Zum Verständnis Johannes-Paul II.
(Fortsetzung)
«Wenn ich noch Menschen zu Gefallen sein wollte, dann wäre ich Christi Diener nicht.» (Gal I,10)
Am 16. Oktober [1978] wurde Karol Wojtyla Johannes-Paul II.; schon am nächsten Tag, in seiner Botschaft an die Welt, erklärt er: «Zuerst wollen wir die weiterhin bleibende Wichtigkeit des II. ökumenischen Konzils des Vatikans unterstreichen und dies bedeutet für uns, die wesentliche Verpflichtung, es anzuwenden. Ist es nicht ein Meilenstein in der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche und infolgedessen in der religiösen und kulturellen Geschichte der Welt? Man muss den fruchtbaren Samen, den die Väter des Konzils, inspiriert durch das Wort Gottes, in die gute Erde gesät haben, im Sinne der Bewegung und des Lebens zur Reife bringen.»
Johannes -Paul II. bestätigte also selbst, gleich zu Beginn des «Spiels», dass er ein Mann von Vaticanum II ist. Wir wollen hier nicht den Beweis der Irrgläubigkeit dieses Konzils und seines Kultes des Menschen, auf den es letzten Endes hinausläuft, erneut beweisen.94 Wir begnügen uns damit, zu unterstreichen, dass Karol Wojtyla [dem] Vaticanum II die Treue hält, was die Themen der «konziliaren Theologie» betrifft und besonders den Geist, der diese Theologie hervorbrachte, nämlich den Willen, den Glauben mit dem modernen Geist zu versöhnen, die «grenzenlose Sympathie» für diese Welt, die man von nun an nicht mehr bekehren darf, sondern der man dienen muss.
Als Chef der neuen Kirche achtet Johannes-Paul II. den einseitig zugunsten der Welt abgeschlossenen Waffenstillstand. Er spricht die Sprache der Welt, führt mit ihr den Dialog und arbeitet mit ihr zusammen. Daher braucht man nicht mehr erstaunt zu sein, wenn er eine «humanistische» Rede hält, unklar und zuweilen ganz und gar irrgläubig; Paul VI. hatte dies vor ihm auch schon getan. Wir wollen aber herausstellen, was bei Johannes-Paul II. kennzeichnend ist; denn Johannes-Paul II. ist nicht Paul VI. Ihre Abstammung, ihre Nationalität, ihre Kultur, ihr Temperament, ihr «Charisma» trennen sie voneinander. Als Mann des Vaticanum II, wie es schon Paul VI. war, entwickelt Johannes-Paul II. keine neuen Themen, aber er hat einen Stil und hat Methoden, die ihm eigentümlich sind. Einige haben dies zum Vorwand genommen und liessen sich täuschen, indem sie von ihm vergeblich eine aufsehenerregende Rückkehr zur kath. Religion erhofften.
Nach diesen Vorbemerkungen werden wir die offenkundigsten «Fehltritte», die Johannes-Paul II. (und seine Vorgänger), da er zwei Herren dienen will, schliesslich gemacht hat, festhalten, und diese «Fehltritte» geben uns den wahren Maßstab für Vaticanum II und für die Anhänger seiner Theologie an.
I. Ein Mann des Vaticanum II
Wir haben aus der ersten Botschaft an die Welt von Johannes-Paul II. zitiert. Es handelt sich keineswegs um Formulierungen, die durch die Umstände auferlegt sind. Johannes-Paul II nimmt das «Erbe» voll auf — dies ist der Titel des ersten Teils von Redemptor hominis — und nimmt alles wieder auf seine Rechnung, was die bevorzugten Gebiete der Ekklesiologie (= Lehre von der Kirche), der Kollegialität, des Ökumenismus und der Religionsfreiheit berührt.
Das Erbe
Gleich bei seiner ersten Ansprache hat sich Johannes -Paul II. als einen Mann vorgestellt, der vollständig, ohne «sich in Dokumente einzuschliessen», die Beschlüsse von Vaticanum II anwenden werde. Er hört nicht auf, dies unablässig zu wiederholen: weil «die Kirche während des Konzils sich tiefer ihrer eigenen Natur und ihrer eigenen Mission bewusst geworden ist» (8.12.78), weil wir in diesem Konzil ganz zu Recht «eine neue Phase der Selbstverwirklichung der Kirche im Hinblick auf die Epoche, in der wir leben» (Dives in misericordia VIII, 15)95 sehen können, und weil der Hl. Geist durch den Mund der Väter gesprochen hat, «machen wir es uns zur Hauptaufgabe, die Lehre dieses grossen Konzils ins Werk zu setzen». (Dm I,1)
Für Johannes-Paul II., der keinen besondern Zug zur Tradition bekundet — er zitiert nur selten die Päpste, die Kirchenlehrer und die Konzilien —, zählt vor allem «das reiche Erbe der letzten Pontifikate, das im Bewusstsein der Kirche stark verwurzelt ist, und zwar auf eine ganz neue Art und Weise, wie man sie bisher nicht kannte». (Rh II,1) Und deshalb fügt er hinzu: «Johannes XXIII. und Paul VI. stellen eine Etappe dar, auf die ich mich direkt beziehen will wie auf eine Schwelle, von der aus ich, in Gesellschaft Johannes-Paul I., um es so auszudrücken, in die Zukunft marschieren will.» (Rh IU)
Ausdrücklicher noch erklärt Johannes-Paul II., dass Paul VI. für ihn ein wahrer Vater ist, eine überragende Gestalt von unvergänglichem Ruhm, ein strahlender Leuchtturm, ein grossmütiger Sämann des Wortes Gottes, der die ganze Welt mit Wahrheit und Weisheit überflutet hat, ein Meister und ein Hirte des Geistes und der Gewissen der Menschen, dessen Reden ein Lehrdenkmal bilden, eine wahrhaft theologische Summe, dessen Charisma ein Segen und ein Geschenk war.96
Und Johannes-Paul II. begnügt sich nicht damit, einfach nur ein Sohn Pauls VI. zu sein, er ist ein glücklicher und optimistischer Sohn: «dank Paul VI., dank seiner tiefen Weisheit und seinem Mut, wie auch seiner Beständigkeit und Geduld im Laufe der schwierigen Periode seines Pontifikates nach dem Konzil» (Rh IU), «dank dem providentiellen Gleichgewicht des Steuermanns des Schiffes» (Rh IV,2) ist die Kirche von heute «gegen allen Anschein in der Gemeinschaft des Dienstes und im Bewusstsein ihres Apostolates geeinter als zuvor» (Rh V,1), der neue Lebensschwung der Kirche ist endgültig, «sehr viel mächtiger als die Symptome des Zweifels, des Einsturzes und der Krise». (Rh V,4)
Man darf also nicht darüber erstaunt sein, wenn man Johannes-Paul II. bei jeder Gelegenheit die grossen Grundsätze des Konzils entwickeln sieht, besonders jene Grundsätze, die am auffallendsten mit der kath. Lehre brechen. Sein Enzyklika-Programm ist dafür eine beeindruckende Anwendung.
Die konziliaren Themen
Wenn es sich um die Ekklesiologie (= Lehre von der Kirche) handelt, dann wiederholt Johannes-Paul II. das Konzilsdokument «Lumen gentium» und nutzt es reichlich aus. Als Kardinal schrieb er: «Das Ziel Johannes XXIII. war vor allem die Einheit der Christen. Man hat auf diesem Wege Riesenschritte gemacht. Die Kirche ist überzeugt wie nie zuvor, dass das, was die Christen eint, stärker ist als das, was sie trennt. Die Sehnsucht nach der Einheit der Christen bildet ein Ganzes zusammen mit der Sehnsucht nach der Einheit des ganzen Menschengeschlechtes. Die neue Auffassung von der Idee des Gottesvolkes wird mit der alten Wahrheit über die Möglichkeit der Erlösung ausserhalb der sichtbaren Grenzen der Kirche in Beziehung gebracht.» (Zit. nach Malinski: «Mein Freund Carol Wojtyla», Seite 189.) Der «Papst» widerspricht in keiner Weise dem Kardinal: «Kommt es nicht zuweilen vor, dass die Festigkeit des Glaubens der Mitglieder der nichtchristlichen Religionen — sie ist auch eine Wirkung des Geistes der Wahrheit, der ausserhalb der sichtbaren Grenzen des mystischen Leibes wirkt — die Christen beschämen müsste!» (Rh VI,3)
Wenn es sich um die Kollegialität handelt, dann sagt er: «Das Konzil hat dieses Prinzip der Kollegialität der Bischöfe aber nicht nur in Erinnerung gebracht, sondern hat es auch zugleich auf sehr intensive Weise neu belebt, indem es unter anderem die Einrichtung eines ständigen Organs anregte, das dann Paul VI. in der Bischofssynode errichtet hat, deren Tätigkeit nicht nur seinem Pontifikate eine neue Dimension gegeben hat, sondern sich auch später von den ersten Tagen an im Pontifikat Johannes-Paul I. und dem seines unwürdigen Nachfolgers deutlich widergespiegelt hat.» (Rh V,1)
Wenn es sich um den Ökumenismus handelt, dann sagt er: «Das II. Vatikanische Konzil hat dieses wichtige Anliegen in gedrängter Form im Dekret über den Ökumenismus behandelt.» (Rh vi,1)97
Wenn es sich endlich um die Religionsfreiheit handelt, dann sagt er: «Das II. Vatikanische Konzil hat es als besonders notwendig erachtet, zu diesem Thema eine ausführliche Erklärung zu erarbeiten. Gemeint ist das Dokument ‹Dignitas humanae›, in dem nicht nur die theologische Konzeption des Problems ausgedrückt worden ist, sondern dieses auch unter dem Aspekt des Naturrechts erörtert wird, das heisst vom ‹rein menschlichen› Standpunkt aus, von jenen Voraussetzungen her, die von der Erfahrung des Menschen, von seiner Vernunft und vom Sinn der Menschenwürde gefordert sind.» (Rh XVII,8)
Man könnte auf die Grundsätze des Konzils nicht besser Bezug nehmen. «Das II. Vatikanische Konzil hat eine ungeheure Arbeit geleistet, um jenes volle und universale Bewusstsein der Kirche heranzubilden.» (Rh XI, 1) Man muss darunter verstehen: das Bewusstsein der neuen Kirche. Der Chef dieser neuen Kirche musste ja all seine Lehre und sein Handeln auf dieser «ungeheuren Arbeit» aufbauen! Wie hätte er sonst denn auch dem Vaticanum II auf den Wegen der Prostitution an die Welt folgen können?
Der Kult des Menschen
Unter dem Vorwand, dass die Menschen nicht mehr auf die Stimme der Kirche hören würden, ist «das II. Vatikanische Konzil in seiner tiefsten Analyse ‹der Welt von heute› zu jenem wichtigsten Punkt der sichtbaren Welt, nämlich zum Menschen gelangt» (Rh VIII,2). In der Tat, durch diese eindringliche Analyse hat Vaticanum II, wie man weiss, mit Vorliebe das gesucht, was einen gemeinsamen Ausgangspunkt schaffen könnte zwischen dieser sich abkapselnden und sie verachtenden Welt und der Kirche Jesu Christi. In der Linie des Liberalismus ist nichts anderes übriggeblieben — da man jedes andere Gebiet der Verständigung als illusorisch beurteilte — als der Humanismus, atheistisch für die einen, von christlicher Prägung für die anderen; für alle aber: menschlich, allzu menschlich!
Johannes-Paul II. entgeht offenbar nicht diesem Gesetz. Gemäss seinen eigenen Worten handelt es sich darum, die «organische und tiefe Verbindung» des Theozentrismus (= auf Gott bezogen) und des Anthropozentrismus (= auf den Menschen bezogen) zu sichern, denn «die verschiedenen Denkrichtungen, die ehemaligen und die zeitgenössischen, waren und sind weiterhin bestrebt sich zu trennen und sich einander zu widersetzen» (Dm I,1). Nichts Neues, wird man sagen. Was das Prinzip anbetrifft, so ist dies wahr. Johannes-Paul II. ist der «Papst» des Menschen, ist der «Papst» der Menschenrechte. Paul VI. und der Präsident der Vereinigten Nationen haben diesen Weg vor ihm ausgekundschaftet. Aber die Art von Johannes-Paul II. bringt trotzdem etwas Neues. Wir haben vorausgehend die Philosophie von Karol Wojtyla studiert.98 Sie ist auch nicht sehr originell. Aber sie wirft ein klares Licht auf das Handeln der Person. Der Philosoph Karol Wojtyla will den hl. Thomas und Max Scheler versöhnen. Karol Wojtyla, der Mann der neuen Kirche, ist sehr gut vorbereitet, den Anthropozentrismus und den Theozentrismus miteinander zu versöhnen. Die Revolution auf Vaticanum II konnte ihn nicht überraschen. Vielmehr seine Philosophie, seine geistigen Talente — abwegig, aber trotzdem intellektuell —, seine Talente als Schauspieler, seine körperliche Erscheinung, von denen die Autorität, die das Pontifikat zudem verleiht, nichts wegnimmt, im Gegenteil: dies alles gibt Johannes-Paul II. einen Stil, der aus ihm einen «Sachkundigen in Menschlichkeit» macht, über das normale Mass hinaus.
II. Der Stil Johannes-Paul II.
Wir haben es gesagt: Johannes-Paul II. ist nicht der erste, der über den Menschen spricht, oder genauer gesagt: über seine Rechte — die Bezugnahme auf 1789 oder 1948 besagt wenig. Man kann indessen feststellen, dass er eine Spezialität daraus macht. Paul VI. hatte den Weg dazu breit geöffnet — man denke insbesondere an seinen Besuch und seine Rede vor der UNO — aber in einem weniger glänzenden Stil, schwankend und ein wenig gehemmt Johannes-Paul II. hat nicht diese Haltung. Er liebt es, die Worte: Mensch, menschlich, Menschheit zu gebrauchen. Er verzichtet keineswegs darauf. Indem er dies tut, gewinnen auch seine Darlegungen nicht an Klarheit der Lehre. Wir wollen hier bei Johannes-Paul II. nicht zu unterscheiden suchen, was zweideutig und was irrgläubig ist.99
Der grösste Teil seiner Schriften, seiner Reden offenbart mehr, dass er der Welt gefallen will, zeugt von einer liberalen Gedankenführung eher als von einer zusammenhängenden Theologie. Wir wollen nicht bestreiten, dass der Geist der Welt Johannes-Paul II. dahin führt, letzten Endes eine wahrhafte Theologie des Menschen aufzustellen. Aber seine Hauptposition ist eine andere. Die Welt fordert: «Prophezeit uns nicht die Wahrheit. Sagt Dinge, die uns gefallen, prophezeit Illusionen!» (Is 30,10) Und Johannes-Paul II., von der Welt fasziniert, und ängstlich darauf bedacht, sich ihrer Gunst zu versichern, «prophezeit, indem er lügt». (Jer 5,31) Deshalb hört er nicht auf, den Menschen zu predigen, seine Rechte, seine Würde, seinen Ruhm.
Ein Thema: Die Menschenrechte
Gemäss Johannes-Paul II. «leben wir in einer Zeit, die besonders nach dem Geist hungert, weil sie hungert nach Gerechtigkeit und Frieden, nach Liebe und Güte, nach Starkmut und Verantwortung, nach Menschenwürde» (Rh XVIII,4). «Die Männer und Frauen von heute haben für die soziale Dimension des Lebens ein grösseres Bewusstsein und daraus folgt, dass sie immer empfindsamer geworden sind gegenüber dem Grundsatz der Freiheit, des Denkens, des Gewissens und der Religion.» (2.11.78) «Die inneren Kräfte des Menschen drängen ihn zur Begegnung, zur gegenseitigen Achtung, zur Brüderlichkeit und zum Frieden.» (La croix, 19.12.79) Indem er «den Reichtum der modernen Welt feiert, die moderne Welt in ihrem Dynamismus, in ihrer Vitalität, in ihrem ständigen Aufstieg zu einem immer höheren Niveau», ruft er begeistert: «Ich beglückwünsche euch, Männer und Frauen, die ihr die Welt von heute und für morgen aufbaut!» (6.7.80) Ein solcher Optimismus, eine solche Faszination können bei Johannes-Paul II. nicht sein ohne den Willen, seine Kirche an diesem beständigen Aufstieg teilnehmen zu lassen. «Die Kirche bemüht sich, der Interpret (Auslegerin) der Sehnsucht der Männer und Frauen nach Würde zu sein.» (2.11.78)
Die konziliare Kirche predigt «die Bekehrung zum Menschen hin und zur Wahrheit des Menschen» und «verlangt nur, mit allen Regierungen und Völkern zusammenzuwirken, welches immer auch deren Ideologie sei, damit der Mensch gross werde» (23.12.79).
Es handelt sich wohlbemerkt darum, zusammenzuarbeiten. Das 17. Kap. von Redemptor hominis — eines der längsten der Enzyklika — ist ganz und gar den Menschenrechten gewidmet. Johannes-Paul II.: «Wir dürfen es in jedem Fall nicht unterlassen, mit Achtung und grosser Hoffnung für die Zukunft an die grossartigen Anstrengungen zu erinnern, mit denen man die Organisation der Vereinigten Nationen ins Leben gerufen hat, Anstrengungen, die darauf abzielen, die objektiven und unverletzlichen Menschenrechte zu umschreiben und festzusetzen.» (Rh XVII,1) Ein wenig weiter misst er diesen Menschenrechten alle Tugenden zu: «Letztlich führt sich der Friede zurück auf die Achtung der unverletzlichen Menschenrechte.» (Rh XVII,2) Und sehr wohl zu merken: Auf ihnen gründet auch die Rechtmässigkeit der Staaten: «Die Rechte der staatl. Gewalt können nicht anders verstanden werden als auf der Grundlage der Achtung der objektiven und unverletzlichen Menschenrechte.» (Rh XVII,7)
Als er am 1. Juni 1980 zu den Franzosen spricht, singt er ein Loblied auf die Führer der Republik: «Was haben eure Söhne und Töchter nicht alles getan für die Erkenntnis des Menschen, um den Menschen zum Ausdruck zu bringen durch die Formulierung seiner unveräusserlichen Rechte. Man weiss es, welchen Platz die Idee der Freiheit, der Gleichheit, der Brüderlichkeit in eurer Kultur, in eurer Geschichte einnimmt. Im Grunde genommen sind dies christliche Ideen! Ich sage dies und bin mir dabei bewusst, dass diejenigen, die als erste dieses Ideal formuliert haben, sich nicht bezogen haben auf das Verhältnis des Menschen zur ewigen Weisheit. Aber sie wollten handeln für den Menschen.» Endlich, als ob dies nicht genügen würde, bringt Johannes-Paul II. ausgezeichnet zum Ausdruck, was das Wesen der Menschenrechte ausmacht: das Volk als souveräner Verneiner des Königtums Christi: «Das Wesen des Staates als politischer Gemeinschaft besteht darin, dass die Gesellschaft, die ihn bildet, das Volk, Herr seines eigenen Geschickes ist.» (Rh XVII,6) — «Es gibt nur eine einzige Macht, die Geltung hat: diejenige, die dem Menschen erlaubt, sich selbst zu entwickeln in seinem Königtum.» (1.6.80)
Johannes-Paul II. wird also mit seiner Kirche darüber wachen, mit seiner Kirche, «die es nicht nötig hat, immer wieder zu betonen, wie sehr dieses Problem mit ihrer Sendung in der Welt von heute verbunden ist» (Rh XVII,2), nämlich in der Achtung vor dem Geiste der Menschenrechte, und dies ohne Unterlass. Das Kapitel 17 von Redemptor hominis trägt den Titel: «Menschenrechte, Buchstabe oder Geist?». Johannes-Paul II. weiss sehr wohl, dass diese Welt nicht so rosig ist, wie er es gerne haben möchte: «Es gibt Schwierigkeiten, die sich in ihrem ganzen Ausmass kundtun» (Dm X) und «die die Wirksamkeit der humanistischen Voraussetzungen in jenen modernen Programmen und Systemen bedrohen oder oft auch zunichte machen» (Rh XVII, 3). «Der Zustand der Ungleichheit zwischen den Menschen und den Völkern» (Dm X) z. B., oder vielmehr noch alle Formen von «Chauvinismus, Imperialismus, Neokolonialismus» (Rh XVI,10). Aber es kann keine Rede davon sein, die Menschenrechte deshalb in Frage zu stellen! Im Gegenteil! «Wir geben der tiefen Überzeugung Ausdruck, dass es heute in der Welt kein Programm gibt, selbst in den entgegengesetzten Ideologien bezügl. der Weltanschauung, das nicht den Menschen an die erste Stelle setzt.» Aber, «wenn trotz dieser Voraussetzungen die Menschenrechte auf verschiedene Weise verletzt werden, [...] so drängt sich notwendig die Pflicht auf, diese Programme unter dem Gesichtspunkt der objektiven und unverletzlichen Menschenrechte einer ständigen Revision zu unterziehen» (Rh XVII,3), der Menschenrechte, «die in unserm Jahrhundert ihre Formulierung auf der internationalen Ebene erlangt haben» (Rh XVII,5). Übrigens, «indem die Kirche die Freude über diese Errungenschaften mit allen Menschen teilt, die guten Willens sind, mit allen Menschen, die wahrhaft die Gerechtigkeit und den Frieden lieben, und da sie weiss, dass der Buchstabe tötet, während der Geist lebendig macht (2 Kor 3,6), muss sie sich mit diesen Menschen guten Willens verbünden, um ohne Unterlass zu fragen, ob die Erklärung der Menschenrechte und die Annahme dem Buchstaben nach auch die Verwirklichung ihres Geistes bedeuten. Hier erhebt sich in der Tat die begründete Befürchtung, dass wir von dieser Verwirklichung noch weit entfernt sind, und dass zuweilen der Geist des sozialen und öffentlichen Lebens in einem schmerzlichen Widerspruch steht mit dem ‹Buchstaben› der Menschenrechte, wie sie in den Erklärungen stehen.» (Rh XVII,5) Es war für die Welt schwierig, eine solche Verteidigung und eine solche Zusammenarbeit anzustreben für ihr Werk der Entchristlichung.
In seiner Rede vor der UNO im Oktober 1979 versicherte Johannes-Paul II.: «Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte in bezug auf das konkrete Individuum und den Menschen in seinem universalen Wert, [...] ist ein Meilenstein auf dem langen und schwierigen Weg des Menschengeschlechtes.» Hierbei denkt man unwillkürlich an die Worte der ersten Botschaft an die Welt, die wir eingangs zitierten, und wo Johannes-Paul II. sagt, dass das II. Vaticanum «ein Meilenstein in der 2000jährigen Geschichte der Kirche ist, und, infolgedessen, in der religiösen und kulturellen Geschichte der Welt». Die universale Erklärung der Menschenrechte von 1948 und Vaticanum II Meilensteine in der Geschichte der Menschheit, man könnte sich keine Parallele vorstellen, die bezeichnender wäre. Die konziliare Kirche ist sehr wohl die Kirche der Welt, Johannes-Paul II. ist sehr wohl der Papst der Menschenrechte.100
Eine Technik: die Fälschung
Nicht zufrieden damit, den gemeinsamen «Glauben» der Welt zu unterschreiben, gebraucht Johannes-Paul II. zudem eine geistige Methode, die, wenn sie auch nicht das Verdienst der Klarheit hat, ihm kaum den Zorn der Menschen seiner Zeit zuziehen dürfte.
Wir haben schon im ersten Teil, dieses Artikels, der seiner Philosophie gewidmet ist, darauf hingewiesen, dass es Karol Wojtyla ganz besonders liegt, sich in der Sprechweise der zeitgenössischen Denker auszudrücken.101
Abgesehen vom Hintergrund — wir kommen darauf zurück — sind die Mittwochsansprachen, die der Erklärung der Genesis gewidmet sind, ein vollkommenes Modell für das, wozu Johannes-Paul II. fähig ist, und dies hat ihm auch die Anerkennung der geistigen Klasse der Welt eingebracht. Seine Darlegungen erreichen glücklicherweise nicht immer diese Höhepunkte. Im allgemeinen bleiben sie vielmehr undeutlich. Seine grossen Enzykliken sind dafür ein Beweis — man lese beispielsweise einmal Dives in misericordia! Eine solche Methode erlaubt es ihm übrigens, die weniger Mutigen zum besten zu halten, die die schwache Regung haben, katholisch zu bleiben.
Aber seine Methode macht hier nicht halt. Johannes-Paul II. stützt seine Thesen mit Texten, die er der hl. Schrift entnimmt, und die er sich zu verfälschen bemüht, zweifellos dazu angetrieben durch den entschlossenen Willen, das Unversöhnliche zu versöhnen. Man muss zugeben, dass er geschickt darin ist, den Sinn der Worte zu verdrehen. Ein Beweis dafür ist der Gebrauch, den er vom Exultet der Osternacht macht: «O glückliche Schuld, die einen solchen und so grossen Erlöser verdiente!»102
Johannes-Paul II., der die Absicht hat, die Würde des Menschen zu preisen, zögert nicht, diesen Satz zu manipulieren. «Welchen Wert muss der Mensch in den Augen des Schöpfers haben, der es ‹verdient› hat, einen solchen und so grossen Erlöser zu haben.» (Rh X,1) Erinnern wir uns daran: Die Sünden haben uns nichts anderes «verdient» als die Hölle. Sie waren für Gott nur die Gelegenheit, seine unendliche Barmherzigkeit auszuüben. Ein Lapsus, eine unglückliche Formulierung wird man sagen! Also, Lapsus oder bezeichnender Ausdruck: Er bringt diese Fälschung wieder in seiner zweiten Enzyklika: «Die Wirklichkeit der Erlösung in ihrer menschlichen Dimension enthüllt die unerhörte Grösse des Menschen, qui talem ac tantum meruit habere redemptorem.» (Dm V,1) Welches auch der Sinn sei, der dem «meruit» (verdiente) hier beigelegt wird, eine solche Bezugnahme auf das Exultet ist unannehmbar. Das Exultet singt von der gnädigen und unendlichen Liebe Gottes, Johannes-Paul II. gebraucht es, um die unerhörte Grösse des Menschen zu besingen!
Übrigens sagt er uns, dass die missionarische Haltung «mit einer tiefen Wertschätzung gegenüber ‹dem, was im Menschen ist›, beginnt.» (Joh 2,25/Rh XII,1). Nun, das Evangelium nach Johannes versichert dies: «Als Jesus in Jerusalem war, am Osterfest, sahen viele die Wunder, die er wirkte und sie glaubten an seinen Namen. Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an, weil er sie alle kannte; denn er wusste, was im Menschen war.» (Joh II, 23-25) Siehe da, durch eine Operation von Karol Wojtyla wird aus dem wenigen Vertrauen des Herrn eine «tiefe Wertschätzung».
Endlich verschmäht es Johannes-Paul II. nicht, absichtlich verstümmelte Texte zu verwenden.103
Für ihn heiligt offensichtlich der Zweck die Mittel. Also, warum unserm Herrn nicht die Verneinung der Einheit der Kirche in den Mund legen, im Namen des Ökumenismus!: « Vater, [nicht nur für diese hier] ich bitte, [aber auch für alle diejenigen, die auf ihr Wort hin an mich glauben], dass alle eins seien.» (Joh 17,20-21/Rh IV,1) Und warum soll man nicht die Worte, die Paulus auf die Kirche anwendet auf die ganze Menschheit anwenden! [Ihr seid also alle Kinder Gottes durch den Glauben in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.] Da gibt es nicht mehr Juden und Griechen, Sklaven und Freie, Mann und Weib. Denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.» (Gal 3,26-28/Rh X,1) Endlich noch zwei sehr bezeichnende Beispiele:
- Aus der Enzyklika «über das Geheimnis und die Verehrung der hl. Eucharistie», Seite 7, 1. Abschnitt (nach der Ausgabe durch die deutsche Bischofskonferenz): «Diese unsere Anbetung enthält noch eine weitere Besonderheit. Sie ist durchdrungen von der Grösse dieses Todes eines Menschen, bei dem die Welt, d. h. jeder von uns, bis zur Vollendung geliebt worden ist.»104
- Aus Redemptor hominis (Christiana-Verlag), Seite 36, Rh IV, 18, 2. Abschnitt: «Die Vereinigung Christi mit dem Menschen ist in sich selbst ein Geheimnis, aus dem der ‹neue Mensch› hervorgeht, berufen zur Teilnahme am Leben Gottes, neugeschaffen in Christus zur Fülle der Wahrheit. Die Einheit Christi mit dem Menschen ist Kraft und zugleich Quelle der Kraft, nach dem markanten Wort des hl. Johannes im Prolog seines Evangeliums: ‹Das Wort gab Macht, Kinder Gottes zu werden.›105
Diese Beispiele werden genügen, um eine geistige Methode recht zu unterscheiden von äusserem Schein und Betrug, der uns zeigt, wie weit Johannes-Paul II. geht, um mit der Welt zu denken.
Eine Methode: die Kunst des Schauspielers
Alles, was wir soeben gesagt haben, ist wichtig. Aber vielleicht noch wichtiger ist das Benehmen Johannes-Paul II. Wie soll man seinen unvergleichlichen Erfolg erklären und seinen Aufstieg zum auserwählten Kreis der «Grossen dieser Welt»? Man hat ihn mit Herrschern der letzten Jahrzehnte verglichen, niemals jedoch mit irgendeinem kath. Papst. Weder Paul VI. noch Johannes XXIII. waren so populär, noch wurden sie so geehrt. Vor Johannes-Paul II. hat schon Paul VI. den Glauben und die Menschenrechte zugleich umarmt, hat grosse Reisen gemacht und bei internationalen Organisationen Reden gehalten, hat die sinnbildlichen Gesten des Bündnisses mit der Welt vervielfältigt, aber mit weniger Erfolg.
Man weiss nicht, ob man den Erfolg Johannes-Paul II. seiner Vergangenheit als Schauspieler zuschreiben soll; aber man muss feststellen, dass Johannes-Paul II. über etliche Gaben der Verführung verfügt. Von Paul VI. hat er einige Verhaltensarten übernommen: die Erde küssen, exotische oder unschickliche Hüte usw. Aber er macht Besseres und mehr. Da, wo Paul VI. irgendwie befangen wirkte, gezwungen, leidend da strahlt Johannes-Paul II. von einer Kraft und Ungezwungenheit, die sich aus seinen rein physischen Eigenschaften nicht ganz erklären lassen. Er zögert nicht, Zehntausenden von jungen Leuten im Stadion gegenüberzutreten, was sein Vorgänger nie getan hätte.106
Ein schöner Schauspieler, ein furchtbarer Verführer der Massen, weiss Johannes-Paul II. zur rechten Zeit das rechte Wort zu sagen, vermeidet im allgemeinen die Ungeschicklichkeiten, meistert seine Gefühle; dafür entfesselt er die Empfindungen derer, die gekommen sind, um ihm zuzujubeln. Ein Journalist sagte richtig: «Die Geschicklichkeit Johannes-Paul II., sich seinem Publikum anzupassen, ist eine seiner in die Augen springenden Eigenschaften. Auch auf dem Gebiet des Schauspiels gibt er den andern Schauspielern allgemeinen Unterricht.
Bei der Hitparade im Park der Prinzen wäre er ohne Zweifel die Nummer eins.» (B. Frappat, Le Monde, 3.6.80)107
Fügen wir noch hinzu, dass Johannes-Paul II. grosse Opfer bringt für die Gepflogenheiten des weltlichen Ruhms, er aber dennoch als ein Mann der Ordnung erscheint. Das nimmt ihm aber nichts von seinem einmaligen Ansehen, im Gegenteil. Indem er die «Progressisten» brandmarkt, die «dem Glaubenssinn der Gläubigen, die aus der Bahn gebracht sind, nicht genügend Rechnung tragen, dies sogar gegenüber dem Wesentlichen des Glaubens» (5.11.79), sichert er sich die «Integristen». Indem er letztere daran erinnert, dass «man die Aufgaben, die das Konzil stellt, nicht behandeln darf, als würden sie nicht existieren» (1.6.80), sichert er sich die «Progressisten». Kämen diese Aussagen von einem kath. Papst, der die Entscheidungen eines kath. Konzils anwendet, so würden diese Behauptungen Sicherheit geben. Aber sie kommen von Johannes-Paul II., der unerbittlich die Anpassung verfolgt, die vom Vaticanum II gewollt ist, um bei der Welt Gehör zu finden.
Bei der Welt Gehör zu finden: Karol Wojtyla hat ohne Zweifel in dieser Sache eine Art Vollkommenheit erreicht.108 Indem er die Menschenrechte mit einem unvergleichlichen Eifer predigt, haben er und seine «Kirche» das erhalten, was sie suchen: sie werden von der Welt geehrt. Indem sie dies tun, bekunden sie, dass sie vom Glauben abgefallen sind.
Die Bestätigung
Die Lehre Johannes-Paul II. wimmelt von Beweisen seiner Abtrünnigkeit, die als Bestätigungen herkommen aus seinem Willen, «die Übereinstimmung zu finden zwischen Christus und Belial» (2 Kor 4; 15). Schon haben wir ja seine Begabung gesehen für die Fälschung der Hl. Schrift, seine Geschicklichkeit, die Menschen zu verführen; alles Dinge, die christliches Empfinden nur verletzen können. Aber es gibt Schlimmeres. In einer wahrhaften Raserei von Aussöhnung mit der Welt macht Johannes-Paul II. bisweilen Vorschläge, die nichts Katholisches mehr enthalten, selbst nicht dem Scheine nach.
Die Weltkirche
Wir haben es weiter oben gesagt: In Sachen Lehre von der Kirche und Ökumenismus tut Johannes-Paul II. in einer ersten Zeit nichts als sich auf Vaticanum II berufen. Er schreibt die Hartnäckigkeit im Irrtum — «die Glaubenskraft der Mitglieder der nichtchristlichen Religionen» (Rh VI,3) — dem Hl. Geist zu und versteht es, aus Sekten besondere Heilsmittel zu machen109, «ebenso Abglanz einer einzigen Wahrheit wie die Samen des Wortes, bezeugend, dass das tiefste Verlangen des menschlichen Geistes trotz der Verschiedenheit der Wege einer einzigen Richtung zugewandt ist» (Rh XI,2). Aber Johannes-Paul II. will die Anpassung zu ihrem Endpunkt führen und gewissermassen eine religiöse Weltvereinigung schaffen: «Wenn alle Kirchen und Gemeinschaften fortschreiten in der Richtung auf die Fülle des Herrn, wird sein Geist uns den Weg zeigen, um zur vollständigen Einheit der Kirche zu gelangen, im Innern wie im Äusseren» (16.11.80). Das also ist die Einheit der Kirche, zusammengeklebt mit dem Glaubensbekenntnis des Karol Wojtyla und in die Zukunft geplant. Aber in der Tat, was kann diese äussere Einheit der Kirche wohl sein? Es verbleibt, die Ermutigungserklärungen an alle Religionen, christliche und nichtchristliche, zu vervielfachen.
Mit den Orthodoxen, Protestanten und Anglikanern «wissen wir jetzt, dass trotz unseren Gegensätzlichkeiten wir vom selben Gott geliebt werden, mit dem gleichen Christus verbunden sind, vom gleichen Geist belebt werden» (15.6.80), freuen wir uns, feststellen zu können nicht eine teilweise Zustimmung zu einigen Wahrheiten, sondern eine Übereinstimmung über die innersten Glaubenswahrheiten, an deren erster Stelle «der einzige Tisch des Herrn» (17.11.80); von jetzt an müssen wir entdecken «die Wege, die erlauben werden, Zeugnis zu geben von dem Glauben, den wir schon jetzt gemeinsam haben, und von der unvollständigen, aber wirklichen Gemeinschaft, die uns schon jetzt eint in Christus und in dem Geheimnis seiner Kirche» (23.2.79). Den französischen Protestanten macht Johannes-Paul II. diese rätselhafte Erklärung: «Ich muss sagen, dass ich tief den Jahrestag erlebe, den Sie in diesem Jahre erleben, ich will sagen: den 450. Jahrestag der ‹confessio augustana›110, ja, tief. Ich erlebe ihn auf eine für mich unbegreifbare Weise, weil jemand ist, der ihn in mir erlebt» (31.5.80).
Was die Juden anbetrifft, wäre es auf Grund ihrer zu grossen Gottesfurcht, dass sie die Gottheit unseres Herrn nicht anerkennen können. In der Tat will Johannes-Paul II. «die Schwierigkeiten begreifen, welche die jüdische Seele, erfüllt von einer sehr hohen und sehr reinen Kenntnis der göttlichen Übersinnlichkeit, vor dem Geheimnis des fleischgewordenen Wortes» empfindet (12.3.79). Übrigens wären Christen und Juden, jede auf ihrem Wege, «alle sicher, treu und gehorsam zu sein dem Willen Gottes, des Gottes der Patriarchen und der Propheten» (ebd.).
Auf die gleiche Weise hätten Christen, Juden und Muselmanen die «heilige Pflicht», «ein Segen zu sein für die Welt in dem Masse, wie sie sich miteinander einsetzen für den Frieden und die Gerechtigkeit aller Völker», die «heilige Pflicht», die antwortet auf den «abrahamischen Ruf»: «Könnten doch alle in Jerusalem anwesenden Völker versöhnt und gesegnet sein in Abraham! Dass er, der Unaussprechliche, von dem uns seine Schöpfung spricht, er, der seine Menschheit nicht zwingt, das Gute zu tun, sondern sie führt, er, der unser Schicksal kennt und schweigt, er, der uns alle als sein Volk auserwählt hat, uns führe auf seinen Wegen, seiner Zukunft zu!» (17.11.80) «Mit dem Judentum hat der Islam der Welt den Glauben an einen einzigen Gott geben können» (ebd.), «den Glauben an Gott, der den geistigen Nachkommen Abrahams: Christen, Muselmanen und Juden, wenn er aufrichtig gelebt wird, so dass er das Leben durchwirkt, eine sichere Grundlage der Würde, der Brüderlichkeit und der Freiheit der Menschen ist, und eine Richtigkeitsgrundlage für das sittliche Verhalten und das Leben in Gemeinschaft» (La Croix, 30.11.79).
Da der Ökumenismus keine Grenzen kennt, ruft Johannes-Paul II. schliesslich die Hindus auf, zu kommen und in dem Schmelztiegel der falschen Religionen aufzugehen: «Die Hindus üben die Askese (Abtötung) und die Meditation (Betrachtung) in ihrem Hinwenden zu Gott aus. Der Buddhismus lehrt, dass durch ein Vertrauen voller Frömmigkeit der Mensch zur Freiheit und zum Licht aufsteigt [... ]. Die katholische Kirche nimmt die Wahrheit und die Güte an, die sich in diesen Religionen finden» (21.2.81).
Alles ist also bereit für die Errichtung der Weltkirche auf der Grundlage der Freiheit — «einer Freiheit, einem bestimmten Glauben und der entsprechenden Bekenntnisgemeinschaft anzugehören oder nicht, einer Freiheit, persönlich oder gemeinschaftlich, für sich oder öffentlich Gebets- und Gottesdiensthandlungen zu verrichten oder Kirchen oder Gottesdienststätten zu haben, je nachdem es die Bedürfnisse der Gläubigen erfordern [... ]; einer Freiheit, nicht gezwungen zu sein, auf persönlicher, bürgerlicher und gesellschaftlicher Ebene Handlungen entgegen seinem Glauben zu vollziehen usw.» (11.11.80); auf dem «Grundsatz einer Miteinanderarbeit im Blick auf den Fortschritt des Menschen, den Wettbewerb im Guten, die Ausbreitung des Friedens und der Brüderlichkeit in dem freien Bekennen des eigenen Glaubens eines jeden» (La Croix, 30.11.79); schliesslich auf der Grundlage eines gemeinsamen Glaubens an den Menschen, dessen glaubenssätzlicher Umriss abzugrenzen bleibt.
Theologie des Menschen
Man ist ergriffen beim Lesen von Redemptor hominis, zu sehen, wie sehr Johannes-Paul II. nicht aufhört, auf der Tatsache zu beharren, dass der Mensch nach dem Ebenbild Gottes erschaffen worden ist, auf der Tatsache, dass Christus für alle Menschen gestorben ist. All dies ist wahr und entspricht der Auslegung der Lehre von der Erlösung von seiten der Sache, im Grundsätzlichen. Umgekehrt aber unterlässt Johannes-Paul II., die Lehre von der Rechtfertigung von seiten der Person zu entwickeln, d. h.: in ihrer Anwendung. Er sagt wohl, dass die göttliche Ebenbildlichkeit «im ersten Sündenfall verändert worden ist» (Rh 8,2), besteht aber nicht auf den Folgen. Man sucht vergeblich nach einer Aussage über die Bekehrung, die Sakramente, den Glauben und die Werke. Nirgendwo legt Johannes-Paul II. dar, dass, um den neuen Menschen zu kleiden, man zuerst den alten Menschen ausziehen und sein Kreuz tragen muss. Vom Annehmen der Gnade haucht er kein Wort. Ohne Zweifel ist dies eine Folge der Sorge dafür, «die unerhörte Grösse des Menschen» zu steigern. Wir haben gesehen, welche Mittel er hierfür benutzte. Von daher ist ihm alles erlaubt. Der Mensch, sei er Sünder oder nicht, ist mit Gott vereint. Er braucht nur mehr dieses Vereintseins sich bewusstzuwerden. «Der Mensch ist ein Bild von Gott — Gott hat ihn nach seinem eigenen Bild gemacht! — Der Mensch kauft sich frei und entdeckt sich selbst, wenn er sich mit diesem Bild gleichsetzt, wenn er seine eigene Ähnlichkeit mit Gott entdeckt. Der Mensch soll sich selber entdecken, soll sich vollständig loskaufen, soll sich vollständig wiederaufbauen!» (zit. v. Blazynsky, op.cit. S. 256). «Der Mensch, der sich selber bis auf den Grund begreifen will [... ], muss mit seinen Unruhen, seinen Unsicherheiten und selbst seiner Schwachheit und seiner Sünde, mit seinem Leben und seinem Tod sich Christus nahen. Er muss sozusagen in Christus eintreten mit seinem ganzen Sein, er muss die ganze Wirklichkeit der Menschwerdung und der Erlösung ‹sich aneignen› und angleichen, um sich selber wiederzufinden. Wenn er diesen Vorgang sich tief in sich verwirklichen lässt, dann wird er Früchte nicht nur der Anbetung Gott gegenüber hervorbringen, sondern auch tiefen Bewunderns für sich selber» (Rh X,1). So muss für Johannes-Paul II. der Mensch durch sich hindurch, auf dem Grunde seiner selbst, Gott finden. «Der geistige Weg führt zu Gott vom Untergrund des Geschöpfes und des Menschen aus» (Das Zeichen des Widerspruchs, S. 30). Man ist nicht weit vom mitenthaltenseienden Gott der Modernisten. Die «aus dem Untergrund des Geschöpfes und des Menschen» gekommene Geistigkeit leistet dem religiösen Gefühl Widerstand, das, nach den Modernisten, hervorgeht durch «lebenswichtiges Innewohnen aus den Tiefen des Unterbewusstseins» (Pascendi; 11).
Der Glaube an den Menschen
Weil das Göttliche auf dem Grunde des Menschlichen entdeckt werden muss, wird der Mensch schliesslich selber Gegenstand des Glaubens. Im Mai 1978 sagte Kardinal Wojtyla im Verlauf eines Pilgerzuges von Bergleuten: «Nicht zuerst den Glauben verteidige ich, sondern den Menschen!» Johannes-Paul II. verwischt den Gegensatz: «Die Botschaft, die ich überbringen will, ist eine Botschaft von Frieden, Vertrauen, von Liebe und von Glauben. Von Glauben an Gott ganz gewiss, aber gleicherweise, wenn ich mich so ausdrücken kann, von Glauben an den Menschen» (30.5.80). «Die erste Lüge, die Hauptunwahrheit ist es, nicht an den Menschen zu glauben» (Botsch. z. Tag des Friedens, 18.12.78). «Weihnachten ist das Fest des Menschen. Es ist die Geburt des Menschen. Es handelt sich um einen der Milliarden Menschen, die auf Erden geboren wurden, geboren werden und in Zukunft werden geboren werden» (25.12.78).
Die Hoffnung auf den Menschen
Dem Glauben an den Menschen entsprechende Hoffnung. Johannes-Paul II., wie gebannt vom Jahr 2000 — man fragt sich wohl, warum stellt die Menschheit «in die Zeit eines neuen Advents, in eine Zeit der Erwartung» (Rh 1,1). Würde dies die Erwartung des Gerichtes sein? Weit entfernt davon! «Eine neue Welt muss aufstehen, im Namen Gottes und des Menschen! Geht keinen Weg zurück! Die Kirche erwartet viel von euch: Willst du mit mir die Welt aufbauen, sie emporziehen, sie besser machen, deiner und deiner Brüder würdiger, die auch meine Brüder sind? Enttäuscht nicht die Erwartungen der Kirche! Enttäuscht nicht die Hoffnung des Menschen, eures Zeitgenossen!» (6.7.80) Und Johannes-Paul II. erläutert noch seine Hoffnung durch eine einzigartige Auslegung den zu Paris im Prinzenpark versammelten Jugendlichen: «Der junge Mensch — es handelt sich um den jungen reichen Menschen des Evangeliums — fragt also: ‹Meister, was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu erlangen?› Nun, ihr stellt die gleiche Frage: ‹Kann man glücklich sein in der Welt von heute?› In Wahrheit stellt ihr die gleiche Frage wie dieser Junge!» (1.6.80) Es war schwierig, klarer zu sein. Durch üble Volksverführung stellt Johannes-Paul II. das ewige Leben und das irdische Glück einer neuen, aber hienieden erbauten Welt gleich. Einziger Gegenstand seiner Hoffnung!
Die Menschenliebe
Die Nächstenliebe erfährt eine entsprechende Behandlung. An die Stelle der Liebe zu Gott und zum Nächsten um Gottes Willen tritt die Liebe des Menschen zum Menschen: «Man muss den Menschen lieben, weil er Mensch ist! Man muss den Menschen in Anspruch nehmen mit Rücksicht auf die besondere Würde, die er besitzt!» (Rede vor der UNESCO vom 2.6.80). In seinem zweiten Rundschreiben sagt Johannes-Paul II. auch, dass «Jesus vor allem durch seine Lebensweise und seine Taten geoffenbart hat, wie die Liebe gegenwärtig ist in der Welt, wo wir leben, die tätige Liebe, die Liebe, die sich an den Menschen wendet und alles umfasst, was sein Menschsein ausmacht» (Dm 11,3). Und er unterstützt seine Äusserungen einer dieser Auslegungen, deren Geheimnis er hat. Indem er das Gleichnis vom verlorenen Sohn erläutert, schreibt er die Rührung und das Erbarmen des Vaters nicht der Reue seines Sohnes zu, sondern der Tatsache, dass «ein grundlegendes Gut gerettet worden ist: das Menschsein seines Sohnes!» Und er fügt nachdrücklich hinzu: «Wiewohl dieser sein Erbe verschleudert hat, sein Menschsein indessen ist unversehrt. Mehr noch: es ist wiedergefunden worden» (Dm 4,6).
Johannes-Paul II. hält offensichtlich auf so gutem Weg nicht ein, und die ganze katholische Lehre erleidet ihrerseits eine wilde Entstellung. Die Messe wird «eine der Anhörungen, die Christus fortgesetzt der ganzen Menschheit gewährt» und durch die «wir eingeführt werden in das Geheimnis Gottes selber und gleicherweise in die ganze Tiefe der menschlichen Wirklichkeit» (19.11.78). Die Busse wird «eine persönlichere Begegnung mit Christus» (Rh 20,5), deren «hauptsächliches Streben darin besteht, in sich selber zum Tiefsten seines eigenen Seins zurückzukehren, in diese Ausdehnung seines eigenen menschlichen Wesens, wo, in einem gewissen Sinne, Gott uns erwartet» (28.2.79). Man würde kein Ende finden, das Verzeichnis von wunderlichen Redensarten aufzustellen, die von Johannes-Paul II. gehalten wurden. Wir werden uns also beschränken auf zwei hervorstechende Veranschaulichungen, bevor wir Schlüsse ziehen.
Die Bejahung des Körpers
«Wir versuchen immer mehr die Sprache dieser Wahrheit zu vertiefen, die der Erlöser des Menschen in diesen Satz eingeschlossen hat: Das Leben gibt der Geist, das Fleisch dient zu nichts (Joh 6,63). Diese Worte drücken, trotz dem Augenschein, die höchste Bejahung des Menschen aus: die Bejahung des Körpers, den der Geist belebt» (Rh 18,2). Trotz dem Augenschein, sicher! Gross mit Worten unseres Herrn, deren Sinn er entstellt, hat Johannes-Paul II. sich einer in unserer Zeit kaum schwierigen Aufgabe gewidmet: der Wiederanerkennung des Fleisches. Man wird z. B. die Überlegtheit der Äusserungen vor einigen Tausend Jugendlicher bemerken: «Jugendliche Frankreichs, die Vereinigung der Körper ist immer die stärkste Sprache gewesen, die zwei Lebewesen einander sagen könnten!» (1.6.80)
Seit seiner Wahl unterhält Johannes-Paul II. die an Mittwochen ihn zu hören gekommenen Gläubigen mit dem «Eros» (sinnliche Liebe) und dem «Ethos des Körpers» (Sitte, Charakter d. K.) und dem «bejahenden (positiven) Wert des Sex». Der Jargon (verderbte Sprechweise), in dem er sich ausdrückt, entmutigt die Rücksichtsvollsten. In der Erwartung einer vertieften Untersuchung werden wir nur zwei Wortlaute als Voraussetzung unterbreiten. P. Andrew Greely, einer der Verteidiger von Hans Küng — dies ist sicherlich nicht eine vortreffliche Bezugnahme — hat diese Anmerkung ausgegeben: «Wenn die römischen Untersuchungsrichter mit dem schweizerischen Theologen fertigsein werden, werden sie gegen einen anderen katholischen Prediger streng vorgehen müssen. Dieser Mann könnte wohl der gefährlichste von allen sein [...]. Ich rechne auf die Kongregation der Glaubenslehre, um ihn zu verfolgen. Sie wird nicht sehr weit suchen zu gehen brauchen. Gerade in dem Anhörungsaal, wo Johannes-Paul II. alle Mittwochmorgen spricht [.. ]. Eine solche Auslegung der Schöpfungsgeschichte würde vor 20 Jahren seine Verdammung durch die Kurie nach sich gezogen haben und könnte jetzt noch (sic!) über eine grosse Anzahl von Punkten verhängt werden.» Was Karol Wojtyla anbetrifft, hat er, den Abendländern vorwerfend, übertrieben dem Geist und dem Willen den Erstrang eingeräumt zu haben, gesagt: «Wir sind so hoch gestiegen, dass wir das Fleisch vergessen haben. Sie, die Schwarzen oder die Charismatiker (die ausserordentlich Begnadeten), sind in ihren Körper versenkt, leben mit ihren Körpern, wohnen in ihnen [... ]. Sie haben recht! Sie! Vielleicht nicht völlig, aber zu einem grossen Teil» (zit. v. Malinski, op. cit. 5.302).
Die innere Gutheit des Kommunismus
Es ist nicht überraschend, zu sehen, wie der «Papst» der Menschenrechte seine Bürgschaft dem Kommunismus zuträgt durch Gebärden, deren schlechte Gewohnheit schon Paul VI. an sich hatte — Umarmung mit dem kommunistischen Bürgermeister von Rom am 12. November 1978, herzlicher Empfang der Leiter terroristischer Vereinigungen Südafrikas am 29. November des gleichen Jahres, herzliche Begegnung mit dem kongolesischen kommunistischen Gewaltherrscher im Mai 1980, Wahl des Fachmannes in Ostpolitik, Casaroli, zum Prostaatssekretär, Stellungnahme gegen die künftigen amerikanischen Raketen in Europa und den Boykott (das Sperren) der Spiele von Moskau usf. — aber auch durch Erklärungen von schwerwiegender Bedeutung. Anlässlich seiner Reise in Polen (Juni 1979) schätzt sich der, welcher «immer die kämpferischsten Formen von Gegenkommunismus entmutigt hat» (Blazynski, op. cit. S. 158), glücklich über die «Normalisierung» der Beziehungen der konziliaren Kirche und des kommunistischen Staates dank ihrem gemeinsamen Glauben an die Menschenrechte. Als er am 16. Januar 1981 den polnischen Gewerkschafter Lech Walesa empfängt, bekräftigt er, dass «keinerlei Widerspruch besteht zwischen dem freien Antrieb der Arbeiter auf der sozialen Ebene und dem System, das die Arbeit des Menschen auf den Rang von grundlegendem Wert für das Leben der Gesellschaft und des Staates erhebt». Da derjenige feststeht, an den er sich richtet, besteht kein Zweifel, dass Johannes-Paul II. mit seinen Aussagen die kommunistischen Regierungen kennzeichnet. Schliesslich huldigt er am 7. Juni 1979 kraftvoll der Sowjetunion: «Wir wissen, welchen Anteil diese Nation während des letzten Krieges für die Freiheit der Völker gehabt hat.» Sicher, jeder weiss das! Erinnern wir daran, dass die Sowjetunion — deren Zuvorkommenheit für die Freiheit der Völker gut bekannt ist! — im Bunde mit dem Dritten Reich Polen im Jahre 1939 angriff. Der Pole, der Karol Wojtyla ist, scheint ein kurzes Gedächtnis zu haben! Die Kommunisten haben sich darin nicht getäuscht, und man begreift ihre Genugtuung: «Die Einstellungen Johannes-Paul II. in ihrem gegenwärtigen Stand enthalten wichtige und leidenschaftliche Gesamtübereinstimmungen mit dem Kampf der französischen kommunistischen Partei» (A. Casanova, Hefte des Kommunismus, März 1980); «Wir tragen eine positive Bewertung über Johannes-Paul II» (M. Gremetz, Le Monde, 16.2.80).
Im Jahre 1949 schloss ein Erlass des Hl. Offiziums die mit den Kommunisten zusammenarbeitenden Gläubigen aus der Kirche aus (Denz. 3865). Im Jahre 1981 arbeitet Johannes-Paul II. mit ihnen zusammen «für die Freiheit der Völker»!
* * *
Am Ende dieser kurzen Untersuchung ergibt sich eine Folgerung mit Offensichtlichkeit: Johannes-Paul ist wahrhaft ein Mann des Vaticanum II. Das ist nichts Überraschendes, ganz im Gegenteil! Karol Wojtyla war durch seinen ganzen zurückliegenden geistigen Weg empfänglich gemacht, man könnte sagen vor-angepasst an die vollständige, unter dem Deckmantel des Aggiornamento (Anpassung) durchgeführte Veränderung. Seine philosophischen Ausrichtungen stellten ihn ohne weiteres auf das einzige Gebiet vorstellbaren Einvernehmens zwischen dem Geist der Welt und dem des katholischen Liberalismus: den personalistischen Humanismus, der die Welt begrifflich wiederaufbaut, ausgehend von der Überlegung der Erwartungen, der Träume oder der Trugbilder des in der Tat das Mass aller Dinge gewordenen menschlichen Lebewesens.
Andererseits hat Karol Wojtyla, Bischof seit 1958, wichtige Verantwortlichkeiten nur im Schoss des Gefüges der neuen Kirche auf sich genommen. Von dieser Tatsache aus ist es nicht übertrieben, zu sagen, dass er das Urbild selber des konziliaren Apparatschiks (Einpeitschers) ist. Schliesslich hat er seit seiner Wahl nicht aufgehört, seine Absicht zu verkünden, die Vorhaben (das Programm) des Vaticanum II anzuwenden und bis zum Ziel zu vollenden. Erkennen wir an, dass er im Unterschied von Paul VI. freimütig und deutlich ist und sich nicht um die Winkelzüge seines Vorgängers kümmert! Und diese Absicht setzt Johannes-Paul II. in Anwendung, indem er dafür alle seine Kräfte und die ganze Fähigkeit, mit der er begabt ist, nutzt.
In einem Sinne also gibt es das Problem Johannes-Paul II. nicht. Die eigentliche Frage beruht in dem Ursprung (Prinzip), der ihn antreibt: der Geist des Vaticanum II, dieses Weltkonzils, das durch Verführung mit der Überlieferung gebrochen und sich zum Feinde Gottes gemacht hat (Jak 4,4).
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94 siehe: Vaticanum II oder die Kirche der Welt, «Fortes in Fide» Nr. 16, S. 17.
95 Von nun an bezeichnen wir durch die Abkürzungen Dm und Rh die Enzykliken «Dives in Misericordia» und «Redemptor hominis». Die angegebenen Daten beziehen sich auf die Acta des apostolischen Stuhles, die entweder in Documentation catholique oder bei Tequi veröffentlicht sind.
96 Siehe seine Rede vor dem wissenschaftlichen Komitee des Institutes Pauls VI. (17.2.80), von der in «Fortes in Fide» Nr. 14, S. 138 und 139, Auszüge abgedruckt sind.
97 Johannes-Paul II. fügt die Geste zum Wort hinzu. Kaum einige Tage nach seiner Wahl, als er Orthodoxe, Protestanten und Juden empfing, verurteilt er die Kritik derjenigen, die im ökumenismus die Quelle von Verwirrungen in der Lehre sehen. Seiner Erklärung folgt ein gemeinsames Gebet: «Er nahm dann die Hände der beiden Personen, die ihm am nächsten waren und bat die andern, es ebenso zu tun. Es bildeten sich zwei konzentrische Kreise: der eine, zusammengesetzt aus sitzenden Prälaten, der andere aus stehenden Personen. — Das stille Gebet dauerte mehrere Minuten.» (La croix, 20.10.78).
98 Siehe «Fortes in Fide» Nr. 17, S. 145 f.
99 Siehe «Fortes in Fide» Nr. 12, S. 63 f., Nr. 13, 5.107 f., Nr. 14, S.156 f.
100 Am 14. November empfängt Johannes-Paul II. Mitglieder vom Rotary-Club: «Gott erhalte den internationalen Rotary-Club in dem edlen Zweck, den er sich gegeben hat. [...] Für dieses neue Licht und diesen transzendenten Humanismus möchte ich heute Zeugnis geben.
101 Siehe «Fortes in Fide» Nr. 17, 5.133.
102 O felix culpa quae talem ac tantum meruit habere redemptorem.
103 Wir setzen die von Johannes-Paul II. ausgelassenen Teile in eckige Klammern.
104 Bezieht sich auf Joh 13,1. Diese Stelle lautet: «Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, so liebte er sie bis zur Vollendung!» Aus «die Seinen» wird bei Joh.-Paul II.: «die Welt.»
105 Joh 1,12. Diese Stelle ist hier verstümmelt; sie lautet: «Allen, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.» Nun, dieses verstümmelte Zitat passt ja auch besser zum letzten Satz des 1. Abschnittes von IV,18: «In der Tat, weil Christus in seinem Geheimnis der Erlösung sich mit ihr vereint hat, muss die Kirche auch mit jedem Menschen eng verbunden sein.» (Auch mit Gotteshassern, den Teuflischen, den Freimaurern, den Kommunisten?!; das «alle, die Ihn aufnahmen» passt nicht in den Rahmen des neuen «Glaubens der universalen Kirche».)
106 Selbst, als er durch das Attentat arg mitgenommen ist, findet er darin ein Mittel, dieses Ereignis sich zunutze zu machen, indem er mit ausgewählten Worten erklärt, dass er seinem Bruder Ali Agca verzeiht …
107 Der Journalist glaubte nicht, so gut gesprochen zu haben. Der Figaro (= franz. Zeitung) vom 17.7.81 hat folgende Information veröffentlicht: Um das Defizit im Vatikan auszugleichen, «haben die Kardinäle eine Reorganisation der päpstlichen Finanzen ins Auge gefasst, unter der Form eines Pachtverfahrens, wonach der Heilige Stuhl den verschiedenen Ortskirchen die Kosten für den Dienst zuweisen würde, den er ihnen erweist, wie wenn es sich um banale Gesellschaften mit kommerziellem Recht handeln würde.
Erste Anwendung dieses Prinzips: die Reise, die Johannes-Paul II. im nächsten Jahr nach England antreten wird, wird unterstützt durch eine Organisation für öffentliche Belange, die die hohe Befähigung für solche Dinge schon auf dem Gebiet von Sportveranstaltungen bewiesen hat; es ist die internationale Management Group von Marc McCormak, einem Advokaten von Cleveland in Ohio, der die Angelegenheiten von Björn Borg, Jean-Claude Killy, Arnold Palmer und natürlich von Jackie Stewart zu deren grösstem und seinem eigenen grossen Nutzen in die Hand nimmt. Niemals also wird Johannes-Paul II. so sehr seinen Ruf als «Superstar» verdient haben.
Diese Entscheidung wird mehr als einen Gläubigen überraschen! Sie wurde nämlich von der kath. Kirche getroffen, offenbar im Einverständnis mit dem Vatikan. Gemäss der römischen Hierarchie ist die Reise des hl. Petrus ein (Dienst), den der Hohepriester den englischen Gläubigen erweist. Es ist also gerechtfertigt, dass diese dafür die Kosten übernehmen, insgesamt 6 Mill. Pfund. Unter diesem Gesichtspunkt wird McCormak freie Hand haben, die päpstliche Reise rentabel zu machen, indem er sich etwas einfallen lässt: z. B. Schallplatten, Posters (Bilder), Teller mit dem Bild Johannes-Paul II., Postkarten usw.
108 Ein Beispiel: In der Zeitung Express vom 29. Dez. 79 erklärt Jean-Francois Revel, dass er mit Johannes-Paul II. zufrieden ist, weil man für ihn nicht mehr Katholik zu sein braucht.
109 «In dem (ökumenischen) Zusammenhang ist es ausserordentlich wichtig, eine richtige und ehrliche Darstellung der anderen Kirchen und der kirchlichen Gemeinschaften zu geben, deren Christusgeist nicht verwehrt, sich ihrer als Heilsmittels zu bedienen.» Johannes-Paul II. — Apostolische Ermahnung Catechesi tradendae (16.10.79).
110 Das Bekenntnis von Augsburg, im Jahre 1530 verfasst von Melanchton, einem Schüler Luthers; eine Art von Mindestziel, das auf entscheidende Weise zum Aufblühen des Protestantismus beigetragen hat.
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Quelle: FORTES IN FIDE, Nr. 18, Jahrgang 1981, Seiten 190 – 211
