrheiten, die, obschon sie voneinander unterschieden sind, dennoch einen gemeinsamen Berührungspunkt haben. Der Häretiker beginnt immer damit, daß er die eine der beiden Wahrheiten so kraftvoll und emphatisch bejaht, daß die bejahten Aspekte dieser Wahrheit nach und nach übertrieben werden, während zugleich die andere Wahrheit unterbetont, und zuletzt zugunsten der bejahten sogar verneint wird. Häresien entstehen also durch die Störung des harmonischen Gleichgewichts, das zwischen den beiden aufeinander bezogenen Wahrheiten besteht, und indem, wie bemerkt, die eine Wahrheit zuerst bejaht, dann auf Kosten der anderen übertrieben wird. Zwei solcher Wahrheiten, die innig aufeinander bezogen sind und sich daher für dieses Schema (des Über- und Unterbetonens) gut eignen sind:
- Jesus Christus starb für alle Menschen;
- Nicht alle Menschen werden gerettet, sondern nur viele.
Wahrheit (A):
Christus starb für alle Menschen
“Christus starb für alle” heißt, daß Er die Menschheit durch Seinen Tod auf Kalvaria erlöst hat. Mit dieser ersten Wahrheit (A) ist das Schlüsselwort ERLÖSUNG verbunden, das wörtlich besagt: ein Lösegeld, ein Zurückkaufen, oder das Zahlen eines Preises. Die Sünde Adams war die Sünde der Gattung im Sinne der Ur-Sünde, die auf die Menschheit übergegangen ist, und von deren Auswirkungen sie insgesamt betroffen ist. Gleichermaßen war der Lösepreis Christi — i.e. die Erlösung —, so wie die Sünde Adams, von absolut universellem Wesen. Beides waren, was die Gattung betrifft, umfassende Akte, die sich auf das Kollektiv der Menschheit auswirkten: einmal zerstörend, das andere Mal heilend.
Der Tod Christi war das hinreichende Heilmittel und der Lösepreis für alle. Der Sühneakt des Gott-Menschen genügte, um das unendlich Schimpfliche der Sünde wiedergutzumachen. Den ersten unserer Eltern versprach Gott den Erlöser der Menschheit. Dieses Versprechen und seine Erfüllung durch Gottes einzig gezeugten Sohn waren Ausdruck Seiner unendlichen Barmherzigkeit. Da Gott uns in dieser Hinsicht nichts schuldete, deshalb war nicht Seine Gerechtigkeit, sondern nur seine Barmherzigkeit betroffen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß diese erste Wahrheit, daß Christus für alle gestorben ist, die folgenden aufeinander bezogenen Unterbegriffe hat: Erlösung Menschheit — (im) Kollektiv — universell — (unendliche) Barmherzigkeit (und) hinreichend.
Wahrheit (B):
Nur viele werden gerettet
Untersucht man die zweite Wahrheit (B), daß nur viele gerettet werden, so findet man eine von der ersten verschiedene Reihe von Begriffen, als ersten den der Rettung. Er besagt: nicht alle Menschen werden der ewigen Glückseligkeit im Himmel, der Rettung teilhaftig, sondern nur viele Seelen werden gerettet werden. Rettung bezieht sich also in Wirklichkeit nicht auf die Menschheit in universeller und kollektiver Hinsicht, sondern auf viele individuelle Seelen in besonderer Hinsicht. Obgleich Unser Göttlicher Erlöser den Preis für alle Menschen bezahlt hat, so gibt es dennoch Menschen, die durch verderbliches Versäumnis, an der Gnadenwirkung Gottes mitzuwirken, den Nutzen des Loskaufes für sich zunichts gemacht haben.
Das besagt, daß der Tod Christi zwar für alle hinreicht, aber nur dann und nur für jene wirksam wird, die willens sind, für ihr Seelenheil von den entsprechenden Gnaden, die Gott ihnen gibt, Gebrauch zu machen.
Das tridentinische Konzil führt hierüber aus: “Obgleich Er für alle gestorben ist, erlangen doch nicht alle den Nutzen Seines Todes, sondern nur diejenigen, welchen der Wert Seines Leidens mitgeteilt wird.” (VI. Sitzung, Kap. 3)
Ein unendlich gerechter Gott mißt jedem ewiges Heil oder ewige Strafe aus. Gottes Attribut, das mit dieser 2. Wahrheit am engsten verbunden ist, ist seine unendliche Gerechtigkeit. Insgesamt gesehen, gehören zur Wahrheit, daß nur viele gerettet werden, diese Unterbegriffe: Rettung — viele Seelen — individuell – besonders — (unendliche) Gerechtigkeit (und) Wirksamkeit (des Sühnetodes Jesu).
In der nachfolgenden Aufstellung sind die Hauptpunkte der Betrachtung zusammengefasst:
Spalte A
CHRISTUS STARB FÜR ALLE
ERLÖSUNG der Menschheit, insgesamt, universell,
was Gottes unendliche Barmherzigkeit beweist
und bezogen auf den Aspekt der HINLÄNGLICHKEIT des Todes Christi
Spalte B
NUR VIELE WERDEN GERETTET
RETTUNG (Heil) vieler Seelen, individuell, in besonderer Weise,
was Gottes unendliche Gerechtigkeit beweist
und bezogen auf den Aspekt der WIRKSAMKEIT des Todes Christi
Calvinismus und Jansenismus
In der ersten Ausgabe von Interdum betrachteten wir eine Wurzel der Häresie, die den Calvinisten und Jansenisten gemeinsam war, die beide die Wahrheit (A) leugneten, indem sie behaupteten, daß Christus nicht für alle Menschen gestorben sei. Wir untersuchten, wie dieses schrittweise Leugnen zustande kam und fanden, daß es geschieht durch anfängliches Bejahen der bezogenen und ergänzenden Wahrheit (B), d.h. daß “nur viele gerettet werden”.
Dieses Prinzip des anfänglichen Bejahens, des folgenden Überbejahens einer Wahrheit, auf welches ein Unterbewerten und schließliches Leugnen der ergänzenden Wahrheit folgt, haben Calvinisten und Jansenisten in der Tat gut demonstriert. Sie überbetonten alle Gedanken der Spalte B: Nur viele werden gerettet, das Heil, die individuelle Seele, ihr besonderes Verhältnis zu Gott, die Wirksamkeit Kalvariens und der Gnade. Während aber jeder dieser Gedanken über das rechte Maß hinaus betont wurde, sind die entsprechenden Momente der Spalte A, d.i. die ausgleichenden Wahrheiten in ihrer Bedeutung unterspielt und verkleinert worden. Indem sie (die Calvinisten) Gottes Gerechtigkeit überbetonten, verloren sie seine Barmherzigkeit aus dem Blick. Bei der Überprüfung der Spalte A zeigte es sich, daß das Gleichgewicht des subtilen Zusammenhangs der Wahrheiten gestört war, so als ob es von einer Schockwelle erschüttert worden wäre, denn jeder Gedanke der Spalte A wurde in seiner Bedeutung bis zum Verschwinden verringert, so daß zuletzt auch die zentrale und höchste Wahrheit, daß Christus für alle gestorben ist, in ihrem Grunde erschüttert wurde!
Will man sich die Geisteshaltung der Calvinisten/Jansenisten verdeutlichen, so muß man nur eine Mentalität ausloten, in der die Hauptwahrheit, daß nur viele gerettet werden, der Leitgedanke ist, und in welcher allen Unterbegriffen der Spalte B eine überhöhte und übertriebene Bedeutung beigemessen wird, die an Besessenheit grenzt, während zugleich die Bedeutung der Gedanken in Spalte A entsprechend verringert wird.
III.
Die “universalistische” Mentalität
Um sich ein genaues Bild von der “Geisteshaltung” zu machen, die heutzutage weitverbreitet ist, muß man sich das bestimmte Gegenteil der Jansenistischen “Geisteshaltung” vorstellen. Gegenwärtig werden die Gedanken der Spalte A überbetont: die Menschheit insgesamt, die Kollektivität, die Universalität und die Barmherzigkeit Gottes. Die zentrale auf alle diese Begriffe bezogene Wahrheit, die, daß “Christus für alle gestorben ist”, wird übertrieben und ihr wahrer Sinn verzerrt. Wie eine Werbe- oder Wahlparole wird sie wiederholt, obwohl nur wenige den eigentlichen Sinn dieser Wahrheit zu verstehen scheinen. Es versteht sich daher von selbst, daß das natürliche Resultat dieser Verzerrung die entsprechende Bedeutungsverringerung der zentralen Wahrheit in Spalte B ist, d.h., daß nur viele gerettet werden. Und dem bekannten Schema gemäß vollzieht sich dabei das unvermeidliche Herunterspielen der verwandten Unterbegriffe der Spalte B: die Rettung des Einzelnen, Gottes Gerechtigkeit und die Wirklichkeit der Hölle, usw.
Es ist also richtig zu sagen, daß die gegenwärtige Geisteshaltung in gewisser Hinsicht anti-jansenistisch ist, wenn auch nicht in einem gesunden Sinn. Während nämlich der Jansenismus durch seinen Exzess in eine Richtung geht, geht der gegenwärtige Trend — wiederum bis zum Exzess — in die andere Richtung. Fragen wir, was das Endresultat sein muß, wenn die Wahrheit A übertrieben betont wird? Diese Geisteshaltung muß unbedingt und unwiderruflich in der Verleugnung der Wahrheit B enden, so wie der Jansenismus zuletzt unbedingt Wahrheit A verneinte, indem er vertrat, daß Christus nicht für alle gestorben ist. Aber woraus entsteht denn genau genommen diese Verleugnung der Wahrheit B? Durch die Aussage, daß NICHT nur viele gerettet werden, sondern — bejahend ausgedrückt —, daß alle Menschen gerettet werden. Letzteres aber ist die Häresie des Universalismus.
Die Überbetonung des “Kollektiv”-Aspektes
Lassen Sie uns nur einen Geanken aus der Spalte A herausgreifen, der gegenwärtig besonders hervorgehoben wird. Während die Jansenisten die harmonische Ausgeglichenheit zwischen Wahrheit A und Wahrheit B durch Übertreiben der Bedeutung der einzelnen Seele und ihrer Beziehung zu Gott störten, verkleinert die heute vorherrschende Geisteshaltung die Bedeutung des Einzelnen, überbetont jedoch sein Gegenteil, die Allgemeinheit. Es erfordert gar wenig Mühe festzustellen, daß diese Weise des Betonens der jetzt gängige Trend ist. Betrachten wir dazu einige Beispiele.
In der (sogenannten) Liturgie wird die Teilnahme (der Gemeinde) betont. Dies macht persönliches Gebet und Andacht fast unmöglich. Das persönliche und individuelle Bekenntnis des Nizänischen Glaubensbekenntnisses (Ich glaube an den einen Gott…) wurde in ein kollektives “WIR glauben” umgeformt. Zudem will uns das gefälschte “Confiteor” zu einem Sündenbekenntnis gegenüber der “Versammlung” bewegen: “Euch, Brüdern und Schwestern, bekenne ich.”
In dem berühmten Kommentar “Römischer Theologen” zum Neuen Ordo Missae findet sich die scharfsinnige Bemerkung: “Hier ist die Konzelebrationsmanie, die mit der Zerstörung der eucharistischen Frömmigkeit im Priester enden wird, indem die zentrale Person Christi, alleiniger Priester und alleiniges Opfer, durch das Kollektiv der versammelten Konzelebranten überdeckt wird.”
In gleicher Weise spiegelt die “Definition” der Messe, die in Kap. II, § 7 der allgemeinen Anweisung, die dem neuen Ordo Missae beigefügt ist, vorgelegt wird, den Geist “des Zusammenseins”, d.i. die kollektivistische Mentalität: “Das Mahl des Herrn, oder die Messe, ist eine heilige Versammlung des Volkes Gottes, das sich unter dem Vorsitz des Priesters zusammenfindet, um das Gedächtnis des Herrn zu feiern. So ist die Verheissung Jesu, “wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen”, ganz besonders im Hinblick auf die örtliche Kirchgemeinde wahr.” Dieser Satz enthält jedoch die falsche Implikation, daß die Wirksamkeit der Messe irgendwie von der Gegenwart der “Gemeinde” abhängt oder von der versammelten “Gesellschaft”. Das angeführte Bibelzitat, das sich in einer Hinsicht auf die Gegenwart Gottes bezieht, gibt in anderer Hinsicht ein falsches Bild vom Wesen der einzigartigen eucharistischen Präsenz im Altarssakrament, da doch das Messopfer gültig vollzogen ist und Christus gegenwärtig gesetzt wird, gleichgültig ob “zwei oder drei beisammen sind”, oder ob ausser dem Priester niemand zugegen ist. Aber wer sollte dem kollektivistischen Geist das einsichtig machen? ?
Der Ausdruck “Herrenmahl”, die Betonung auf “Mahl”, oder “Festmahl christlicher Liebe” hebt die Notwendigkeit “der Gemeinde” hervor. In ihrer (der Kollektivisten) Ordnung der Dinge wird eine gewiße Gemeinschaftlichkeit und Geselligkeit erfordert, ohne die keine Messe stattfindet.
“Volksmessen”, “Gruppen-Dynamik”, “Entfaltung des Feingefühls” all diese wunderlichen Einfälle des Zusammenseins hätte niemand ernst genommen, noch hätten sie irgendwelchen Erfolg gehabt, wäre die kollektivistische Mentalität nicht bereits vorher im Denken vieler eingepflanzt gewesen.
Vergangenen Dezember wurde der Konsensus zur Eucharistie bekanntgegeben, i.e. die Punkte derr ‘grundsätzlichen Übereinstimmung’ zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen (schismatischen) Kirchen. Punkt 3 beginnt folgendermaßen:
“Das eucharistische Opfer schliesst die aktive Gegenwart Christi, des Hohepriesters, mit ein, der durch die christliche Gemeinde handelt, indem er sie in seine erlösende Anbetung einbezieht. Punkt 5, der sich wie eine Seite aus Teilhard de Chardin liest, spricht von der ‘Transfiguration des gesamten Kosmos’, die durch die Eucharistie ‘vorweggenommen’ sei.
Teilhard de Chardin glaubte an die Evolution der Menschheit in den Zustand eines ‘Überbewußtseins’, das durch den Verlust alles individuell einzelnen Bewußtseins zustandekommt und alle Menschen in einem ‘weltumfassenden Bewußtsein’ vereint. Diese “Theorie der PIanetisierung” passt zu Teilhards anderer Lehre von der Errettung des Individuums durch die Gemeinschaft. Durch unsere Zugehörigkeit zur Kollektivität der Menschheit insegesamt werden wir gerettet.
Zu welchem Schlagwort ist “die Erlösung durch die Gemeinschaft” geworden. Nach Harvey Cox ist “das Heil etwas, das wir entweder gemeinsam erlangen, oder überhaupt nicht.” Dieser Professor der “Theologie” an der Harvard Universität sieht die Rolle der Kirche im Wenigerbetonen der Erlösung des Einzelnen und im Hervorheben der Erlösung in der Gruppe. Er beklagt “die individualistische Häresie” der Religion, die “Meine individuelle Seele betont…” Harvey bemerkt aber, daß er durch gemeinsame Experimente zur kommunalen Lebensweise, bei der man nicht einmal die Kinder als zu Individuen gehörig, sondern als Gruppenverantwortlichkeit, d.i. als Art kommunaler Kinderkrippe betrachtet worden seien, sehr ermutigt wurden. (Die hier zitierte Bemerkung ist einer Rede Cox’ entnommen, die er im März 1969 bei einem Symposion an der Wake Forest Universität gehalten hat. Dies berichtet die ‘Review of the News’ v. 12.11.1969.)
Die Sexualität ist nunmehr keine private Familienangelegenheit mehr, sondern eine Sache der Gemeinschaft. Der Versuch, den Eltern die Verantwortung der sexuellen Erziehung zu nehmen, um diese Aufgabe den Schulen zu überantworten, ist als eine weitere Äusserung der durchdringenden kollektivistischen Geisteshaltung anzusehen. Die jungen Menschen so sagt man —, sollen das, was sie über Sexualität lernen, in einer Atmosphäre des Zusammenseins lernen. Es erübrigt sich, eigens auszuführen, daß der Druck hinter der “sexuallen Erziehung” anderen, teuflischen Absichten dient. Zu beachten ist nur, daß man die “Entfaltung des Feingefühls”, ebenso wie auch die “sexuelle Erziehung” durch die Schulen glatt von der Hand gewiesen hätte, wären nicht bereits so viele der Eltern auf die kollektivistische “Geisteshaltung” eingestellt gewesen.
Die Ohrenbeichte hat, da sie etwas individuelles, persönliches ist, in der jetzigen Ordnung der Dinge keinen Platz. Dafür muß die kollektivistische, die “gemeinschaftliche Bußübung” oder die allgemeine Absolution praktiziert werden. Die Zeitschrift ‘Catholic Currents’ vom 15.5.70 teilt mit, daß Fr. Robert L. Faircy S.J., der vor kurzem von der katholischen Universität entlassen wurde, behauptete, daß er sich beim gegenwärtigen Klima der katholischen Universität deswegen unbeliebt gemacht habe, weil er — unter anderem — vertreten habe, “daß das persönliche Gebet wertvoll sei.”
Der Egalitarianismus, der auch als “Nivellierungsprozess” bekannt ist, ist ein integrales Moment der kollektivistischen Mentalität. Die Zurückführung aller auf das gleiche Niveau, vollkommene Gleichheit in jeder Hinsicht, ist ein utopisches Ziel. Trotzdem muß dazu religiöses Brauchtum zu Gunsten eines weltlicheren Aussehens (von Religion und Kirche) verworfen werden. Priester und Religiose, die sich verpflichtet fühlen, auf das gewöhnliche Niveau — sogar in der Kleidung — hinabzusteigen, zeigen, bis zu welchem Grad sie von der kollektivistischen Nivellierungsmanie ergriffen sind.
“Nennen Sie mich nur beim Vornamen.” “Hallo, ich heiße Pat McCormack.” Der unterbewußte Wunsch, in jeder Hinsicht in den Laienstand abzusinken, erklärt, warum so viele Priester nicht mehr wünschen, als Pater, Hochwürden usw. angesprochen zu werden. Ihren lächerlichsten Ausdruck bietet die Nivellierungsmanie durch das absurde Gehabe des (Reform-) Priesters, der bei der Ausführung des Friedensgrußes, der kürzlich in der ‘Liturgie’ eingeführt wurde, den Ministranten die Hände schüttelt.
Es muß in der Kirche absolute Gleichheit herrschen. Demokratisierung. “Kollegialität” der Bischöfe, Priester, der Ausschüsse, der Versammlung des Gottesvolkes, des Rates der Kirchengemeinde. In der Diskussion um den Zölibat wird geltend gemacht, daß Priester immerhin Menschen seien wie alle anderen! Ja, wie alle anderen. Gleichheit! Da die Männer in der Kirche ihr Haupt nicht bedecken, deshalb erfordern die “Rechte der Frau” die Abschaffung der herkömmlichen Kopfbedeckung.
Aber man fordert nicht nur Gleichheit in der Kirche, sondern die Gleichheit der Kirchen untereinander, was für die hier besprochene Geisteshaltung eine logische Folge darstellt. Daher auch die “interkonfessionellen Versammlungen”, die unbedingte Notwendigkeit nach “Interkommunion”, Ökumenismus, Nationaler Kirchenrat, Weltkirchenrat. Denn eine Religion ist so gut wie die andere. Der Satz “keine Rettung außerhalb der Kirche” wurde zu “keine Verdammnis außerhalb der Kirche”. Aber auch innerhalb der Kirche gibt es keine Verdammnis, denn es gibt sie überhaupt nicht — Punktum!
In der vorangehenden Betrachtung untersuchten wir einige Zeugnisse, aus welchen hervorgeht, daß die kollektivistische Geisteshaltung der Neuerer, die den gegenwärtigen Aufruhr in der Kirche leiten, auch die Reihen der katholischen Geistlichen und Laien ansteckt. Wir möchten in der Untersuchung der umfassenden Geisteshaltung innehalten, um zu bemerken, daß die kollektivistische Einstellung nur einen Aspekt darstellt. Er ist daran zu erkennen, daß er einen der von uns in Spalte A angeführten Unterbegriffe, nämlich den des “Kollektiven” übertreibt, während er den Gegenbegriff in Spalte B, den des “Individuellen” in seiner Bedeutung entsprechend schmälert.
Der Interdum-Leser muß wohl nicht daran erinnert werden, bis zu welchem Ausmaß das kollektivistische Denken der allgemeinen Bürgerschaft auf politischer, sozialer und wirtschaftlicher Ebene eingepflanzt wurde, daß die vielen, seit langem eingesetzten Propagandawerkzeuge diese Mentalität überall popularisiert haben und daß diesem Programm wohldurchdachte und von subversiven Händen vorbereitete Pläne zu Grunde liegen. Eine gelegentliche Hilfestellung erwächst dieser totalen (kollektivistischen) Bemühung durch diejenigen, die mit horoskopischem Gewäsch schachern. Aquarius: “Du bist der Menschenfreund, der sich eher mit der Gruppe als mit dem Individuum befasst.” Wird unsere Kirche gegenwärtig ins “Zeitalter des Aquarius” hineingeführt? ?
Die Überbetonung der Worte “universell” und “Menschheit”
In unserer Analyse der universalistischen “Geisteshaltung” wollen wir aus der Spalte B zwei weitere, heutzutage überbetonte Gedanken herausgreifen: die Menschheit insgesamt und universell. Während die Jansenisten — um hier unseren Vergleich fortzusetzen —, in der Entfaltung ihrer Geisteshaltung “den Auserwählten” überbetonten und sich ganz und gar auf den Gedanken der begrenzten Zahl einzelner Seelen, die gerettet werden, richteten, legen die Universalisten die Betonung auf das extreme Gegenteil, auf die Gesamtheit, auf “alle Menschen”.
Es ist dies nur eine logische Erweiterung der kollektivistischen Mentalität mit dem zusätzlichen Gedanken, daß die Kollektivität in keiner Weise beschränkt werden darf, sondern all-umfassend sein muß.
Heutzutage ist das Wort universell in aller Munde: “universeller Friede” (Weltfriede), “universelle Gemeinschaft”, “universelle Brüderschaft”, usw. Und alles was heute geplant wird, muß zum Wohl der “Menschheit” geplant werden. Dabei hat es den Anschein, daß man selten jemanden findet, der daran interessiert ist, einer einzelnen Person zu helfen, ganz zu schweigen, daß jemandem geholfen werden sollte, seine Seele zu retten.
Man führt einen “Krieg gegen die Verseuchung”, viel wird über Okologie geredet und vor kurzem begingen wir den nationalen “Tag der Erde”, (nebenbei der 100. Geburtstag Lenins). All diese und andere Veranstaltungen sind — wohlgemerkt — für das Wohl der Menschheit, um alle auf die Gefahren, die uns umgeben, aufmerksam zu machen.
Eine der Gefahren, die der “Menschheit” drohen, ist vermutlich die “Überbevölkerung”; deswegen müßen um des Wohles der “Menschheit” willen mehrere ernsthafte Maßnahmen ergriffen werden. Nachdem das Wohlergehen der Menschheit gefährdet ist, ist es dennoch bedeutungslos, daß die vorgeschlagene Abhilfe, wie z.B. die Geburtenkontrolle und legalisierte Abtreibung auf schweren moralischen Verfehlungen gegenüber den einzelnen Individuen beruht, wodurch zum Zustand der gewohnheitsmäßigen Todsünde ermutigt wird und das Heil der betroffenen Individuen ernsthaft in Gefahr gebracht wird. Gewiß, das Wohl der Menschheit fordert viele Opfer. Gelegentlich verbrennt sich einer der Menschenfreunde bei lebendigem Leib, um gegen einen “unmenschlichen” Krieg zu protestieren. Tragisch ist nur, daß bei solchen “Heldentaten” im Namen der “gesamten Menschheit” die einzelne Seele dieser Menschenfreunde Schiffbruch erleidet.
Auch kann die von der universellen und der Menschenauffassung besessene Person nicht verstehen, wieso das Denken Unseres Herrn so “beschränkt” gewesen sein sollte, daß er sich zur Konsekration Seines Kostbaren Blutes der Worte “PRO MULTIS” bediente. Was immer Er gesagt haben mag, Er muß damit “alle Menschen” gemeint haben.
Die von dieser globalen Auffassung besessene Person beginnt zudem bald zu fragen, ob die katholische, die institutionelle Kirche wirklich eine ausreichend große Arche des Heils sei. Denn obschon das Wort katholisch — vom griechischen katholikos — wörtlich übersetzt “universell” heißt, scheint es, daß die Kirche nicht “katholisch” ist, da sie nicht alle Menschen befasst. Wahr ist, daß noch vor kurzem eine Vielzahl von Konvertiten in die Kirche eingetreten ist. Das geschah jedoch auf der individuellen Basis, d.h. jeder ist für sich eingetreten. Solch ein Prozess ist aber viel zu langsam und langwierig. Weil aber alle Menschen Mitglieder der Kirche sein sollen und die Kirche nur so der Definition “katholisch” wirklich gerecht wird, daher muß man an eine gemeinsame Wiedervereinigung denken. Der römisch-katholische Plan (der Wiedervereinigung) gilt daher dem Denken des Universalisten — wie Kardinal Manning erklärt —, als klar veraltet:
“Sogar im großen griechischen Schisma… sind alle Bedingungen der Wahrheit und der Gnade erhalten… Die Kirche dort hat eine gültige Ordination, die Gegenwart Jesu sowie die vollständige Ordnung der göttlichen Tatsachen und Wahrheiten, wenngleich infolge des Schismas und der Irrtümer weniger davon. Aber sie ist wiederherstellbar und vermag sich eines Tages wie von den Toten zu erheben. Das trifft nicht zu für die Glieder (des mystischen Leibes), welche die ständige Gegenwart Jesu im Allerheiligsten Sakrament verloren und die Ordnung der göttlichen Tatsachen und den Aufbau des mystischen Leibes entstellt haben: ihnen ist die gemeinsame Wiedervereinigung unmöglich. Sie sind in der Auflösung begriffen und müssen daher durch die gleiche göttliche Kraft wiederhergestellt werden. Ihre Mitglieder können einzeln gerettet werden, wie Schiffbrüchige, die man von einem Floß oder Riff aufnimmt; denn ihr Schiff ist verloren. Aus der zerstörten Struktur des Wracks kann der Leib nicht wiederhergestellt werden.” (Henry Kardinal Manning, “The Blessed Sacrament: the Centre of Immutable Truth”).
Nein, denn der römisch-katholische Plan der individuellen Rettung und der Einzelkonversion ist für die pluralistische Gesellschaft von heute einfach nicht angelegt: “In Amerika werden derzeit drei Pläne verwirklicht, wovon jeder ein anderes Ziel verfolgt. Der erste Plan, ein konfessionsunabhängiger, ist der Gottes; der zweite ist ein konfessionsgebundener, d.i. der römisch-katholische und der dritte ist ein antikapitalistischer, d.i. der kommunistische Plan.”
“Gottes Plan ist der Vereinigung aller Rassen, Religionen und Glaubensbekenntnisse gewidmet. Dieser Plan, der der neuen Ordnung der Dinge gewidmet ist, soll alle Dinge erneuern — soll eine neue Nation, eine neue Gattung, eine Kultur und eine neue, konfessionsunabhängige Religion herbeiführen, die bereits als die Religion “des herrlichen Lichtes” erkannt und benannt wurde.”
(C.W. Smith, “God’s Plan in America”, erschienen im Sept. 1950 in der Zeitschrift ‘The New Age, dem offiziellen Organ des ‘Supreme Council 33′ Scottisch Rite Freemasonry.)
Ebenfalls aus dem Griechischen, und wie das Wort “katholisch”, “universell” bedeutend, stammt das Wort ökumenisch. Wörtlich genommen ist das Wort ökumenisch mit dem Wort katholisch sinnverwandt. Unter Katholiken wurde das Wort bis vor kurzem nur in Bezug auf eine allgemeine oder ökumenische Versammlung gebraucht, wogegen das Wort ökumenisch, sowie die Bezeichnung “ökumenische Bewegung” unter Protestanten und den Orthodoxen Kirchen schon seit längerer Zeit andere, spezielle Bedeutungen hatte.
Mit dem 2. Vatikanischen Konzil kam das Wort “Ökumenismus” in Mode. In dem von Vatikan II herausgegebenen Ökumenismusdekret ist das Wort Ökumenismus nirgendwo präzise definiert. Die folgenden Auszüge aus dem Dekret sollen eine allgemeine Vorstellung von dem vermitteln, was unter Ökumenismus zu verstehen ist: “Geist der brüderlichen Liebe und Einheit”, “die Wiederherstellung der Einheit unter allen Christen”, “der Wunsch nach Einheit”, diese Bewegung auf die Einheit hin heißt “ökumenisch”, “Gemeinschaft in der Einheit”, “die Förderung der christlichen Einheit”, “die Pflichten für das allgemeine Wohl der Menschheit”, “das Band der Brüderlichkeit zwischen allen Christen”, “das Erlangen der Vereinigung”, usw.
“Ökumenismus”, so kann man sagen, ist in gewisser Hinsicht mit der Idee der “Einheit” gleichgesetzt, wiewohl das Dekret insgesamt zu vage ist, um sich für eine solche Sinnfestlegung herzugeben. Wird aber das Wort ‘Ökumenismus’ in dieser Bedeutung gebraucht, so liegt eine Fehlbenennung vor, wie sie denn auch in der Verwendung der ‘ökumenischen Bewegung’ durch die früheren Protestanten vorlag; denn die Lehre von der Wortherkunft über ‘Ökumenismus’, von Griech. oikoumenikos = universell, zeigt, daß es wörtlich verstanden Universalismus heißt, womit aber ein vom Begriff der ‘Einheit’ vollständig verschiedener Sinn vorliegt. Unter den vier Merkmalen der Kirche finden sich zwei, die — das wird jeder anerkennen —, von einander verschieden sind: EINE (bezogen auf Einheit) und KATHOLISCH (bezogen auf Universalität). Mit dem Begriff Einheit und dem Begriff Ökumenismus liegen daher verschiedene Gedanken vor, die nicht gleichgesetzt werden können.
Die falsche Bezeichnung ‘Ökumenismus’ ist aber in jedem Fall zum Gebrauchswort geworden. Betrachtet man den Ökumenismus in Aktion in den verschiedenen Gemeinden und Diözesen, so zeigt es sich deutlich, daß man selten zwei Pfarrer oder zwei Bischöfe findet, die unter ‘Ökumenismus’ das gleiche verstehen. Ist das nicht eine merkwürdige Art der “Einheit”?
Insofern dieses Wort `Ökumenismus’ wörtlich Universalismus bedeutet, und die Häresie wiederum, daß alle Menschen gerettet werden, unter der gleichen Bezeichnung (Universalismus) bekannt ist, wollen wir denselben von jetzt an als die “Häresie des Ökumenismus” bezeichnen.
Mancher wird nun sagen, ich hätte hier einen Kunstgriff erdacht, um den “Ökumenismus” falsch darzustellen, denn das Wort sei von mir in einer Bedeutung gebraucht, die von der durch das II. Vaticanum beabsichtigten abweiche. Hierauf antworte ich, daß ich mich keiner Fehldarstellung schuldig gemacht habe, denn ich habe vorhin klar und präzise definiert, was ich unter “Ökumenismus” verstehe, und wie ich das Wort im Schlußteil des Artikels zu gebrauchen gedenke. Dieses Vorgehen ist nebenbei gesagt ehrlicher als das der Neuerer, die den Ökumenismus falsch darstellen, indem sie Handlungsweisen einführen, die der Tradition der Kirche und ihrem Lehramt entgegenstehen und von denen sie noch dazu behaupten, dies sei im “Geiste des II. Vaticanums”.
Beurteilt man die “Früchte” des II. Vaticanums, oder des “Ökumenismus” in Aktion, so wird man sehen, daß es immer offenkundiger wird, daß der angewandte Ökumenismus, den wir mit eigenen Augen beobachten können, vielmehr die von mir aufgestellte Definition wahr macht, als das durch das II. Vaticanum vermutlich Beabsichtigte. Daher wollen wir ohne weitere Erklärung oder Entschuldigung mit der Untersuchung der ökumenischen Häresie, “alle Menschen werden gerettet”, fortfahren.
Neben der wahren katholischen Kirche wird die Gegenkirche mit ihrem “Lehramt der Finsternis” erbaut. Die katholische Kirche ist der mystische Leib Christi. Die ökumenische Kirche ist das “Volk Gottes”. In der katholischen Kirche wird das Heilige Messopfer gefeiert, in der ökumenischen Kirche gibt es die Zelebration des Gedächtnismahles, bekannt als das “Herrenmahl”. In der katholischen Kirche haben wir das Allerheiligste Altarssakrament, das Sakrament der vielen, das Zeichen der Einheit im mystischen Leib Christi. Die ökumenische Kirche hat in ihrer Liturgie als Symbol der Einheit aller Menschen die Worte “für alle” eingeführt. Diese Veränderung passt in den ganzen häretischen Rahmen wie ein Wort in ein Kreuzworträtsel. Wie lange wird es noch dauern, bis alle Menschen eingeladen werden, an der “Interkommunion” der ökumenischen Kirche teilzunehmen?
Latein, eine der drei Sprachen der Inschrift des Kreuzes Unseres Herrn, war von der göttlichen Vorsehung dazu bestimmt, die Sprache der Einheit Seiner wahren katholischen Kirche zu sein. Die universelle Sprache der wahren Kirche wird immer Latein bleiben. Die Führer der ökumenischen Kirche sind sich jedoch ebenfalls bewußt, daß eine universelle Bewegung eine universelle (Kult-) Sprache braucht. Die Umstellung auf die Landessprache ist nur ein vorübergehender Prozess, dessen eigentlicher Zweck die Abschaffung der einheitlichen Sprache der wahren Kirche ist. Die einheitliche Sprache der ökumenischen Kirche wird das Esperanto sein. Tatsächlich ist die “Liturgie” der ökumenischen Kirche bereits ins Esperanto übersetzt worden und von Papst Paul VI. als liturgische Sprache anerkannt (vgl. die Sept./Okt. Ausgabe von 1968 der Zeitschrift ‘Notitiae’, offizielles Organ der ökumenischen Kirche). Aber wozu benötigt man eine Esperanto-Version der Liturgie? Wieviele verstehen oder sprechen heute Esperanto? Gibt es ein Land oder eine Gemeinde, in der jetzt eine in Esperanto zelebrierte Messe (Liturgie) verstanden würde? Und wenn nicht, warum ließ die ökumenische Kirche die Liturgie ins Esperanto übertragen? Die ökumenische Kirche verschwendet gewiß keine Zeit an Spielereien.
Anna Katharina Emmerick (1776-1824), die heilige deutsche Mystikerin, sah in ihren Visionen und mystischen Erlebnissen die Geburt dessen, was sie als die “Kirche der Finsternis” und als die “schwarze, nachgeahmte Kirche” bezeichnete. Das Wort Nachahmung (Fälschung) bedeutet mehr als nur “falsch” (falsche Kirche und Formen der Anbetung hat es immer gegeben); Nachahmung (Konterfei) aber impliziert die Absicht, etwas als wahr hinzustellen, das Wahre zu imitieren. Wir beanspruchen nicht, die Gabe zu besitzen, Prophezeiungen vollkommen und genau zu interpretieren, noch haben wir die Argumente unserer Darstellung je auf Prophezeiungen gestützt. Ebensowenig wollen wir aus den Visionen der Kath. Emmerick einen Beweis ableiten, denn der Versuch, Prophezeiungen zu interpretieren, schließt immer das Risiko ein, daß die wahre Bedeutung gänzlich verfehlt wird. Dennoch ist es uns erlaubt, darüber zu reflektieren, ob Schwester Emmerick die ökumenische Kirche der gegenwärtigen Zeit vorausgesehen hat. Die folgenden Ausschnitte sind dem 2. Band des Buches “Das Leben der Anna Katharina Emmerick” von Pater C. E. Schmöger, CSsR, herausgegeben 1867 (neue Gesamtausgabe der Visionen der Anna Katharina Emmerick beim IMMACULATA-Verlag, CH-6015 Reußbühl/Luzern, in 4 Taschenbänden), entnommen.
Ich sah, daß eine fantastisch und ungewöhnlich aussehende Kirche erbaut wurde. (…) Bei der Errichtung halfen keine Engel, sondern Scharen der wildesten planetarischen Geister, die alle möglichen Dinge in das Gewölbe schleppten, wo diese von Personen in kleinen kirchlichen Gewändern empfangen und an verschiedenen Orten abgestellt wurden. Nichts davon wurde von Oben gebracht; alles kam von der Erde und den dunklen Regionen, und alles wurde von den planetarischen Geistern erbaut. (…) Ich erkannte, daß viele der Instrumente der neuen Kirche, die Speere und Pfeile dazu bestimmt waren, gegen die lebende Kirche angewandt zu werden. (…) In der Höhle darunter (Sakristei) kneteten mehrere Personen Brot, jedoch ohne Erfolg, denn der Teig wollte sich nicht erheben. (…) Alles in dieser Kirche gehörte der Erde an und kehrte in sie zurück; alles war leblos, die Arbeit menschlichen Könnens, eine Kirche des letzten Stils, eine Kirche menschlicher Erfindung, gleich wie die neue heterodoxe Kirche in Rom.” (S. 283-3).
“Ich fürchte, der Heilige Vater wird vor seinem Tode viel Drangsal erleiden, denn ich sehe die dunkle Kirche der Nachahmung sich ausbreiten und verheerenden Einfluß auf die Öffentlichkeit gewinnen.” (S. 292) “Sie erbauten eine große, besonders extravagante Kirche, die alle Glaubensbekenntnisse als gleichberechtigt umfassen sollte: evangelische, katholische und alle Denominationen, in der wahren Gemeinschaft des Unheiligen, mit einem Hirten und einer Herde. Sie sollten einen bezahlten Papst haben, der ansonsten ohne Besitztümer ist. Alles wurde vorbereitet und viele Dinge vollendet. Aber anstatt eines Altars gab es nur Greuel und Trostlosigkeit. Solcher Art war die neue kommende Kirche, und ihretwegen hat er die alte in Brand gesteckt. Doch Gott fügte es anders. Er starb im Glauben und nach Beicht und Buße — und er erwachte zu neuem Leben.” (S. 353)
“Nachdem ich das Gesicht bis in die letzte Einzelheit geschaut hatte, sah ich den gegenwärtigen Papst wieder, sowie die Kirche der Finsternis seiner Zeit in Rom”. (S. 279) “Ich sah die erschreckenden Folgen dieser imitierten Kirche; ich sah sie wachsen; ich sah, wie alle Arten von Häretikern nach Rom strömten; ich sah die ständig zunehmende Lauheit der Geistlichkeit und den sich fortwährend erweiternden Kreis der Finsternis. (…) Wiederum sah ich im Gesicht, wie St. Peter nach einem dafür zurechtgelegten Plan von einer geheimen Sekte untergraben wurde, während es gleichzeitig durch Stürme beschäftigt wurde; im Augenblick der größten Gefahr aber wurde es gerettet. Ich sah wie die Allerheiligste Jungfrau ihren Mantel darüber breitete. In dieser letzten Szene sah ich den herrschenden Papst nicht mehr, sondern seinen Nachfolger, einen milden, jedoch sehr entschlossenen Mann, der es verstand, sich seine Priester verbunden zu machen, und der die Bösen von sich stieß.” (S. 281)
Unter den weltweisen Geistlichen Deutschlands und den aufgeklärten Protestanten sah ich die Pläne zur Vermischung der Religionen und zur Unterdrückung der päpstlichen Autorität…” (s. 346).
“Ich sah die geheime Gesellschaft die große Kirche (St. Peter) untergraben, und in ihrer Nähe sich eine schreckliche Bestie aus der See erheben.” (S. 290) “Ich sah, daß sich während der letzten Tage wunderbare Dinge mit der Kirch zutrugen. St. Peter war von der Sekte beinahe ganz zerstört, aber deren Mühen wurden dafür zunichte gemacht und alles was ihr gehörte, ihre Kleider und Werkzeuge, wurden von den Richtern auf dem öffentlichen Platz der Schande verbrannt… In diesem Gesicht sah ich die Mutter Gottes so schwer für die Kirche leiden, daß meine Verehrung für sie bedeutend vertieft wurde.” (S. 292)
“Sie wollen böse Bischöfe einsetzen. An einem Ort wollen sie eine katholische Kirche in ein lutherisches Versammlungsgebäude umwandeln.” (S. 299) “Als ich St. Peter in diesem Zustand des Verfalls sah und wie so viele Geistliche — wenn auch heimlich —, sich um die Zerstörung mühten, war ich so überwältigt, daß ich von Herzen zu Jesus um seine Barmherzigkeit flehte.” (S. 300)
“Ich sah den kleinen schwarzen Mann, der im eigenen Land Diebstähle beging und die Dinge verfälschte. Dort ist die Religion so gekonnt untergraben und eingeschnürt, daß kaum noch hundert treue Priester übrig sind. Ich kann nicht sagen, wie es zugeht, aber ich sehe Nebel und Dunkelheit zunehmen (…). Bald muß alles für alle neu errichtet werden, denn auch die Geistlichen arbeiten an der Zerstörung — und Verfall ist allerorts.” (S. 298)
“(…) Nochmals sah ich die große, ungewöhnlich aussehende Kirche, die nichts Heiliges an sich hatte (…). Alle Schritte, die zu ihrer Errichtung und Erhaltung als notwendig oder tunlich erachtet worden waren, wurden in den entferntesten Ländern getroffen. Ebenso war es mit den Menschen und Dingen, den Lehren und Meinungen, die dazu beigesteuert wurden.” (S. 283 —4)
“Bei diesen Gesichten von der Kirche insgesamt, sehe ich im Nordwesten immer einen dunklen Abgrund in den kein Lichtstrahl fällt, und ich fühle, daß dies die Hölle ist (…). Sie waren nicht in der ordentlich gegründeten lebenden Kirche, eins mit der kämpfenden, der leidenden und siegreichen Kirche, noch empfingen sie den Leib des Herrn, sondern nur das bloße Brot. Die sich aber ohne eigenes Verschulden im Irrtum befanden und fromm und sehnsüchtig nach dem Leib des Herrn verlangten, wurden nicht durch ihre Kommunion, sondern geistlicherweise getröstet. Diejenigen, welche gewohnheitsmässig, aber ohne die sehnsüchtige Liebe kommunizierten, empfingen nichts; indes empfängt ein Kind der Kirche eine unermessliche Vermehrung der Kräfte.” (S. 85) “Ich sah unerhörte Greuel sich über das Land ausbreiten und mein Führer sagte mir: ‘Dies ist Babel!’ Im ganzen Land sah ich eine Kette geheimer Gesellschaften, deren Einfluß dem Babels glich (…). Ich sah, wie alles in Verfall überging, daß heilige Dinge zerstört wurden, und daß Gottlosigkeit und Häresie eindrangen.” (S. 132)
Die Verzerrung von “Christus starb für alle”
Bis jetzt haben wir die Tendenz der ökumenistischen Mentalität untersucht, aus der hervorgeht, daß sie mehrere Unterbegriffe aus der Spalte A, z.B. “insgesamt”, “Menschheit”, “universell”, betont. Diese Tendenz ist ein Teil der Konstitution der gesamten Geisteshaltung, die letztlich zur Verleugnung der Wahrheit B führt, d.i., zur ökumenischen Häresie, daß alle Menschen gerettet werden. Es versteht sich von selbst, daß zusätzlich zur Übertreibung der bezogenen Unterbegriffe der Spalte A, auch die Hauptwahrheit der Spalte A, “Christus starb für alle Menschen”, übertrieben wird. Dies entspricht einerseits der jansenistisch-kalvinistischen Tendenz, die Hauptwahrheit B, “nur wenige werden gerettet”, zu übertreiben, und ist ihr doch zugleich gänzlich entgegengesetzt.
Die wahre Bedeutung des Satzes, daß “Christus für alle Menschen gestorben” ist, daß er die Menschheit erlöste, daß er alle Menschen in seiner Kirche haben will, daß er alle gerettet sehen will, diese wahre Bedeutung wird von den Ökumenisten zur falschen und gefährlichen Lehre der universellen Rettung verzerrt.
Um diese Häresie zu befördern, zögern die Neuerer auch nicht, Hand an die Heilige Schrift zu legen. Man betrachte die Epistel der Mitternachtsmesse von Weihnachten. Der Passus aus Titus 2,11: “Denn die Gnade Gottes, Unseres Erlösers, ist allen Menschen erschienen”, heißt in der neuen Lesung: “Gottes Wohlwollen ist erschienen, es bringt allen Menschen Rettung”. Im griechischen Text, der ziemlich kurz ist, findet sich der Ausdruck “Gott Unser Erlöser” nicht weniger als vier Mal, weshalb es keine linguistische Rechtfertigung dafür gibt, diesen Ausdruck als “Rettung bringend” wiederzugeben. Aber nach der ökumenistischen Ordnung der Dinge ist es notwendig, die Häresie der universellen Rettung unauffällig einzupflanzen. Die falsche Übersetzung dieses speziellen Absatzes wird vom Ökumenisten zweifelsohne als das Bejahen des Satzes “Christus starb für alle” erklärt.
“Christus starb für alle” ist die gewöhnliche Antwort, die gegeben wird auf die Frage hin, warum die Worte des Konsekrationstextes “PRO MULTIS” durch die Worte “für alle Menschen” ersetzt wurden.
Das Mißverständnis “Christus starb für alle Menschen”, das universelle Rettung bedeuten soll, muß zum religiösen Indifferentismus führen. Denn wenn Christus für alle gestorben ist, warum sollten wir dann noch um die Rettung jener besorgt sein, die außerhalb der Kirche stehen. Aus dieser ökumenistischen Mentalität erklärt sich wohl der Rückgang der wahren katholischen Missionstätigkeit. Frühere Epochen erlebten große Missionare, unter ihnen viele kanonisierte Heilige, die alles riskierten, nur um in fremde und ferne Länder zu gehen und dort den Heiden zu taufen, und um ihn zum Katholiken zu machen. Im ökumenistischen Zeitalter jedoch, würden die meisten Priester nicht einmal eine Fahrt zum anderen Stadtende unternehmen, um einen Nichtkatholiken zu bekehren. Hingegen geben sie sich alle Mühe, um mit ihm zu “dialogisieren” und herauszufinden, was der Nichtkatholik zu sagen hat.
Warum sollten wir im ökumenistischen Zeitalter wie dem unseren wegen der Konversion anderer bekümmert sein? Denn Christus ist immerhin für alle Menschen gestorben. Daher sehen wir nunmehr einen radikalen Rückgang der Konversionen zum wahren Glauben. Warum werden so viele katholische Schulen geschlossen? Zugegeben, das erklärt sich zum Teil aus der Abneigung unter den traditionalistischen Katholiken für diese Schulen. Doch es gibt gar nicht so viele, wirklich informierte, traditionalistische Katholiken. Die Wahrheit ist, daß die Mentalität des: “Christus starb immerhin für alle Menschen” die Notwendigkeit für katholische Schulen einfach nicht mehr sieht. Und wenn “Christus für alle Menschen gestorben ist”, was universelle Rettung bedeutet, wozu dann noch Heiligenverehrung? Als Vorbilder, die man nachahmt und als Beschützer, die uns beistehen, sind sie nicht mehr nötig. Worin sollten sie uns beistehen? Wir alle sind ja Heilige. Wir sind alle gleich! Auf solche Weise ziehen die Heiligen aus dem römischen Kalender aus. Hans Küng hat der ökumenistischen Absicht gemäß erklärt, daß “alle Kanonisierungen einzustellen sind.” (In der Zeitschrift ‘Catholic Currents’, v. 15.5.1970)
Die Verzerrung von “Gottes Barmherzigkeit”
Die jansenistische Überbetonung Gottes unendlicher Gerechtigkeit führte zu einer Besessenheit bezüglich der Lehre von der Hölle, zu einer minimalen Wertschätzung von Gottes Barmherzigkeit, sowie zu fremdartigen Auffassungen hinsichtlich der Vorherbestimmung. Der Ökumenist von heute denkt an nichts anderes mehr denn an Gottes Barmherzigkeit (oder “Liebe”), vergisst jedoch Gottes unendliche Gerechtigkeit, und glaubt daher gar nicht mehr an die Hölle.
In meinem Artikel “Die Infragestellung der Gültigkeit der Messen, die den gänzlich englischen Kanon gebrauchen” (Questioning the Validity of the Masses using the All-Englisch Canon), schrieb ich den folgenden Satz: “Christi Leiden kommt nicht allen Menschen zugute, denn wir wissen de fide daß nicht alle Menschen das ewige Heil erlangen.” Als ich diese Abhandlung schrieb, war ich mir bewußt, daß ich meine Position in Bezug auf viele der darin enthaltenen Punkte zu verteidigen haben würde. Nie habe ich aber daran gedacht, daß gerade der obige Satz in Frage gestellt würde. Aber er wurde es! Fr. Theodore Mackin wandte ein, daß ich an anderer Stelle der Abhandlung sage: “daß die Kirche lehre, daß einige Menschen verdammt seien.” Und er fährt fort: “Herr Omlor ist — meines Wissens — der erste Theologe, der diese Lehre vorgetragen hat.” — (!) Es sei bemerkt, daß Pater Mackin Rektor der Theologischen Fakultät an der Universität von Santa Clara ist.
Am 29.5.1970 erschien in der Zeitschrift ‘National Catholic Reporter’ ein von Sidney Callahan verfasster Artikel mit dem Titel “Die Hölle un der Teufel, sind sie wirklich? ” Frau Callahan schreibt darin: “Ich habe endlich verstanden, daß viele Christen im Glauben an die Hölle erzogen wurden. (…) Ich weiß nicht, warum ich so lange brauchte, um zu verstehen, daß andere wirklich an die Hölle und den Teufel glauben. Ich vermute, daß dies meinem Erbe der Aufklärung, das von der Konversion nicht wirklich berührt wurde, zuzuschreiben ist. (…) Denn Güte, Schönheit und Freude auf Erden machten Gott und den Himmel für mich immer zu einem angemessenen Gerücht. (…) Aber die Hölle? (…) Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß die tätige Liebe in Wirklichkeit zurückgewiesen werden könnte, oder daß göttliche Liebe nicht doch auch die hoffnungsloseste Verunstaltung heilen könnte. (…) Manche Begriffe, wie z.B. der des Fegefeuers oder der Läuterung (Purgatorium) sind mir verständlich, aber endgültige Verdammnis ist mir unbegreiflich. (…) Was die Frage des Bösen, der Hölle und des Teufels angeht, bin ich letztlich agnostisch. Ich behaupte nicht, daß es derartiges nicht geben könne, (mögen die Inquisitoren dies bemerken) denn wenn ich mit der Folter konfrontiert werde, so sind mir die obigen Begriffe wenigstens von der Vorstellung her zugänglich.”
Der Prozess der Verleugnung der Hölle ist ein gradueller. Die erste hierin entstehende Frage betrifft den Aspekt der Ewigkeit der Hölle. Wie könnte ein unendlich barmherziger Gott jemanden für alle Ewigkeit in die Hölle stürzen? Dies ist der Fuß in der Tür. Aber das genügt bereits. Nimmt man das Ewige vom Begriff der Hölle, so verschwindet dieser Begriff; denn eine Hölle, die nicht ewig ist, ist im schlimmsten Falle eine Art Fegefeuer.
In der neuen “Liturgie” der ökumenischen Kirche ist das Gebet für die im Glauben verstorbenen durch das folgende ersetzt: “Gedenke jener, die im Frieden Christi geschieden und aller Toten, deren Glaube nur Du allein kennst.” (Eucharistisches Gebet IV) Was impliziert das Beten für “alle Toten”? Sät es nicht wenigstens den Samen, daß alle Toten immer noch die Möglichkeit der Rettung haben? Und vielleicht ist die Hölle trotz allem nicht ewig! Die einleitenden Worte “Gedenke jener, die im Frieden Christi verstorben sind” kann man gewiß als auf die Seelen im Fegefeuer bezogen verstehen, (nicht auf die Heiligen, die der Gebete nicht bedürfen). Aber den einleitenden Worten folgt das Wort u n d, das eine andere Gruppe meint, die von der ersten verschieden ist, welcher aber ebenso gedacht werden soll: ” u n d aller Toten…”.
Mit der Verleugnung der Hölle ist der Gipfelpunkt der Häresie erreicht. Denn wenn es keine Hölle gibt, so folgt damit automatisch, daß niemand je verdammt werden kann. “Alle Menschen sind gerettet.”
ZUSAMMENFASSUNG
Wir haben die ökumenistische, oder die universalistische “Geisteshaltung” untersucht. Sie befasst sich besonders mit der Vorstellung der Kollektivität, der Universalität, der Menschheit, mit Gottes Barmherzigkeit und der verzerrten Wahrheit, daß “Christus für alle gestorben ist”. Sie spielt die individuelle Rettung herunter, die besondere Beziehung der Seele zu Gott, Gottes Gerechtigkeit, sowie die Wahrheit, daß “nur viele gerettet werden”. In dieser Ordnung der Dinge hat die Hölle keinen Platz. Für den Ökumenisten ist die Lehre von der Hölle unvereinbar mit seiner verdrehten Auffassung von Gottes “Barmherzigkeit”; denn das ausgleichende Prädikat von Gottes Gerechtigkeit wurde verdeckt. Der Höhepunkt, daß alle Menschen gerettet werden, folgt für den Ökumenisten aus seiner Geisteshaltung, wie die Nacht dem Tag folgt.
Die Antwort des treuen Katholiken auf den Ökumenismus mit seinem Pomp und seinen Werken muß das klassische Wort von W.C. Field sein: “I refuse to be participated.” (Ich weigere mich, einbezogen zu werden.”)
Patrick Henry Omlor
Für die Übersetzung: Günther Mevec
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Quelle: DZM Oktober 1970, Seiten 1024-1030
