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Anton Holzer: Askese, Modernismus und “neue Messe”

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Der Modernismus, dessen Wiederaufleben in der Kirche Paul Vl. in seiner Enzyklika “Ecclesiam suam” konstatierte, ohne irgendwelche Maßnahmen dagegen zu ergreifen – ja er schaffte sogar den Anti-Modernisteneid ab! – der Modernismus ist die Grundlage des gesamten postkonziliaren Reform­werks. Es ist kaum möglich, daß Paul VI. dies nicht weiß, daß er wie Bouyer, de Lubac, Maritain und viele andere zwar das Phänomen “Selbst­zerstörung der Kirche” bejammert, aber die Wurzel des Übels nicht kennt, nicht weiß, wer die Hauptverantwortung dafür trägt. Soviel Geschichts­kenntnisse muß er besitzen, um zu wissen, daß seine Reformen Ausfluß einer anderen Form von “Christentum” sind als dem der römisch-katholi­schen Kirche, daß sie dem von den Modernisten propagierten Neo-Katholi­zismus entspringen. Zitieren wir den Modernisten Ernesto Buonaiuti, der in seinem 1908 anonym erschienenen Buch “Briefe eines modernistischen Priesters” (Rom 1908) u.a. schreibt:

“Luther brach als erster mit dem schmerzlichen Zauber des mittelalter­lichen Asketismus. Gegen die Tradition, die — durch das Gespenst des Bösen niedergedrückt — sich verkrampft an die gräßlichsten Abtötungen des Fleisches klammerte, um die Befreiung des Geistes zu sichern, und auf die Materie Flüche und Verachtung schleuderte, proklamierte Luther die Heiligkeit der Natur und feierte hymnisch die Schönheiten des Lebens. Aber … auch in seiner Rebellion hat Luther noch viel Mittelalterliches: weil seine Lehre von der Rechtfertigung der kindliche Ausweg eines Indi­viduums ist, das es nicht verstand, bis zum Grund seines Denkens zu ge­hen und zu proklamieren, daß es da nichts zu rechtfertigen gibt, wo es nichts Sündhaftes gab… Wir Neu-Katholiken haben dieses Stadium über­wunden. Wir weisen jegliches Erbe des mittelalterlichen Asketismus zurück und proklamieren die ununterdrückbaren Rechte des Lebens. Schon zu sehr haben die Askese und der Pessimismus, die Leibverachtung, die Ver­krampfungen der Buße dieses unser Geschlecht welk werden lassen und schon zu sehr haben sie den Sinn für unsere physiologische Verantwortung gegenüber unseren Söhnen und Brüdern geschwächt … mittels der Ana­theme, die man im Namen Gottes gegen das Leben der Sinne und seiner Geheimnisse schleuderte… Die wahre Religiosität ist die Tochter des Op­timismus, da sie nichts anderes ist als der Ausdruck der starken und unerschöpflichen Hoffnung, mit der wir in die Welt treten und unsere bes­sere Zukunft erwarten, als Individuen wie als Kollektiv.

Daher ersehnen wir eine Rückkehr zum antiken Christentum: nicht so sehr nach seiner dogmatischen Einfachheit, da ja der reflexe Gedanke ein nur sekundäres Element in den gestifteten religiösen Formen ist, als viel­mehr nach ihrem Sinn für Freude und Frieden, von dem sie belebt ist, nach der Apologie der persönlichen Anstrengung, die dies mit so lebendi­ger Beharrlichkeit tut… ” (S. 123-125).

Auch Paul Vl. predigt eine optimistische Sicht der Natur, des Menschen, der Welt, je sogar einen “Kult des Menschen”. Es ist darum kein Wunder, daß gerade die hl. Messe, das Opfer Christi und der Kirche, in dem alle Askese der Gläubigen ihr Urbild und ihre Kraftquelle hat, in typischer Welse zu einem brüderlichen Mahl umgedeutet und reformiert werden mußte, um den antiasketischen optimistischen Modernismus zu befriedigen. Hören wir nochmals Buonaiuti, der die Liturgiereform des Konzils ankündigte:

“Im Hinblick auf die sakramentale Ordnung behaupten wir ihren Symbol­wert. Historisch gesehen sind die Sakramente die fortschreitende Konsoli­dierung des Begriffs Gnade, angewandt auf die Hauptsituationen des Lebens. Die Eucharistie z.B. — und ich weise darauf hin, weil ihre Entwicklung sichtbarer ist — hat den Platz des Mahles, eingenommen, in dem die ersten Christen die Bruderschaft symbolisierten, die sie im Gottesreich erwartet. Mit der Zeit hat sich dann die Lehre von der Realpräsenz herausgebildet und später die der Wesensverwandlung. Durch diese Umformung geriet der ursprüngliche ethische Wert des Ritus in Vergessenheit. Wir wollen ihn wieder aufleben lassen. Wir wollen, daß der Ritus, wie er ist, die Weckung psychischer Energien und den Ausdruck kollektiver Gefühle vereinigt, daß die Menge daran teilnimmt wie an sinnenhaften Formen, durch die sich der tiefe Sinn ihrer Religiosität entfaltet. Vielleicht werden mit der Zeit andere Riten an die Stelle der alten treten: freiere, weniger hierarchische,  weniger zurückhaltende Riten mit mehr Kontakt zur Natur, zu der sie den sehnsüchtigen Geist der menschlichen Kreaturen drängen müssen.” ( S. 126 f. ).

Nun haben wir diese liberalisierte Liturgie, die nur noch Ausdruck des menschlichen Subjekts ist, Feier des Subjektivismus, der Produktionen der menschlichen lndividual- und Kollektiv-Seele , die mit Hilfe gruppen­dynamischer Praktiken provoziert werden. Nun haben wir die ursprüngli­che Mahlfeier der christlichen Brüderlichkeit wieder: die “neue Messe”, die Messe einer “neuen Epoche”, so Paul Vl. selbst, die “neue Messe” der “neuen Epoche” des modernistischen “Neu-Katholizismus”.

A[nton]. Holzer

Quelle: KYRIE ELEISON, 5. Jahrgang, Nr. 5, Mai 1976 (S. 178-179)

 



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